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IV.
Kondwiramur.
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In Gedanken an die schöne Liaße überläßt sich Parzival seinem Pferde, das ihn in einem Tage von Graharz in das Königreich Brobarz trägt, dessen Hauptstadt Pelrapär von einem feindlichen Heere belagert und ausgehungert wird. Da er seine Dienste anbietet, wird er eingelaßen und der Königin Kondwiramur, der Tochter Tampentärs, vorgestellt, welcher er, nach Gurnemans Rath, unnützes Fragen zu meiden, stumm gegenüber sitzt, bis sie selber das Schweigen bricht. Ihre Oheime, Kiot und Manfilot, die nach Schoisianens Tod sich des Schwerts begeben haben und als Einsiedler befriedet im Gebirge wohnen, versprechen ihr einige Lebensmittel zu schicken. In der Nacht schleicht sich die Königin an Parzivals Bette, weckt ihn mit ihren Thränen und klagt ihm, wie Klamide, König von Brandigan und Iserterre, und sein Seneschall Kingron ihr Land verheert, ihr Volk erschlagen hätten, sie aber lieber sterben wolle als sein Weib werden, zumal Klamide auch Schenteflur, ihren Verlobten, Liaßens Bruder, getödtet habe. Am Morgen besiegt Parzival den Seneschall und nöthigt ihm das Versprechen ab, sich Kunnewaren, jener an Artusens Hof seinethalb von Keie gemisshandelten Jungfrau, als Gefangener zu gestellen. Der Sieger wird von den Belagerten, denen der Sturm nun auch Lebensmittel in den Hafen verschlägt, der Königin zugeführt, die ihn umarmt, und keines Andern Weib zu werden gelobt. Das Beilager wird vollzogen, er läßt sie aber Magd, obgleich sie sich sein Weib wähnt. Erst in der dritten Nacht gedenkt er der Lehren seiner Mutter und des alten Gurnemans und umfängt sie minniglich. Klamide vernimmt seines Seneschalls Besiegung und versucht, während Jener den König Artus in seinem Jagdhause Karminal antrifft, die Stadt mit Sturm zu nehmen. Die Bürger wehren sich mit niederstampfenden Baumstämmen und zerstören sein Belagerungswerkzeug durch griechisches Feuer. Als auch die Hoffnung verschwindet, Pelrapär durch Hunger zu zwingen, fordert Klamide den Gemahl der Königin zum Zweikampf, in welchem auch er gezwungen wird, sich als Kunnewarens Gefangener zu Artus zu begeben, den er zu Dianasdron beim Pfingstfeste findet. Nach einiger Zeit nimmt Parzival Urlaub von Kondwiramur, um nach seiner Mutter zu sehen, wohl auch um Abenteuer aufzusuchen.
So schied von dannen Parzival,
Der mit Freuden nun zumal
15Ritters Kleid und Sitte führte,
O weh, nur daß ihn rührte
Manche unsüße Strenge.
Ihm war die Weite zu enge,
Und auch die Breite gar zu schmal,
20Alle Grüne daucht ihn fahl,
Sein rother Harnisch daucht ihn blant:
So thät sein Herz den Augen Zwang.
Seit er der Einfalt ledig ward,
Da wollt ihn Gachmuretens Art
25Sehnens nicht erlaßen
Nach der schönen Liaßen,
Dieser tugendreichen Maid,
Die ihm mit Geselligkeit
Ehre geboten ohne Minne.
Wohin sein Ross zu laufen sinne,
[180]Er kann den Zügel nicht gehaben
Vor Leid, mags springen oder traben.
Kreuzen und umhegter Flur,
Tiefer Wagengleise Spur
5Blieb sein Waldweg ungesellt:
Er ritt auf ungebahntem Feld,
Wo wenig Wegerich stand.
Ihm war nicht Berg noch Thal bekannt.
Man hört den Spruch in Weit und Breite:
10Wer irre geh oder reite,
Da wohl den Schlegel find er.
Schlegel fänd ein Blinder
In solchem Wald nicht selten,
Wenn für Schlegel Knorren gelten.62
15Dennoch ritt er wenig um.
Auf geradem Weg, nicht krumm,
Kam er des Tages von Graharz
In das Königreich Brobarz
Durch das Gebirge wild und hoch.
20Da schon der Tag zum Abend bog,
Kam er an ein Waßer schnell
Und von Geplätscher laut und hell:
Die Felsen schickten es einander.
Er ritt daran herab. Da fand er
25Die Stadt zu Pelrapäre,
Die König Tampentäre
Vererbt hatte seinem Kind,
Bei der viel Leute traurig sind.
Schnell fuhr das Waßer wie ein Bolz,
Der wohlgeschnitten ist von Holz,
[181]Wenn ihn gespannter Sehne Drang
Gefiedert von der Armbrust schwang.
Eine Brücke drüber hing,
An die einst mancher Holzstoß ging;
5Darunter floß der Strom ins Meer.
Pelrapär stand wohl zur Wehr.
Wie Kinder schaukelnd sich vergnügen,
Die sich auf Schaukeln dürfen wiegen,
So fuhr die Brück hinauf, hinunter;
10Vor Jugend war sie nicht so munter.
Auf jener Seite stunden,
Die Helme aufgebunden,
Dreißig Ritter oder mehr.
Sie riefen: »Wags und komm hieher!«
15Mit aufgehobnen Schwerten
Die Schwachen Kampf begehrten.
Sie wähnten, es wär Klamide,
Den sie oft gesehen eh,
Als so königlich der Held
20Zur Brücke ritt auf breitem Feld.
Da sie so den jungen Mann
Mit lauten Stimmen riefen an,
Ob der dem Ross die Sporen gab,
Die Brücke scheut aus Furcht sein Trab.
25Den Verzagtheit immer floh,
Der sprang herab und führte so
Sein Ross hin auf die Brücke schwank.
Eines Zagen Muth wär allzukrank,
Um in solche Fahr zu gehn;
Auch galt es wohl sich vorzusehn:
[182]Er fürchtete des Rosses Fall.
Nun schwieg auch jenseits der Schall.
Die Ritter trugen wieder ein
Helm und Schild, der Schwerter Schein;
5Auch verschloßen sie ihr Thor
Besorgt, es zög ein Heer davor.
So zog hinüber unser Held
Und kam geritten an ein Feld,
Wo Mancher seinen Tod erkor,
10Der um Ruhm den Leib verlor,
Vor der Pforte bei dem Saal,
Der hoch und prächtig war zumal.
Einen Ring er an der Pforte fand,
Den rührt' er kräftig mit der Hand.
15Seines Rufens nahm doch Niemand wahr
Als eine Jungfrau schön und klar:
Aus einem Fenster sah die Magd
Den Ritter halten unverzagt.
Da sprach das züchtge Mägdlein gut:
20»Seid ihr mit feindlichem Muth
Gekommen, Herr, des ist nicht Noth,
Da uns Haß genug schon bot
Ohne euch zu Land und Meer
Ein ergrimmtes starkes Heer.«
25Da sprach er: »Frau, hier hält ein Mann,
Der euch dient, wofern er kann.
Euer Gruß nur sei mein Sold;
Ich bin euch dienstbereit und hold.«
Da ging die Magd mit klugem Sinn
Hin vor ihre Königin
[183]Und schuf, daß sie ihn ließen ein,
Der ihnen wandte hohe Pein.
So war er eingelaßen.
