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Kapitel 4 - Madison

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Hier sind wir wieder. Der Raum hat sich nicht verändert. Wir allerdings schon. Nach heftigen Diskussionen beim Abendessen gestern haben Dad und Charly beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen und keine weitere Verzögerungstaktik von Stoke zu akzeptieren. Auch wenn ich keine Erklärung für sein Verhalten bei unserem ersten Treffen habe, bin ich anders als meine Familie nicht davon überzeugt, dass sein merkwürdiges Auftreten tatsächlich eine Art Taktik gewesen ist. Doch Dad und Charly redeten einander in Grund und Boden und ließen mich dabei kaum zu Wort kommen. Ich hasse es, wenn sie das tun. Dieses Verhalten würde ich mir von niemandem bieten lassen, aber kaum geht es um meine Familie, ist es, als könne ich das Etikett, das man mir dort und in der Firma verpasst hat, einfach nicht loswerden. Wie oft ich auch versuche, es abzumachen, irgendjemand heftet es mir wieder an. Auf die Dauer ist das ganz schön frustrierend. Wären wir nicht in diese Krise geschlittert, hätte ich längst etwas dagegen unternommen, mich noch mehr bemüht, meine eigenen Ideen und Vorstellungen umzusetzen. Aber die Realität sieht nun einmal anders aus, ob es mir gefällt oder nicht. Und es gibt ja auch noch diese schwer zu überwindende Südstaatenhöflichkeit, in deren Namen Mom uns erzogen hat, und der immense Respekt gegenüber Dad, der mich liebt und immer für mich da ist. Es fällt schwer, sich mit jemandem zu streiten, um seinen rechtmäßigen Anteil einzufordern, der einem das Reiten beigebracht hat und trotz der Leitung eines riesigen Unternehmens über jede Schramme am Knie bestens informiert war, wenn er nach Hause gekommen ist. Wäre das alles nicht mehr als genug, kommt nun auch noch dieser seltsame Mann hinzu, der die Zukunft unserer Familie und aller Arbeiter unseres Unternehmens in der Hand hat. Und dann muss der Kerl auch noch diese Show abliefern und mich dabei bloßstellen. Noch mal passiert mir das nicht.

Mach dich auf was gefasst, Michael Stoke. Diese Mal wirst du eine professionelle, völlig von dir unbeeindruckte Madison Beaufort erleben, und sie wird fest hinter ihrer Familie stehen, wenn sie dich davon überzeugen, das einzig Richtige zu tun.

Kaum setze ich mich in dem Konferenzstuhl selbstbewusst auf, um meinem Gedanken Ausdruck zu verleihen, öffnet sich die Tür und Michael Stoke betritt den großen Raum, dieses Mal allein, ohne Anzug-Entourage. Interessant.

Ich sehe kurz auf die Uhr. Er ist pünktlich und sieht mindestens genauso umwerfend aus wie gestern, was keinerlei Rolle spielt. Jedenfalls für mich. Nein, Sir!

„Mr Stoke.“ Mein Vater erhebt sich und schließt dabei sein Jackett. Wir machen es ihm nach, stehen auf und sehen alle zu unserem Gastgeber.

„Mr Beaufort, Mr Beaufort … Miss Beaufort.“ Er neigt jedem von uns zur Begrüßung kurz den Kopf zu. Bei mir angekommen verweilen seine meerfarbenen Augen einen Moment länger, doch dann überzieht ein gefasster Ausdruck seine Miene, und er setzt sich ans Ende des kurzen Konferenztisches, ohne mich weiter groß zu beachten. Doch bei seinem Blick vorhin musste ich mich zwingen, nicht nervös zu werden oder der Hitze in meinem Nacken Beachtung zu schenken. Ich denke, es ist wie bei einer Jagd. Wenn du dem Jäger zeigst, dass du Angst hast, erkennt er dich erst als Beute, und wenn es etwas gibt, was es hier zu vermeiden gilt, dann, dass Stoke uns als solche betrachtet. Deshalb hebe ich mein Kinn einen Tick zu hoch und sehe ihm direkt ins Gesicht, als wären wir nicht die Bittsteller, die wir sind.

