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Es fing an zu regnen, als wir am nächsten Morgen bei Kriminaldirektor Bock im Besprechungszimmer platznahmen und Mandy jedem von uns einen Becher mit Kaffee brachte.

Ich hatte kurz zuvor noch in der Werkstatt angerufen, wie weit man dort mit der Reparatur des vertrauten Lieblingsdienstwagens war. Die erste Diagnose war ziemlich niederschmetternd und ich musste mich wohl noch eine Weile gedulden, bis ich wieder am vertrauten Steuer meiner Lieblingskarosse saß. Ich stelle mich nicht gerne um. Aber in diesem Fall war es wohl unvermeidlich. Der Tag hatte also schon schlecht begonnen. Ich hoffte, dass wenigstens gute Nachrichten aus den Labors oder von Max Herter und den Innendienstlern uns erwarten würden.

Doch auch in dieser Hinsicht wurde ich enttäuscht.

„Wir haben alles getan, um diesen Benny Schmitt zu identifizieren“, erklärte Max. „Immerhin wissen wir nun, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit niemals in der Bundeswehr oder bei irgendeiner Polizeieinheit gewesen ist. Niemand, zu dem dieses Gesicht passt, ist dort je gewesen. Und was den Rest der Identität angeht, so ist sie von einem gewissen Edgar Johnnes Schmitt gestohlen worden. Der Name ist also definitiv falsch.“

„Aber irgendjemand muss ihm doch beigebracht haben wie man so schießt!“, entfuhr es Kriminaldirektor Bock, der in diesem Augenblick ein ziemlich ratloses Gesicht machte. Ich kann nur sagen, dass ich seine Ratlosigkeit teilte.

„Was ist, wenn der Täter in einer ausländischen Armee zum Scharfschützen ausgebildet wurde“, warf Jürgen Caravaggio ein. „Wäre doch auch denkbar.“

„Das würde nicht zu der verwendeten Waffe passen“, meinte unser Chefballistiker Ludwig Valkensee. „Die Mk-23 ist im Ausland noch seltener als bei uns.“

„Das spricht nicht unbedingt dagegen“, meinte Kriminaldirektor Bock.

„Aber wenn Sie solche Mordanschläge durchführen wollen, wie der Killer, mit dem wir es hier zu tun haben, dann ist dazu äußerste Präzision vonnöten.“

Kriminaldirektor Bock hob die Augenbrauen. „Das bedeutet dann in diesem Fall?“

„Dass der Täter automatisch die Tendenz hat, das Equipment zu benutzen, das er am besten kennt.“

„Also die Waffe, an der er ausgebildet wurde!“, stellte ich fest.

Ludwig nickte. „So ist es!“

„Ich kann das nur aus eigener Erfahrung bestätigen“, mischte sich Tommy Kronburg ein. „Schließlich benutze ich ja immer noch meinen alten Revolver und habe mich bislang beharrlich geweigert, gewisse waffentechnische Innovationen mitzumachen, die inzwischen beim BKA zum Standard geworden sind. Aber neu ist ja auch nicht unbedingt besser!“

„Aus den Zeugenaussagen zum Fall Azizi wissen wir doch, dass der Täter zumindest in diesem Fall einen Komplizen hatte“, stellte ich fest. „Der zweite Mann im Van...“

„Ich sehe noch nicht, was das mit der Problematik zu tun hat, über die wir gerade gesprochen haben“, bekannte Kriminaldirektor Bock.

Ich trank meinen Kaffee aus. „Ich will darauf hinaus, dass der Täter sein Scharfschützenhandwerk vielleicht bei jemand anderem gelernt haben könnte. Wir wissen, dass Benny Schmitt oder wie immer auch in Wahrheit heißt, ein Sonnenblumen-Tattoo am Unterarm hat. Dieser Täter hatte bei dem Mord ein langes Gewehr mit Zieloptik bei sich. Also vermutlich eine M-23...“

„...während sein Komplize eine MPi trug“, erinnerte mich Kriminaldirektor Bock. „Wenn der Komplize bei der Bundeswehr zum Scharfschützen ausgebildet wurde, wieso sollte dann Schmitt der Schütze sein? Das ergibt keinen Sinn.“

„Warum nicht? Es soll schon vorgekommen sein, dass ein Schüler seine Lehrer übertrifft“, wandte ich ein. Ich drehte mich zu Max Herter um. „Max, wir brauchen die Daten von allen Scharfschützen bei der Bundeswehr oder in Polizeieinheiten, an denen irgendetwas Auffälliges ist, was sie vielleicht mit diesem Fall verbindet.“

„Das ist eine Mammutaufgabe, Harry!“, erwiderte Max und atmete erstmal hörbar und sehr tief durch.