Rechts und links der Straßen
5Stand das Volk in dichter Schar,
Das zur Wehr gekommen war:
Schleudrer und Fußsoldaten,
Die in langem Zuge nahten,
Wurfschützen auch in großer Zahl.
10Bei ihnen sah er zumal
Viel verwegener Sarjande,
Der Besten aus dem Lande,
Mit langen starken Lanzen,
Geschliffenen und ganzen.
15Da war auch, hat mir kund gethan
Die Märe, mancher Kaufmann
Mit Aexten und mit Gabilot,
Wie ihre Herrin gebot.
Das Volk war schlaff und schmächtig all.
20Der Königstochter Marschall
Führt' ihn durch die dichte Schar
Auf den Hof, was mühsam war.
Der war zur Wehr berathen:
Thürm über Kemenaten,
25Wichhäuser, Thürme, Erker auch
Waren da so viel im Brauch,
Er sah im Leben wohl nicht mehr.
Da kamen allwärts Ritter her,
Die ihn begrüßten und empfingen;
Einige ritten, andre gingen.
[184]Auch war die jämmerliche Schar
All wie Asche grau fürwahr
Oder wie ein falber Leim.
Mein Herr, der Graf von Wertheim,63
5War ungern Landsknecht da gewesen:
Wie möcht er bei dem Sold genesen?
Ihnen schuf der Mangel Hungersnoth.
Sie hatten Käse, Fleisch noch Brot:
Sie ließen Zähnstochern sein;
10Sie schmalzten wohl auch selten Wein
Mit dem Munde, wenn sie tranken.
Die Wänste ihnen niedersanken;
Hochschlanke Hüften hatte Jeder;
Eingeschrumpft wie ungrisch Leder
15Auf ihren Rippen lag die Haut;
Der Hunger hatt ihr Fleisch verdaut.
Dem Mangel waren sie befohlen,
Ihnen troff es selten in die Kohlen.
Sie zwang hiezu ein werther Mann,
20Der stolze König von Brandigan,
Weil vergebens Klamide geworben.
Nicht oft verschüttet noch verdorben
War der Meth hier in der Kanne.
Keine Truhendinger Pfanne64
25Mit Krapfen hörte man erschrein,
Ihnen schuf der Misslaut selten Pein.
Wollt ich ihnen des verdenken,
Das hieße wohl mich selber kränken:
Denn wo ich oft bin eingekehrt
Und wo man mich als Herren ehrt,
[185]Daheim in meinem eignen Haus
Freut auch sich selten eine Maus.
Die Maus muß ihre Speise stehlen;
Die braucht man nicht vor mir zu hehlen,
5Ich finde keine offen.
Zu oft hat da betroffen
Mich Wolfram von Eschenbach,
Zu erdulden solch Gemach.
Meiner Klage ward genug vernommen;
10Nun mag die Märe wieder kommen,
Wie Pelrapär stand Jammers voll:
Da gab das Volk von Freuden Zoll.
Die der Treue sich ergeben,
Die Helden musten spärlich leben.
15Doch Mannheit wars, die das gebot.
Erbarmen sollt euch ihre Noth:
Denn ihr Leben steht zu Pfand,
Sie löse denn die höchste Hand.
Hört mehr noch von den Armen:
20Sie sollten euch erbarmen.
Sie empfingen roth vor Scham
Den edeln Gast, der ihnen kam.
Sie sahn, er war so reich und werth:
Aus Nothdurft nicht hatt er begehrt
25Herberge hier zu solcher Zeit:
Er kannte nicht ihr tiefes Leid.
Ein Teppich ward gespreitet,
Wo gestützt war und geleitet
Eine schattenreiche Linde.
Da entwappnete ihn das Gesinde.
[186]Andre Farb er bald als sie gewann,
Da er des Eisens Rost hindann
Sich wusch mit klarem Bronnen.
Schier hätt er da der Sonnen
5Ueberstralt den lichten Glast;
Drum daucht er sie ein werther Gast.
Man bot ihm einen Mantel gleich,
Geschnitten aus demselben Zeuch
Wie der Rock, den er zuvor getragen.
10Wildneu roch der Pelz am Kragen.
Sie sprachen: »Wollt ihr schauen
Die Köngin, unsre Frauen?«
Da sprach der Ritter zu den Herrn,
Ja, er sähe sie wohl gern.
15Sie gingen zu des Saales Thor
(Es führten Stufen viel empor),
Daß ihn ein lieblich Antlitz grüße,
Künftig seiner Augen Süße.
Von der Königstochter ging
20Ein Lichtglanz, eh sie ihn empfing.
Von Katelangen Kiot65
Und der werthe Manfilot
(Die beide Herzoge sind)
Brachten ihres Bruders Kind,
25Dieses Landes Königin;
Sie hatten Gott zu Liebe hin
Gegeben Harnisch, Schild und Schwert.
Da gingen die Fürsten werth,
Blühend, ob von Haaren grau,
Und brachten ihm des Landes Frau
[187]Mit Zucht bis an die Thür entgegen.
Da küsste sie der werthe Degen;
Die Munde waren beide roth.
Die Königin die Hand ihm bot:
5Ein führte sie Herrn Parzival:
Sie setzten nieder sich zumal.
Die Frauen und die Ritterschaft
Hatten alle schwache Kraft,
Die da saßen oder stunden.
10Die Freude war verschwunden
Dem Gesinde wie der Wirthin.
Kondwiramur die Königin
Hat zwar ihr Liebreiz ausgeschieden:
Denn Jeschuten und Eniden
15Und Kunnewaren de Lalant
Und die man je preiswürdig fand,
Wo es Frauenschöne galt,
Die überschien sie mit Gewalt
Und der Isolden Lob, der beiden.66
20Ja, ihr muß man den Preis bescheiden.
Ihr, Kondwiramor:
Die trug den wahren beau korps;
Das heißt im Deutschen: schöner Leib.
Jedwede war ein nutzes Weib,
25Die uns die Zwei gebaren,
Die hier beisammen waren.
Da thaten Alle, Weib und Mann,
Nichts als daß sie spähend sahn
Auf die Zwei beieinander.
Viel guter Freunde fand er.
[188]Der Gast gedachte, höret wie:
»Liaße dort, Liaße hie.
Will Gott der Sorgen mich entbinden?
Soll ich Liaßen wiederfinden,
5Das Kind des werthen Gurnemans?«
Doch war Liaßens Schönheitsglanz
Nichts gegen sie, die vor ihm saß,
An der Gott keinen Wunsch vergaß.
Also saß des Landes Frau,
10Wie erquickt von süßem Thau
Die Ros aus zarter Hülle
Hebt frischen Schimmers Fülle,
Der zumal ist weiß und roth;
Das schuf dem Gaste große Noth.
15Inne hatt er Zucht so ganz,
Seit der werthe Gurnemans
Ihn von seiner Einfalt schied
Und ihm Fragen widerrieth,
Außer wo es nöthig wär.
20Bei der Königin hehr
Saß er stumm und ohne Wort
Und saß doch nah, nicht ferne dort.
Doch sieht man Manchen Rede sparen,
Der mehr zu Frauen ist gefahren.
25Da sprach die Königin bei sich:
»Dieser Mann verschmähet mich,
Ich bin ihm nicht mehr schön genug.
Nein, er thut daran wohl klug.
Er ist Gast, ich Wirthin hier:
Die erste Rede ziemet mir.
