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Оглавление»Keine Butternoten« ein Vorwort von Herbie Hancook
Warum hast Du dieses Buch in die Hand genommen? Gerade jetzt, in diesem Moment? Bestimmt geht es Dir genauso: Egal wie es gerade läuft – wir könnten stets noch ein kleines bisschen glücklicher sein. Und wenn es gerade gut läuft – wie oft kam es schon vor, dass wir uns ohne Vorwarnung im Schützengraben unserer Ängste wiederfinden?
Und für diejenigen unter uns, die in diesem Leben scheinbar mit allem gesegnet sind: Auch bei ihnen gibt es Zeiten, in denen all das Gute nicht dazu führt, voller Freude zu leben. Da muss es doch noch etwas geben, etwas Tieferes.
Oder wenn augenscheinlich alles glatt läuft, erkennen wir oft nicht, dass wir bereits mitten im Sumpf stecken. Ich denke an all die Zeitgenossen und Freunde aus meiner Branche, die kamen und gingen, an all die Legenden, die viel zu früh aus diesem Leben schieden, deren Musik und Stimme im Kampf gegen Krankheit und Drogen versanken. Dann steht die Frage, wie man nachhaltiges, dauerhaftes Glück erreicht, unverrückbar im Raum. Ob es dafür nicht einen Weg, nicht irgendeine Methode gäbe.
Das Leben als Jazz-Musiker ist nicht leicht – was sicher auch auf viele andere Berufe zutrifft. Es verlangt einem enorme Kräfte ab – körperliche wie geistige –, ständig auf Tour zu sein, manchmal jeden Tag ein neues Land zu bereisen, endlose Monate lang, dabei weiterhin aus seiner Kreativität zu schöpfen und bei alledem gesunde Beziehungen zu pflegen. Mitten in dieser rauen Wirklichkeit des Lebens, beruflich wie privat, war es diese leicht begreifbare, lebensstärkende Philosophie des Nichiren-Buddhismus, die mich gute neunundzwanzig Jahre lang nährte und mir Kraft gab.
Doch holen wir ein wenig weiter aus.
Ich komme aus keiner reichen Familie – wir waren sogar ziemlich arm. Ich kann von Glück reden, dass wir immer genug zu essen auf dem Tisch hatten. Und was noch wichtiger ist: Ich hatte die Unterstützung meiner Eltern. Sie ermutigten mich, meine Träume zu leben. Und sie unterstützten diese Träume so gut sie konnten. Sie konnten sich es eigentlich nicht leisten, mich aufs College zu schicken, aber irgendwie schafften sie es trotzdem.
Neben der Hilfe meiner Eltern wurde mein Leben wesentlich durch zahlreiche Mentoren geprägt, denen ich glücklicherweise immer wieder, bis heute, auf meinem Weg begegnen durfte. Drei von ihnen ragen besonders heraus. Die erste Mentorin war meine zweite Klavierlehrerin – Mrs. Jordan.
Damals, lange bevor der Jazz seinen Weg in mein Bewusstsein fand, war ich ein neunjähriger Junge mit gerade mal zwei Jahren Klavierunterricht. Das war 1949 in Chicago.
Ich weiß nicht mehr, wie ich an Mrs. Jordan gelangte, doch bis heute habe ich nicht vergessen, was sie mich gelehrt hat.
Nachdem sie mir eine Weile spielen zugehört hatte, sagte sie, ja, ich könne zweifellos gut Noten lesen. Doch noch in dieser ersten Stunde fragte sie mich, ob ich schon etwas über Anschlag, Nuancen, Phrasierung gehört hätte oder gar über das Atmen beim Klavierspiel – alles böhmische Dörfer für mich. Als ich dies verneinte, sagte sie: »Ich zeig's dir.« Dann setzte sie sich hin und spielte ein Stück von Chopin. Und es war so wunderbar, dass meine neunjährige Kinnlade runterfiel.
Mrs. Jordan lehrte mich, dass Klavierspielen viel mehr war, als nur die Noten spielen zu können. Dadurch, dass ich erleben durfte, wie viel Wärme, Würde und Leidenschaft sie in ihr Klavierspiel legte, bekam ich unmerklich eine Vorstellung davon, wie ich durch das Klavier mich selbst ausdrücken konnte.
Ihre Aufrichtigkeit und ihre fortwährenden Bemühungen, einem kleinen Jungen das eigentlich Unerklärliche nahezubringen, feuerten meine Lernbegierde an. Der Beweis ihres Talents als Lehrerin zeigte sich in nur eineinhalb Jahren: Ich gewann einen großen Klavierwettbewerb in Chicago und spielte mit dem Chicago Symphony Orchestra in der Orchestra Hall.
Im Unterricht mit Mrs. Jordan geschah es das erste Mal, dass ich in etwas scheinbar Vertrautem eine neue Dimension erkannte. Die Wucht dieser Erkenntnis wirkt bis heute nach.
