Читать книгу Hinter Der Bühne - Wolf Wrobel - Страница 7
Das erste Kapitel
ОглавлениеEs sollte einem doch zu denken geben, wenn am Tag der Premiere eines Stückes in einem Zelt sich der gefühlt kälteste Tag des Jahres mit -11°C „einschmeichelt“, dann kurz vor Beginn der Strom ausfällt und sich eigentlich alles auf‘s Heftigste weigert, diese „Show“ über die Bühne gehen zu lassen.
26. Februar 1999
Die Frau am anderen Ende der Leitung lachte. „Normalerweise freuen sich die Leute, wenn Geld auf ihrem Konto eingeht“. Die Bankangestellte schüttelte wahrscheinlich den Kopf als ich mich fluchend, herzlich bei ihr bedankte und seufzend auflegte.
Verdammt! Dabei hätte es so einfach sein können. Diese Produktion lässt einen einfach nicht zur Ruhe kommen. Das fünfte Mal wäre mein Gehalt zu spät, oder falsch überwiesen worden, und das gäbe mir das erneute Recht, nach diversen, wiederholten Abmahnungen, fristlos zu kündigen.
Kündigen, endlich kündigen …
Nicht mehr in diesem Chaos spielen zu müssen. Kein flaues Gefühl mehr in der Magengegend, wenn man nur den Bus zur „Arbeit“ besteigt. Sich nicht mehr herausreden zu müssen, wenn man gefragt wird, was man denn „gerade so macht“. Die beste Ausflucht ist: „Ich bin Schauspieler.“ Damit hofft man, dass die Sache gegessen und man vom Antworten erlöst sei. Mit „Ich bin Musicaldarsteller“ wertet man sich leider ab, da tatsächlich viele Menschen nicht nur in unserem Metier denken, ein Musicaldarsteller sei kein richtiger Sänger – Tänzer eigentlich auch nicht und Schauspieler erst recht nicht. Er kann von Allem ein bisschen, aber Nichts richtig! So haben wir Musicaldarsteller durch Casting Agenturen und Auditions einen Stempel und eingebauten Minderwertigkeitskomplex verpasst bekommen.
Dann kommt aber noch: „Und wo spielen sie zur Zeit?“ Jetzt bleibt einem nichts weiter übrig als „Ach, momentan bin ich gerade frei!“, oder „Mal dies, mal das, nichts Festes!“ Peinlich.
Das Schlimmste aber ist, dass jeder, der einen kennt, feststellt, wie sehr man sich verändert hat. Wie sehr man gealtert ist und wie wenig Freude man noch ausstrahlt. Und wenn selbst die eigene Freundin nicht mehr weiss, wie sie mit einem umgehen soll, dann wird es Zeit Konsequenzen zu ziehen!
Meine Laune und mein Leben hatte sich gewaltig geändert – dieses Mal ausnahmsweise zum Positiven – als ich die Entscheidung traf zu kündigen. Eine Felswand krachte von meinen Schultern. Eigentlich fiel sie erst gerade eben, denn meine Kündigung ist im Moment durch das Faxgerät gelaufen. Es tut gut, wieder aufrecht gehen zu können.
Dabei wurde angekündigt, dass auch diesen Monat die Überweisungen leider wieder zu spät sein werden, mit dem Anhang einer Entschuldigung der Buchhaltung. Als ob das noch nie vorgekommen wäre.
Man kann sich auf nichts verlassen. Vor allem nicht auf Dinge, die einem Vorteile brächten. Man fühlt sich wie in einem schlechten Alptraum. So frei nach dem Motto: „Welcome to FANTASY MUSICAL PRODUCTIONS, where your worst dreams come true, and even some you haven‘t thought of!“ Wenn man denkt, schlimmer kann es ja nicht kommen, hat man sich getäuscht; es kommt garantiert noch schlimmer. Aber Respekt, bisher war die Spannbreite schon enorm. Und schließlich ist man nur noch damit beschäftigt, mental am Leben zu bleiben und einen Weg zu finden, aus dem Schlamassel herauszukommen.
So etwas sollte nicht wieder passieren und alle, die einen neuen, viel versprechenden Job in Aussicht haben, sollten sich im Klaren sein, worauf sie sich einlassen. Zumindest soweit sie das erkennen können. Aber Erfahrung und Erlebnisse schulen. Und es gibt immer gewisse Anzeichen, wenn etwas schief läuft. Dann, genau dann, sollte man seine Ohren spitzen und seinen bisher ungehörten sechsten Sinn belauschen. Wie ging es eigentlich los?