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Lazarus.

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Bruder der Martha und Maria, Besitzer des reichen Hauses zu Bethania, wo der Heiland mit seinen Jüngern öfters gastfrei aufgenommen wurde, fiel einst in eine tödtliche Krankheit, als der Heiland jenseits des Jordan in der Nähe sich aufhielt, in der Gegend, wo Johannes vormals getauft hatte. Er war dahin vor den Juden, die ihm nachstellten, geflüchtet. Die Schwestern schickten zu ihm und liessen ihm sagen, dass ihr Bruder so krank geworden sey. Er erwiederte, die Krankheit ist nicht zum Tode, sondern zur Ehre Gottes, und blieb zwei Tage, wo er war.

Dann erst sagte er zu den Jüngern: “Lazarus, unser Freund, schläft, ich gehe, dass ich ihn wecke.“ Die Jünger verstanden es vom gewöhnlichen Schlafe und sagten: wenn Lazarus schlafe, werde er wohl von selbst gesund werden, und Jesus brauche sich nicht in Gefahr zu setzen, dass er wieder unter die Juden gehe, die ihn eben erst hart bedroht hatten. Jesus aber sagte: “Lazarus ist todt. Das ist geschehen, damit ihr glauben sollt. Lasst uns zu ihm ziehen!“ Der ungläubige Thomas meinte, es werde ihr Verderben seyn, doch sollten sie den Meister nicht verlassen und mit ihm sterben. – Als Jesus nach Bethanien kam, war Lazarus todt und roch schon; die Verwandten waren im Trauerhause versammelt und Martha sagte ihm mit der Miene des Vorwurfs: “Herr, wärest du da gewesen (auf unsre erste Nachricht gekommen), mein Bruder wäre nicht gestorben.“ Doch fügte sie innig hinzu: “Ich weiss auch noch, dass, was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben.“ Jesus antwortete: “Er soll auferstehen.“ Martha zweifelte noch einmal, und sagte: “Ja, am jüngsten Tage.“ Jesus aber sprach: “Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe.“ Auch Maria kam und sank ihm weinend zu Füssen: “Ach, Herr, wärest du dagewesen, so wäre unser Bruder nicht gestorben.“ Da ergrimmte der Herr und betrübte sich. Den Ewigen wandelte eine menschliche Rührung an. Er ging mit den Andern hinaus zum Grabe, betete und rief: “Lazare, komm heraus!“ Da erhub sich der Todte in seinen Grabtüchern und trat hervor. Und Alle, die es sahen, glaubten an Jesum. Andere aber gingen hin und sagten es den Pharisäern, und Kaiphas und die Priester, durch das grosse Wunder erschreckt, sannen, Jesum zu verderben. Daher verbarg sich der Heiland bis zu Ostern, da seine Zeit gekommen war. Ev. Joh. 11.

Fünf Momente sind in dieser Erzählung von besonders tiefer Bedeutung: 1) der Irrthum und Heldensinn des Apostels Thomas, 2) das echt weibliche Benehmen Martha's, 3) der tiefe Liebesschmerz Maria's, 4) die Rührung des Heilandes, 5) das Gebet vor der Auferweckung. Mit Recht hat schon Herder IX. 133. 138. darauf aufmerksam gemacht, wie hier Alles auf das christliche Begräbniss überhaupt anwendbar ist, und wie kein süsserer Trost für Leidtragende zu schöpfen ist, als aus diesem schönen Kapitel des Evangeliums Johannis.

Der arme Lazarus bei Lucas 16, dessen Schwären die Hunde lecken, ist ein Bild des menschlichen Elends überhaupt, daher auch ihm zu Ehren alle Siechen im Mittelalter Lazarusbrüder und die Krankenhäuser noch heute Lazarethe heissen. Im Grunde genommen aber ist auch der andere Lazarus, der durch Christum aus dem Grabe wieder auferweckt wird, ein verwandtes Sinnbild. Das ganze Leben ist gewissermassen ein Sterben, die Welt ein Grab, woraus nur Christus erlöst. In diesem Sinne wird der arme Lazarus bei Lucas in Abrahams Schooss erhoben, weil er fromm gelebt, und sieht unter sich im ewigen Feuer den gottlosen Reichen; der andere Lazarus aber steht von den Todten wieder auf, um sich an des Heilands Seite zu setzen, die im christlichen Sinne dasselbe bedeutet, was im jüdischen Abrahams Schooss. Also knüpft sich an den gleichen Namen im Gleichniss von dem einen und in der Geschichte des andern derselbe Grundgedanke der Heilung, Genesung, Wiederbelebung. Der erste Lazarus ist Patron der Lazarethe, der zweite Patron der Gräber. Ausserordentlich oft findet er sich abgebildet auf den altchristlichen Gräbern der Katakomben in Rom, und zwar immer als eine kleine mumienhafte Figur, die der viel grössere Heiland berührt.

Christliche Symbolik, Band 2

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