Meiner Ansicht nach ist es genau das, was großartige Mentoren erreichen: Sie zünden in dir die Fähigkeit, etwas auf eine völlig neue Art zu sehen, eine Art, die in dir eine ganz besondere Resonanz erzeugt. Und noch etwas bekam ich von Mrs. Jordan mit, ohne dass ich es damals schon erkannte: Ein Gefühl dafür, wie die Aufrichtigkeit eines Menschen einen dauerhaften Eindruck bei einem anderen Menschen hinterlassen kann.
Miles Davis war auch ein solcher Mentor. Er war ein einzigartiger Charakter, der sein Instrument und seine Musik so meisterhaft beherrschte, dass er ganz und gar überzeugt die Dinge so tat, wie er sie für richtig hielt. Miles erntete viel Kritikerschimpfe für seine Angewohnheit, mit dem Rücken zum Publikum zu spielen. Doch wir in seiner Band wussten: Er tat dies, um uns auf subtile Weise zu führen – ein winziges Kopfschütteln hier, eine kleine Geste mit dem Horn da –, während er sein virtuoses Spiel fortsetzte. Miles ging seinen Weg und nie hatte er das Bedürfnis, sich für irgendetwas erklären zu müssen.
Wir, die wir mit und für Miles arbeiteten, kamen in den Genuss seines besonderen Genies, das weit über sein eigentliches Spiel hinausreichte. Wirklich einzigartig war sein Talent, uns alle in den Prozess hineinzuziehen und absolut alles zu integrieren, was wir gerade auftischten. Er sagte, er bezahle uns dafür, dass wir unsere Proben gleich auf die Konzertbühne verlegten, dass er uns für das Im-Moment-Erschaffen angeheuert habe, dass wir von uns selbst etwas beisteuerten. Ob auf der Bühne oder im Studio – immer wieder bewies er, dass er alles, was uns einfiel, aufgreifen und etwas daraus machen konnte. Oft hat er uns mit dieser Gabe den Hintern gerettet, nämlich indem er sogar unsere offensichtlichen Fehler in musikalische Themen verwandelte, die er sofort in alles einfließen ließ, was wir gerade spielten.
Und wenn wir steckenblieben, konnte er uns auf seine ganz eigene Art geschickt wieder raushelfen. Einmal, als mich das musikalische Äquivalent einer Schreibblockade befiel, lehnte sich Miles zu mir herüber und murmelte: »Mach im Bass mal ein H.« Leicht verblüfft versuchte ich, das, was er vielleicht gemeint haben könnte, einzuarbeiten. Und wie immer entzündete sich daraus ein Funke, der ihn nährte, dann wieder mich und in einem musikalischen Dialog mündete.
Ein andermal, als mir nichts Neues einfallen wollte und ich auf eingefahrenen Gleisen fuhr, ließ er folgende Bemerkung fallen: »Spiel nicht die Butternoten.« Mein Kopf begann zu schwirren. Letztlich nahm ich an, er habe damit sagen wollen, ich solle irgendwie das Offensichtliche sein lassen. Bis heute weiß ich nicht, ob Miles konkret wusste, was er damit gemeint hatte, aber ich beschloss, es sollte bedeuten, aus meinen Akkorden die Terzen und Septimen zu nehmen.
Ohne jetzt zu sehr in musikalische Details zu gehen, sagen wir einfach: Dies hat den Sound so weit geöffnet, dass ich jedem, der mit mir improvisierte, viel mehr Raum geben konnte, die Möglichkeiten einer Melodie zu erkunden. Was immer in Miles vorging, seine Führung funktionierte: Wir fingen Feuer. Für mich ist das ein Musterbeispiel für großartige Führungsqualität. Anstatt mir irgendetwas vorzuschreiben, stimulierte er mich, die Lösung in mir selbst zu finden und unterstützte er mich die ganze Zeit über – im vollen Vertrauen darauf, mit uns immer in die Harmonie kommen und uns darin leiten zu können, gemeinsam eine Harmonie herzustellen.
Miles hat uns stets das Gefühl gegeben, dass jede(r) von uns etwas Einzigartiges besaß, das nur er bzw. sie beisteuern konnte. Er vermittelte uns dies mit wenigen Worten, meistens nur durch sein Verhalten. Damals konnte ich das nicht so klar erkennen – dies tat ich erst, nachdem ich mit der Ausübung des Nichiren-Buddhismus begonnen hatte.
Was mich zu dem dritten Mentor bringt, der mein Leben tief beeinflusste: Daisaku Ikeda. Als Präsident der Soka Gakkai International hat er immer wieder Türen aufgestoßen – für 12 Millionen Menschen in 163 Ländern –, damit sie Zugang finden zu den Prinzipien, die in diesem Buch dargelegt werden.
