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25 Kilometer
ОглавлениеDaniels Eltern waren immer stolz auf ihren Sohn gewesen. Sie hatten ihm die bestmögliche Bildung ermöglicht und ebenfalls sehr viel Wert auf Sport gelegt, sodass er nicht nur gute Noten hatte, sondern auch erfolgreicher Snowboarder war. Vor zwei Jahren hatte er den dritten Platz bei der Freestyle Snowboard Landesmeisterschaft belegt. Ein großer Erfolg, von dem er noch lange zehrte. Es schmerzte ihn damals sehr, dass seine leibliche Mutter seinen Erfolg nicht aktiv miterleben konnte. Sie war drei Jahre zuvor nach langer Krankheit verstorben.
Sein Vater hatte es nach dem zweiten Jahr nicht mehr allein ausgehalten und fing an, sich zu verabreden. Und er fand eine neue Frau. Ob er sie liebte, wusste Daniel nicht, allerdings bezweifelte er dies. Sie würde niemals seine Mutter werden. Das hatte er ihr sogar eines Abends gesagt. Er hatte sich auf Drängen seines Vaters dafür entschuldigt, aber es tat ihm nicht im Geringsten leid.
Daniel kehrte auch diesen Bereichen seines Lebens den Rücken. Niemand wusste warum, nicht einmal sein Vater war sich sicher, warum er es tat. Er hatte ihn gefragt, ob er sich anders orientieren wolle oder, ob er eine Auszeit brauche. Für ersteres verfügten sie über genügend finanzielle Mittel, für das zweite darüber hinaus noch über ein Ferienhaus an der Côte d’Azur.
Daraufhin hatte Daniel seine Koffer gepackt und war abgereist. Im Ferienhaus war er jedoch niemals angekommen – er hatte es auch nicht vorgehabt.
Daniel mochte sein Leben. Zunächst. Seine Eltern waren reich. Er war es dadurch auch. So war er vielen, ja sogar den meisten, die er kannte, weit voraus. Doch allmählich kotzte ihn dieses Leben an. Alles war lange vorausgeplant. Die Möglichkeit, selbst über Erfolg und Niederlage zu entscheiden, sah er selbst kaum. Ihm wurde gesagt, was er wann tun sollte. Natürlich immer mit dem Zusatz, es sei zu seinem eigenen Wohl. Sein Vater behauptete immer, dass sie geschäftlich spätes, aber großes Glück hatten, da sie einer Minderheit angehörten und es dadurch extrem schwierig war, gutes Geld zu verdienen.
Daniel hatte genug davon. Er wollte selbst entscheiden, was das Beste war. Und wenn es das Beste nicht geben konnte, so wollte er das Mögliche herausholen.
Seine Eltern wussten nicht, wo er sich im Moment aufhielt. Sie wünschten sich nur, dass es ihm gut ging und er nichts anstellte. Er würde schon zur Vernunft und wieder nach Hause kommen – das redeten sie sich täglich ein.
Ehre…Blut…Bande…Befreiung... – das waren die Hauptbestandteile von Daniels jetzigem Wortschatz. Dafür hatte er ein ganzes Jahr trainiert, ein ganzes Jahr Entbehrungen geduldet. Für diesen Abend.
Sein Blick war stur nach vorn gerichtet, seine Hände hielten das Lenkrad fest umklammert.
Daniel wusste, was er wollte.
Er wollte am Gipfel des Berges mit dem Lieferwagen durch das Tor brechen, ihn über das Gelände bis zum hinteren Teil des Anwesens steuern, dann durch die Wand unter dem Konferenzraum fahren und einige Sekunden später das C4 zünden, das auf Paletten im Laderaum lag. Er wollte alle Anwesenden töten und so der Welt beweisen, dass Minderheiten ernst genommen werden sollten. Dass sie sich wehren können. Wehren gegen die Ignoranz und Verachtung der Mehrheit. Eine Mehrheit, die aus einer zähen Masse bestand, welche sich trotz ihrer Unzulänglichkeiten, ihrer Verschlossenheit und ihres grenzenlosen, gierigen Egoismus, Menschen wie ihm überlegen fühlte.
Doch er würde sie in ihre Schranken weisen, und dadurch seine eigenen durchbrechen.
Das war seine Überzeugung.
Davon hatte ihn sein Mentor überzeugt.
Der Plan war es, ein Treffen internationaler Politiker und Wirtschaftsmogule in die Luft zu sprengen. Jeder Einzelne von ihnen genoss international hohes Ansehen und der Tod jedes Einzelnen würde auch für viel Aufsehen sorgen. Besser könnte man die Botschaft kaum verbreiten.
Diese Bombe würde er platzen lassen.