Читать книгу Larry Rottan – The Louisa Trilogy - Wolf Schreiber - Страница 4
Dienstag
ОглавлениеEs war später Nachmittag, als Larry an der Tür von Louisas Atelier klingelte.
»Hi Larry, wie geht's?«
»Hi Louisa.«
»Komm rein.«
Er betrat einen langgezogenen Raum, fast wie eine kleine Halle, und er fühlte sich wie in einer Galerie. Rechts und links hingen Dutzende von Fotos, weiter hinten erspähte er Gemälde.
»Wow.«
»Sieh Dich ruhig erst mal um. Was magst Du trinken?«
»Hast Du ein Bier und etwas Cola?«
»Habe ich mir fast gedacht. Zumindest das Bier. Extra besorgt. Und Cola habe ich immer vorrätig.«
Larry betrachtete die Fotos. Sie zeigten zumeist indigene Menschen in Wald oder Dorf-Szenarien. Dazwischen Motive, die nach Slums aussahen.
»Ich habe einige Jahre in Brasilien gelebt«, erläuterte Louisa.
»Ist allerdings schon ein Weilchen her. Weiter hinten findest Du meine aktuellen Arbeiten. Heute male ich nur noch, das Fotografieren interessiert mich seitdem in Deutschland nicht sonderlich.«
Larry öffnete die Dose Bier, die sie ihm gereicht hatte, trank einen Schluck ab, und goss einen Schuss Cola hinterher. Sie gingen in den hinteren Teil des Raumes, wo es eine gemütliche Sitzecke, bestehend aus einem gelben und einem roten Sofa, gab.
Ihre Gemälde waren schrill, farbintensiv und wild. Ihr Œuvre bestand teils aus Vampiren, teils aus surrealen Horrorvisionen.
»Cool, gefällt mir.«
»Freut mich zu hören, Larry. In diesem Stil möchte ich auch weiterarbeiten.«
»Und jetzt das Thema Kannibalismus. Warum?«
»Kann ich Dir gar nicht so einfach begründen. Fiel mir im Übrigen auch schwer, meinen Prof. von der Akademie davon zu überzeugen. Er hat auch ein paar Zusatzbedingungen formuliert. Aber dazu später.«
»Hat Deine Wahl auch mit Deinem Brasilien-Aufenthalt zu tun?«
»Ja, zumindest ein bisschen, oder vielleicht auch ein bisschen mehr. Habe dort viele Rituale kennengelernt. Rituale für alle möglichen Lebenssituationen.«
»Und wo malst Du? Ich sehe hier nur Deine private Galerie?«
Sie zeigte auf einen Durchgang. Davor standen einige Paare mit Farbe verschmierter Pantoffeln.
»Dort ist noch ein weiterer Raum. Fensterlos. Ich arbeite nur mit Kunstlicht. Den bekommst Du frühestens morgen zu sehen, und auch nur, wenn ich Deine Zusage habe.«
»Warum so geheimnisvoll?«
»Ist kein Geheimnis. Nur eines von meinen Ritualen. Ich male grundsätzlich nur nackt. Und Leute, die mit mir diesen Raum betreten, müssen auch nackt sein. Die einzige Bekleidung, die ich erlaube, sind Pantoffeln, weil der Boden sehr mit Farbe verklebt ist.«
Larry schmunzelte und ihm fiel auf, dass sie auch heute unter ihrem Schlabber-T-Shirt keinen BH trug. Louisa schien seine Blicke bemerkt zu haben.
