Читать книгу Satire satt 1 - Wolf Buchinger - Страница 10

Allahs Gröβe

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„Ihr werdet stolz auf mich sein. Ich bin neunzehn und wollte eigentlich nie zwanzig werden. Ich möchte mit spätkindlichem Eifer diese Welt verlassen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, von Männern betatscht zu werden, mit ihnen Geschlechtsverkehr zu haben oder gar Mutter zu werden. Ich werde als Jungfrau die Ewigkeit betreten und Vorbild für alle sein. In Hunderten von Jahren wird man noch von mir sprechen. Mein Gedenkstein wird vor meinem Elternhaus stehen, alle werden kommen und sich an mich erinnern. Meine Eltern sind stolz. Meine Brüder wollten es auch tun, doch die Kommission hat mich ausgewählt, weil ich eine Frau bin und deshalb eine größere Chance hätte, durchzukommen. Es soll überhaupt nicht wehtun, hat mir der Ausbildner versprochen, man würde so erschrecken, dass man wie gelähmt nichts spürt. Ich mime eine Frau, die auf den Markt geht, traditionell wie meine Großmutter gekleidet. Meine Jugend sieht man mir nicht an, ich habe gelernt, gebeugt zu gehen. Nur in einem Punkt habe ich nicht gehorcht, und Allah möge mir in seiner Größe verzeihen: Ich habe mein Gesicht stark geschminkt, denn mein schöner Körper wird in kleinste Details zerfetzt werden, doch der Kopf wird wie ein Champagnerkorken weggesprengt und bleibt mehr oder weniger erhalten, irgendwo liegen. Und dann werden die Leute schauen, wie ich ausgesehen habe, Fotografien werden um die Welt gehen und mich berühmt machen.

Und jetzt gehe ich die 388 Schritte, die ich in den letzten Wochen jeden Morgen zur genau gleichen Zeit gegangen bin, zum letzten Mal, um die Wachen an mich zu gewöhnen. Ich gehe eigentlich wie sonst. Unauffällig, doch etwas gespannter wegen der Freude, für unsere Gesellschaft etwas ganz Wichtiges tun zu können und Allah zufrieden zu stellen.

Zwei meiner Brüder stehen bereits in sicherer Entfernung, um meine glanzvolle Tat ganz nah zu erleben. Das tut gut, sie noch einmal zu sehen.

Tja Welt, adieu. Ich war nie so richtig auf dieser Erde, ich hatte immer das Gefühl, nur auf einem Bein zu stehen und mit dem anderen bald losspringen zu müssen.

Jetzt ist es soweit. Noch sieben Schritte, ich nehme den Auslöser ganz langsam in die Hand, noch sechs Schritte, ich zwänge mich durch die Menge nach vorne, noch fünf, aua, das wäre beinahe schief gegangen, weil mir einer unabsichtlich in den Arm gegriffen hat, noch vier, ich muss noch etwas warten, noch drei, noch zwei - und jetzt geht es ab nach oben in den ewigen Himmel. Ich schwebe, ich bin schon nicht mehr hier, es riecht jetzt nach den bösen Fremden, von denen ich viele mitreißen werde, es sind viel mehr als sonst, ich werde sehr erfolgreich sein, ich bin stolz auf mich und meinen Erfolg, ich sehe Allah schon, ich bin schön geschminkt, ich …“

Satire satt 1

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