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Grusic sprang auf und verließ mit weiten Schritten das Separee. Ich folgte ihm. Zu seinem Bodyguard, der an der Bar auf ihn wartete, rief er ein paar Worte auf Serbokratisch.

Der Riese in weißem Leder war sofort alarmiert.

Grusic hatte schon die erste Stufe der Freitreppe nach unten hinter sich gebracht. Ich war dicht hinter ihm.

Man hatte von hier aus einen ziemlich guten Überblick über das Geschehen im Hauptsaal des STARFIRE. Inzwischen drängelten sich dort die Gäste nur so. Die Bässe dröhnten. Die Tänzer bewegten sich im Takt der vorwärts treibenden Latino-Rhythmen.

Unten im Publikum gab es Unruhe. Stimmen waren zu hören. Ein Raunen durchlief die Menge und übertönte sogar die Musik. Es gab ein Gedrängel. Genaueres war im flimmernden Disco-Laserlicht nicht zu erkennen.

Grusic hatte schon die halbe Treppe hinter sich gebracht, während sein Leibwächter mir eine Hand auf die Schulter legte, mich zur Seite drängte und überholte.

Mir fiel in der Menge das Gesicht einer Mickey Mouse Maske auf.

Sekundenbruchteile später entdeckte ich Goofy, Donald, Tick, Trick und Track...

Der Kerl mit der Goofy-Maske riss plötzlich etwas unter seiner Jacke hervor. Eine Uzi. Mit einer Hand schwenkte er diese äußerst zierliche Maschinenpistole herum. Mündungsfeuer zuckte blutrot aus dem kurzen Lauf heraus.

Die Scheinwerfer zersprangen reihenweise. Silbern leuchtende Laserkugeln zersplitterten. Auch die anderen Maskierten rissen ihre Waffen heraus. Die Laserpointer von Zielerfassungssystemen tanzten durch die Luft. Schüsse peitschten und unter den Gästen brach die schiere Panik aus.

Darko Grusic wollte unter sein Lederjackett greifen, aber dazu kam er nicht mehr.

Sein Körper zuckte unter mehreren Treffern am Oberkörper. Er schrie kurz auf, sackte dann nach hinten und rutschte den Rest der Treppe hinunter, wobei er eine Blutspur hinter sich herzog.

Der Bodyguard riss seine Waffe unter dem Jackett hervor. Es war eine großkalibrige Automatik. Der einzige Schuss, den er abgab, ging in die Decke und traf eine der Spiegelflächen, die als Scherbenregen zu Boden ging.

Ein Treffer mitten zwischen den Augen hatte Grusics Leibwächter taumeln lassen und dafür gesorgt, dass er über den Handlauf der Freitreppe kippte. Mit einem dumpfen Geräusch im unteren Frequenzbereich, das zu den wummernden Bass Drums eine Synkope bildete, schlug sein Körper auf den Boden.

Ich duckte mich.

Mehrere Kugeln pfiffen dicht über mich hinweg.

Die Maskierten ballerten wild um sich. Abgesehen von den gezielten Schüssen auf Darko Grusic und seinen Leibwächter, schien es den Angreifern vor allem darum zu gehen, ein möglichst großes Maß an Zerstörung anzurichten.

Ich hielt die Dienstwaffe mit der Rechten und fluchte innerlich, denn es gab keine Möglichkeit für mich die P226 auch zu benutzen. Das Risiko, einen Unbeteiligten zu treffen, wäre einfach zu groß gewesen. Ich rutschte und stolperte den letzten Treppenabschnitt hinunter, während es im Raum immer dunkler wurde. Ein Scheinwerfer nach dem anderen war durch gezielte Schüsse ausgeschaltet worden. Glassplitter flogen durch die Luft.

Ich bemerkte den Strahl eines Laserpointers, der knapp an mir vorbei ging und sich für Sekundenbruchteile an meinem Arm brach.

Ich ließ mich zur Seite fallen, drehte mich herum und riss die Waffe empor.

Oben an der Balustrade stand jetzt ebenfalls ein Maskierter. Er trug eine Spiderman-Maske.

In der Linken hielt er eine langläufige automatische Pistole mit einer aufgesetzten Laserzieloptik.

Er legte die Waffe auf mich an. Aber ich war schneller. Nur ein Sekundenbruchteil blieb mir für eine Entscheidung. Ich drückte ab und meine Kugel traf den Kerl mitten in der Brust.

