Читать книгу OPERATION ANTARKTIKA - William Meikle - Страница 6

Kapitel 2

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Der Korridor war gerade breit genug, dass zwei von ihnen nebeneinander gehen konnten. Banks ging als Erster vor Parker und Hynd nach unten und blieb neben McCally stehen, der sich gerade über der Leiche beugte. Schwaches Licht drang von oben herein, aber leider nicht genug, um die Leiche genau betrachten zu können. Er setzte deshalb die Nachtsichtbrille auf.

Die Hakenkreuz-Armbinde war deutlich durch das Nachtsichtgerät zu sehen und Banks hatte daher keinen Zweifel daran, zu welcher Armee der Mann gehört hatte, auch wenn die Leiche von Kopf bis Fuß von einer dicken Frostschicht bedeckt war. Er war allerdings kein Soldat gewesen, denn er trug einen dicken Baumwolloverall, gefütterte Stiefel, und hatte eine Brille mit breitem Rand auf, die anscheinend am Gesicht festgefroren war. Er trug auch keinen Helm auf dem Kopf und seine Ärmel waren bis zu den Ellbogen hochgerollt.

»Er trägt keine Ausrüstung für kaltes Wetter, Cap«, sagte McCally und sprach damit das Offensichtliche aus. Der Mann hatte offenbar in einem wesentlich wärmeren Klima als dem gearbeitet, mit dem sie sich momentan herumschlagen mussten. Man konnte auf den ersten Blick keine Wunden sehen und daher nicht feststellen, woran er gestorben war. Es waren auch keinerlei Körperflüssigkeiten ausgetreten. Es sah aus, als habe er sich einfach zum Schlafen in den Eingang gelegt und war dann innerhalb kürzester Zeit erfroren.

Banks blickte hoch an die Decke. Sie befanden sich ganz offensichtlich in einem von Menschen gemachten Tunnel, der aussah, als würde er aus demselben Metall wie die Außentür bestehen. Kabel und Rohre – vermutlich für die Beleuchtung und möglicherweise auch für eine Heizung – verliefen an der Decke entlang. Alles war dunkel und mit einer dicken Frostschicht bedeckt.

»Ein plötzlicher Stromausfall vielleicht?«, überlegte McCally laut. »Könnte der so etwas verursachen?«

Banks betrachtete die Leiche erneut.

»Selbst hier unten wäre das nicht so schnell passiert. Er hätte auf jeden Fall noch Zeit gehabt, irgendwohin zu fliehen, wo es wärmer war. Es sieht so aus, als wäre er einfach hier an Ort und Stelle gestorben. Erst eingeschlafen und dann erfroren.«

Er richtete den Strahl seiner Lampe auf die Treppe vor ihnen. Sie gingen weiter in die Dunkelheit hinein. Den Boden konnten sie nicht sehen und ein kalter Hauch abgestandener Luft schlug ihnen entgegen.

»Handschuhe an und Kapuzen auf, Männer. Es wird ab hier wohl ein wenig kälter werden.«

Er war direkt hinter McCally, als sie nach unten gingen. Dreißig Stufen, dann erreichten sie das Ende der Treppe. Hier hatte es keine weiteren Leichen gegeben, aber als sie unten ankamen, sahen sie noch mehr. Sie lagen in Türdurchgängen, auf dem Boden, waren gegen die Wand gesunken und in der gesamten großen Kammer verteilt, in der das Squad jetzt stand.

