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2.5 Verdeutlichende Abgrenzungen: Religion – Religionsphilosophie – Theologie

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Gegen diese Abgrenzung der Religionsphilosophie könnte man einwenden, dass ihr Auftreten doch historisch immer an die Existenz bestimmter Religionen gekoppelt war, insbesondere an das Christentum. Es scheint also so, dass es mit der Unabhängigkeit der Religionsphilosophie doch nicht so weit her sein dürfte – vielleicht, so ein oft geäußerter Verdacht, sei sie doch nur ein verdeckter Teil des Denkens einer Religion, oder zumindest ein Teil ihrer Theologie.

Historische und motivatorische Abhängigkeit der Religionsphilosophie

Dazu ist zu sagen, dass es zwei Arten der Abhängigkeit einer wissenschaftlichen Disziplin gibt. Religionsphilosophie ist zweifellos historisch und motivatorisch abhängig vom Auftreten bestimmter Religionen und ihren geschichtlichen Entwicklungen. Viele religionsphilosophische Diskussionen haben ihre Motivation in religiösen Fragen. Manche Religionen haben eine Affinität zu ihrer philosophischen Reflexion entwickelt, manche nicht. Insbesondere gäbe es vermutlich keine Religionsphilosophie in ihrer heutigen Gestalt ohne das Auftreten der jüdisch-christlich-islamischen Religionsfamilie. Religionsphilosophie ist davon also historisch und motivatorisch abhängig. (Ganz ähnlich sind z.B. bestimmte Branchen der Wissenschaftstheorie historisch abhängig von der Existenz mancher Wissenschaftsdisziplinen, oder manche Branchen der Ethik historisch abhängig vom Auftreten bestimmter Problemfelder. Die Philosophie der Biologie etwa wäre ohne die Evolutionstheorie kaum entwickelt worden, und Fragen der Bioethik sind erst auf dem Hintergrund der modernen Medizin verständlich und dringlich geworden.) Die historische Abhängigkeit der Religionsphilosophie ging durchaus so weit, dass sie sich von den Religionen manche Themen vorgeben ließ. So sind die religionsphilosophischen Überlegungen zum Gottesbegriff deutlich von den Aussagen der Bibel über Gottes Güte, Macht und Weisheit geprägt und inhaltlich an sie angelehnt.

Logische Unabhängigkeit der Begründungen

Religionsphilosophie sollte von ihren Begründungen und Geltungsansprüchen her aber logisch unabhängig von bestimmten religiösen Überzeugungen sein. Was als Prämisse in religionsphilosophische Überlegungen eingeht, sollte idealerweise für Menschen beliebiger weltanschaulicher Prägung akzeptabel sein, unabhängig insbesondere von der Anerkennung bestimmter religiöser Schriften, Traditionen, Äußerungen von Autoritäten etc. als Erkenntnisquelle. Es darf also nicht nur aus diesen Erkenntnisquellen begründbar sein. So etwa dürfen Aussagen der Bibel, des Koran etc. nicht unbesehen als Begründung religionsphilosophischer Behauptungen herangezogen werden.

Religionsphilosophie und Theologie

Anhand dieser Unterscheidung kann auch der Unterschied zwischen Religionsphilosophie und Theologie präzisiert werden. Theologie ist die Reflexion des Inhaltes einer Religion unter der Voraussetzung, dass deren heilige Schriften, Traditionen und die Äußerungen ihrer Autoritäten als Erkenntnisquelle anerkannt werden. Theologie ist also logisch abhängig von dieser Anerkennung (und selbstverständlich auch historisch abhängig vom Existieren dieser Religion). Religionsphilosophie (und auch philosophische Gotteslehre als deren „metaphysische“ Branche, siehe oben 2.1) ist dagegen logisch unabhängig davon und sollte in ihren Begründungen von allen vernünftigen Menschen nachvollziehbar sein.

Von der Anerkennung als Erkenntnisquelle ist übrigens nochmals die persönliche Anerkennung für das eigene Leben zu unterscheiden. Man kann also eine Religion theologisch reflektieren, ohne ihr selbst anzugehören oder ihre Aussagen persönlich anzuerkennen.

„Christliche (jüdische, islamische,…) Religionsphilosophie“?

Zuweilen begegnen in der Literatur Prägungen wie „christliche (oder: jüdische, islamische, …) Religionsphilosophie“. Im Lichte der vorstehenden s- Überlegungen könnte dies als Widerspruch in sich erscheinen (111). Ähnliches gilt für die Bezeichnung „christliche Philosophie“ ((103), (107), (108)). Die Sinnhaftigkeit des Begriffes „christliche Philosophie“ war in den 1920er Jahren Gegenstand einer heftigen Debatte ((102), (107)). Ihr Hauptresultat war die Präzisierung zweier unterschiedlicher Selbstverständnisse von „christlicher Philosophie“ (110a): In einem ersten Sinne wird darunter ein Philosophieren verstanden, das zwar ein besonderes Interesse an Fragen hat, die auch für die christliche Religion bedeutsam sind, etwa nach Existenz und Eigenschaften Gottes, nach dem Menschenbild, nach der Möglichkeit einer unsterblichen Seele etc. Die Wahrheit der christlichen Lehren wird dabei aber nicht vorausgesetzt. Christliche Philosophie in diesem ersten Sinne erkennt ihre historische und motivatorische Abhängigkeit vom Christentum natürlich an und betrachtet die christlichen Lehren auch durchaus als so etwas wie Zielumschreibungen, sie bemüht sich aber um logische Unabhängigkeit davon, d.h. um möglichst weltanschauungsneutrale Argumentation. Erst dort, wo die Philosophie keine definitiven Antworten mehr gibt, können die Inhalte des Christentums als Antwortvorschlag eingebracht werden, der aber keinem Außenstehenden „andemonstrierbar“ ist. – In einem zweiten Sinne wird christliche Philosophie als Versuch der Entwicklung eines umfassenden Weltbildes aus christlicher Perspektive verstanden. Sie fragt z.B., was für die philosophische Frage nach dem Wesen des Bewusstseins oder nach der Existenz eines freien Willens folgen würde, wenn man von Anfang an die Voraussetzung macht, dass die christlichen Lehren wahr wären. Christliche Philosophie in diesem zweiten Sinne hat dann auch klare inhaltliche Präferenzen für bestimmte philosophische Positionen, ja sogar für bestimmte Deutungen wissenschaftlicher Theorien. Die Evolutionsbiologie z.B. wird aus dieser Sicht nicht als Beschreibung zufälliger und zielloser, nur rückblickend aus Ursachen erklärbarer Entwicklungsvorgänge gesehen, sondern als Deutlichwerden von Gottes Schöpferplan. Solche Deutungsunterschiede werden z.B. dort relevant, wo es um die Schließung der nach wie vor bestehenden Erklärungslücken der Evolutionsbiologie oder der Astrophysik geht. Auffällige, aber nur schwer ursächlich erklärbare „Zweckmäßigkeiten“ in der Natur könnten in einer solchen christlichen Deutung als Hinweise auf eine planende Intelligenz gedeutet werden. Im christlichen Bereich hat eine solche, ausdrücklich im zweiten Sinne verstandene „christliche Philosophie“ seit den 1980er Jahren durch die sogenannte „Reformierte Erkenntnistheorie“ einen massiven Aufschwung erfahren ((105), (106), siehe auch Abschnitt 3.7). Man nennt dieses zweite Verständnis von „christlicher Philosophie“ zuweilen das „augustinische“, während das erste als „thomistisch“ bezeichnet wird ((105), (106), (110a), (156)).

Einführung in die Religionsphilosophie

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