Читать книгу GOTT, SEX, LIEBE, EHE, meine FRAU und ich. - Wolfgang Dieter Schreyer - Страница 41
Leonore
ОглавлениеLeonore, ach Leonore,
der Name klingt wie Musik in meinem halbtauben Ohre, und es würde mich auch nicht stören, grundsätzlich auf deine gutgemeinten Ratschläge zu hören, es sei denn, dass sie meine Gefühle aufs Äußerste empören.
Leonore, ach Leonore,
bitte sing' noch einmal für mich 'Am Brunnen vor dem Tore', das Lied erinnert mich immer an vergangene glückliche Zeiten, als es kaum grobe Zerwürfnisse gab oder gar erbittertes Streiten, doch falls unsere Beziehung irgendwann ist tatsächlich am Ende, reichen wir uns beim Abschied hoffentlich versöhnlich die Hände.
Leonore, ach Leonore,
steigst du mit mir in die unbenutzt verlassen stehende Lore?
Wir könnten zusammen 'Fang-mich-doch' spielen und uns erfundene Geschichten erzählen
und romantische Pläne schmieden, wann wir uns demnächst vermählen.
Wenn wir schmutzig und schwarz wie die Neger,
können wir uns gegenseitig mit Spucke waschen;
zum Abschrubben habe ich bei mir einen mittelgroßen,
handlichen, flexiblen Feger,
und zum Abtrocknen habe ich noch ein Spitzentuch meiner Schwester in einer meiner Taschen.
Übrigens, morgen Abend wird in Villingen beim Weiler, Sepp aufgespielt zum Tanze.
Treffen wir uns um halb acht am Auslauf von der Skisprungschanze?
Leonore, ach Leonore,
du bist so vielseitig talentiert, manuell höchst geschickt und im hübschen Köpfchen sehr gescheit, du bringst es im Leben gewiss noch sehr weit;
du bräuchtest nur einen gewieften Impresario als Berater oder einen Mann, der deine Aktivitäten in großem Rahmen Karriere versprechend erfolgreich umsetzen kann.
Leonore, ach Leonore,
singend gratulieren ihr all' die ihr bekannten Leute im Chore.
Man glaubt es kaum, sie wird heute 70 Jahr,
keine Knitterfalten, wacher Verstand und noch immer das
naturblonde, kräftige Haar.
Im großen und ganzen ist bei ihr noch alles super in Form, und sie erfüllt alle Kriterien weit über der altersgemäßen Norm.
WS 092010
Leonore, ach Leonore,
dieser Name klingt mir wie Jubel im Ohre;
es ist der Name meiner Liebsten, die glockenrein und
engelhaft dort oben singt von der Empore.
Die Kirche ist voll besucht und ausgeschmückt zum Erntedank,
und alle Gläubigen entnahmen ihre Festtagskleidung aus dem bäuerlichen
Schrank.
Alle lauschen gebannt der Musik und der wundervollen Stimme der bezaubernden Sopranistin,
welche bislang noch eine unbekannte, aber ehrgeizig aufstrebende Statistin. Sie hat viel weiches Timbre, aber auch starkes Feuer in ihrer Kehle, und sie ist auf dem Sprung zu einer großen Karriere und begeistert sicherlich bald große, voll besetzte Opernsäle.
Als sie das 'Ave Maria' in einer beseelt einfühlsamen Weise vorträgt, bei allen Anwesenden das Herz ein wenig höher schlägt.
Doch der Erfolg war leider schon vorbei, bevor er hatte begonnen, der Alltagstrott hat die Karriere besiegt, die schönen Träume sind längst zerronnen.
WS 092010
Le-o-no-re, Le-o-no-re, Le-o-no-re, dieser Name klingt wie ein jubelndes Hal-le-lu-ja, Hal-le-lu-ja, Hal-le-lu-ja, gesungen vom gesamten Chore.
Geboren wurde sie vor fast 70 Jahren, zu Zeiten, die nicht rosig und vergnüglich waren; ansonsten lief alles recht durchwachsen ab in ihrem Leben, sie wurde leider immer wieder daran gehindert, nach Höherem zu streben.
Die meisten Lebensjahre sind für sie wohl jetzt vorbei, und es folgen nun die letzten,
vielleicht - zu ihrer Überraschung - werden es noch die betsten?
Dass es in Zukunft so möge sein, wünschen ihr, außer mir, noch ganz lieb und fein, Herr Mond- und auch Frau Sonnenschein.
>>Meine Frau, die Isebill,
die will nicht so, wie ich es will.<<
>>Mein Freund, das liegt allein an dir, ganz ungelogen, du hast deine Frau nicht richtig erzogen.
Meine Frau, die Leonore,
die dritte vorn links dort im Sängerchore.,
hört mir immer aufmerksam, geduldig und artig zu,
wenn ich ihr 'was sagen tu,
und sie macht alles das, was ich ihr sage,
ohne jegliche aufmüpfige Antwort oder
provokante Frage.<<
WS 092010