„Nein, das können so viele nicht sein. Wir suchen nur diejenigen, die an der MK-23 ausgebildet wurden. Das dürfte überschaubar sein.“

Kriminaldirektor Bock stand mit in den tiefen Taschen seiner Flanellhose vergrabene Händen da und dachte einen Augenblick lang nach. Die Hemdsärmel hatte er wie üblich hochgekrempelt. Er ging fünf Schritte bis zum Fenster, dort verharrte er kurz und kehrte dann zurück. Während unserer Besprechungen hielt es den Chef unserer Abteilung selten auf seinem Platz.

„Versuchen Sie das, Max“, richtete er dann das Wort an an unseren Kollegen aus der Fahndungsabteilung. „Vielleicht kommt ja irgendetwas dabei heraus, was uns diesem mysteriösen Schützen endlich etwas näher auf die Spur bringt.“

„Ich werde tun, was ich kann!“, versprach Max.

Kriminaldirektor Bock wandte sich an Sami. „Gibt von Ihrer Seite irgendwelche neuen Erkenntnisse?“

„Wir konnten Benny Schmitt auf dem Videomaterial der Überwachungskameras identifizieren. Er muss tatsächlich durch den unbewachten und normalerweise verschlossenen Hintereingang in das Gebäude gelangt sein. Aber wie uns der Kollege vom Security Service schon erläuterte, muss er auf seinem Weg auf das Dach durch einen Bereich, der überwacht wird. Das hat unsere Sache sehr erleichtert. Ich kann Ihnen das Material mal zeigen.“

„Bitte“, sagte Kriminaldirektor Bock.

Sami aktivierte den Beamer seines Laptops. Wenig später erschien an der Wand des Besprechungszimmers eine Video-Sequenz. Ein Mann war zu sehen, der eine Tasche für Golfschläger über dem Rücken trug – eine ideale Aufbewahrungsmöglichkeit für eine MK-23. Er trug unter seiner Jacke ein Kapuzenshirt. Die Kapuze hatte er ziemlich tief ins Gesicht gezogen, dass man davon nichts erkennen konnte.

„Gute Qualität nenne ich was anderes“, meinte Kriminaldirektor Bock.

„Ich habe einen Ausschnitt etwas vergrößert und bearbeitet!“, sagte Sami, während seine Finger über die Tastatur glitten. Unser Kollege hatte sich eine Einstellung ausgesucht, in der der rechte Ärmel ganz kurz etwas nach oben rutschte und das Sonnenblumen-Tattoo erkennbar wurde.

Zumindest eine Hälfte davon.

„Und noch etwas!“, ergänzte Sami. Diesmal wies er uns auf einen Ausschnitt hin, der den Bereich zeigte, in dem eigentlich das Gesicht zu sehen war und der leider im Schatten lag. „Durch eine nachträgliche Aufhellung kann ich leider das Gesicht in diesem Fall nicht erkennbar machen. Aber es lässt sich genau bestimmen, wie weit einige markante telemetrische Punkte an Nase und Kinn voneinander entfernt sind und das stimmt so exakt mit den Werten überein, die wir durch das Lichtbild in dem Benny Schmitt-Führerschein gewinnen konnten, dass man den Mann mit der Golfschläger-Tasche wohl als eindeutig identifiziert betrachten muss.“

„Immerhin“, meinte Kriminaldirektor Bock. „Das ist ja schonmal ein Schritt in die richtige Richtung.“

„Noch ein Detail ist nicht ganz alltäglich und sollte zumindest in keiner genauen Beschreibung dieses Täters fehlen“, fügte Sami noch hinzu.

Er zoomte auf den Hals des Mannes.

Eine Kette war dort zu erkennen. Das daran hängende Amulett reflektierte das Licht und war wohl nur aus diesem Grund überhaupt zu sehen. Mit ein paar Veränderungen an den Einstellungen bekam Sami es so hin, dass man die Form erkennen konnte.

„Ein Kruzifix, das durch zwei Schwerter gebildet wird!“, stellte ich fest.

„Hat Jesus nicht gesagt, dass derjenige, der das Schwert nimmt, dadurch umkommen wird?“, mischte sich Jürgen ein.

„Tja, wer immer dieses Amulett entworfen hat, scheint da eine etwas andere Interpretation zu haben“, meinte Kriminaldirektor Bock. „Was ist das für ein Zeichen?“

„Keine Ahnung“, meinte Sami. „Aber ich bekomme es heraus!“

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