[189]Er hat mich gütlich angeschaut,
Seit wir hier sitzen ohne Laut,
Und seine Zucht wohl offenbart.
Meine Red ist all zu lang gespart:
5Hier soll nicht mehr geschwiegen sein.«
Zu dem Gaste sprach das Mägdelein:
»Weil ich als Wirthin reden muß –
Mir erwarb ein Kuss, Herr, euern Gruß:
Auch habt ihr Dienst mir angetragen,
10So hört ich eine Jungfrau sagen:
Das that uns selten noch ein Gast;
Drum trägt mein Herz der Sorge Last.
Herr, ich hätte gern vernommen,
Von wannen ihr hieher gekommen?«
15»Frau, ich ritt am frühen Tage
Von einem Mann, den ich in Klage
Ließ; der trägt der Treue Kranz;
Des Fürsten Nam ist Gurnemans:
Von Graharz ist er genannt.
20Von dort heut ritt ich in dieß Land.«
Dawider sprach die werthe Magd:
»Herr, hätt es anders wer gesagt,
Ich würd ihm schwerlich zugestehn,
Es sei in Einem Tag geschehn.
25Mein schnellster Bote mochte jagen,
Doch ritt ers nicht in zweien Tagen.
Seine Schwester war die Mutter mein,
Eures Wirthes. Seiner Tochter Schein
Bleicht sich wohl auch vor Ungemach.
Wir haben manchen sauern Tag
[190]Mit naßen Augen verklagt,
Ich und Liaße die Magd.
Schenkt ihr euerm Wirthe Huld,
So nehmt vorlieb hier in Geduld,
5Wie wir hier lange, Weib und Mann:
Ihr dienet ihm zugleich daran.
Ich will euch unsern Kummer klagen:
Wir müßen bittern Mangel tragen.«
Da sprach ihr Oheim Kiot:
10»Frau, ich send euch zwölf Laib Brot,
Schultern und Schinken drei;
Acht Käse liegen auch dabei
Und zwei Legel mit Wein.
So soll euch auch der Bruder mein
15Heute steuern; wohl ists Noth.«
Da sprach der Herzog Manfilot:
»Ich send euch, Frau, wie er gesagt.«
Da saß in Freuden da die Magd:
Sie dankte, die so viel gelitten.
20Sie nahmen Urlaub und ritten
Zu ihrem Jägerhause.
In der Wildniss lag die Klause,
Wo die Alten saßen ohne Wehr;
Sie hatten Frieden vor dem Heer.
25Ihr Bote kam zurück getrabt:
Da ward das schwache Volk gelabt.
Verzehrt war all der Bürger Kost:
Nur diese Speise war ihr Trost.
Doch lag vor Hunger mancher todt,
Eh ihm ward von diesem Brot.
[191]Das vertheilte nun das Mägdelein,
Dazu die Käse, Fleisch und Wein,
An ihr Volk, das hungersmatte,
Wie Parzival gerathen hatte.
5Kaum ein Schnittchen blieb den Zwein
Sie theilten ohne Zank sich drein.
Der Vorrath war bald verzehrt
Und Manchem Tod damit gewehrt,
Den noch der Hunger leben ließ.
10Dem Gaste man nun betten hieß
Sanft, wie ich wohl glauben will.
Wären die Bürger Federspiel,
So überkröpfte man es nicht:
Wohl bezeugts ihr Tischgericht.
15Sie waren all von Hunger fahl
Bis auf den jungen Parzival.
Zum Schlafgang nahm er Urlaub.
Waren seine Kerzen Schaub?67
Nein, beßer wars damit bestellt.
20Da ging der junge blühnde Held
An ein Bette schön und reich,
Einem königlichen gleich,
Nicht nach der Armut Brauch bereitet;
Ein Teppich lag davor gespreitet.
25Er bat die Ritter heimzugehn
Und ließ sie da nicht lange stehn.
Ihn entschuhten Kinde, er entschlief,
Bis ihn der wahre Jammer rief
Und lichter Augen Herzensregen:
Die weckten bald den werthen Degen.
[192]Das kam wie ich euch sagen will;
Es brach nicht der Weibheit Ziel.
Stäte Keuschheit trug die Magd,
Von der hier Manches wird gesagt.
5Ihr zwang des langen Krieges Noth
Und der lieben Helfer Tod
Das Herz in solches Ungemach,
Daß ihre Augen blieben wach.
Da ging die reiche Königin
10(Nicht zu solcher Lust Gewinn,
Die aus Mädchen Frauen macht
Unversehens in einer Nacht),
Sie suchte Hülf und Freundes Rath.
Sie trug auch wehrlichen Staat:
15Ein Hemd von weißer Seide fein.
Wie könnte streitbarer sein,
Wenn sie zum Manne geht, ein Weib?
Auch schwang die Frau um ihren Leib
Von Sammet einen Mantel lang:
20Sie ging, wie sie der Kummer zwang.
Jungfrauen und Geleiterinnen,
So viele bei ihr lagen drinnen,
Die ließ sie schlafen allzumal.
Da schlich sie leis, ohn allen Schall,
25Zu einer Kemenaten.
Der Köngin war verrathen,
Daß Parzival alleine lag.
Von Kerzen hell wie der Tag
War es vor seiner Schlafstatt.
Zu seinem Bette geht ihr Pfad,
[193]Auf den Teppich kniet sie sich.
Sie hatten beide sicherlich,
Er und auch die Königin,
Verbuhlte Minne nicht im Sinn.
5Anders ward hier geworben:
An Freuden verdorben
War die Magd; sie zwang der Gram.
Ob er sie nicht zu sich nahm?
Leider das versteht er nicht:
10Doch geschahs zuletzt nach Vorbericht
Und mit so bedungnem Frieden,
Daß sie im Bett geschieden,
Die Glieder nicht zusammen brachten;
Des sie auch wenig gedachten.
15Der Jungfrau Jammer war so groß,
Daß manche Zähre niederfloß
Auf den jungen Parzival.
Der hörte ihres Schluchzens Schall:
Da wacht' er auf: als er sie sah,
20Lieb und Leid geschah ihm da.
Sich erhob der junge Mann,
Der zu der Königin begann:
»Herrin, bin ich euer Spott?
Knieen sollt ihr nur vor Gott.
25Geruht, und setzt euch zu mir her
(Das war sein Bitten und Begehr)
Oder legt euch hieher, wo ich lag,
Und laßt mich bleiben, wo ich mag.«
Sie sprach: »Wollt ihr euch ehren,
Mir solche Zucht bewähren
[194]Nicht zu rühren meine Glieder,
Leg ich mich zu euch nieder.«
Den Frieden gab er feierlich:
Da barg sie in das Bette sich.
5War es gleich schon späte,
Da war kein Hahn, der krähte.
Die Hahnenbalken standen ledig.
Keinem Huhne war der Mangel gnädig.
Das Fräulein unter Jammerslast
10Frug mit Zucht den werthen Gast:
»Wollt ihr hören meine Klage?
Ich fürchte, wenn ichs sage,
Euch flieht der Schlaf: es thut euch weh.
Mir hat der König Klamide
15Und Kingron sein Seneschant
Verwüstet Burgen und Land
Bis gen Pelrapäre.
Mein Vater Tampentäre
Ließ mich arme Wais im Tod
20In einer schrecklichen Noth.
