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Zweites Kapitel: Lauter Verdächtige

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Klaussner war ein aus Deutschland West eingewanderter Baulöwe, der es binnen kurzer Zeit auch in London zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht hatte. JJ hatte erfahren, dass Quasibobby bei ihm arbeitete, und unter einem Vorwand dessen Arbeitsstelle aufgesucht. Die Wirklichkeit sah so aus, dass er sich hoffnungslos in Krystal verliebt hatte und ihm jedes Mittel recht war, wieder einen Blick unter ihren Bademantel tun zu dürfen.

Bobby machte JJ mit seinem direkten Vorgesetzten, Charly Dull, bekannt, den jeder in der Firma nur »Schweiger« nannte, weil sein Redefluss den Niagara Falls in nichts nachstand. Er war ein dicklicher, ständig vor sich hin redender Mittfünfziger, dessen Worte wahrscheinlich nicht einmal von ihm selbst verstanden wurden. Sie schüttelten sich kurz die Hand, dann rief die Arbeit in Form von Klaussners sonorer Stimme. JJ murmelte eine hastige Entschuldigung und versprach Bobby, in den nächsten Tagen mit seinem neuen deutschen Sportwagen bei ihm vorzufahren. Der junge Mann strahlte über alle vier Backen.

Wieder an der frischen Luft, schalt sich der Agent einen Idioten, weil er einen sündhaft teuren 944er per Kreditkarte erworben hatte und ihm nichts Besseres eingefallen war, Joan wiedertreffen zu können.

Als er in sein Gastbüro beim Yard zurückkehrte, erwartete ihn bereits Sir Edgar.

»Ich habe einen Frosch in meinem Schreibtisch gefunden. Und nach einem Telefongespräch mit dem Innenminister (er sprach wie fast immer völlig zusammenhanglos) war auch Sir Maggie... ich meine, Frau Maggie der Ansicht, dass man den Froschbefall, den Froschfall nicht mehr alleine Scotland Yard überlassen sollte. Will sagen: Sie, mein lieber Decker, haben jetzt gewissermaßen die Oberhoheit und Hauptverantwortung, was dies betrifft, und unser gesamter Apparat steht Ihnen zur Verfügung: Computer, Raster, na, Sie wissen schon. Außerdem musste ich Ihnen auf höchste Anweisung zwei persönliche Assistenten an die Seite geben. Die Herren Foxhiller und Dragon. Tja, was war noch?«

Sein Gesicht legte sich in Dackelfalten.

»Ich glaube, das genügt fürs Erste«, beeilte sich JJ zu versichern, »ich bin mir der Ehre voll bewusst.«

Umgehend machte sich der amerikanische Freund an das Studium der Mikrofilme. Er fand heraus, dass die Gilde der Froschmänner streng hierarchisch organisiert war. An der Spitze stand der große Unbekannte, der innerbetrieblich den Spitznamen Fat Wellknown oder Ochsenfrosch trug. Seine Hilfskräfte teilte man in vier Kategorien auf:

a) die Laubfrösche, sie waren die untersten Chargen, zuständig für kleinere Verbrechen wie Diebstahl, Raub und Einbruch;

b) die Knallfrösche, zuständig für Morde, Attentate und Gewaltverbrechen die Killertruppe eben;

c) die Froschaugen, zuständig für Observierungen, Infiltrationen, Unterwanderungen und Ähnliches; seriöse Leute, Under-Cover-Gangster und

d) die Kaulquappen - Menschen in guter Stellung, Menschen wie du und ich, die nur bei besonders großen Sachen miteinbezogen wurden und deren Identität in Gangsterkreisen völlig unbekannt war. Die wichtigste Gruppe, denn sie saß in den Vorzimmern zur Macht oder gar in den Schaltstellen des Empires.

