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Ein aufstrebender Aristokrat Bewährung

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Caesar war begnadigt, aber noch war die Gefahr nicht ganz ausgestanden. Er musste sich unter Aufsicht an der Front des Imperiums bewähren. Diese lag damals in Kleinasien. Mithridates war geschlagen und hatte sich zurückgezogen, an der Küste hielten sich aber noch einzelne ehemalige Verbündete wie die Mytilener auf Lesbos. Lucullus hatte ihnen im Jahre 84 eine Niederlage vor den Toren der Stadt zufügen können, diese aber nicht zu erobern vermocht.1 Das sollte nun der Statthalter von Asia, M. Minucius Thermus, besorgen. Thermus war ein überzeugter Anhänger Sullas, im anderen Fall wäre er nicht mit dieser wichtigen Provinz bedacht worden. Caesar wurde im Jahre 80 zu ihm entsandt, er stand also unter Kontrolle. Als junger Nobilis brauchte er gemeine Rekrutendienste selbstverständlich nicht zu leisten. Er gehörte als Offizier zum Stab des Statthalters, war aber gleichzeitig eine Art Lehrling des Militärhandwerkes. Er sollte es wie kein Zweiter dieses kriegerischen Jahrhunderts lernen.

Die erste Aufgabe führte in die Etappe. Er wurde zum König Nikomedes IV. von Bithynien beordert, um von dort eine Flotte zum Einsatzort auf Lesbos zu bringen. Danach begann der Sturm auf Mytilene. Der junge Caesar war beim Mauerkampf dabei und bildete damit eine Ausnahme unter seinen Standesgenossen, über die er sich später verächtlich äußerte. Eine der wenigen sarkastischen Stellen im bellum Gallicum behandelt das Verhalten der jungen Offiziere kurz vor dem Kampf mit dem Germanenkönig Ariovist. Die einen hätten sich unter den verschiedensten Vorwänden nach Rom beurlauben lassen, die anderen sich in ihren Zelten versteckt, gejammert, ihr Schicksal beklagt und Testamente verfasst.2 Caesar selbst wird später auch als Feldherr immer in vorderster Linie stehen – oder zumindest behaupten, dies zu tun.

Nach der Erstürmung von Mytilene erhielt Caesar vor versammeltem Heer aus der Hand des Feldherrn einen Eichenkranz, die sogenannte Bürgerkrone. Damit wurde ausgezeichnet, wer einen Mitbürger aus Todesgefahr gerettet hatte. Er trug die Auszeichnung noch lange bei feierlichen Anlässen. Sogar die Senatoren erhoben sich von den Plätzen, wenn ein Inhaber der Bürgerkrone zu den öffentlichen Spielen erschien.3

Nach dem Fall von Mytilene kehrte Caesar sofort nach Bithynien zurück. Er behauptete, dort eine Geldsumme eintreiben zu müssen, die irgendjemand einem Freigelassenen, seinem Klienten, schuldete. Dass ein Patron sich so für einen Klienten einsetzte, war löblich, aber auch ungewöhnlich. So fand Caesar keinen Glauben mit seiner altruistischen Begründung. Nach der strengen Erziehung lockte ihn offenbar das großzügige Leben am bithynischen Königshof. Schnell verbreiteten sich Gerüchte, es sei nicht allein der Hof, sondern auch der König, die ihn dorthin zogen. Er wurde diese Nachrede nie mehr los, und je mehr er es versuchte, sogar einen Eid schwor, desto hartnäckiger hielt sie sich. Klatsch war eine Sache, an der alle Stände Roms ihre Freude hatten. Der Dichter Licinius Macer Calvus kleidete das Gerede in vielzitierte Verse, Ciceros oft angenehm boshafte Feder berichtete von ihm in zahlreichen Briefen, der Konsul Bibulus besprach es in seinen Edikten. Vor allem in den Reden des Senats versäumte es kaum einer seiner Gegner, darauf anzuspielen. Caesar musste sich in der heiligen Kurie „königliche Mätresse“, „Innenseite des Königslagers“, „Stall des Nikomedes“ oder schlicht regina, „Königin“, nennen lassen. Er mochte es dementieren, so viel er wollte, der Aufenthalt in der bithynischen Etappe blieb Gesprächsstoff. Noch fast 35 Jahre später skandierten, johlten und pfiffen die Legionäre während des gallischen Triumphzuges zur letzten Freude des Vercingetorix: „Gallien unterwarf der Caesar, Nikomedes Caesar einst. Siehe, Caesar triumphiert jetzt, der die Gallier unterwarf! Nikomedes triumphiert nicht, der den Caesar unterwarf.“4 Der Diktator trug das schließlich mit mehr Fassung als die Mehrzahl der modernen Historiker. Eine Geliebte wie Servilia oder Kleopatra mochten sie ihrem Helden noch zubilligen, ein Liebhaber aber ging zu weit.