Vettern, Fürsten, mancher Mann,
Reich und Arm, mir unterthan
War ein kräftiges Heer:
Die sind erstorben in der Wehr
25Halb, wo nicht die gröste Zahl.
Wes tröst ich Arme mich einmal?
Ich bin gekommen an das Ziel,
Daß ich mich selber tödten will,
Eh ich Magdtum und Leib
Ergebe und Klamides Weib
[195]Werde: seine Hand erschlug
Mir Schentefluren, der da trug
Im Herzen ritterlichen Preis.
Der Mannesschön' ein blühend Reis,
5Alle Falschheit mied er gar,
Der Liaßens Bruder war.«
Da Liaße ward genannt,
Neuer Kummer war gesandt
Dem dienstbereiten Parzival.
10Sein hoher Muth fiel in ein Thal;
Liaße gab ihm den Gewinn.
Da sprach er zu der Königin:
»Sagt, Frau, wie man euch tröste.«
»Herr, wenn man mich erlöste
15Von Kingron dem Seneschant.
Er fällte mir mit seiner Hand
In der Tjost viel Ritter nieder.
Nun kommt er morgen wieder
Und wähnt, sein Herr solle warm
20Liegen in meinem Arm.
Ihr habt wohl meinen Saal geschaut:
Wie hoch der ist empor gebaut,
Lieber spräng ich in den Graben,
Eh Klamide sollt haben
25Mit Gewalt mein Magdtum:
So wollt ich wehren seinem Ruhm.«
Da sprach er: »Herrin, sei Kingron
Franzose oder Breton,
Mir gilt gleichviel aus welchem Land,
Wehren soll euch meine Hand,
[196]So gut ich es vollbringen mag.«
Die Nacht war hin, nun kam der Tag.
Auf stand die Königin mit Neigen;
Sie wollt ihm nicht den Dank verschweigen.
5Hin schlich sie wieder leise.
Da war Niemand so weise,
Der ihres Gehens ward gewahr
Als Parzival der Degen klar.
Der schlief nicht länger mehr darnach.
10Die Sonne klomm zur Höhe jach:
Ihr Schimmer durch die Wolken drang.
Da lud zum Münster Glockenklang,
Wo sich mit Gott das Volk berieth,
Das Klamide von Freude schied.
15Da erhob sich auch der junge Mann.
Der Königstochter Kappelan
Sang Gott und seiner Frauen.
Da durft ihr Gast sie schauen,
Bis gegeben ward der Segen.
20Nach seiner Rüstung frug der Degen:
Darin er bald gewappnet stund.
Wohl that er Ritterstärke kund
Mit rechter mannlicher Wehr.
Da kam Klamides Heer
25Mit manchem Banner gezogen.
Kingron war voran geflogen
All dem übrigen Heer
Auf einem Ross von Iserterre;
So hab ich vernommen.
Vors Thor war auch gekommen
[197]Fils dü Roi Gachmuret;
Mit ihm der Bürger Gebet.
Dieß war sein erster Ritterstreit.
Er nahm den Anlauf wohl so weit,
5Daß von seiner Tjoste Stoß
Beide Rosse wurden gürtellos.
Die Riemen brachen, nicht die Flechsen;
Die Rosse saßen auf den Hächsen.
Da durften, die darauf geseßen,
10Ihrer Schwerter nicht vergeßen;
In den Scheiden wurden die gefunden.
Kingron trug schon Wunden
Durch den Arm und in der Brust.
Gelehrt hatt ihn die Tjost Verlust
15Alles Preises, des er durfte pflegen,
Bis seine Hoffahrt schwand vor diesem Degen.
Hoch pries man seine Streitergaben:
Sechs sollt er abgeworfen haben,
Die zu ihm ritten auf ein Feld;
20Doch so bezahlt' ihn unser Held
Mit seiner kraftreichen Hand,
Daß Kingron dem Seneschant
Zu Muthe ward in seinem Sinn,
Als ob ein Schleuderwerkzeug ihn
25Mit schweren Würfen erreichte.
Ein andrer Streit wars, der ihn neigte:
Ein Schwert ihm durch den Helm erklang.
Parzival ihn niederzwang;
Er setzt' ihm auf die Brust ein Knie:
Da bot er ihm, was er noch nie
[198]Einem Mann geboten, Sicherheit.
Die wollte nicht sein Herr im Streit:
Er gebot, daß er Fianze
Brächte Gurnemanze.
5»Nein, Herr, gieb lieber mir zum Lohn
Den Tod. Ich schlug ihm seinen Sohn,
Schenteflurn nahm ich das Leben.
Viele Ehre hat dir Gott gegeben,
Wenn man künftig sagt von dir,
10Wie du Kraft erwiesen hast an mir.
Da du mich hast bezwungen,
So ist dir wohl gelungen.«
Da sprach der junge Parzival:
»Ich will dir laßen andre Wahl:
15Bring der Köngin Sicherheit,
Der dein Herr so großes Leid
Hat gethan in seinem Zorn.«
»So wär ich sicherlich verlorn:
Mit Schwertern schnitten sie mich klein
20Den Stäubchen gleich im Sonnenschein:
Solch Herzeleid hab ich gethan
Da drinnen manchem kühnen Mann.«
»So bringe denn von diesem Plan
Mit dir in das Land Bretan
25Deine ritterliche Sicherheit
Einer Magd, die meinethalben Leid
Erlitt, das sie nicht hätt erlitten,
Wenn Kei bescheiden war von Sitten.
Sag ihr, was mir geschehe,
Daß sie mich nicht fröhlich sehe,
[199]Bis ich ihm den Schild durchsteche
Und ihre Unbill räche.
Artus und seinem Ehgemahl
Melde meinen Dienst zumal
5Und der ganzen Tafelrunde:
Nicht käm ich vor der Stunde,
Da ich der Schmach mich entschlage,
Die ich gesellig trage
Mit Jener, die mir Lachen bot;
10Sie kam dadurch in große Noth.
Sag ihr, ich sei ihr Dienstmann,
Mit Dienst ihr dienstlich unterthan.«
Der Andre sprach zu Allem ja;
Die Helden man sich scheiden sah.
15Zu Fuß kam heimgegangen,
Da sein Ross war gefangen,
Der Bürger Trost im Streite,
Die er bald ganz befreite.
Muthlos war das äußre Heer,
20Weil Kingron trotz seiner Wehr
So gekommen war zu Fall.
Die Innern führten Parzival
Zu ihrer jungen Königin.
Die empfing umarmend ihn:
25Sie drückt ihn fest sich an den Leib
Und sprach: »Ich werde nimmer Weib
Eines Mannes auf der Welt,
Als den mein Arm umfangen hält.«
Sie half, daß er entwappnet ward:
Ihr Dienst blieb nicht dabei gespart.
[200]Nach seiner großen Arbeit
War wenig Labung bereit.
Ihm war so hold die Bürgerschaft,
Sie schwor ihm Treu aus Herzenskraft,
5Er müß ihr Herr und König sein.
Die Köngin willigte darein
Ihn zum Amis zu haben,
Da er so hohe Gaben
An Kingron bewiesen.
10Zwei braune Segel fließen
Sah man von der Mauer Thurm.
Die verschlug in ihren Hafen Sturm.
Um der Kiele Ladung stand es so,
Daß all die Bürger wurden froh:
15Sie führten nichts als Speise;
So fügt' es Gott der weise.
Sie stoben von den Zinnen
Die Beute zu gewinnen
Den Kielen zu, ein hungrig Heer.