„Nun gut“, beginnt er mit fester Stimme. „Wir wissen alle, warum wir hier sind und worum es geht. Meine Berater haben mich mehrfach dazu ermutigt, Beaufort’s Milky Comfort trotz und gerade wegen seiner Lage zu kaufen, und Sie drei sind nun hier, um mir etwas anderes vorzuschlagen. Etwas, was ich ehrlich gesagt nicht oft gestatte. Dann tun Sie, weshalb Sie hergekommen sind. Überzeugen Sie mich! Sie haben fünf Minuten.“

Zumindest kommt er gleich auf den Punkt, und in jedem seiner klar gewählten Worte schwingt mit, dass er sich nur ausnahmsweise mit den Inhabern solcher Übernahmegeschäfte befasst. Ob das gut oder schlecht ist?

Charly wird nervös. Er schiebt die Papiere vor ihm ständig hin und her. Es ist kaum mit anzusehen, aber da muss er durch. Dad überlässt es ihm, die Verhandlungen zu führen, und wird nur einschreiten, wenn es nötig ist. Ich war dagegen. Dads Auftreten ist souveräner, und Charly, bei all seinen Vorzügen, ist ein Mann der Zahlen, aber leider nicht der geschickten Worte. Bei einem Alpha-Mann wie Stoke reagiert man. Sofort. Wirft ein paar Fakten und Argumente hin, die er erst mal verdauen muss, und wühlt nicht erst in seinen Unterlagen, ohne etwas von sich zu geben, wie Charly das gerade macht. Dad räuspert sich und übernimmt das Ruder, ehe unser Schiff noch auf Grund läuft. Gott sei Dank!

„Mr Stoke. Die Zahlen lügen nicht. Wir sind in einer ernsten Lage und die Konkurrenz ist groß, aber wir haben eine gute Strategie, diese Dürre zu überwinden, und benötigen vielmehr einen Investor, der diesen Weg durch die Krise mit uns geht, als jemanden, der uns aufkauft und all unsere Produktionsanlagen an die Konkurrenz verkauft oder gar einen Großteil unserer Mitarbeiter entlässt. Wie Sie hier sehen …“ Dad legt Stoke unseren Businessplan vor, den der dreiste Kerl nicht einmal anfasst. Dad macht einfach weiter. Er lässt sich von so etwas nicht unterkriegen, während Charlys Blick immer panischer wird. „… haben wir eine Strategie entwickelt, die unsere Position am Zielmarkt deutlich verbessern wird. Wir werden unsere Produktpalette um Varianten unserer US-Tasty-Specials erweitern und diverse Aktionen in Kinos und in Malls fahren, bis der Hunger auf Eiscreme-Specials mit Chocolat-Chips, Keks und Kuchenstücken wieder angefacht wird und die Umsätze steigen. Amerika, besonders der Süden, liebt Milky Comfort, und genau daran erinnern wir sie!“

Ich bekomme Bauchschmerzen, die ich gequält weglächle. Einerseits weil Dad eine Strategie vorstellt, an die ich nicht glaube, und andererseits, weil Stokes Gesichtsausdruck klarmacht, dass er meine Befürchtung teilt. Schlimmer noch, er scheint geradezu gleichgültig. Als sein Blick kurz zu mir schweift, kann ich es nicht verhindern; mein Lächeln bricht und ich beiße mir kurz auf die Lippe, um mich zu ermahnen, die Fassade nicht zu verlieren, die ich hier und jetzt tragen muss, meiner Familie zuliebe.

Verdammt! Er hat es bemerkt.

„Wollen Sie noch etwas hinzufügen, Miss Beaufort?“

Mit seiner hochgezogenen dunklen Braue fordert er mich geradezu heraus. Sein Tonfall macht klar, dass er will, dass ich ihn nicht anlüge, dass ich etwas sage, was keiner von mir erwartet, nicht mal ich.