Für mich ist Daisaku Ikeda ein Mensch, der sich für ein schöpferisches Leben des Individuums einsetzt sowie für ein harmonisches Miteinander der Völker dieser Erde. Er engagiert sich für das Erreichen von Frieden, er lehrt jeden Menschen, wie er den Schlüssel in der Hand hält zur täglichen Erneuerung, zu geistiger Erfrischung und zum Erschaffen von glücklichen Lebensumständen.
In seinen unzähligen Schriften und Vorlesungen lehrt er, wie man sich die Kraft von Nam-Myoho-Renge-Kyo zunutze macht, diesem mystischen Prinzip, das unser Universum durchdringt. Indem ich seine Lehren in die Praxis umsetzte, habe ich Mauer für Mauer in meinem Leben niedergerissen und wurde Zeuge, wie viele Ziele und Träume in Erfüllung gingen. Inzwischen habe ich die feste Überzeugung, dass ich mit allem umgehen kann, was das Leben für mich bereithält.
Daisaku Ikeda dient mir als leuchtendes Beispiel für einen Menschen, der niemals aufgibt, sich niemals der Negativität unterwirft. Dadurch konnte ich mich so entwickeln, dass Glück zum Wesenskern meines Lebens wurde. Auch lernte ich von ihm, dass jeder Augenblick im Leben aus unendlich vielen Perspektiven betrachtet werden kann. Unter all diesen Perspektiven findet sich ein Weg, der mich in genau diesem Moment einen goldenen Pfad erkennen lässt und einen Diamanten in jedem Menschen. Dies zeigt Wirkung auf alles, was ich tue: von der Art und Weise, wie ich die Musik für eine Aufnahme arrangiere, wie ich improvisiere, bis hin zu der Art, wie ich die Menschen sehe, denen ich in den verschiedenen Bereichen meines Lebens begegne. Egal was sich von einem Menschen in einem bestimmten Augenblick gerade zeigt – es ist lediglich ein Teil dieses Menschen, der viel mehr und ganz ist. Jeder Mensch trägt den Samen der Erleuchtung in sich und verdient daher Respekt. Man vergisst dies nur allzu leicht, besonders wenn man mit den sogenannten »schwierigen Fällen« im Musik-Business oder anderswo zusammentrifft. Daisaku Ikedas beständiges Beispiel und seine Anleitung dienen mir als Messlatte für mein eigenes Verhalten; sie helfen mir, die besseren Seiten von anderen hervorzubringen, indem ich mich selbst täglich zu verbessern suche.
Neunundzwanzig Jahre buddhistische Ausübung haben mir eine gute Grundlage gegeben. Rückblickend habe ich einen Zugang zu meiner Musik gewonnen, mit dem ich recht glücklich bin. Für mich reicht die Freude des Musikmachens über Applaus, Preise und Fan-Zuspruch hinaus. Klar ist das schön, aber da ist etwas, das viel tiefer geht. Musikmachen bedeutet für mich vielmehr, tief im eigenen Herzen graben zu dürfen, dabei selbstbewusst verwundbar zu sein und diese Verwundbarkeit, diesen Kern unseres Menschseins, aufrichtig und offen auszudrücken. Es geht um das Gewahrsein deiner Umgebung – der anderen Musiker und der Zuhörer. Es geht darum, etwas von innen nach außen zu bringen und es in der Gegenwart manifest zu machen – es vom erhabensten Teil deines Lebens hervorströmen zu lassen. Es ist der Prozess, dies alles nicht nur zum eigenen Vergnügen zu tun, sondern mit der aufrichtigen Hoffnung, etwas im Leben der anderen zu bewegen – ihnen zu helfen, sich gut mit sich selbst zu fühlen, sie zu inspirieren, sich ihrer Möglichkeiten bewusst zu werden, Erhofftes für den Augenblick und Träume für die Zukunft tatsächlich zu erreichen, sie anzuregen, etwas Großartiges zu vollbringen.
Woody Hochswender, Greg Martin und Ted Morino haben mit diesem Buch großartige Arbeit geleistet. Diese drei Herren sind ebenfalls Schüler von Daisaku Ikeda und haben die Wirkung des Nichiren-Buddhismus am eigenen Leben erfahren, indem sie seine Anleitungen in die Praxis umsetzten. Der Buddha – das bist DU macht Nichirens tiefgründige Lehren in einfachen Begriffen leicht zugänglich.
Ob Du dieses Buch nur aus Neugier liest oder ob etwas in Dir gerade verzweifelt nach einem besseren Leben schreit: Ich ermutige Dich von Herzen, die praktischen Anleitungen einmal ernsthaft auszuprobieren, die Der Buddha – das bist DU für Dich bereithält. Vielleicht scheint Dir so etwas wie Buddhismus zu exotisch oder zu weit hergeholt für Deinen eigenen spirituellen Weg. Doch wenn Deine Gleise gerade ausgefahren sind, dann ist es an der Zeit, keine Butternoten mehr zu spielen und sich zu öffnen – um etwas Neues in der Melodie des Lebens zu entdecken. What can you lose … except your blues?