20Am Fleische trugen sie nicht schwer:
Wie die Läuber mochten fliegen,
Die magern, und sich biegen,
Nicht bauchsatt strotzend bis zum Kinn.
Der Marschall der Königin
25Ließ den Schiffen Frieden geben:
Er gebot bei Leib und Leben,
Niemand solle sie berühren.
Die Verkäufer hieß er führen
In die Stadt vor seinen Herrn.
Der bezahlte doppelt gern
[201]Den Werth all ihrer Habe:
Ihnen schien das große Gabe.
Sie ließen ihre Waare theuer:
Den Bürgern troff es nun ins Feuer.
5Jetzt wär ich gerne Söldner hier;
Denn da trinkt nun Niemand Bier,
Sie haben Wein und Speise viel.
Da that, wie ich euch sagen will,
Der edle Ritter Parzival.
10Zuerst in Bißen klein und schmal
Theilt' er die Kost mit eigner Hand,
Zumal den Besten all im Land:
Er wollte speisentwöhnte Magen
Nicht Ueberfülle laßen tragen.
15Sein Maß erhielt ein Jeder so;
Sie wurden seines Rathes froh.
Zu Nacht beschied er ihnen mehr,
Der nicht zu lose war noch hehr.
Ums Beilager frug man da:
20Er und die Köngin sprachen Ja.
So mäßig hielt er sich die Nacht,
Es würd ihm sicherlich verdacht
Bei mancher Frau in unsrer Zeit.
Daß sie so an Lüsternheit
25Sitt und Zucht verlieren
Und doch sich gerne zieren!
Sie zeigen Gästen keusche Sitte;
Doch wohnt in ihres Herzens Mitte
Das Widerspiel der Geberde.
Dem Freunde heimliche Beschwerde
[202]Schafft ihre Zärtlichkeit.
Sich selbst bezwingt zu jeder Zeit
Ein getreuer stäter Mann,
Der auch der Frauen schonen kann.
5Er denkt wohl, und es ist auch wahr:
»Um Minne sah mich manches Jahr
Diesem holden Weibe dienen;
Nun ist der Tag erschienen,
Da sie mir lohnt: nun lieg ich hier.
10Genügt auf ewig hätt es mir,
Wenn ich mit meiner bloßen Hand
Rühren durft an ihr Gewand.
Ließ' ich nun von edler Scheu,
So schien ich selbst mir ungetreu.
15Soll ich im Schlaf sie stören
Und uns beide so entehren?
Holde Kunde vor dem Schlaf
Vernimmt, wer Frauenkeusche traf.«
So lag auch der Waleise,
20Der sich fürchtet keiner Weise.
Den man den rothen Ritter hieß
Der Königin ihr Magdtum ließ;
Sie wähnte doch, sein Weib zu sein:
Ihr Haupt trug bei des Morgens Schein
25Seiner Minne halb ein Band.
Da gab ihm Burgen und Land
Die Frau mit magdlichem Sinn;
Längst war ihr Herz schon sein Gewinn.
Sie waren bei einander so
In unschuldger Liebe froh
[203]Zwei Tage bis zur dritten Nacht.
Ans Umfangen hat er oft gedacht,
Zumal es seine Mutter rieth;
Gurnemans ihn auch beschied,
5Daß Mann und Frau untrennbar sein:
Sie verflochten Arm und Bein.
Wenn ich euch berichten soll,
Ihm gefiel die Nähe wohl:
Den alten immer neuen Brauch
10Uebten da die beiden auch.
Wohl war ihnen, war nicht weh.
Nun höret auch, wie Klamide,
Da er die Heerfahrt begann,
Unfrohe Botschaft gewann.
15Einen Knappen hört' er sagen,
Des Rösslein Sporen wund geschlagen,
Daß auf dem Plan vor Pelrapär
Ritterschaft geschehen wär,
Scharf genug, von Heldenhand:
20»Bezwungen ist der Seneschant;
Des Heeres Führer Kingron
Fährt zu Artus dem Breton.
Das Kriegsheer liegt noch vor der Stadt,
Wie scheidend er befohlen hat.
25Euch und euerm Doppelheer
Steht noch Pelrapär zur Wehr.
Die Stadt verficht ein Ritter werth,
Der anders nichts als Streit begehrt.
Von euern Söldnern hört ich Kunde.
Zu Hülfe von der Tafelrunde
[204]Sei der Königin gesandt
Ither von Kukumerland.
Des Wappen zog für sie zu Feld,
Und ohne Tadel trugs der Held.«
5Der König warf dem Knappen ein:
»Kondwiramur begehrt ja mein,
Und ich will sie und auch ihr Land.
Kingron mein Seneschant
Mir mit Wahrheit entbot,
10Die Stadt bezwinge Hungersnoth;
Mir aber werde zum Gewinn
Die Huld der werthen Königin.«
Der Knapp erwarb da nichts als Haß;
Mit dem Heer der König zog fürbaß.
15Ein Ritter ihm entgegen ritt,
Der auch sein Ross mit Sporen schnitt.
Der sagt' ihm gleiche Kunde.
Klamide gewann zur Stunde
Einen unmuthschweren Sinn:
20Es daucht ihn großer Ungewinn.
Ein Fürst sprach in des Königs Bann:
Was Kingron auch hat gethan,
Uns vertrat er nicht im Streit,
Nur seine eigne Mannheit.
25Sollen, wär er erschlagen,
Zwei Heere drum verzagen,
Dieß und jenes vor der Stadt?
Den Herrn er Muth zu fassen bat:
»Versuchen wir es noch einmal;
Und wehrt sich ihre Minderzahl,
[205]Sie werden so von uns bekriegt,
Daß ihre Freude bald erliegt.
Freund' und Mannen sollt ihr mahnen,
Die Stadt bedrohn mit zweien Fahnen.
5Wir mögen hier im Weiten
Wohl zu Ross mit ihnen streiten;
Zu Fuße nahen wir den Thoren:
So ist ihr Gegenstreit verloren.«
Den Rath gab Galogandres,
10Der Herzog von Gippones:
Die Bürger brachte Der in Noth;
Er fand auch vor der Stadt den Tod.
Mit ihm auch der Graf Narant;
Er war ein Fürst aus Uckerland;
15Und von den Söldnern mancher Mann,
Den man erschlagen trug hindann.
Nun höret andre Märe,
Wie die Bürger vor dem Heere
Schützten des Walles Räume.
20Sie nahmen lange Bäume
Und stießen starke Stecken drein:
Das schuf den Stürmenden Pein,
Wenn die Stämme niedergingen
An Seilen, die in Rädern hingen.
25Das wurde Alles fertig, eh
Zum Sturm heranzog Klamide
Nach des Marschalls übelm Abenteuer.
Sie hatten griechisches Feuer
(Mit der Speise kam es in das Land):
Der Feinde Rüstzeug ward verbrannt,
[206]Ihre Ebenhöhn und Mangen,
Was auf Rädern kam gegangen,
Igel, Katzen und dergleichen,
Die musten vor dem Feuer weichen.
5Kingron indes, der Seneschant,
Kam zu Bretagne in das Land
Und traf den König Artus an
Im Jägerhaus in Briziljan;
Das hieß mit Namen Karminal.
10Da thät er, wie ihn Parzival
Geheißen, der ihn hin gesandt;
Kunnewaren de Lalant
Bracht er seine Sicherheit.