Caesar blieb in Kleinasien, während die Statthalter wechselten. Der neue Prokonsul von Kilikien hieß im Jahre 78 Servilius Vatia, und er ging, wie seine Vorgänger, energisch das größte Problem dieser Provinz an: die Seeräuberei. Caesar nahm an dem Feldzug teil und wartete ansonsten auf Nachrichten aus Rom. Schon 78 kam das erhoffte Signal zum Aufbruch: Der Diktator war tot. Caesar kehrte sofort zurück, eine neue Politik schien möglich. Einer der früheren Günstlinge Sullas, der Konsul von 78, Aemilius Lepidus, wandte sich von seinem toten Förderer ab und versprach, enteignetes Land – ausgenommen dasjenige, welches er selbst bei den Proskriptionen reichlich ersteigert hatte – zurückzugeben, Verbannte zurückzurufen, überhaupt sullanische Gesetze zu annullieren. Für Lepidus garantierte Caesar als enger Verwandter von Marius und Cinna weitere Anhängerschaft, und so bemühte er sich, ihn zu gewinnen. Caesar war klüger: Er wusste, dass noch zu viele Nutznießer der Diktatur in Amt und Würden und die Zeiten nicht reif waren, die Entwicklung zurückzudrehen. Deshalb ließ er sich auf keine Abenteuer ein.5 Er sollte Recht behalten: Lepidus imitierte Sulla, marschierte ebenfalls auf Rom – und war im Jahre 77 tot.

Caesar konnte sich nur langsam profilieren. Nach den militärischen Erfahrungen musste er sich nun als Redner und Jurist erweisen; eine entsprechende Ausbildung hatte er erhalten. Es war gar nicht notwendig, die von ihm angestrengten Prozesse auch zu gewinnen, wichtig war nur die Aufmerksamkeit, die der Anwalt auf sich zog. Die Prozesse fanden auf dem Forum statt, Caesar konnte alte Anhänger seiner Familie um sich scharen und neue für seine Person gewinnen. Seine ersten Gegner waren Repräsentanten des alten Systems. In gewisser Weise lässt sich sagen, dass es auch gar keine anderen gab. Trotzdem lag darin eine Zielrichtung: Caesar wollte die Familientradition wahren und sich einer popularen Politik verschreiben. Er gewann damit zwar keine Prozesse, jedoch rasch Sympathien in der plebs.

Im Jahre 77 war der Konsul von 81, Cornelius Dolabella, von seiner zweijährigen Amtszeit als Statthalter von Makedonien nach Rom zurückgekehrt. Der Senat bewilligte ihm einen Triumphzug, doch gleichzeitig kamen griechische Untertanen, um sich über die Ausbeutungspraktiken des Geehrten zu beklagen. Sie fanden den jungen Caesar als Vertreter ihrer Interessen, und dieser zog nun Dolabella vor den ständigen Gerichtshof, der mit Repetundenangelegenheiten betraut war. Darunter fielen Raub, Beschlagnahme, Unterschlagung, Erpressung und ähnliches. Es gab kaum einen römischen Statthalter, der sich nicht mindestens eines dieser Vergehen schuldig gemacht hätte, und so hatten die Repetundenprozesse etwas Beliebiges, abgesehen vielleicht von dem exemplarischen Verfahren gegen Verres. Dolabella ließ sich von den berühmtesten Anwälten vertreten, doch diese Ausgabe wäre nicht nötig gewesen: Sulla hatte die Gerichtsbänke wieder mit Senatoren besetzt, und Senatoren verurteilten nur in Ausnahmefällen einen Standesgenossen. Dolabella wurde freigesprochen.6

Die Griechen fühlten sich trotzdem gut vertreten, und im folgenden Jahr klagte Caesar den Gaius Antonius, den späteren Mitkonsul Ciceros, an. Antonius war im zweiten Mithridatischen Krieg, um das Jahr 84, Reiterpräfekt in Griechenland gewesen und hatte seine Stellung dazu benutzt, sich dort zu bereichern – wie viele andere, nur viel schamloser. Wie Plinius berichtet, hing ihm der Spottname hybrida an, ein Wort, das die erfolgreiche Kreuzung von Haus- und Wildschwein bezeichnete.7 Caesar warf Antonius räuberische Erpressung vor. Da niemand an der Berechtigung dieses Vorwurfes zweifelte und Antonius noch nicht die Lobby eines Dolabella besaß, wäre er aus Versehen beinahe verurteilt worden. In letzter Minute appellierte er an die Volkstribunen, es sei keine unparteiische Verhandlungsführung zu erwarten – und entkam.8 Caesar konnte dennoch zufrieden sein, viel mehr war bei diesen ersten Auftritten nicht zu erwarten gewesen. Immerhin war er auch als Redner ein Anfänger und immer noch ohne Senatssitz. Dazu musste er erst 30 Jahre alt und Quästor werden.

Caesar

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