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DER WASSERHAHN HAT SICH ERKÄLTET

Der Wasserhahn hat sich erkältet. Am ehesten war schuld daran die Zugluft, die am Tag zuvor in der Küche wütete, indem sie in die Wohnung hinein aus dem offenstehenden Klappenfenster und der nicht ganz zugeschlossenen Tür reinschlüpfte.

Das Wasser tröpfelte aus der Nase des Hahns so heftig, dass es schien, wenn im Spülbecken nicht die Abflussöffnung wäre, so könnte sich ein See von gehörigen Ausmaßen formen, in dem es an einem schönen Tag wohl keine Schande wäre zu baden.

Für den Wasserhahn aber war es natürlich ein schwacher Trost.

Er hat alle ihm bekannten Mittel ausprobiert, um die Erkältung zu besiegen: er zog einen großen Wollschal fest um sich, trank vor dem Schlafengehen starken Tee mit Himbeerkonfitüre und legte sogar hartgekochte heiße Eier an seine Nase an. Aber all diese bewährten Methoden konnten dem Wasserhahn nicht helfen.

„Wer soll mich brauchen mit solch einem starken Schnupfen, - grübelte er betrübt nach. – Und überhaupt: einen Wasserhahn, aus dem es immer tröpfelt, versuchen Menschen eiligst zu ersetzen. Ich habe mich aber so an dieses nette Spülbecken und an diese wunderbare Küche gewöhnt, dass ich gar keine Lust habe, in ein Krankenhaus für Wasserhähne eingeliefert zu werden, wo es weder Bequemlichkeit noch Licht noch Wärme gibt“.

„Lieber Wasserhahn, - sagte da der Schraubenschlüssel, - ob ich Ihnen irgendwie nützlich sein könnte bei Ihrem Kummer?“

Der Schraubenschlüssel war gerade frei von seinen zahlreichen häuslichen Aufgaben, aber er war wie stets das reinste Quecksilber.

„Ach, wissen Sie, geehrter Schraubenschlüssel, - erwiderte der Wasserhahn seufzend, - es ist so lieb von Ihnen Ihre Dienste anzubieten, mir würde aber wohl nichts mehr helfen“…

Und der Wasserhahn schluchzte jammernd auf.

„Erlauben Sie mir doch zu versuchen, den wahren Grund für Ihre Unpässlichkeit ausfindig zu machen, - wollte der Schraubenschlüssel nicht nachgeben. – Ich denke doch, dass meine gewissen ärztlichen Erfahrungen hierbei vom Nutzen sein könnten. Eigentlich war bekanntlich noch niemand vom Schnupfen gestorben“.

Was blieb denn dem Wasserhahn übrig, als diesem überzeugenden Beweisgrund beizustimmen?

„So-o-o, - sagte der Schraubenschlüssel gedehnt, wobei er das Kelchen des Wasserhahns aufmerksam beäugte, - es scheint, dass ich wüsste, was Sie von der Erkältung erlösen könnte… Dafür aber werde ich die liebe Mutter ein bisschen bemühen müssen“.

„Ei! – piepste die Mutter, die als furchtbare Zimperliese galt, - würde es doch wohl nicht bedeuten, dass Ihr gewillt seid, mich zu berühren oder Euch irgendwelche sonstige Freiheiten zu erlauben?“

„Ohne Sie, meine liebe Mutter, - antwortete darauf der Schraubenschlüssel, - werden wir nicht den Zugang zu dem kleinen Gummidichtungsring bekommen, der löchrig wurde und dadurch so starken Schnupfen bei unserem Freund, dem Wasserhahn verursachte. Wir brauchen nur diesen Ring zu ersetzen, und dann wird es nicht die leiseste Spur von dieser Krankheit bleiben.“

„Sollte das wirklich so einfach sein?“ – sagte der Wasserhahn, ein bisschen Mut schöpfend und noch nicht glaubend, dass es nur an einem unauffälligen, dünnen Gummidichtungsring läge. Er war aber freilich ein sehr junger Wasserhahn, und die Geschichte mit dem Schnupfen ist bei ihm zum ersten Mal vorgekommen.

„Das werden Sie noch sehen“, - versprach der Schraubenschlüssel zuversichtlich.

„Wird es nicht weh tun? – fragte die Mutter argwöhnisch.

„Ich werde mich darum bemühen, dass es für Sie sogar angenehm sein wird“, - erwiderte der Schraubenschlüssel, die Augen schlau zusammenkneifend. Dann fasste er die Mutter zärtlich um die Taille und drehte sie mehrmals um ihre eigene Achse…

Alles andere war, wie man sagt, eine Sache der Technik: der löchrig gewordene Dichtungsring wurde schnell ausgewechselt, der Schnupfen beim Wasserhahn war sofort verschwunden, und bei allen in der Küche hatte sich die Gemütsstimmung sogleich verbessert.

Die Mutter und der Schraubenschlüssel haben sich seitdem nie für die Dauer getrennt. Natürlich außer jenen langen Augenblicken und nicht enden wollenden Sekunden, wenn der Wasserhahn seine zahlreichen häuslichen Aufgaben zu erledigen hatte.

Leuchtturm Geburtstag und andere Märchen

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