Das Fräulein war hoch erfreut,
15Daß so getreulich ihre Noth
Zu Herzen nahm der Ritter roth.
Die Mär ward allwärts bald vernommen.
Als vor den König war gekommen
Der bezwungne werthe Mann,
20Ihm und den Seinen sagt' er an,
Was Parzival durch ihn entbot.
Kei erschrak und wurde roth.
»Bist du es,« sprach er, »Kingron?
Avoi, wie manchen Breton
25Hat überwunden deine Hand,
Du Klamides Seneschant!
Mag mirs dein Sieger nie verzeihn,
Dein Amt soll dir Empfehlung sein.
Der Keßel ist uns unterthan,
Mir hier und dir zu Brandigan.
[207]Hilf mir. daß Kunnewar die Maid
Um breite Krapfen mir verzeiht.«
Er bot kein ander Schmerzengeld.
Wollt ihr nun hören, was im Feld
5Vor Pelrapär geschehen sei?
Mit dem Heer zog Klamide herbei.
Da wurde bald zum Kampf geschritten:
Die Innern mit den Aeußern stritten.
Sie hatten Trost und frische Kraft,
10Man fand die Helden wehrhaft:
So behielten sie das Feld.
Ihr Landesherr, der junge Held,
Stritt den Seinen weit vorauf;
Da standen alle Pforten auf.
15Wenn er die Arme fechtend schwang,
Sein Schwert durch harte Helme klang,
Die Ritter, die er niederschlug,
Die fanden Marter genug:
Man stach mit Schwerterspitzen
20Sie durch des Halsbergs Schlitzen.
Die Bürger thaten Rachsucht kund
An Manchem, der schon fährlich wund:
Drum wollt es Parzival nicht leiden;
Er schalt: da musten sie es meiden.
25Zwanzig sie lebend fingen,
Eh aus dem Streit sie gingen.
Parzival ward wohl gewahr,
Daß Klamide mit seiner Schar
Nicht kämpfte vor den Pforten,
Vielmehr an andern Orten.
[208]Da ritt der junge kühne Held
Hinaus auf ungebahntem Feld.
Das Heer umreitend kam er da
Des Königs Kriegsfahne nah.
5Da wurden erst mit großem Schaden
Die in des Königs Dienst beladen.
So kühn die Bürger stunden,
Daß ihnen bald verschwunden
Die Schilde waren vor der Hand;
10Auch Parzivals Schild verschwand
Von Schüßen und von Schwerterschlägen.
Frommt' es wenig gleich die Degen,
Die Feinde musten doch gestehn,
Daß sie nie kühnern Mann gesehn.
15Galogandres die Fahne trug,
Das Heer ermahnt' er wohl genug;
An des Königs Seite lag er todt.
Klamide kam selbst in Noth;
Ihm und den Seinen wurde weh:
20Den Kampf verbot da Klamide.
Da hatte muthig sich verschafft
Des Sieges Preis die Bürgerschaft.
Parzival der werthe Degen
Ließ die Gefangnen wohl verpflegen
25Bis an den dritten Morgen.
Das äußre Heer war in Sorgen.
Da ließ der junge Wirth bei Zeit
Die Gefangnen frei auf ihren Eid.
»Sobald ich Botschaft schicke,
Lieben Freunde, kehrt zurücke.«
[209]Man behielt nur ihre Eisenwehr;
Entwappnet kehrten sie ins Heer.
Die Aeußern sprachen, ob sie roth
Von Trünken waren; »Hungersnoth
5Trugt ihr dort, ihr Armen.« –
»Nein, sparet das Erbarmen,«
Sprachen die gefangnen Helden:
»Sie haben Speise, laßt euch melden,
Lägt ihr hier noch ein volles Jahr,
10Für sich und euch genug fürwahr.
Die Köngin hat den schönsten Mann,
Der jemals Schildesamt gewann.
Er ist gewiss von hoher Art,
Der aller Ritter Ehre wahrt.«
15Da dieß erhörte Klamide,
Da that ihm erst sein Kummer weh.
Da schickt' er Boten in die Stadt
Und ließ entbieten: »Wen sich hat
Die Königin zum Mann genommen,
20Wagt es der zum Kampf zu kommen,
Und hat sie ihn dafür erkannt,
Daß er sie selber und ihr Land
Mir im Kampfe dürfe wehren,
So biet ich Frieden beiden Heeren.«
25Als das Parzival vernahm,
Und ihm solche Botschaft kam,
Daß ein Zweikampf sollt entscheiden,
Der Unverzagte sprach mit Freuden:
»Meine Treue steh zu Pfand:
Im innern Heer rührt keine Hand
[210]Sich um meinethalben mehr.«
Zwischen dem Graben und dem äußern Heer
Ward geschloßen dieser Friede.
Da bewehrten sich die Kampfesschmiede.
5Da bestieg der König von Brandigan
Ein gewappnet Kastilian,
Das hieß mit Namen Guverjorz;
Von seinem Neffen Grigorz,
Dem König von Ipotente,
10Mit manchem reichen Präsente
Hatt es erhalten Klamide
Von Norden übern Uckersee.
Ihm bracht es Graf Narant daher
Und tausend Söldner in der Wehr;
15Nur den Schild nehm ich aus.
Ihnen war die Löhnung auch voraus
Gesichert bis ins vierte Jahr,
Spricht die Aventüre wahr.
Grigorz ihm sandte Ritter klug,
20Fünfhundert: jeglicher trug
Den Helm aufs Haupt gebunden,
Die im Kampfe furchtlos stunden.
Da hatte Klamides Heer
Pelrapär zu Land und Meer
25So umseßen und umlegen,
Die Bürger musten Kummer hegen.
Hinaus ritt Parzival der Held
Auf das entscheidende Feld,
Wo Gott bezeigen sollte,
Ob er ihm laßen wollte
[211]Das Kind des Königs Tampentär.
Stolzlich fuhr er einher,
Eh aus dem Galopp entschloß
Zum vollsten Rennen sich das Ross.
5Gewappnet wars für alle Noth;
Von Sammet eine Decke roth
Auf der eisernen lag.
An sich selber zeigt' er diesen Tag
Rothen Schild und rothes Kleid.
10Klamide begann den Streit.
Einen kurzen unbeschabten Sper
Bracht er zur Tiost daher,
Und nahm damit den Anlauf lang.
Guverjorz gewaltig sprang.
15Wohl getiostieret ward
Von den beiden jungen ohne Bart
Und sonder Falieren.
Von Leuten noch von Thieren
Geschah wohl nie so harter Kampf;
20Von den müden Rossen stieg der Dampf.
Sie hatten so gefochten,
Daß die Rosse nicht mehr mochten:
Die stürzten von der Arbeit,
Zumal, nicht zu verschiedner Zeit.
25Da begannen beide mit Behagen
Den Helmen Feuer zu entschlagen;
Sie durften sich nicht lange ruhn:
Hier war vollauf für sie zu thun.
Die Schilde splitterten so sehr,
Als ob mit Federbällen wer
[212]Spielend würfe in den Wind.
Doch spürte Gachmuretens Kind
Müdigkeit an keinem Gliede.
Da wähnte Klamide, der Friede
5Würd ihm gebrochen von der Stadt.
Seinen Kampfgenoßen bat
Der Held, daß er sich selber ehrte
Und den Mangenwürfen wehrte:
Denn Schläge gingen auf ihn schwer,
10Wie ein Mangenstein gewesen wär.