Die Decke befand sich einige Handbreit über ihnen und es waren weitere Kabel mit Lampen daran verteilt … alle waren genauso eingefroren, wie diejenigen, die sie auf der Treppe auf dem Weg nach unten gesehen hatten. Die Kammer schien der zentrale Knotenpunkt des unterirdischen Tunnelsystems zu sein, denn es gab ein Dutzend Türen, die kreisförmig verteilt waren. Einige davon waren geschlossen, andere offen, doch dahinter sah man nur Finsternis und sie waren noch zu weit entfernt, als dass die Strahlen ihrer Taschenlampen die Dunkelheit hätten vertreiben können. Banks zählte die Leichen. Es waren insgesamt zwölf und alle sahen so entspannt, ausgeruht und tot aus, wie der Körper auf dem Treppenabsatz an der Tür. Alle wirkten, als hätten sie einfach unterbrochen, was sie gerade taten und waren ohne das geringste Anzeichen eines Kampfes oder einer Verletzung gestorben.

Und das sind nur diejenigen, die ich sehen kann. Was zur Hölle ist hier nur passiert?

Elf der Türen, die aus der Kammer herausführten, waren normale Türen, aber es gab auch eine, die doppelt so breit war wie die anderen und nachdem er sich kurz orientiert hatte, vermutete Banks, dass diese tiefer unter das Eis führen würde, und zwar in die Richtung, wo er den Bereich mit der Kuppel zwischen den Hütten und den Hügeln gesehen hatte. Wenn sie irgendetwas hier finden würden, dann sicher in dieser Richtung.

Vorsicht ist besser als Nachsicht.

»Ich will, dass all diese Räume gründlich durchsucht werden«, ordnete er an. »Lasst die große Tür bis zum Schluss übrig, denn ich habe so eine Ahnung, dass wir da noch bald genug durch müssen. Stellt aber vorher sicher, dass die restlichen Räume alle leer sind. Wenn ihr irgendwelche Dokumente findet, irgendwelche Bücher oder Papiere, dann ruft nach mir … und Wiggins …«

Der stämmige Soldat sah hoch, als Banks ihn mit der Taschenlampe anleuchtete.

»Aye, Cap?«

»Nichts anfassen, was du nicht anfassen solltest, und lass die Hosen an, Kumpel. Wir wollen ja nicht, dass dir der Hintern abfriert, oder?«

Sie teilten sich in dieselben Teams auf, wie bei der Durchsuchung der Hütten oben. McCally startete mit seinem Team im Uhrzeigersinn und Banks ging mit seinen Männern in die andere Richtung. Banks’ erster Halt war eine lange Reihe von Spinden an der Wand. Eine schnelle Untersuchung ergab, dass sie eine bunte Mischung aus Winterkleidung und Waffen enthielten – alte Pistolen und Gewehre vor allem, alle von einer dicken Frostschicht bedeckt.

Sie bewegten sich weiter und fanden schnell heraus, dass von den elf Räumen acht Schlafsäle mit jeweils sechs Kojen waren. In der Hälfte der Betten fanden sie die gleichen, merkwürdig entspannt aussehenden, gefrorenen Leichen. Banks stellte fest, dass es alles Männer waren und etwa zu gleichen Teilen Zivilisten und Militär, wenn man von den Uniformen und den Overalls ausging, die sie trugen.

Von den drei verbliebenen Räumen war einer eine Kantine, bestehend aus sechs eng zusammenstehenden Tischen und langen Bänken. Außerdem gab es einen großen Küchen- und Vorratsbereich im hinteren Teil. Banks sah sich die hohen Regale an. Er entdeckte außerdem einen Tiefkühler, der fast leer war, abgesehen von großen Eisklumpen, die vielleicht einmal Fleisch gewesen waren und einen größeren Kühler, in dem sich jahrzehntealte Gemüse- und Obstkonserven befanden, von denen viele geplatzt waren. Hier gab es keine Leichen, nur die allgegenwärtige Frostschicht und ein Gefühl der Leere.

»Was ist hier verdammt noch mal passiert, Cap?«, flüsterte Wiggins.

