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Kapitel 1 - Madison

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Mein Dad Charles tigert in dem modernen Konferenzraum auf und ab. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass ihn die fremde Umgebung der New Yorker Büros irritiert und er jetzt alles tun würde, um in einem unserer gemütlicher eingerichteten Firmenräume in North Carolina zu sein. Besonders, wenn so viel auf dem Spiel steht wie heute.

Meinem älteren Bruder Charly geht es nicht anders. Er sitzt direkt neben mir in einem puristischen Lederstuhl und findet keinen rechten Platz. Meine Reaktion darauf, in einem Besprechungsraum seit fast einer Viertelstunde eingesperrt zu sein, ohne dass irgendjemand sich die Mühe macht, unseren Termin wahrzunehmen, fällt konkreter aus. Ich atme tief und geräuschvoll aus, mehrmals. Und mit jedem Atemzug werde ich wütender, als ich ohnehin schon bin. Bei diesem Termin geht es immerhin um die Zukunft unseres Familienbetriebs und damit um die Zukunft aller Menschen, die für uns arbeiten.

Das ist wohl auch der Grund, warum mein Dad, der Geschäftsführer von Beaufort’s Milky Comfort, nicht schon längst aus dem Raum gestürmt ist, um den Respekt einzufordern, der ihm und uns allen zusteht. Allerdings bleibt uns dieser Luxus verwehrt, denn wir befinden uns heute in der Rolle des Bittstellers, einer Rolle, die keinem von uns zusagt. Genau genommen sind wir hier, um den Oberboss von Stoke International, Michael Stoke höchstpersönlich, darum zu bitten, unseren renommierten erfolgreichen Betrieb nicht aufzukaufen, um ihn zu verschachern oder zu zerschlagen. Allein diesen Termin zu bekommen war ein Spießrutenlauf und hat jeden Gefallen eingefordert, den mein Dad bei seinen Geschäftspartnern hatte. Kurz gesagt, wir sind hier, um das Unmögliche zu erbitten. Michael Stoke soll, wenn es nach uns geht, darauf verzichten, Beaufort’s Milky Comfort zu schlucken, und stattdessen in unsere Firma investieren, damit wir unsere Durststrecke überwinden können und wieder auf Erfolgskurs kommen.

Charly, der Dads Stellvertreter ist, glaubt keine Sekunde daran, dass wir eine Chance haben. Dennoch ist er hier und wartet. Wie wir alle. Mittlerweile seit zwanzig Minuten.

Mir langt es jetzt.

„Es reicht. Das müssen wir uns nicht bieten lassen!“

Ich stehe auf und gehe in Richtung Tür.

„Maddie!“ Dad pfeift mich streng zurück. Ich hasse es, wenn er mich so nennt. Ich wünschte, meine Familie könnte es sich endlich abgewöhnen. Maddie ist ein zehnjähriges Mädchen mit Zöpfen auf einer braunen Stute. Nicht ich. Nicht mehr.

„Setz dich! Wir werden warten, wie lange es auch dauert. Wir gehen hier nicht weg, ehe wir dieses Gespräch hatten.“

Dad hat sein stures Gesicht aufgesetzt. Für mich sieht er eigentlich nie wie ein Millionär aus den Südstaaten aus, sondern eher wie der Mann, der mir das Reiten und Fischen beigebracht hat, außer er trägt diesen Gesichtsausdruck, dann habe selbst ich Probleme damit, ihm weiterhin die Stirn zu bieten.

„Na schön“, gifte ich und setze mich zurück in den unbequemen Ledersitz. „Dennoch … Ich finde, es ist eine Frechheit. Du selbst hast mir beigebracht, dass man niemals zu spät kommt, weil es respektlos ist. Und ich werde bestimmt nicht zulassen, dass diese Großkotze hier uns respektlos behandeln.“

Dad und ich messen einander mit den Augen ab. Schwer zu sagen, wer dieses Duell gewinnt. Charly neben mir verdreht die Augen. Er denkt, ich wäre nicht wichtig genug, um hier zu sein. Mein Bruder würde das nie aussprechen, aber ich weiß dennoch, was in seinem Kopf vorgeht. Für ihn bin ich nur die Marketingleiterin, die, die noch keinen Platz im Familienvorstand hat und nur hier ist, weil Dad es wollte. Privat liebe ich meinen Bruder und in meine Nichten und Neffen bin ich ganz vernarrt, aber wenn es um die Arbeit geht, möchte ich ihm mindestens einmal am Tag an die Gurgel gehen. Fast so wie damals, als er meinen Lieblingssattel geklaut hat, um Dads Hengst zu reiten.