Ihm ward von Parzival entgegnet:
»Nicht Steine sind es, was hier regnet,
Dafür ist meine Treue Pfand.
Gäbe dir Frieden meine Hand,
15Dir bräche nicht der Mangen Schwenkel
Haupt und Brust, dazu den Schenkel.«
Klamiden zwang Müdigkeit;
Die kam ihm noch zur Unzeit.
Wer Sieg verloren, Sieg gewonnen,
20Das bringt der Kampf nun an die Sonnen.
Doch brachte Niederlage
Hier Klamide in Klage.
Zu Boden lag er gezückt,
Von Parzivals Hand gedrückt,
25Daß Blut ihm schoß aus Ohr und Nasen;
Das färbte roth den grünen Rasen.
Das Haupt entblößt' ihm Jener hier
Vom Helm und von dem Härsenier.
Entgegen sah dem Todesschlag
Der bezwungne Mann. Der Sieger sprach:
[213]»Nun bleibt mein Weib wohl von dir frei:
Lerne jetzt was Sterben sei.«
»Nicht doch, kühner Degen werth.
Dir ist jetzo gemehrt
5Der Preis schon dreißigfaltig,
Da du meiner bist gewaltig
Wie kann der Ruhm dich höher tragen?
Nun mag Kondwiramur wohl sagen,
Daß ich der Unselge bin,
10Und du erwarbst des Glücks Gewinn.
Du hast dein Land nun erlöst,
Wie der sein Schiff vom Riffe stößt:
Von hinnen trägts die Welle flott.
Meine Macht wird zu Spott;
15Mannesstolz und hoher Sinn
Weicht von mir und fährt dahin.
Was hülfe dir mein Sterben?
Ich muß Schande doch vererben
Auf alle Nachkommen.
20Du hast Preis und Frommen:
Thust du mir mehr, das ist nicht Noth.
Ich trage den lebendgen Tod,
Da ich von ihr geschieden bin,
Die das Herz mir und den Sinn
25Mit Gewalt gefangen nahm,
Ob es mir nie zu Gute kam.
Nun muß dir sieglos meine Hand
Sie überlaßen und ihr Land.«
Da gedachte, dem Gott Sieg beschied,
Wie einst Gurnemans ihm rieth,
[214]Daß zu kühner Mannheit
Gezieme Barmherzigkeit.
Diesem Rathe folgt' er nach;
Zu Klamide der Degen sprach:
5»Dem Vater von Liaßen,
Ich will dirs nicht erlaßen,
Dem bringe deine Sicherheit.«
»Nein, Herr: dem hab ich Herzeleid
Gethan: ich schlug ihm seinen Sohn:
10Da wägtest du mir übeln Lohn.
Wegen Kondwiramur
Focht mit mir Schenteflur;
Auch wär ich todt von seiner Hand,
Half mir nicht mein Seneschant.
15Es hatt ihn in das Land Brobarz
Gurnemans de Graharz
Gesandt mit starken Heeres Kraft.
Da thaten gute Ritterschaft
Neunhundert Ritter, die wohl stritten
20Und geschiente Rosse ritten:
Fünfzehnhundert Söldner auch,
Gewappnet all nach Kriegsgebrauch,
Nur den Schild nehm ich aus:
Bloß der Same kam davon nach Haus.
25So vernichtet' ich sein Heer;
Du nahmst mir jetzt der Helden mehr.
Ich muß Ehr und Freud entbehren:
Was willst du noch begehren?
»Ich will dich sanftre Wege weisen:
Fahre zu den Bretaneisen
[215](Kingron ist vor dir hingeritten)
Zu König Artus dem Britten.
Dem sollst du Grüße von mir sagen.
Bitt ihn, daß er mir helfe klagen
5Eine Schande, die ich dort gewann.
Mich lachte eine Jungfrau an:
Daß man die deshalb zerbleute,
Das reut mich, wie mich nichts noch reute.
Sag ihr, es sei mir leid;
10Bring ihr deine Sicherheit
Und leiste willig ihr Gebot
Oder nimm von mir den Tod.«
»Soll dieses Urtheil gelten,
Ich will es nicht beschelten,«68
15Der König sprachs von Brandigan:
»Diese Fahrt wird gethan.«
Das gelobt' ihm, eh er schied,
Den seine Hochfahrt verrieth.
Parzival der Weigand
20Sein müdes Ross wiederfand.
Er hob den Fuß darnach nicht auf,
Ohne Stegreif sprang er drauf,
Daß umwirbelten mit Schall
Des zerhaunen Schildes Scherben all.
25Die Bürger hatten frohe Zeit,
Die Aeußern nichts als Herzeleid
Und in allen Gliedern Weh.
Man brachte König Klamide
Hin, wo seine Helfer waren.
Die Todten ließ er aufbahren
[216]Und bringen zu des Grabes Rast.
Das Land räumte mancher Gast.
Der werthe König Klamide
Ritt gen Löver an die See.
5Die von der Tafelrunde
Waren zu der Stunde
Versammelt in Dianasdron
Mit König Artus dem Breton.
Sag ich euch keine Lüge dran,
10Zu Dianasdron der Plan
Muste Zeltstangen tragen
Mehr als im Spessart Stämme ragen.
So zahlreich war das Hofgelag,
Womit Artus den Pfingstentag
15Beging und all die Frauen.
Da waren auch zu schauen
Paniere viel und mancher Schild,
Jeder mit eignem Wappenbild,
Vor manchem schön geschmückten Zelt.
20Es nähme Wunder jetzt die Welt:
Wer könnte all die Zeltlachen
Solchem Heer von Frauen machen?
Da wähnt' auch jede Frau fürwahr,
Sie verlör den Preis der Schönheit gar,
25Wenn sie nicht ihren Ritter hätte.
Käm ich selbst an solche Stätte
(Da waren so viel junge Herrn),
So brächt ich doch mein Weib nicht gern
In ein so groß Gemenge!
Ich scheue Volksgedränge.
[217]Vielleicht, daß Einer zu ihr spräche,
Daß ihn ihre Minne stäche,
Er könne nie gesunden:
Wenn sie heile seine Wunden,
5Er woll ihr dienen ewiglich.
Mit ihr von dannen höb ich mich.
Genug gesprochen ist von mir:
Nun hört, wie König Artus hier
Sein Zelt mit Schnüren hatt umzogen.
10Davor mit Freuden ungelogen
Aß mit ihm das Ingesind,
Manch werther Mann zu Falschheit blind
Und manche stolze Fürstin,
Die nichts als Tjoste trug im Sinn.
15Sie schoß den Freund dem Feind entgegen:
Kam zu Schaden da der Degen,
So zart war ihr Gemüthe,
Daß sie's vergalt mit Güte.
Klamide der Jüngling
20Ritt mitten in den Zeltbering.
Verdecktes Ross, umstählten Leib
Sah an ihm Artusens Weib,
Doch Helm und Schild verhauen.
Das sahen all die Frauen,
25Wie er zu Hofe war gekommen;
Ihr habt zuvor wohl schon vernommen,
Wer zu solcher Fahrt ihn zwang.
Nun stieg er ab. Durch groß Gedrang
Must er, eh er sitzen fand
Frau Kunnewaren de Lalant.
[218]Da sprach er: »Herrin, seid ihrs wohl,
Der ich willig dienen soll?
Zum Theile zwingt mich zwar die Noth.