„Wie Sie bestimmt wissen, bin ich Leiterin des Marketings und nicht Teil der Geschäftsführung“, antworte ich betont ruhig. Ich weiche der Frage aus, denn ich fühle, dass ich, warum auch immer, diesen Mann nicht anlügen kann, und genau das müsste ich, wenn er mich nach meiner Meinung fragt.

Was ist das bloß?

„Mir ist egal, woran Sie beteiligt sind und woran nicht. Ich will von Ihnen wissen, ob Sie glauben, dass das hier ein Konzept ist, hinter dem Sie stehen … Ich mache es Ihnen ganz einfach, Miss Beaufort. Entweder Sie sagen mir jetzt Ihre ehrliche Meinung, oder ich werde aufstehen, an meine Arbeit gehen und der Verkauf Ihrer Firma an Stoke International ist so gut wie erledigt.“

Ich fühle, wie Hitze und Wut auf meinem Gesicht brennen. Wie kann er mich in diese Lage bringen? Was soll das?

Dad starrt mich mit seinen blauen Augen an, dieselben, die mich im Spiegel anstarren, wenn ich mich selbst betrachte, und Stokes Augen bohren sich ebenso in meine. Selbst Charly fleht mich stumm an. Ich habe das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu laufen. Angespannt atme ich langsam aus.

„Wie Sie wollen, Mr Stoke! Sie lassen mir ja keine Wahl. Nein, das ist nicht die Strategie, die ich gewählt hätte, das heißt aber nicht, dass sie nicht eine gute Chance hat.“

Ich zwinge mich zu einem bemühten Lächeln, während ich einige der Schimpfwörter im Kopf herumwälze, die ich ihm stattdessen an den Kopf werfen möchte. Arrogantes Arschloch ist noch das netteste von allen.

„Gute Chancen interessieren mich nicht, Miss Beaufort. Mit Gut wäre ich immer noch die Nummer zwei hinter meinem Vater, und mein Unternehmen würde bestimmt nicht den Zusatz International besitzen. Mich interessiert Außergewöhnlich oder Risikoreich – alles, nur nicht Gut. Und jetzt möchte ich bitte von Ihnen hören, was Sie mir vorschlagen, um in Ihren Familienbetrieb zu investieren und auf den Kauf Ihrer Firma zu verzichten.“

Interessiert und selbstzufrieden lehnt er sich zurück und starrt mich an. Auf der anderen Seite des Tisches knirscht Charly mit den Zähnen und Dad hat seinen Blick aufgesetzt. Und genau da geschieht etwas Seltsames mit mir. Die Angst und der Druck fallen von mir ab, als ich zurück zu Stoke sehe und bemerke, dass, neben all der Arroganz und Dreistigkeit, in Michaels Augen eine Art Hoffnung und ein tatsächliches Interesse an meinen Gedanken zu erkennen ist. Zumindest bilde ich mir ein, das zu erkennen.

„Um ehrlich zu sein … würde ich in eine andere Richtung gehen. Ich ließe die klassische Linie bestehen, ohne darin noch mehr zu investieren. Vielmehr würde ich ein großes Investment nutzen, um zwei ganz neue Linien aufzubauen: eine Edel-Sorbet-Marke mit ausgewählten Zutaten, wie zum Beispiel Acerola-Kirschen oder kalifornische Orangen, und eine Milch-Joghurt-Linie mit Bio-Touch. Auch wenn der Markt dafür noch im Aufbau ist, wird in den nächsten Jahren der Bio-Trend weiter zunehmen, und der Markt für die überzuckerten und mit Keks und Schokoladelinsen gespickten Eissorten ist bei Weitem übersättigt. Nur in einer neuen, qualitativ hochwertigen Linie liegt ein chancenreiches Wachstum, und das würde uns erlauben, bisher unentdeckte Bereiche wie New York oder andere anspruchsvolle Großstädte zu bedienen, Stores, wo wir derzeit nicht einmal vertreten sind, weil unsere Marke nicht dazupasst. Noch nicht jedenfalls. Wir müssten dazu weitere Marken aufbauen und zweigleisig fahren mit einem völlig neuen Werbekonzept, perfekt auf eine urbane Zielgruppe ausgerichtet. Milky Comfort für das Land und High-Class-Sorbet für die Stadt.“

