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02 Erfolgreich entscheiden

Strukturiert entscheiden wird in Zeiten agiler Arbeitsprozesse immer bedeutsamer, aber der Bauch kann ruhig mitsprechen!


Entscheidungen zu treffen ist Teil des Arbeitslebens. Dabei empfiehlt es sich allerdings, nicht nur den Bauch entscheiden zu lassen. Eine sachlich-rationale Herangehensweise schafft eine geeignete Basis, um zusammen mit dem Bauchgefühl gute Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen treffen muss jeder. Das können wichtige, weitreichende oder auch „nur“ situativ bedingte kleine Entscheidungen sein. Wichtigere Entscheidungen betreffen z.B. eine größere Investition oder die Zusammenstellung eines neuen Teams. Je weitreichender Entscheidungen werden, desto mehr sollten sie entlang eines strukturierten Entscheidungsprozesses getroffen werden. Nachfolgend stelle ich einen siebenstufigen Entscheidungsprozess vor.

Stufe 1: Was soll entschieden werden?

Ich habe in vielen Meetings und Workshops erlebt, dass die Teilnehmer gerne sofort zur Lösung eines Problems springen möchten. Man merkt dann aber in den Diskussionen, dass der Entscheidungsgegenstand überhaupt nicht klar ist. Deshalb heißt es zu Beginn immer: Was soll entschieden werden – was ist der Entscheidungsgegenstand? Formulieren Sie den Sachverhalt, der zu entscheiden ist. Muss der Abteilungsdrucker ausgetauscht werden, geht es um den Kauf eines neuen Autos oder gilt es im Job eine Position wieder zu besetzen? Eine klare, eindeutige Beschreibung des „Was“ ist die Grundlage für eine gute Entscheidung.

Stufe 2: Wer ist betroffen?

Entscheidungen scheitern häufig daran, dass im Entscheidungsprozess nicht alle Betroffenen einbezogen werden. Im Falle eines neuen Abteilungsdruckers sind alle die Personen betroffen, die den Drucker benutzen und gegebenenfalls die Wartung durchführen. Sind alle involviert, gibt es nach der Installation deutlich weniger Nachfolgekosten oder Ärger, denn die wichtigsten Aspekte wurden im Entscheidungsprozess berücksichtigt. Im Falle einer Neubesetzung im Team sind das sicher der oder die Vorgesetzte sowie jemand aus der Personalabteilung. Muss der „Chef-Chef“ involviert werden? Wenn in der Praxis viel Kontakt zwischen dem neuen Teammitglied und dem „Chef-Chef“ besteht, dann sicher.


Stufe 3: Kriterien

Notieren Sie, welche Kriterien und Anforderungen von einer besten Lösung zu erfüllen sind. Im Falle des Abteilungsdruckers könnten das sein: Schwarz-Weiß-Druck, Farbdruck, verschiedene Papiergrößen, Kopierfunktion, Papiereinzug, Netzwerkfähigkeit, Bedingungen der Reinigung, Robustheit, Tonerkosten, Preis (inkl. Lieferung/Aufbau), Druckgeschwindigkeit, Druckzeit pro Seite und, und, und. In einem Personalauswahlprozess sind die Kriterien durch das Anforderungsprofil bestimmt. Doch warum sind diese Kriterien so wichtig? Es geht zum einen um die sachlich bedeutsamen Kriterien, die der Entscheidung zugrunde gelegt werden sollen, und zum anderen um die Vollständigkeit der Kriterien. Fehlt ein Kriterium, dann kann es vorkommen, dass der gesamte Prozess im finalen Entscheidungsschritt wieder auf „Start“ gedreht werden muss. Stellen Sie sich vor, eine mitentscheidende Person stellt nach der Präsentation der Entscheidungsanalyse folgende Frage: „Haben Sie eigentlich an die WLAN-Fähigkeit des Druckers gedacht?“ Jetzt ist zu hoffen, dass der Punkt in einem der Kriterien beinhaltet war.

Stufe 4: Prioritäten – muss & kann

In dieser Stufe sind die erarbeiteten Kriterien in Mussund Kann-Kriterien zu unterteilen. Am Punkt „Kopierfunktion: Einzug” möchte ich dies gerne erläutern. Steht der Drucker an einem Ort, wo viel kopiert wird, kann ein Papiereinzug eine Menge Zeit sparen. Wird eher selten kopiert, ist diese Funktion ein Kann-Kriterium mit niedriger Priorität. Ein Muss-Kriterium ist fast immer der Preis bzw. das maximale Budget für die Beschaffung. In der Stellenbesetzung können es die verhandlungssicheren englischen Sprachkenntnisse sein, denn die neue Kollegin, der Kollege wird häufig mit den USA Verhandlungen führen müssen. Auch das maximale Jahresgehalt ist in der Regel ein Muss-Kriterium. Dementsprechend kann es sein, dass die beste Bewerberin aufgrund der Gehaltsvorstellungen „zu teuer“ ist und dadurch an dem Muss-Kriterium „maximales Jahresgehalt“ scheitert. Das Ergebnis der einzelnen Muss-Kriterien ist immer ein klares „Ja“ oder „Nein“. Innerhalb der beiden Gruppen Muss/Kann gilt es im nächsten Schritt eine Priorisierung durchzuführen. Bei fünf Kann-Kriterien erfolgt eine Abstufung von 5 nach 1. Das wichtigste Kriterium erhält die Priorität „5“, das niedrigste die „1“. So entsteht eine Liste mit priorisierten Kriterien.