»Ich hoffe, die Aussicht mich unbekleidet zu sehen, ist nicht Deine einzige Motivation mir zu helfen.«
»Da musst Du mir schon ein wenig mehr bieten. Aber was stellst Du Dir denn genau vor.«
»Kannibalismus ist für mich etwas Mystisches, von dem ich eine vage Vorstellung habe. Etwas, das mich teils fasziniert, teils verschreckt, aber auch durchwühlt. Ich kann es nicht wirklich gut beschreiben, aber das Thema spukt schon lange in meinem Kopf. Und wenn ich mir Gedanken um konkrete Motive mache, oder einfach nur recherchieren möchte, schweifen meine Gedanken immer ab.«
»Ich verstehe.«
»Ich brauche jemanden, der mir klare Vorgaben für meine Bilder macht. Also inhaltlich. Die stilistische Umsetzung ist ganz allein meine Sache. Da lass ich mir nicht hereinreden.«
»Aha.«
»Ja, und dann halt die Vorgaben von meinem Prof. Er möchte, dass ich meine Werke auch begründen kann. Und er hat zwei Stichworte genannt, die ich dabei berücksichtigen soll.«
»Und die wären?«
»Kontingenz und Konsistenz.«
»Ähm, ja, der Zusammenhang erschließt sich mir nicht auf Anhieb.«
»Mir auch nicht. Ich habe mich mit beiden Begriffen auch noch nicht auseinandergesetzt. Kunsttheorie und Philosophie gehören nicht zu meinen Stärken.«
»Zu meinen auch nicht unbedingt. Was genau erwartest Du von mir?«
»Ich dachte daran, dass Du mir 10 bis 12 konkrete Szenarien für Bilder entwickelst. Also bestimmte Motive, Szenen, Personen, vielleicht Stillleben, so was in der Art. Zu jedem Werk könntest Du einen kleinen, na ja, mittellangen Text schreiben, und das Gesamte soll einen sowohl subjektiven als aber auch repräsentativen Überblick zu Geschichte und Facetten das Kannibalismus werden. Daraus könnte ein Katalog werden. Dachte, das wäre für Dich auch ein Renommierprojekt.«
»Wo wirst Du ausstellen?«
»In Frankfurt am Städel und hier in Gießen im Kulturzentrum in der ehemaligen Stadtbibliothek.«
»Wie bist Du da rangekommen, vor allem mit dem Thema?«
»Hat mein Prof. arrangiert.«
»Und hast Du auch ein finanzielles Angebot für mich?«
»Ja. 20 % von jedem Gemäldeverkauf und 50 % vom Kataloggewinn.«
»Kataloge sind teuer in der Produktion. Da fällt nicht viel ab.«
»Ok, 25 % von jedem Gemäldeverkauf. Aber dann brauch ich Dich die nächsten 2 Wochen exklusiv.«
»In 2 Wochen willst Du fertig sein?«
»Ja, ich male sehr schnell. Pro Bild rechne ich einen Tag. Hier in Gießen findet die Ausstellung erst in zwei Monaten statt, aber für Frankfurt muss alles viel früher fertig sein.«
»Sehr ambitioniert.«
»Außerdem, wenn Du magst, kannst Du das Programm der Eröffnungen mitgestalten, zum Beispiel musikalisch, oder was immer Du gerne machen möchtest.«
»Kann ich hier bei Dir arbeiten? Hast Du Laptop und WLAN? In Anbetracht der knappen Zeit ist es sicherlich von Vorteil, wenn wir uns möglichst viel austauschen können. Vor allem um Deinen Arbeitsstil kennenzulernen, zu verstehen, was Dir so zusagt, na ja, und so weiter.«
»Den Vorschlag finde ich ok. Denke, finde dann auch schneller Vertrauen zu Dir, wenn ich sehe, wie Du Dich reinhängst.«
Sie grinste und trank einen großen Schluck Cola-Wodka.
»Dann schau doch morgen um zwei hier vorbei. Ich habe morgen und übermorgen schon einen Plan, was ich mache. Für Freitag bräuchte ich Deinen ersten Vorschlag.«
»Gut, abgemacht.«
»By the way, Getränke und eine Kleinigkeit zum Essen sind inklusive.«
Larry verabschiedete sich und ging zum Ausgang.
»Äh, Larry, meinst Du, Du kannst mir morgen diese beiden blöden Begriffe irgendwie verständlich machen?«
»Du meinst Kontingenz und das andere? Konsistenz?«
»Ja.«
»Ich versuchs.«
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