Mitten in diese interessante Lektüre brach Inspector Dragon mit einer Schreckensmeldung ein: »Unser bester Mann, der Berny Ganter, den wir in die Froschbande einschleusen konnten, ist tot aufgefunden worden. Ermordet! Jetzt stehen wir wieder ganz am Anfang.«

»Traurig, aber unbedeutend. Was mich viel mehr interessiert ist, warum hat Bobby Newton vor zwei Stunden seinen Job aufgegeben und zu einer gewissen Lalo Montez Beziehungen aufgenommen?«

»Woher wissen Sie denn das jetzt schon?«

»Nun, mit der Einführung der computerlesbaren und fälschungssicheren ID-Karten in diesem ihrem Lande ist der Weg eines jeden Bürgers per Knopfdruck abrufbar.«

»Es lebe der Fortschritt«, meinte Dragon trocken.

»Ja, aber leider haben wir noch nicht in jedem Haus eine Video-Kamera installieren können, deshalb sollten Sie sich auf die Socken machen und alles über dieses Verhältnis eruieren.«

»Hm, diese Lalo Montez ist eine sehr zwielichtige Barsängerin, ich glaube, sie ist vorbestraft wegen Rauschgifthandels.«

»Weiß ich, weiß ich, aber ich brauche mehr. Ab durch die Mitte!«

Dragon nahm Foxhiller zu seiner Unterstützung mit, bei Barsängerinnen war Alarmstufe 1 geboten.

Am Trafalgar Square fiel ihnen auf, dass ein ziemlich abgerissener Mann kleine weiße Tütchen in einem Bauchladen feilbot.

»Verdächtig«, meinte Foxhiller.

»Höchst verdächtig«, stimmte Dragon zu, »den nehmen wir uns vor.«

»Wie läuft’s Geschäft?«, fragte Dragon leutselig.

»Beschissen wäre geprahlt«, gab der erpelgesichtige Mann zurück.

»Wer kauft schon Puderzucker von einem Platzierer?«

»Einem was?«, hakte Foxhiller nach, dem sofort der amerikanische Akzent seines Visavis aufgefallen war.

»Na, Platzierer, das ist doch wohl ein Platz und kein Haus oder was?«

»Ah, verstehe, Sie sind ein Hausierer ohne Haus und festen Wohnsitz, ein fliegender, vogelfreier Straßenhändler.«

»Straßen habe ich momentan nicht im Angebot, aber wenn Sie ein Tütchen Puderzucker möchten...«

»Zeigen Sie Ihren Ausweis, die Aufenthaltsgenehmigung und den Kleingewerbeschein«, wurde Foxhiller amtlich.

Man reichte es ihm. Foxhiller reichte alles zurück, und die beiden Inspektoren setzten kopfschüttelnd ihren Weg fort.

»Irgendetwas ist faul an dem Mann, wenn ich nur wüsste, was!«

»Er ist ein Ami!«

»Das allein genügt nicht für eine Festnahme, wir müssen Decker informieren, er ist ja auch Ami, vielleicht kennt er den Mann.«

»Klar, die USA sind ein Dorf.«

Als die beiden Männer sich der Bar näherten, hielt Foxhiller Dragon am Ärmel fest.

»Schau, da geht die kleine Joan Krystal mit ihrem Bruder.«

Er sah sie nur von hinten, doch sein Auge war auf Ärsche aller Art geschult, und keiner konnte sich ihm entziehen.

Umständlich stellten sich die vier einander vor. Und ohne etwas Entscheidendes gesagt zu haben, verabschiedeten sie sich auch wieder umständlich. Kurz vor der Bar sah Foxhiller einen verdächtigen Hintern in einem eleganten Apartmenthaus verschwinden.

»Da war gerade Lalo Montez, ihren Arsch würde ich aus Millionen heraus erkennen. Diese Frau ist einmalig. Nichts wie hinterher!«

Dragon schmunzelte, ihm war die anale Fixierung seines Freundes nicht neu. Sie betraten das Haus und steuerten sofort auf den Portier in seiner Glas-Loge zu.