Stufe 5: Alternativen

Jetzt geht es darum, Alternativen bzw. Alternativprodukte zu sammeln, die nach erster Begutachtung in den Auswahlprozess einfließen könnten. Im Fall des Druckers sind die Angebote verschiedener Anbieter zusammenzutragen, dann ist eine Vorauswahl zu treffen. Als Anhaltspunkte für die Vorauswahl sind die Muss-Kriterien zu verwenden. Im Personalauswahlprozess gilt es letztendlich zu entscheiden: Wen laden wir ein?

Stufe 6: Bewertung der Alternativen

Nun gilt es den Entscheidungsprozess mit der Bewertung der Alternativen abzuschließen. Jede Alternative wird bewertet. Bei den Muss-Kriterien geht es nur um das „Ja/Nein“. Ist der Preis pro Blatt ein Muss-Kriterium (z.B. weniger als 3 Cent pro Seite), fallen sicher schon viele Drucker raus. Alle übrig gebliebenen Alternativprodukte werden jetzt mittels der Kann-Kriterien bewertet. Sind noch vier Produkte „im Topf“, dann werden die Produkte mit Werten von 1 bis 4 beurteilt. Das Gerät, das am besten das jeweilige Kriterium erfüllt, erhält 4 Punkte, die anderen 3 und 2 Punkte. Die schlechteste Alternative der vier Produkte erhält nur einen Punkt. Nach der Multiplikation mit dem Wert der Priorität und dem Zusammenzählen der Punktzahlen ergibt sich für jede Alternative eine bestimmte Punktzahl. Die Alternative mit der höchsten Punktzahl geht als beste aus der Entscheidungsanalyse hervor. In unserem Beispiel wäre dies Drucker #2.

Stufe 7: Entschluss absichern

Jetzt gilt es die beste Alternative nochmals auf mögliche Risiken hin zu überprüfen. Doch was heißt hier Risiken? Dazu betrachte ich ein neues Beispiel.

Robert und Melanie wollen heiraten. Melanie hat in ihrer Firma die Entscheidungsanalyse kennen und schätzen gelernt. Deshalb hat sie diese auch für die Auswahl der Location für die Hochzeitsfeier angewendet. Als beste Alternative ist das Gartenlokal „Wedding am See“ hervorgegangen, eine auf Hochzeiten spezialisierte Location direkt an einem See, mit großzügiger Gartenanlage und einer kleinen, überdachten Terrasse. Die Feier soll am 14. April stattfinden. Das Risiko heißt hier „Wetter“. Sollte es regnen, dann wird es auf der kleinen Terrasse eng und sicher etwas chaotisch.

Die Risikoanalyse fragt jetzt nach der Eintrittswahrscheinlichkeit und den Auswirkungen des Risikos. Regenwahrscheinlichkeit im April: 30%. Auswirkungen: Wenn es regnet, fällt die Hochzeit im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Die Verlegung in den Hochsommer, so wird die Eintrittswahrscheinlichkeit „Regen“ reduziert, und 2. Die Verlegung in ein nahes Hotel, das einen tollen Saal bereitstellen könnte und eine kleine Terrasse mit kleinem Garten hat. Damit würde das Ausmaß der Auswirkungen verringert, denn bei Regen könnte im Saal ungestört weitergefeiert werden. Nun, Robert und Melanie haben sich entschieden. Die Eheleute wollen unbedingt bei „Wedding am See“ feiern und verschieben die Feier deshalb in den Hochsommer. Um das Ausmaß eines potenziellen Regengusses dennoch zu reduzieren, haben sie ein großes Zelt in den Auftrag an „Wedding am See“ aufgenommen. Und das Bauchgefühl bestätigt: Ja, das ist genau das, was wir wollen!

Anmerkung

Die Entscheidungsanalyse ist ein tolles Instrument. Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass diese eigentlich aus drei Teilen besteht, sofern es um Entscheidungen in Problemsituationen geht und eine beste Lösung, eine beste Vorgehensweise gesucht wird:

1. PA = Problemanalyse (genaue Beschreibung des Problems)

2. EA = Entscheidungsanalyse (wie dargestellt)

3. APP = Analyse potenzieller Probleme (wie in Schritt 7 kurz skizziert)

Ich möchte jedem empfehlen, diesen Beitrag als einen Impuls zu verstehen, sich mit dem Thema Entscheidungsanalyse zu beschäftigen. Sie werden nicht nur Spaß daran haben, sondern in der Realität eindeutig bessere und sicherere Entscheidungen treffen.


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