Keiner von uns gibt nach. Dads strenger Blick durchbohrt mich, erinnert mit jedem Augenzucken daran, worum es hierbei geht und dass ich besonnen bleiben muss. Natürlich weiß ich, dass er recht hat, aber es zuzugeben, ist eine andere Sache.

Die öffnende Tür beendet unser Blickduell und zieht unsere Aufmerksamkeit auf den Tross, der gerade den Raum betritt. Ein Anzugträger folgt dem nächsten. Drei Männer und eine Frau. Sie sind sehr schick gekleidet, genau, wie man es von Geschäftsleuten aus Manhattan erwartet. Doch der, auf den wir warten, ist nicht dabei: Michael Stoke.

Jeder kennt sein höllisch attraktives Gesicht, und jeder weiß, was er alles erreicht hat und dass er in New York in ziemlich kurzer Zeit zu einer festen Finanzgröße geworden ist, die man nicht unterschätzen sollte. So gut er aussieht, so kühn führt er seine Geschäfte. Genau deshalb sind wir hier. Denn wenn Stoke tatsächlich auf eine Übernahme verzichtet, werden all die Aasgeier, die um unsere Firma kreisen, wieder verschwinden.

„Guten Tag, Mr Beaufort. Mein Name ist Gilbert Jones.“ Ein junger Mann mit hellblondem Bürstenschnitt hält meinem Dad die Hand hin, die er annimmt und missmutig schüttelt.

„Mr Jones. Ich würde gerne sagen, dass es mich freut, aber ich bin hier, um Michael Stoke zu sehen, und ehe ich das nicht getan habe, werde ich weder den Raum verlassen noch irgendetwas mit einem von Ihnen besprechen!“

„Ein Mann nach meinem Geschmack“, sagt eine amüsierte, dunkle Stimme hinter uns. Sofort blicke ich mich nach ihr um. Ich muss schlucken, als ich den Mann sehe, zu dem diese Stimme gehört. Auch er trägt einen Anzug, aber wie er ihn trägt, unterscheidet sich fundamental von den anderen Männern in diesem Raum. Es sieht so aus, als würde sein durchtrainierter Körper ihn regelrecht ausformen. Das ist der Vorteil von breiten Schultern, wie meine Mutter zu sagen pflegt. Doch es ist nicht die wahnsinnig beeindruckende körperliche Präsenz des Mannes, die mich dazu bringt, ihn anzustarren. Es ist sein attraktives, kühn geschnittenes Gesicht, das ich dank zahlloser Web- und Magazinbilder bisher bestens zu kennen glaubte, das mich gegenwärtig jedoch eines Besseren belehrt. Die eher kurz geschnittenen, haselnussbraunen Haare, die dunklen, fast schon schwarzen markanten Augenbrauen und die hellrosa Lippen, die zu einem spöttischen Halblächeln verzogen sind, bilden eine Kombination, die das Wort attraktiv beinahe beleidigend klingen lässt. Dabei habe ich seine türkisfarbenen Augen und das perfekt rasierte, markante Kinn noch gar nicht erwähnt, zumal sie in einer völlig anderen Liga spielen.

Gott, o Gott!

Michael Stoke ist kein Mann. Er ist eine Erscheinung.

Zu meinem Unglück bleibt das den überaus privaten, weiblichen Teilen von mir keineswegs unbemerkt.

Mir wird heiß. Um ja niemanden von seiner Wirkung auf mich wissen zu lassen, drücke ich den Rücken durch, zeige meinen entschlossenen Gesichtsausdruck und stelle mich direkt an die Seite meiner Familie.

Der stechende Blick Michael Stokes trifft mich, und binnen Sekunden verliert er den spöttischen Ausdruck, den er auf den Lippen getragen hat, seit er den Raum betrat und meinen Dad ansah. Nun, da er mich anblickt – oder eher mich anstarrt, sogar schlimmer als ich ihn –, ist gar nichts Spöttisches oder Ironisches mehr an ihm auszumachen. Vielmehr sieht er aus, als hätte er einen Geist gesehen.

Der Moment bleibt nicht unbemerkt. Dad, Charly und Stokes Entourage blicken unbehaglich und fragend zwischen mir und Stoke hin und her. Dank seines Blicks und der merkwürdigen Stimmung im Raum zieht sich mein Magen zusammen.

Was hat er denn bloß?