Als Erstes sehe ich in das entsetzte Gesicht meines Bruders, dann Dads besorgte Miene, ehe mein Blick an Stokes amüsiertem Grinsen hängen bleibt. Es scheint fast, als hätte er erwartet, dass das genau so laufen würde.

„Mr Beaufort“, spricht er meinen Vater ernst an. „Sie haben es Ihrer Tochter zu verdanken, dass der Verkauf an mich vom Tisch ist – vorerst zumindest! Und wenn Sie wollen, dass ich ernsthaft über eine Investition nachdenke und der Verkauf endgültig erledigt ist, dann bitte ich Sie beide, den Raum zu verlassen.“

Okay, nun bekomme ich Panik. Hilfe suchend sehe ich mich, trotz meiner gerade noch so hochtrabend vorgetragenen Rede, nach Dad um. Der scheint die Welt nicht mehr zu verstehen und wirkt mindestens so verwirrt wie ich. Als Dad und Charly sich widerwillig erheben, tue ich es ihnen gleich. Wenn ich das richtig verstehe, soll ich mit ihm hierbleiben. Nur er und ich. Allein bei dem Gedanken leuchten meine inneren Alarmglocken in allen Abstufungen der Farbe Rot.

Während ich dastehe, verwirrt und mit einem Knoten im Magen, umrundet Dad den Tisch und sieht mich besorgt an. Kurz lehnt er sich zu mir und flüstert mir zu: „Jetzt liegt es an dir, Maddie! Wir zählen alle auf dich!“

Nur kein Druck, was?

Kaum sind Dad und mein Bruder durch die Tür verschwunden und ich bin mit Michael Stoke in dem riesig wirkenden Raum allein, bekomme ich Gänsehaut. Der Gedanke, mit diesem Mann allein zu sein, jagt mir mehr Angst ein, als den verrückten braunen Hengst unseres Pferdezüchters zu reiten. Und der Gaul ist der reinste Teufel. Einmal abgeworfen zu werden hat mir gereicht. Ich habe meine Lektion gelernt. Was mir hier jedoch bevorsteht, ist völlig unbekanntes Terrain.

Ein paar Minuten vergehen, ohne dass er etwas sagt. Er starrt mich nur an. Wieder ist das starke Gefühl da, seine Beute zu sein, was mir gar nicht behagt. Deshalb lasse ich mir meine Angst nicht ansehen und hebe stattdessen herausfordernd eine meiner Brauen, ganz genau so, wie er es vorhin getan hat. Ihn amüsiert es anscheinend, denn es bringt den Mann dazu, zu grinsen. Ich wünschte wirklich, er wäre nicht attraktiv, dann fiele mir das hier leichter. Ich könnte ihn einfach hassen und auch noch abstoßend finden. Wie schön das wäre.

„Ich wusste, dass Sie mir die Wahrheit sagen würden.“

„Ach, und woher beziehen Sie dieses Wissen? Ich wusste es nicht.“ Falsch lächle ich ihn an und verschränke die Arme vor meiner Brust. Das enge Kostüm, das ich trage, spannt dabei unangenehm auf meiner Brust. Erschrocken stelle ich fest, dass meine Brüste schwer sind und meine Haut überall erwärmt ist.

„Sagen wir, ich habe für gewisse Menschen ein gewisses Gespür.“ Wieder umspielt die rosa Lippen ein geheimnisvolles Lächeln.

