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Der blaue Ford bog in eine breite Allee ein, die von schmucken Bungalows gesäumt wurde.

Der Ford hielt vor einem der Bungalows.

„Willst du noch auf einen Drink mit hereinkommen, Sven?“, fragte der Mann mit dem Sonnenblumen-Tattoo am Unterarm.

Der Mann am Steuer schüttelte den Kopf.

„Besser nicht.“

„Wieso?“

„Weil ich erst den Wagen verschwinden lassen will.“

„Sven, du bist einfach zu ängstlich.“

„Kann sein, dass ich das alles etwas gelassener sehen kann, wenn ich einmal so viele solche Jobs hinter mir habe, wie du.“

„Bestimmt.“

„Bis dahin gehe ich gerne auf Nummer sicher.“

Der Mann mit dem Sonnenblumen-Tattoo verzog das Gesicht zu einem Grinsen, dass eher wie das Zähneblecken eines Raubtiers aussah. Sein Blick wirkte sehr intensiv, so als wollte er Sven damit regelrecht durchbohren und bis zum tiefsten Inneren seiner Seele sehen. „Denke immer daran, dass du nicht allein bist, Sven. Bei allem, was du tust, ER ist bei dir und erfährt, was du machst. Früher oder später wirst du deinen Lohn dafür erhalten.“

„Ja, ich weiß.“

„Vergiss es nie!“

„Nein. Niemals.“

Das Lächeln des Sonnenblumenmannes wurde noch etwas breiter.

Vorne links blitzte ein Goldzahn auf.

ER ist bei dir...

Sven hatte diesen Satz nie wie eine Drohung verstanden, aber so wie der Tätowierte ihn jetzt ausgesprochen hatte, klang er beinahe danach. Sven versuchte, den Gedanken daran zu verdrängen. Du bist auf der richtigen Seite und ER weiß es!, dachte er. Auf IHN kannst du dich verlassen, seit du dein neues Leben begonnen hast. Wenn es eine Gewissheit gibt, dann die!

Das Grinsen des Sonnenblumenmannes gefror.

Sven erwiderte dieses Grinsen nur schwach und verhalten. Er war beileibe nicht zimperlich, aber manchmal erschauerte er angesichts der Eiseskälte, die die Vorgehensweise seines Partners kennzeichnete.

Aber nur dadurch, ist er der geworden, der er ist!, vergegenwärtigte sich Sven.

„Also Tschüss! Ich rufe dich an, wenn es Arbeit gibt.“

„Okay.“

„Also dann.“

„Mir macht diese junge Frau Sorgen.“

„Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, überlass das denken besser mir.“

„Ich würde die Kleine sicherheitshalber ausradieren.“

„Im Prinzip ist nichts dagegen einzuwenden, aber ich brauche sie noch...“

„Wozu?“

„Ach, komm ...“

„Ich halte sie für unzuverlässig!“

„Lass uns das später besprechen.“

Der Sonnenblumenmann schlug die Tür zu, umrundete das Heck des Wagens und öffnete den Kofferraum. Mit ein paar Handgriffen hob er den doppelten Boden an und zog eine MK-32 darunter hervor. Sie steckte in einem länglichen Futteral, das an eine Tasche für Golfschläger erinnerte.

Er lächelte zufrieden.

Gutes Stück, dachte er.

Viele Leute in der Gegend besaßen eine Waffe, ob nun legal oder nicht. Da mochten die Waffengesetze Deutschlands noch so streng sein. Die Angst vor der Kriminalität war allgegenwärtig und viele Bewohner der Hauptstadt glaubten, sich nur dadurch davor schützen zu können, dass sie sich bewaffneten. Was sie dabei übersahen war die Tatsache, dass die statistische Wahrscheinlichkeit, dass diese Waffen tatsächlich einen Kriminellen stoppten viel geringer war als die Möglichkeit, dass ein Mitglied der eigenen Familie damit verletzt oder getötet wurde.

Der Sonnenblumenmann ging in die Einfahrt, während Sven mit dem Ford davonbrauste.

Ich hoffe nur, dass er den Wagen sorgfältig entsorgt!, ging es dem Sonnenblumenmann durch den Kopf.

Er erreichte die Haustür, schloss auf und trat ein.

Mit dem Absatz kickte er die Tür ins Schloss. Durch einen schmalen Korridor ging er ins Wohnzimmer. Das Futteral mit der MK-32 warf er beinahe achtlos auf die ausladende Couch und trat zum Telefon. Er nahm den Hörer ab, wählte aus dem Gedächtnis eine Nummer.

„Jacqueline? Ich brauche noch einmal Ihre Hilfe und möchte, dass wir uns Mittwoch Morgen im treffen. Im Park. Sie wissen, wo... Okay.“

Er legte auf...

...und erstarrte, als er in die Mündung einer Waffe blickte.

Es handelte sich um eine Beretta.

Ohne einen Laut war der Kerl aus dem Nebenraum getreten. Der Sonnenblumenmann musterte ihn. Ein kaltes, breites Grinsen stand im Gesicht des breitschultrigen, fast zwei Meter großen Hünen, der die Beretta jetzt etwas anhob.