»Das versuchen wir gerade herauszufinden, Kumpel.«

Der vorletzte Raum, in den Banks sein Team führte, war offenbar ein Bereich für Generatoren und elektrische Anlagen. Er sah etwas, das nur eine Sicherungstafel sein konnte und einen großen Metallwürfel, der wohl der Generator der Basis gewesen war, aber anders aussah als alle Generatoren, die er bisher in seinem Leben gesehen hatte. An der gegenüberliegenden Wand befand sich eine Reihe hoher Metallcontainer und Kabel. Es sah hier drin mehr wie das Melksystem eines Farmers aus als wie eine elektrische Installation. Ein noch dickeres Kabel führte durch die Wand und dahinter anscheinend weiter ins Eis.

Banks wandte sich nun ans Team.

»Wiggins, Parker, schaut mal, ob ihr herausfindet, wie das Ganze hier funktioniert, vielleicht kriegt ihr es ja sogar wieder zum Laufen. Wäre nett, wenn wir es hier ein bisschen warm kriegen oder wenigstens ein wenig Licht machen könnten, damit wir nicht weiter im Dunkeln herumschleichen müssen.«

Er ließ die beiden Männer im Generatorraum zurück und ging zur letzten Tür. Die Klinke fühlte sich selbst durch seinen Handschuh hindurch eiskalt an und er musste sie schließlich mit der Schulter aufstemmen. Eis kratzte auf Metall, als er sie öffnete.

Dies war kein Schlafraum, sondern eine Unterkunft für einen Offizier. Am anderen Ende des Raumes befand sich ein richtiges Bett, aber der Bewohner lag nicht darin. Er saß aufrecht in einem Stuhl an einem Schreibtisch. Banks war sich sicher, dass dies der Kommandant der Basis gewesen war, denn der Mann war definitiv vom Militär. Er trug eine schwarze Uniform, eine makellose Mütze und die rot-weiße Armbinde war trotz der dicken Frostschicht deutlich zu erkennen. Seine Rangabzeichen verrieten Banks, dass er ein Oberstleutnant gewesen war. Die Tatsache, dass er zur Luftwaffe gehört hatte und hier in der Antarktis gewesen war, war ein deutlicher Hinweis für ihn, dass sie hier vielleicht tatsächlich etwas finden würden.

Der Offizier sah aus, als wäre er um die fünfzig gewesen. Er war glattrasiert, abgesehen von einem dünnen Schnurrbart, der so schwarz war wie seine Uniformjacke. Seine Augen waren wenig mehr als gefrorene, milchige Murmeln, die eingesunken in ihren Höhlen lagen, aber davon einmal abgesehen, wirkte er so, als würde er jeden Moment aufstehen, wenn er mit seinem Nickerchen fertig war.

Der Schreibtisch war mit Notizbüchern, Karten, Papieren und Diagrammen bedeckt. Banks wischte behutsam die Eisschicht von einem ledergebundenen Tagebuch und öffnete es vorsichtig. Auch wenn die übrigen Schriftstücke auf dem Schreibtisch alle auf Deutsch verfasst waren, war dieses Buch zu seiner Überraschung in Englisch geschrieben worden. Ein Name am Ende der ersten Seite fiel ihm sofort ins Auge.

Aus dem persönlichen Tagebuch von Thomas Carnacki, 472 Cheyne Walk, Chelsea.

Wie ich bereits vorher in diesen Tagebüchern erwähnte, kann ich mehrere meiner Fälle Dodgson und den anderen nicht erzählen, denn einige davon erfordern ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl und Anstand. Zum Beispiel gibt es eine hochrangige Landadlige, die äußerst empört wäre, wenn die Details ihres ungewollten nächtlichen Umherwanderns bekannt werden würden.

Aber es gibt andere Fälle, oft dunkel und verstohlen, die ich von Rechts wegen unter Verschluss halten muss. Das liegt allerdings nicht daran, dass sie zu beängstigend oder verstörend für meine guten Freunde wären, sondern einzig allein daran, dass ich wahrscheinlich mein Ende in einer dunklen Zelle bei Brot und Wasser fände, wenn ich irgendwem davon erzählen würde … aber nur, wenn ich nicht schon vorher mein Ende am Seil des Henkers erleide. Dinge der nationalen Sicherheit sind bereits in den besten Zeiten eine heikle Sache und wenn es um mein spezielles Fachgebiet geht, dann neigen sie dazu, noch merkwürdiger und noch weniger dem Auge der Öffentlichkeit zugänglich zu sein.