„Klingt für mich eher ungewiss. Sollte jemand wie Sie sich nicht eher auf Fakten verlassen als auf sein Gespür?“

Nun bin ich es, die ihm ein überlegenes Lächeln serviert. Ich muss zugeben, dass dabei etwas in meinem Bauch kribbelt. Bestimmt nur die Nervosität und Anspannung. So viel steht auf dem Spiel und ich liefere mir Scharmützel mit einem Finanzmagnaten. Mom muss mich als Kind zu heiß gebadet haben.

„In diesem Punkt irren Sie sich gewaltig. Ich verlasse mich immer auf meinen Instinkt. Nun gut, es gab da eine Ausnahme. Sie kennen so was. Eine Begegnung, die nicht so verlaufen ist wie geplant, weil man eben nicht auf seinen Instinkt gehört hat.“

Plötzlich wirkt er nachdenklich und sieht mich ernst an, so als wäre ich in einer Befragung und gäbe ihm nicht die richtigen Antworten, dabei versuche ich bloß, herauszufinden, worum es eigentlich geht.

„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“

Wieder grinst er, aber dieses Mal wirkt es anders, eher, als verberge er damit etwas. Könnte das Enttäuschung sein? Aber worüber denn? Bin ich ihm nicht businesstauglich oder lebenserfahren genug? Spiele ich seine Spielchen nicht richtig mit? Worum zum Teufel geht es hier?

„Ganz ehrlich, Mr Stoke. So langsam weiß ich nicht mehr, was hier gespielt wird.“ Ich setze mich auf und blicke ihn streng an. Ja, ich bringe das. Mir doch egal, wie reich und mächtig er ist. Er ist nur ein Schönling im Anzug, aber ich bin Madison Beaufort. Und das zählt etwas, wo ich herkomme, und wenn nicht, sorge ich dafür. Durch harte Arbeit und Sturheit. In beidem bin ich ziemlich gut.

„Dann kläre ich Sie mal auf. Sie sind hier, weil ich Ihre Ideen um Längen besser finde als die Ihrer Familie, und Sie sind hier mit mir – allein –, weil ich Ihnen ein spezielles Angebot machen möchte, eines, das Sie bestimmt nicht im Beisein Ihres Vaters oder Ihres Bruders besprechen möchten.“

Atme ich? Jedenfalls schlägt mein Herz noch, verdammt schnell sogar. Schmerzhaft hart hämmert es gegen meine Rippen.

Ich schnaube, weil alles, was mir gerade durch den Kopf geht, lächerlich klingt. „Das hört sich ja beinahe so an …“

„… als wolle ich Ihnen ein unmoralisches Angebot unterbreiten? Ja, Madison, genau darum geht es. Um Sie!“

Schock, Unglauben und Übelkeit sind nur ein paar der Dinge, die ich empfinde, als meine Hand meinen Mund bedeckt, der gerade undamenhafte Dinge von sich geben möchte.

„Das … das ist doch ein Scherz?“ Ich schlucke.

„Sehe ich aus, als würde ich scherzen?“

Nein, das tut er nicht. Er sitzt locker da, zurückgelehnt in dem unbequemen Stuhl, den ich schon gar nicht mehr sehen kann, und hält einen Füller in der Hand. Was? Will er, dass ich ihm meine Seele verkaufe?

Der Mann ist doch irre. Zugegeben, heiß und irre. Und ich dachte bisher immer, das ist eine fatale Kombination, die nur bei Frauen eine Rolle spielt, eine, vor der man sich hüten soll.

„Hören Sie, Mr Stoke … Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht schon die eine oder andere Schmonzette gelesen, die so anfängt, und ja, auch ich habe Pretty Woman schon mal gesehen, aber überraschenderweise nie dabei den Wunsch verspürt, auf den Strich zu gehen.“

Der Kerl beißt sich doch tatsächlich auf die Lippen, um nicht zu lachen. Findet er das hier komisch?

„Ich finde das nicht komisch, Mr Stoke. Ganz und gar nicht!“ Schockiert und angepisst gleichermaßen beiße ich die Zähne zusammen und fühle mich vorgeführt.