Er schwankte kurz und schlug anschließend der Länge nach zu Boden.

Er hatte mir keine andere Wahl gelassen.

Inzwischen herrschte im STARFIRE das vollkommene Chaos. Ein Teil der Gäste hatte sich zu Boden geworfen oder versucht, sich hinter Theken oder Tischen in Deckung zu begeben. Andere rannten von blanker Panik ergriffen in alle Richtungen, suchten dabei nach den Ausgängen, hatten aber jede Orientierung verloren.

Es wurde ziemlich dunkel, als auch die letzten, etwas stärkeren Lichtquellen durch Schüsse zerstört wurden.

Ich rappelte mich auf und erkannte sofort, dass es vollkommen sinnlos war, wenn ich mir einen Weg durch die Menge zu bahnen versuchte. Mein einziger Trost war, dass auch die maskierten Killer Mühe haben würden, ins Freie zu kommen.

Die Musik war längst verstummt.

Eine MPi-Garbe hatte eine der gewaltigen Lautsprecher zerstört. Trotzdem herrschte ein schier ohrenbetäubender Lärm. Angstvolles Stimmengewirr, panische Schreie, Hilferufe....

Es war entsetzlich.

Ich hoffte nur, dass es außer Grusic und seinem Leibwächter nicht noch mehr Tote und Verletzte gab, was aber angesichts der äußerst rücksichtslosen Vorgehensweise der Killer eher unwahrscheinlich war.

Anstatt mich also in das Getümmel des Hauptsaals zu stürzen, schnellte ich die Treppe empor. Die wenigen Gäste, die mir entgegenkamen, drängte ich zur Seite. Die meisten der STARFIRE-Besucher, die an den Tischen oder der Bar hinter der Balustrade gesessen hatten, schienen sich nicht so recht darüber schlüssig zu sein, was sie tun sollten. Außerdem existierten rund um die Bar die letzten etwas stärkeren Lichtquellen, die noch nicht dem MPi-Feuer der Maskierten zum Opfer gefallen war.

„Polizei! Bleiben Sie ruhig!“, rief ich, als eine Frau hysterisch zu kreischen begann, nachdem sie die SIG in meiner Hand erblickt hatte.

Ich erreichte schließlich einen schmalen Korridor und rannte ihn entlang. Dabei folgte ich selbst leuchtenden Hinweisschildern, die eigentlich Besucher auf den Fluchtweg hinweisen sollten. Aber die Situation war dermaßen chaotisch, dass sie so gut wie von niemandem beachtet wurden.

Ich folgte den weißen Pfeilen, rannte einen weiteren Korridor entlang und kam schließlich an eine Fensterfront, die zur Rückseite des Gebäudes ausgerichtet war, in dessen unteren Geschossen sich das STARFIRE befand.

Eine Feuerleiter führte in die Tiefe. Ich schlug mit dem Griff der Dienstwaffe das kleine Glasfenster ein, hinter der sich der Schlüssel befand, mit dessen Hilfe man jene Tür öffnen konnte, die hinaus auf die Feuertreppe führte.

Ich stieß die Tür auf.

Halb rannte, halb rutschte ich die letzten drei Absätze der Feuertreppe hinunter. Unten erwartete mich ein ziemlich enger Hinterhof. Mehrere Fahrzeuge parkten hier. Lieferwagen und lange Limousinen. Ich lag wahrscheinlich richtig mit der Annahme, dass es ein Privileg des STARFIRE-Besitzers war, hier parken zu dürfen. Ich rannte weiter, erreichte die Einfahrt, die durch ein etwa ein Meter fünfzig hohes Gittertor abgesperrt war. Ich sprang hinüber, erreichte eine kleine Nebenstraße, in der Einbahnverkehr herrschte und die von beiden Seiten so zugeparkt war, dass größere Fahrzeuge sich hier wohl ausschließlich im Schritttempo bewegen konnten.

Hier gab es nur wenig Passanten. Die meisten Fahrzeuge, die hier abgestellt worden waren, gehörten vermutlich Gästen des STARFIRE.

Ich nahm das Handy ans Ohr, nachdem ich eine Kurzwahltaste betätigt hatte, um unser Präsidium zu erreichen.

Ich bekam Kriminaldirektor Bock an den Apparat und schilderte ihm in knappen Worten, was hier los war.

„Ich werde alles Notwendige in die Wege leiten“, versprach er.