»Wo wohnt Frau Montez und wie lange schon?«

»Das geht euch...«

Die Polizeimarken, die plötzlich unter seiner Nase auftauchten, machten ihn freundlicher.

»Sie wohnt im Penthouse, seit einigen Wochen; gegenüber im zweiten Penthouse wohnt ein amerikanischer Playboy.«

»Sehr sinnig.«

Die Inspektoren nahmen den Lift.

Die Wohnungstüren der Penthouses standen offen, und auf jeder Türschwelle lag ein kleiner Blechfrosch.

»Verdammt«, entfuhr es Foxhiller, »wir kommen zu spät.«

»Gott bewahre«, beruhigte sie eine Stimme aus dem rechten Penthouse, »ich bin wohlauf, und auch Frau Montez erfreut sich bester Gesundheit.«

Staunend erkannten sie den Puderzucker-Platzierer.

»Toll, was für eine schöne Wohnung Sie sich durch den Verkauf Ihrer kleinen Tütchen leisten können«, Dragons Stimme klang neidisch.

»Ach, es sind nicht die kleinen Tütchen allein, ich betreibe mehrere Geschäfte. Und als Amerikaner, noch dazu aus der Dynastie der Undings, habe ich ein sozialpsychologisch-kriminologisches Faible für Ihre Insel.«

Foxhiller war indigniert: »Mr. Jock Unding, wer sind Sie wirklich?«

»Sagen wir einfach, ich bin ein spleeniger Millionär.«

»Und was halten Sie von diesen beiden Fröschen?«

»Meine Herren, nie würde ich mir erlauben, Sie als Frösche zu bezeichnen.«

»Ich meine die Blechdinger auf den Türschwellen.«

»Ach so, dazu habe ich keine Meinung. Allerdings werde ich jetzt Frau Montez einen Besuch abstatten, bye, bye!«

Er ging nicht zu Lalo, und die Inspektoren merkten es nicht einmal, denn sie hatten begonnen, mit den beiden Fröschen zu spielen.

Lalo Montez hatte inzwischen ihre Tür geschlossen und wartete auf Quasibobby. Bei ihr war nur ihr Angetrauter, der Ex-Raumfahrer Rusty the ear Loosah.

»Rusty, Liebling, du wirst entschieden zu fett. Ich sollte wirklich ernsthaft erwägen, den armen Bobby zu heiraten und dich in die Wüste zu schicken.«

»Diesem tumben Toren werden noch die Augen überquellen, wenn er erfährt, was und wer du wirklich bist. Er wird geradezu basedow'sche Froschaugen bekommen.« Er lachte distinguiert.

Obwohl er jahrelang den Beruf eines Vollidioten ausgeübt und nur im Kreis geflogen war, so seine späte Selbsterkenntnis, ließ sich seine gute Erziehung nicht verleugnen.

»Stimmt, ich habe nie einen dümmeren Menschen getroffen. Wer sich erzählen lässt, der quambodschanische Geheimdienst brauche dringend einen Londoner Agenten für die Überwachung von Parisern, der glaubt auch an den Weihnachtshasen.« Sie lachte müllmäßig.

Als Quasibobby klingelte, fiel sie ihm überschwänglich um den Hals und herzte ihn.

»Ach Bobby, schön, dass du da bist. Kennst du übrigens schon unseren lieben Rusty. Er wird bei unserer wichtigen Mission mit von der Partie sein.«

Die Männer begrüßten sich kühl, was bei dem Ausfall der Klimaanlage als angenehm empfunden wurde (von Lalo, die ihre Hedwig C. M., ihr großes Vorbild, intus hatte). Und wahrscheinlich gab es auf der ganzen Welt nur zwei Leute – Rusty und Sir Edgar –, die der Redundanz mächtiger waren, als sie selbst.

Die Parodie mit einem Nachwort - Der Frosch mit der Glatze

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