Mein Freund Dodgson hat an anderer Stelle bereits von meinen gelegentlichen Begegnungen mit dem außergewöhnlichen Mr. Winston Churchill berichtet und die Sache, über die ich hier heute schreiben will, beginnt und endet mit einem solchen Treffen.

»Langsam wird es spannend«, flüsterte Banks. Er musste unbedingt mehr erfahren, aber bevor er Zeit dafür hatte, musste er erst einmal herausfinden, was sich hinter der großen Doppeltür befand.

Eine Ledertasche lag auf dem Boden zu Füßen des toten Obersts und Banks sammelte schnell die ganzen Papiere und Notizbücher ein und verstaute sie darin, bevor er die Tasche in seinen Rucksack stopfte und sofort das Gewicht der Geschichte auf seinen Schultern spürte.

Während Banks die Unterlagen einsammelte, untersuchte Hynd die Schubladen des Schreibtisches.

»Hier ist nichts Wichtiges drin, Cap«, erklärte er. »Nur frisches Papier und Tinte, alles eingefroren. Anscheinend gibt es kein Logbuch oder Berichtsheft.«

»Das wird schon irgendwo sein«, erwiderte Banks zuversichtlich. »Und wir sollten es definitiv finden.«

Er warf einen letzten Blick auf den Offizier auf dem Stuhl – er konnte immer noch nicht glauben, dass der Mann nicht gleich aufstand und herumlief. Es gab nur noch eine weitere interessante Sache. Ein Kalender, der an der Wand neben der Tür hing und auf dem ein bestimmtes Datum dick rot umrandet war, und zwar der 4. Januar 1942.

McCally und sein Team kamen von der anderen Seite zu ihnen, als Banks und Hynd aus dem Zimmer des Offiziers traten.

»Irgendwas gefunden, Cally?«

Der Corporal schüttelte den Kopf.

»Noch ein paar Tote in ihren Betten. Sieht ganz so aus, als hätte, was immer das getan hat, sie alle im Schlaf erwischt. Das ist echt ein verdammtes Rätsel.«

Bisher hatten sie nicht ein einziges Anzeichen dafür gefunden, dass es irgendeine Vorwarnung für die Bewohner der Basis gegeben hatte. Es schien so, als wären alle im selben Moment gestorben, einige mit dem beschäftigt, was sie gerade zu tun hatten und der Rest, vermutlich die einer anderen Schicht, waren in ihren Betten überrascht worden. Banks hoffte inständig, dass sie auf der anderen Seite der Doppeltür eine Antwort finden würden.

Doch bevor er sich daran machte, sie zu öffnen, ging er zum Generatorraum zurück und sprach einen der beiden Männer an, die darin arbeiteten.

»Und, Glück gehabt, Wiggins?«

Der Soldat blickte ihn finster an.

»Da tut sich überhaupt nichts, Cap«, erwiderte er. Er richtete den Strahl der Taschenlampe jetzt auf das dickere Kabel, das in der Wand verschwand. »Wir haben gedacht, der Generator ist vielleicht dazu da, den Strom durch dieses Kabel zu leiten, aber es ist offenbar genau andersherum. Hier ist alles tot und irgendwelcher Saft, der dieses Teil hier antreibt, muss anscheinend von da kommen, wo das Kabel hinführt.«

Auf der anderen Seite der Doppeltür.

»Dann macht euch bereit, Männer«, rief Banks. »Versuchen wir, herauszufinden, was die Penner hier gemacht haben, bevor sie gestorben sind.«

OPERATION ANTARKTIKA

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