„Mr Stoke?“ Mein Dad versucht, seine Aufmerksamkeit bemüht freundlich zu erringen, aber Stoke nimmt seine Augen nicht von mir. Ich bekomme Gänsehaut davon.

„Mr Stoke …“, würge ich bemüht hervor. So kleinlaut kenne ich mich gar nicht. „Ich glaube, mein Vater hat Ihnen etwas zu sagen.“

Erst meine Stimme bricht den Bann. Stoke nimmt seine verstörend klaren türkisfarbenen Augen von mir und richtet sie stattdessen auf meinen Dad.

„Charles Beaufort.“ Mein Dad tritt ihm entgegen, und obwohl er einen halben Kopf kleiner ist als Stoke, streckt er ihm selbstbewusst die Hand hin. Die beiden Männer schütteln sich die Hände.

„Das sind mein ältester Sohn und Stellvertreter Charles Junior und meine Tochter Madison.“

„Madison also“, flüstert Stoke, als hätte mein Dad ihm die Passwörter zu unserem Firmenserver verraten.

„Ja, das ist mein Name, Mr Stoke, auch wenn Sie aus irgendeinem Grund überrascht darüber scheinen“, höre ich mich sagen und zwinge mich, ihm direkt ins Gesicht zu sehen. Er bringt mich ganz durcheinander, aber ich werde den Teufel tun und es ihm auch noch zeigen.

„Ich bin überrascht, Miss Beaufort, überrascht, weil Sie es offenbar nicht sind.“

Dad und Charly sehen mich an, als würden mir Hörner auf dem Kopf wachsen. Mir laufen Schauer über die Haut.

„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, Mr Stoke, aber ich würde gerne über etwas sehr viel Wichtigeres mit Ihnen sprechen … über die Zukunft von Beaufort’s Milky Comfort.“

Sofort ändert sich etwas in seinem Gesicht. Als würde ein Mann verschwinden und ein anderer Mann erscheint an seiner statt, ein Mann, der sichtlich ungehalten ist.

„In meinen vier Wänden entscheide immer noch ich, worüber geredet wird, Miss Beaufort. Und heute werden wir nicht über die Zukunft Ihres Familienbetriebes sprechen.“

Ich möchte diesem gut aussehenden Bastard eine scheuern, reiße mich jedoch am Riemen und grinse stattdessen boshaft zurück.

„Und warum sind wir dann hier, Mr Stoke?“

Mein Dad ist sehr um einen guten Ton bemüht, aber ganz gelingt er ihm nicht. Kein Wunder bei diesem seltsamen Aufeinandertreffen.

„Kein Sorge, Mr Beaufort. Sie werden Ihr Gespräch noch bekommen. Ich halte mein Wort. Immer.“ Wieder sieht Stoke mich an, ehe er sich Dad und Charly zuwendet. „Nur nicht heute. Wir treffen uns morgen wieder. Selbe Zeit, selber Ort. Für alle Unkosten kommt Stokes International auf.“

„Nur keine Umstände, Mr Stoke. Wir Beauforts sorgen für uns selbst“, lässt Charly ihn wissen, woraufhin Stoke kurz nickt und den Raum wieder verlässt, genauso schnell und überraschend, wie er vorhin aufgetaucht ist. Die Anzugträgermeute ist dermaßen verdutzt, dass sie aufspringen und ihm folgen.

Wieder allein in dem zu stark klimatisierten Raum sehen wir uns skeptisch an.

Was hat das alles zu bedeuten?

„Wer zum Teufel glaubt der Kerl eigentlich, wer er ist?“ Ich weiß nicht, was mich mehr aufregt: sein unfassbares Benehmen oder meine anfangs bescheuerte Reaktion auf ihn.

„Michael Stoke“, sagt Dad nüchtern. „Und das Problem ist, dass er genau weiß, was das bedeutet.“

Charly schüttelt den Kopf und sieht mich von der Seite an.

„Was mich viel eher interessiert … Maddie, kennst du den Kerl etwa?“

Was?!“ Ich stoße ein Schnauben hervor. „Denkst du etwa, ich hätte es nicht erwähnt, wenn ich Mr Arrogant und Respektlos kennen würde?“ Kopfschüttelnd lasse ich mich in den Sessel fallen.

„Wie auch immer … Mir gefällt jedenfalls nicht, wie er auf dich reagiert hat. Ganz und gar nicht.“

Dad sieht bekümmert auf die Skyline von Manhattan. Noch nie waren er und ich so sehr einer Meinung. Denn mir gefällt das ebenso wenig.

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