„Das hier ist keineswegs komisch gemeint. Es ist mein voller Ernst. Ich möchte Ihnen ein Angebot machen, eines, von dem Sie und ich gleichermaßen profitieren. Natürlich wird das absolut vertraulich bleiben – nur zwischen Ihnen und mir.“

„O Gott, das ist tatsächlich Ihr Ernst. Was passiert jetzt? Geben Sie mir einen Sexvertrag, in dem wir ein paar Bondageklauseln festlegen?“

Laut geworden schüttle ich den Kopf, denn das ist das Merkwürdigste, was mir jemals passiert ist. Ein Gutes hat es. Die Penisbilder und Pornovideos mit meinem montierten Gesicht darauf, die ich eine ganze Weile ständig zugeschickt bekam, wirken dagegen wie Kinderkram.

„Ich brauche keinen Vertrag. Nicht bei diesem Geschäft. Ich verlasse mich ganz auf Ihr Wort. Denn ich weiß, Sie werden es nicht brechen.“

Seine türkisfarbenen Augen lassen nicht den geringsten Zweifel an seinen Worten erkennen, und auch seine ganze Körperhaltung drückt aus, wie selbstsicher er dabei ist. Selbstsicherheit ist etwas, was mir gerade ausgegangen ist, dafür habe ich eine ganze Ladung Wut im Bauch.

„Oh, danke für Ihr Vertrauen, Mr Stoke. Wie schön, dass Sie glauben, ich spiele bedenkenlos die Nutte für Sie und halte dabei in Ihrer Vorstellung auch noch Wort und mache bereitwillig die Beine breit, weil Sie mir ein so tolles Angebot machen werden … Sind Sie noch ganz dicht?!“

Ich tue, was ich längst tun hätte sollen. Ich stehe auf und stürme auf den Ausgang zu. Nur weg hier! Ehe ich die Tür erreichen kann, hält er mich auf und packt mich am Oberarm. Er ist mir so nahe, dass ich sein Aftershave riechen kann, das zugegeben sehr gut duftet, und ich sehe die goldenen Flecken in seinen türkisenen Augen. Aber am meisten überrascht mich dabei, dass ich Panik in Michael Stokes Miene ausmache, ein Gefühl, von dem ich nicht dachte, dass er dazu fähig wäre. Für den Bruchteil einer Sekunde sehe ich einen panischen Mann vor mir, der mir einen unverstellten Blick in sein Innerstes gewährt, um sich gleich darauf wieder vor mir zu verschließen und um mich mit seiner eindringlichen Stimme aufzuhalten.

„Sie können jetzt gehen, mit Würde und Stolz, und alles geht seinen gewohnten Gang. Oder Sie hören sich an, was ich Ihnen anbiete, und vielleicht denken Sie darüber nach. Ich bin kein Monster, Madison. Ganz und gar nicht. Ich bin nur ein Mann, der eine Gelegenheit sieht und nicht anders kann, als sie wahrzunehmen, und Sie sind eine unglaublich schöne Frau, die noch sehr viel in ihrem Leben erreichen wird, egal, wofür Sie sich heute auch entscheiden.“

Zögerlich, so als müsse er sich dazu zwingen, lässt er meinen Oberarm wieder los. Der Wärme seiner festen Hand beraubt, fröstelt es mich ein wenig. Keine Ahnung, wieso, aber ich gehe tatsächlich zurück an den Tisch und setze mich ihm gegenüber.

Die Luft zwischen uns ist aufgeladen, und jeder Blick, der gewechselt wird, hat zum Ziel, dem Gegenüber in die Karten zu sehen. Doch das ist gar nicht nötig, nicht bei Stoke. Er sammelt sich und legt danach sein Blatt offen auf den Tisch.

„Ich möchte, dass Sie mir sieben Nächte geben. In jeder dieser Nächte gehören Sie mir. Doch wir werden nur Dinge miteinander anstellen, die wir beide wollen.“

„In … in beiderseitigem Einvernehmen?“

Frage ich das ernsthaft? Verhandeln wir hier gerade?

