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Es ist die Stimme des Blonden gewesen, die mich aus dem Bann des Geschichtenerzählers gerissen hat. Er nimmt mich am Arm und führt mich fort aus dem Gewühl des Platzes hin zu einem dunklen Eingang, der zwischen Souvenirläden wie der Schlund zur Hölle wirkt.

Zuerst kann ich nicht erkennen, wohin wir gehen, doch dann wird mir klar: Der Blonde führt mich in die Souks, die einem gigantischen Labyrinth gleichenden Märkten Marrakeschs!

Kaum dass wir die Schwelle überschritten haben, umfängt mich eine fremde, im Halbdunkel liegende Welt. Hier, unter dem vor Sonne, Wind und Regen schützenden Wellblechdach, das nur ab und an Öffnungen aufweist, herrscht ein irrsinniges, von vielen Funzeln unterschiedlicher Art und Größe diffus erhelltes Gewusel, das einer ungeschriebenen Gesetzmäßigkeit zu folgen scheint.

Meine Augen brauchen einen Moment, um sich an das Zwielicht zu gewöhnen, dann betrachte ich die Auslagen der Händler etwas genauer und werde von meinen orientalischen Träumen in die Wirklichkeit zurückgeholt. T-Shirts, Schuhe, Handtaschen, Parfüms und die üblichen kitschigen Souvenirs liegen, stehen und hängen dicht an dicht in den schmalen, engen Verschlägen der Händler, die allesamt durch Zurufen einzelnen Wortbrocken der verschiedensten Sprachen herauszufinden versuchen, wo ich einzuordnen bin.

Der Schritt des Blonden ist so forsch, dass ich kaum mithalten, geschweige denn auf die Rufe der Händler reagieren kann. Letzteres ist nach meinen bisherigen Erfahrungen sicher nicht das Schlechteste.

Mein neuer Freund biegt immer wieder nach links und rechts in neue, oft noch dunklere Gassen ab und ich habe längst jede Orientierung verloren. Will er mich mit Absicht verwirren, mich von ihm abhängig machen? Ohne seine Hilfe finde ich hier nicht mehr hinaus.

Ist er überhaupt mein Freund? Wir haben keine fünf Sätze miteinander gewechselt. Ich kenne ihn nicht und frage mich jetzt, warum ich ihm folge.

Ich muss schneller laufen, um ihn nicht zu verlieren. Muss mich vorbeizwängen an Körpern, kann mich bei ungewollten kleinen Remplern nicht entschuldigen, und weiche ständig den Mopeds aus, die knatternd, hupend und betäubend nach Benzin stinkend durch die Gassen der Souks rasen. Wenn eines heranbraust, folgen darauf noch weitere. Das habe ich schnell verstanden.

Nacht über Marrakesch

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