Euch entbietet Dienst der Ritter roth:
5Eur Schimpf soll euch nicht grämen,
Er will ihn auf sich nehmen;
Auch hofft er, Artus wirds beklagen.
Ihr wurdet seinethalb geschlagen.
Frau, ich bring euch Sicherheit,
10So gebot der Sieger mir im Streit.
Gern leist ichs, wenn es euch gefällt.
Mein Leben war dem Tod verfällt.«
Kunneware de Lalant
Führt' ihn an der Eisenhand
15Hin wo Frau Ginover saß,
Die ohne den König mit ihr aß.
Keie von dem Tisch erstund,
Da ihm die Märe wurde kund:
Sie kam ihm schrecklich ungelegen;
20Kunnewaren freute sie dagegen.
Da sprach er: »Frau, daß dieser Mann
Die Reise hat hieher gethan,
Dazu hat ihn die Noth bewogen;
Doch wähn ich, hat man ihn betrogen.
25Ich war mit jener Prügeltracht
Euch zu beßern bedacht:
Zum Lohne wird mir euer Groll.
Jedoch, wenn ich euch rathen soll,
Gönnt dem Ritter abzulegen;
Zu stehn verdrießt den Degen.«
[219]Ihm ließ die Jungfraue zier
Lösen Helm und Härsenier.
Als man die von ihm streift' und band,
Klamide ward bald erkannt.
5Auch sein Seneschant Kingron
Erkannt' ihn und erschrak davon.
Er sah den Herren überwunden:
Seine Hände wurden gewunden,
Sie huben an zu krachen
10Wie die dürren Spachen.
Den Tisch zurücke stieß zuhand
Klamides Seneschant.
Er frug den Herrn um neue Mär
Und fand ihn aller Freuden leer.
15Er sprach: »Ich bin zu Schaden geboren:
Mir ging solch herlich Heer verloren:
Nimmer sog der Mutter Brust,
Der erlitten schmerzlichern Verlust.
Doch schmerzt mich meiner Leute Tod
20Noch minder: Minnemangelsnoth
Lästet auf mich solche Last,
Mir ist Freude fremd und Frohsinn Gast.
Kondwiramur macht mich greis.
Pontius Pilatus weiß
25Nicht von solcher Höllenqual,
Der arme Judas nicht einmal,
Der unsern Heiland Jesus
Verrieth mit treulosem Kuss.
Wie das ihr Schöpfer rächte,
Die Noth ich tragen möchte,
[220]War von Brobarz die Königin
Und ihre Huld mein Gewinn,
Daß ich sie sanft umfinge,
Wie es mir dann auch ginge.
5Ihre Minne leider hofft nicht mehr
Der König von Iserterre.
Land und Volk von Brandigan
Mag stätes Leid davon empfahn.
Meines Oheims Sohn Mabonagrein69
10Litt auch dort zu lange Pein.
Nun bin ich, Artus, König hehr,
Geritten in dein Land hieher,
Bezwungen von Ritters Hand.
Du weist, daß dir in meinem Land
15Viel zu Leide ward gethan.
Das vergiß nun, werther Mann,
Dieweil ich hier gefangen bin,
Und gieb dich solchem Haß nicht hin.
Kunneware, hoff ich, werde
20Mich bewahren vor Gefährde,
Die meine Sicherheit empfing,
Als ich gefangen vor sie ging.«
Artus verzieh ihm seine Schuld,
Der Vielgetreue schenkt' ihm Huld.
25Da erfuhr Weib und Mann,
Der König von Brandigan
Sei geritten vor das Zelt.
Da gabs ein Drängen auf dem Feld!
Es erscholl die Märe weit und breit.
Höflich um Geselligkeit
[221]Bat der freudenlose Mann:
»Ihr solltet, Frau, mich Herrn Gawan
Empfehlen, bin ichs anders werth;
Ich weiß wohl, daß ers selbst begehrt.
5Euch ehrt er und den Ritter roth,
Wenn er leistet eur Gebot.«
Artus bat seiner Schwester Sohn
(Ohne das geschäh es schon),
Sich dem König freundlich zu erweisen.
10Willkommen wurde da geheißen
Von der Tafelrunder Reihe
Der bezwungne Falschesfreie.
Zu Klamide sprach Kingron:
»Weh, daß dich jemals ein Breton
15Sah in seinem Haus bezwungen!
Mehr Reichtum, als Artus errungen,
Und mehr der Helfer hattest du,
Und deine Jugend dazu!
Muß Artus Preis dadurch empfangen,
20Daß Kei im Zorn sich hat vergangen
An einer edeln Fürstin,
Die aus unschuldigem Sinn
Sich den mit Lachen hat erwählt,
Den man wahrlich ungefehlt
25Mag krönen mit dem höchsten Preise!
Wohl wähnen jetzt die Bretaneise
Ueber allen andern hoch zu stehn;
Doch ohn ihr Zuthun ists geschehn,
Daß in den Tod hier ward gesandt
Der König von Kukumerland,
[222]Und daß mein Herr den Sieg ihm ließ,
Der schon jenen niederstieß.
Der Selbige bezwang auch mich
Ohne verhohlnen Schlich:
5Man sah aus Helmen Feuer wehn,
In den Händen sich die Schwerter drehn.«
Da sprach die Tafelrunde,
Reich und arm aus Einem Munde,
Unrecht habe Kei gethan.
10Begnügen wir uns jetzt hieran
Und gehn zurück auf unsrer Spur.
Das wüste Land ward blühnde Flur,
Wo Parzival die Krone trug;
Da war auch Freud und Lust genug.
15Gelaßen hatt aus Pelrapär
Ihm sein Schwäher Tampentär
Licht Gestein und rothes Gold.
Das vertheilt' er so, daß man ihm hold
Ward um seine Milde.
20Paniere, neue Schilde
Sah man sein Land verzieren
Und fleißiglich turnieren
Ihn und all die Seinen.
Oft ließ die Kraft erscheinen
25An seines Landes Grenzmark
Der junge Degen kühn und stark.
Da priesen für die beste
Stäts seine That die Gäste.
Nun hört auch von der Königin:
Wie käm ihr größerer Gewinn?
[223]Die junge süße Werthe
Hatte, was ihr Herz begehrte.
Ihre Minne blühte wonniglich,
Nicht Wank noch Wandel zeigte sich.
5Sie hat des Mannes Werth erkannt;
Jedweder an dem andern fand:
Er war ihr lieb, sie ihm noch mehr.
Wenn nun melden soll die Mär,
Daß sie sich musten scheiden,
10So wächst Leid den beiden.
Auch dauert mich das werthe Weib:
Ihr Volk, ihr Land, ja Seel und Leib
Schied seine Hand von großer Noth;
Dagegen sie ihm Minne bot.
15Eines Morgens sprach der Werthe,
Daß es mancher Retter hörte:
»Mags euch gefallen, Fraue,
So erlaubt mir, daß ich schaue
Wie's um meine Mutter steh.
20Ob ihr wohl sei oder weh,
Das ist mir völlig unbekannt.
Ich treffe, reit ich in ihr Land.
Wohl auch Abenteuer an.
Wenn ich darin euch dienen kann,
25So bleib ich eurer Minne werth.«
So hatt er Urlaub begehrt.
Er war ihr lieb, die Märe sprichts,
Darum versagte sie ihm nichts.
Von allen seinen Mannen
Schied er allein von dannen.