„Eine Bewegung und ich jage Ihnen eine Kugel direkt zwischen die Augen“, zischte er. „Haben wir uns verstanden? Offensichtlich ja.“

„Wer sind Sie?“

„Jemand der Ihnen schon lange auf den Fersen ist. Sie glauben vielleicht, dass man woanders eine Schweinerei hinterlassen und sich dann einfach so aus dem Staub machen kann. Aber da sind Sie schief gewickelt. Verjährung gibt es nur bei den Weicheiern von der Justiz, dass sollten Sie eigentlich wissen, Herr Schmitt.“ Er grinste. „Oder wie immer Sie auch in Wahrheit heißen mögen.“

Der Sonnenblumenmann stand vollkommen unbewegt da. Jeder Muskel und jede Sehne seines Körpers waren gespannt. Er warf nicht einmal einen Blick zum Futteral mit der MP-32, weil er genau wusste, dass es sinnlos war, die Waffe erreichen zu wollen.

Der Kerl mit der Beretta näherte sich einen Schritt.

Sein Grinsen wurde noch breiter.

„Benny Schmitt – so nennen Sie sich gegenwärtig, oder bin ich da vielleicht schon nicht mehr auf dem neuesten Stand?“

„Wenn Sie mich erschießen wollen, bringen Sie es gleich hinter sich“, sagte der Mann mit dem Sonnenblumen-Tattoo. „Ich habe keine Angst vor dem Tod.“

Der Beretta-Schütze kicherte wie irre.

Dabei stieß er ein paar glucksende Laute aus, die zu einem so kräftig gebauten Mann einfach nicht passen wollten und ziemlich grotesk wirkten.

„Man hat mir gesagt, dass Sie ein Spinner sein sollen.“

„So?“

„Vielleicht haben Sie wirklich keine Angst vor dem Tod, aber...“

„Aber was?“

„...vielleicht vor dem, was davor kommt.“ Der Mann mit der Beretta kicherte erneut. „Ich hätte da ein hübsches Programm. Wissen Sie wie das aussieht?“

„Ich bin wahnsinnig gespannt.“

„Haben Sie sich nie gefragt, wie viele Kugeln der menschliche Körper aushält, ohne dass sofort der Tod eintritt? Kommt natürlich immer darauf an, wo man hin schießt. Ich würde mit den Armen und Beinen anfangen, Ihnen Ohren und Nase wegschießen. Ich glaube die Schultern sind auch ungefährlich. Selbst wenn ich Ihnen die Nieren zerschieße, müssten Sie damit noch ein bis zwei Tage leben können, vorausgesetzt ich zerfetze Ihnen nicht irgendeine wichtige Ader. Unglücklicherweise war ich aber nie besonders gut in Biologie.“

Er holte einen Schalldämpfer aus der Tasche seiner Jacke und schraubte ihn auf die Beretta.

Als Benny Schmitt , der Mann mit dem Sonnenblumen-Tattoo, sich leicht bewegte, riss der Hüne den Lauf der Waffe empor und feuerte. Der Schuss zischte haarscharf an Bennys Kopf vorbei und senkte sich in die Wand. Ein fingerdickes Loch entstand in der Holzvertäfelung.

„Was wollen Sie?“, fragte der Mann mit dem Sonnenblumen-Tattoo.

„Antworten auf meine Fragen.“

„Bitte!“

„Ich will Name und Adresse der Leute, mit denen Sie zusammen arbeiten.“

„Und ich will eine Garantie dafür, dass ich dieses Plauderstündchen überlebe.“

„Tut mir leid, mehr als ein leichter Tod ist nicht drin, Schmitt. Das ist nichts Persönliches. Es ist noch nicht einmal meine Entscheidung, aber in Hamburg sind ein paar Leute richtig sauer auf Sie!“

„Was Sie nicht sagen...“

Etwas prallte mit einem dumpfen Schlag gegen eine Scheibe der Fensterfront zur Terrasse.

Ein Vogel, der im Glas wohl das Spiegelbild der nahe gelegenen, im Wind hin und her wiegenden Baumwipfel gesehen hatte.

Der Mann mit der Beretta wandte reflexartig den Blick dorthin.

Auf eine Chance wie diese hatte der Mann, der sich Benny Schmitt nannte, nur gewartet.

Er schnellte vor, setzte zu einer Folge rascher Karatetritte an und kickte seinem Gegner die Beretta aus der Hand. Ein weiterer Tritt zertrümmerte ihm den Kiefer.

Er stand benommen und schwankend da.

Benny Schmitt packte ihn und brach ihm mit einem geübten Griff das Genick und ließ seinen Gegner dann zu Boden sinken, wo er in eigenartig verrenkter Haltung liegen blieb.

Besser ich breche hier meine Zelte schleunigst ab!, überlegte Benny.

Er durchsuchte den Toten, nahm ihm sämtliche Dokumente ab und holte anschließend aus der Küche eine Schere, mit der er sämtliche Etiketten aus der Kleidung entfernte.

Dann hielt er plötzlich inne.

Sein ursprünglicher Plan war es gewesen, alles zu zerstören, was etwas über die Identität dieses Mannes hätte verraten können. Als nächste hätte er in einer Apotheke Salzsäure besorgt, um die Fingerkuppen und eventuell auch das Gesicht zu entstellen. Anschließend wäre der Tote in einen Teppich eingewickelt, mit Gewichten versehen und im nächsten fließenden Gewässer versenkt worden.

Aber der der Mann, der sich zurzeit Schmitt nannte, war gerade im Begriff, seinen Plan zu ändern.

Nein, dachte er, sie sollen es alle sehen. Sie sollen wissen, was ihnen bevorsteht - zumindest diejenigen, die bereit sind, die Zeichen richtig zu deuten!

Ein Lächeln erschien auf dem Gesicht des Mannes mit dem Sonnenblumen-Tattoo.

Ein Lächeln, so kalt wie der Tod.

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