„Der Krieg scheint jetzt richtig los zu gehen“, erwiderte ich. „Da braucht man ja wohl nur zwei und zwei zusammenzählen, um sich ausrechnen zu können, dass Al-Khalilis Leute dahinter stecken.“

„Was wir ihm hoffentlich auch beweisen können, Harry!“

„Ich melde mich wieder!“

„Okay, Harry!“

Ich unterbrach die Verbindung und setzte meinen Weg fort. Zwischen zwei etwa zehnstöckigen Häusern gab es eine Lücke von kaum etwas mehr als anderthalb Metern. Durch diese schmale Gasse konnte man – wenn ich mich nicht völlig falsch orientiert hatte, zurück gelangen. Es handelte sich weder um einen regulären Fußweg, noch um eine Straße, denn abgesehen von Motorrädern und Fahrrädern hätte sie nicht passiert werden können. Vermutlich waren es Feuerschutzgründe, die dazu geführt hatte, dass man in diesem Fall nicht wie sonst üblich, direkt an die Mauern des Nachbargebäudes herangebaut hatte.

Jedenfalls war der Weg asphaltiert.

Es herrschte Dunkelheit dort.

Von der anderen Seite hörte ich Schritte.

Ein Bewegungsmelder sorgte für die Aktivierung einer spärlichen Außenbeleuchtung, die aber ausreichte, um die beiden Kerle zu erkennen, die mir entgegen kamen und jetzt ihren Lauf ebenso abrupt stoppten wie ich.

Es waren ‚Mickey’ und ‚Donald’.

Die großen, schwarzweißen Comic-Augen blickten in meine Richtung. Dem Körperbau nach handelte es sich bei beiden um Männer.

Die beiden Männer trugen MPis vom israelischen Typ Uzi, der sich vor allem durch seine Zierlichkeit auszeichnet.

Ich riss die SIG empor.

„BKA! Das war der falsche Fluchtweg, den ihr euch ausgesucht habt! Ihr seid verhaftet! Sofort die Waffen fallen lassen und die Masken herunter!“

Für eine volle Sekunde geschah nichts. Die beiden Maskierten standen wie erstarrt da, während ich ihnen mit der SIG in der Faust ein paar Schritte entgegen ging.

„Okay, okay...“ dröhnte es unter der Mickey-Maske hervor. Er schleuderte mir die Uzi entgegen. Gleichzeitig griff er unter die Jacke und riss eine Automatik hervor. Aber ich ließ ihn nicht zum Schuss kommen.

Ich feuerte die SIG ab.

Mein Schuss traf meinen Gegner an der Schulter. Er schrie auf. Die Wucht des Geschosses ließ ihn rückwärts taumeln. Ein ungezielter Schuss löste sich aus seiner Automatik, der als tückischer Querschläger zwischen den Wänden beider Häuser hin und her geschickt wurde.

Glücklicherweise aber oberhalb meiner Kopfhöhe.

Der Mann mit der Donald-Maske hatte einen Sekundenbruchteil zu lange gezögert, um mich mit der überlegenen Feuerkraft seiner Uzi über den Haufen zu ballern. Jetzt schien er zu begreifen, dass das Risiko für ihn verdammt hoch war. Der Lauf meiner SIG war auf ihn gerichtet. Innerhalb der engen Gasse hatte er keinerlei Möglichkeit auszuweichen oder in Deckung zu gehen.

„Nicht schießen!“, sagte er und legte vorsichtig die Waffe auf den Boden. Ich näherte mich.

„An die Wand und Hände hoch. Beine auseinander und die Handflächen gegen die Wand drücken!“, befahl ich.

Er gehorchte.

‚Mickey’ wälzte sich derweil am Boden. Die Uzi, die er mir entgegen geschleudert hatte, nahm ich vom Boden auf.

Die Automatik war ‚Mickey’ aus der Hand gefallen, da seine Finger ihm nicht mehr gehorcht hatten. Mit der Linken versuchte er die starke Blutung an der Schulter zu stillen. Der dünne Blouson und das Hemd, das er trug, waren bereits Blut durchtränkt. Rot rann es zwischen seinen Fingern hindurch.

Die Uzi befand sich nur einen halben Meter von ihm entfernt. Seine Muskeln spannten sich an.

„Denken Sie nicht einmal daran!“, knurrte ich.

Ich trat hinzu, kickte die Automatik aus seiner Reichweite.

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