Ich muss den Verstand verloren haben. Wieso habe ich ihm nur in die Augen gesehen? Ich hätte einfach abhauen sollen. Zum Teufel mit der Familie, zum Teufel mit dem Betrieb und all seinen Angestellten. Aber ich bin geblieben und nun sitze ich hier und unterhalte mich allen Ernstes darüber, Sex mit diesem Mann zu haben, als eine Art Übereinkunft.

Das ist doch verrückt!

„Ja. Wir werden nichts machen, wobei Sie sich nicht wohlfühlen, aber ich möchte klarstellen, dass ich Sex mit Ihnen haben werde, sehr viel Sex sogar.“

Ich kann nicht glauben, dass ich dieses Gespräch führe, während meine Familie im Foyer sitzt und bestimmt tausend New Yorker unter uns die Straßen entlanghetzen.

„Mr Stoke … Michael, ich habe keine Ahnung, wieso Sie der Meinung sind, dass ich eine Frau wäre, die …“

„Sprechen Sie diesen Satz nicht zu Ende, Madison. Das hier hat nichts damit zu tun, wie ich Sie sehe oder für welche Art von Frau ich Sie halte. Denn so eine Art Mann bin ich nicht. Ich kann es Ihnen nicht erklären, nicht vollständig jedenfalls, und ich bin in diesem Punkt völlig ehrlich. So etwas habe ich bisher noch nie getan. Das schwöre ich.“

Erstaunt sehe ich ihn an, denn ich glaube ihm.

Warum dann jetzt? Warum mit mir?

„Ich kann die Frage förmlich Ihren schönen Augen ablesen. Die Antwort darauf braucht Zeit. Sieben Tage könnten dafür reichen.“

Ich atme langsam ein und aus.

„Was haben Sie mit mir vor? Wie soll denn dieses spezielle Geschäft genau aussehen?“ Ein völlig verrückter Teil von mir hält es anscheinend für klug, so zu tun, als wäre das hier noch immer eine Art Businessmeeting.

„Ich habe vor, sieben unvergessliche Nächte in Ihrer Gesellschaft zu verbringen, in denen wir beide sehr viel Spaß haben werden, und im Gegenzug werde ich in Ihre Firma investieren ohne weitere Bedingungen.“

Und da soll ich mich nicht wie eine Nutte fühlen. Die Bezahlung liegt schon in Form eines Investments auf dem Tisch, auch wenn es kein Nachttischchen ist, sondern ein Konferenztisch mitten in Manhattan.

„Jetzt sollte ich wohl auf Bezahlung im Voraus bestehen. Machen das Prostituierte nicht so?“

Michaels Kiefer spannt sich an. Sein Kiefermuskel zuckt.

„Ich würde dich niemals so behandeln, das verspreche ich dir.“ Er fasst nach meiner Hand, aber ich entziehe sie ihm. Ich kann jetzt nicht zulassen, von ihm berührt zu werden, auch wenn das absurd ist bei dem, was wir besprechen. Er wirkt beinahe verletzt, als ich meine Hand an mich drücke.

„Ehrlich gesagt haben Sie das längst getan, Mr Stoke.“ Ein frustrierter Zug überschattet seine Miene.

„Dann entschuldige ich mich aufrichtig dafür. Ich möchte aber diese sieben Nächte mit Ihnen haben, Madison. Ich möchte Sie unbedingt, und ich würde alles dafür tun, damit Sie mein Angebot annehmen.“

„Wieso?“

„Sie denken bestimmt, es ist, weil ich Sie wunderschön finde. Und ja, das tue ich, und es ist bestimmt ein Grund, aber es geht mir darum, Sie sieben Nächte lang verführen zu dürfen. Ich möchte derjenige sein, dessen Namen Sie auf den Lippen haben, wenn Sie kommen, und wenn ich dafür ein Angebot brauche, damit ich bekomme, was ich unbedingt will – Sie –, dann mache ich das Angebot. Ich tue, was immer nötig ist.“

