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Rudi und Olli hatten im Nu die Wohnung durchsucht. Es befand sich tatsächlich niemand dort.

Jürgen und ich begleiteten Frau Scirea in das außerordentlich großzügig angelegte Wohnzimmer. Es war mit Antiquitäten vollgestopft und wirkte vollkommen überladen. Die Scireas hatten hier wohl alles gesammelt, was gut und teuer war und ihnen außerdem gefiel. Aber in einem Raum von mehr als hundertfünfzig Quadratmetern verloren sich auch die größten Schränke noch.

„Was werfen Sie meinem Mann vor?“, fragte Frau Scirea.

„Wie wäre es mit Verabredung zum Mord“, meinte ich.

„Das beweisen Sie mal!“

„Jedenfalls wurde mit einem Handy aus dieser Wohnung telefoniert, kurz bevor die Killer zugeschlagen haben und einen Mann namens Darko Grusic umgebracht haben, dessen Tod sich Ihr Mann schon lange wünschen dürfte.“

„Das ist doch an den Haaren herbeigezogen, Kommissar...“

„Kubinke. Sagen Sie das nicht. Wir haben zwei der Täter in Gewahrsam und es könnte durchaus sein, dass es sich die beiden nochmal überlegen, ob sie wirklich die ganze Schuld auf sich nehmen oder doch besser mit der Justiz zusammenarbeiten wollen.“

„Sie bluffen doch.“

„Falls Ihr Mann auf der Flucht sein sollte, hat er keine Chance, zu entkommen. Die Fahndung läuft. Ob am Flughafen oder auf irgendeiner Autobahn – man wird ihn bei der erstbesten Kontrolle ergreifen.“

Frau Scirea verschränkte die Arme vor der Brust. Ihre Körperhaltung verriet Stolz. „Ich werde in meinen Rechten verletzt! Das ist Polizeiwillkür!“, beharrte sie in Unkenntnis ihrer tatsächlichen Situation.

Wenig später erreichten auch unsere Kollegen Sami Oldenburger und Pascal Horster die Wohnung der Scireas.

Inzwischen kam Rudi aus einem der anderen Räume. Er hatte inzwischen Latexhandschuhe übergestreift, schon um keinen Anpfiff von unseren Kollegen vom Erkennungsdienst zu bekommen. In der Hand hielt er mehrere bunte Heftchen. Er breitete sie auf dem Tisch auf. Das erste, was mir auffiel, waren die Menschen mit weit aufgerissenen Augen, die auf den Titelblättern dieser Hefte abgebildet waren. Männer, Frauen und Kinder, die geradezu aus ihrem Inneren heraus zu leuchten schienen. Im Hintergrund leuchteten zudem irgendwelche Lichtstrahlen, die im übrigen auch die Köpfe der Abgebildeten wie Heiligenscheine umflorten. CHURCH OF JUDGEMENT stand in flammenden Lettern oben rechts. KIRCHE DES GERICHTS – hörte sich für mich nach einer mehr oder minder jenseits-orientierten Sekte an. Erinnerte etwas an die Ästhetik der Zeugen Jehovas.

In Berlin gab es in dieser Hinsicht alles Mögliche.

Von der Hindu-Kultstätte bis zu den Tempeln von so obskuren Amy-Sekten wie diese CHURCH OF JUDGEMENT offenbar eine war.

Rudi wandte sich an Frau Scirea.

„Dies haben wir auf dem Schreibtisch Ihres Mannes gefunden – und im Papierkorb sind noch mehr davon.“

Frau Scireas Gesichtsausdruck veränderte sich nur für einen sehr kurzen Moment, dann hatte sie die Kontrolle darüber wiedergewonnen. Ihre Züge wurden zu einer undurchdringlichen Maske. „Was soll damit sein?“

„Ihr Mann scheint sich sehr für diese Kirche zu interessieren“, stellte Rudi fest. „Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Abdullah Al-Khalili es einfach so hingenommen hätte, wenn einer seiner engsten Vertrauten unter dem Einfluss einer solchen Sekte gestanden hätte. Ich sehe hier schon auf den ersten Prospekt-Seiten ziemlich islamfeindliche Parolen.“

Jürgen bestätigte dies. „Al-Khalili gilt in diesen Dingen als sehr konservativ und betrachtet Religion auch keineswegs als Privatsache.“

„Wir waren nie etwas anderes als Katholiken“, sagte Frau Scirea. „Und so wahr ich hier stehe, wir werden auch nie etwas anderes sein! Diese Hefte da haben wir in letzter Zeit massenhaft zugesandt bekommen. Warum kann ich Ihnen nicht sagen. Nur so viel ist gewiss: Weder mein Mann noch ich haben diesen Sektenmist bestellt!“

Rudi nahm ebenfalls eins der Heft und blätterte darin herum. „Es scheint immer wieder um ein Thema zu gehen: Dass jeder, der nicht umkehrt und Buße tut, einem göttlichen Gericht überantwortet werden wird.“

„Ja, und wahrscheinlich werden alle diejenigen, die ohne Sünde sind von irgendwelchen Ufos errettet! Schmeißen Sie den Mist weg! Ich habe keine Ahnung, weshalb mein Mann dieses Zeug nicht längst entsorgt hat!“

Frau Scirea bekreuzigte sich und für einen Moment blitzte der Widerwille auf, den sie offenbar gegenüber der CHURCH OF JUGDEMENT empfand.

Rudi blickte in meine Richtung. Ich verstand schon, weshalb er die Heft angeschleppt hatte. Sie passten einfach nicht in das Bild, das wir uns von Raimund Scirea gemacht hatten. Und allein deswegen waren sie für uns schon interessant. Aber im Moment konnte ich noch keinen Anhaltspunkt erkennen, wie uns die dunklen Drohungen der CHURCH OF JUGDEMENT weiterbringen konnten.

Ich nahm mir mehrere der Hefte.

Blätterte.

Von der Möglichkeit war da die Rede, dass ein zum Sünder gewordener Mensch die Schuld seiner Taten tilgen konnte, indem er sich zum irdischen Arm des Gerichts machte. „Für niemanden ist es zu spät!“, stand dort.

Für eine Midlife Crisis war Raimund Scirea eigentlich mindestens zehn Jahre zu alt, fand ich.

Ich hörte nur halb hin, während Jürgen Frau Scirea noch ein paar Fragen stellte.

Dann klingelte plötzlich mein Handy.

Am Apparat war unser Kollege Max Herter. Unser Kollege aus dem Innendienst rief vom Präsidium aus an.

„Was gibt‘s, Max?“, fragte ich, denn ich hatte bereits an der Anzeige im Display gesehen, wer am anderen Ende der Verbindung war.

„Das Handy, dessen Aufenthaltsort wir peilen sollten, ist soeben für ein paar Augenblicke benutzt worden.“

„Ich hoffe, lange genug, um Raimund Scirea orten zu können!“, meinte ich.

„Du wirst dich wundern, Harry!“

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