Ich habe das starke Gefühl, dass viel mehr dahintersteckt, doch die Art, wie er mich ansieht, könnte nicht eindeutiger sein. Dieser Mann will mich und er versteckt es kein bisschen. Mehr noch. Er bietet mir an, dafür unsere Firma zu retten und in sie zu investieren. Das würde für alle eine gesicherte Zukunft bedeuten. Für den Preis meiner Ehre. Eine verwegene Stimme flüstert mir zu: Du müsstest sieben Nächte mit einem umwerfenden heißen Mann schlafen, der nur Dinge mit dir anstellen will, die du auch möchtest, und alle wären gerettet, alle, bis auf deine weiße Weste vielleicht, die hätte dann einen Makel, von dem nie jemand erfahren würde.

Erschreckend daran ist, dass es sich vernünftig anhört und dass ich zugeben muss, dass, Michael Stokes Geliebte auf Zeit zu sein, nicht gerade Folter bedeuten würde. Es gibt Tausende Frauen da draußen, die einen Mord begehen würden, um nur eine Nacht in seinem Bett zu verbringen, und dieser Mann sucht sich gerade die Frau aus, die sich sträubt, es mit ihm zu tun, und dabei auch noch ihre Familie retten könnte. Wieso nur klingt das Unfassbare plötzlich so fassbar und sogar vernünftig?

„Sagen wir, ich lasse mich tatsächlich darauf ein … Was würde ich meiner Familie erzählen, worum es in dem Gespräch hier ging?“ Scham brennt heiß auf meinen Wangen bei dieser Frage.

„Ich denke, Sie könnten so nahe bei der Wahrheit bleiben wie möglich.“ Entgeistert sehe ich ihn an.

„Sie sagen ihnen, dass ich von Ihren Ideen begeistert war, das entspricht der Wahrheit, und dass ich Ihnen angeboten habe, über ein Investment nachzudenken, und dafür stehen Sie mir sieben Tage lang als Beraterin bei mir in Manhattan zur Verfügung.“

„Während ich in Wahrheit in Ihrem Bett zur Verfügung stehe“, ergänze ich sarkastisch, wovon er unbeeindruckt bleibt.

„Nicht notwendigerweise.“ Anzüglich lächelt er mich an. Ich spüre, wie mein verräterischer Mund das Lächeln erwidern möchte, aber diese Frechheit verbiete ich ihm. Stattdessen tadle ich Stoke mit einem Kopfschütteln.

„Ich weiß, Sie werden Ja sagen. Tief in Ihrem Inneren wissen Sie ebenfalls, was ich bereits weiß.“

„Und das wäre?“

„Sie und ich. Das ist unvermeidbar. Sie sind bestimmt dazu, mir zu gehören.“

„Für sieben Nächte, wenn es nach Ihnen geht.“

Er erwidert nichts darauf, aber etwas sagt mir, dass ihm nicht gefallen hat, was ich gerade sagte, auch wenn das keinen Sinn ergibt.

„Wie wäre es mit einem Gentlemen-Agreement, um die Sache zu beschließen?“

Ganz Finanztycoon hält er mir seine Hand hin. Wenn ich sie jetzt nehme, dann war es das. Denn Michael hat recht, was mich betrifft. Ich bin jemand, der sein Wort hält. Immer.

Ich zögere. Das hier ist das Verrückteste, was ich jemals getan habe, aber ich bin dabei, es tatsächlich zu besiegeln.

Wieder erkenne ich die versteckte Panik in seinem Gesicht, als ich zögere, einzuschlagen. Erst als ich mich dazu überwinde, mit flauem Magen und einer gehörigen Portion Angst, seine warme Hand zu ergreifen, weicht der Ausdruck.

„Sie werden es nicht bereuen. Dafür sorge ich.“

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