Читать книгу Der Akron Tarot - Akron Frey - Страница 18

Von Arjun

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Die Angst vor der schrecklichen Urmutter kündigt sich in der Seele des Mannes meist schon vor seiner Geburt als zukünftige Projektionsfläche der scharlachroten Anima an. Alle Wesen erben die Last ihrer Vorfahren und deren Sehnsucht nach Befreiung, und so stellte ich den Fuß mutig auf die Himmelsleiter und begann meinen Abstieg. Da ist kein Gott außer dem Gott in dir, der sich selbst in allen Göttern als Gott erkennt, und da ist kein Mensch außer dem Menschen in dir, der sich selbst in allen Menschen als Mensch erkennt. Da ist keine Wahrheit außer der Wahrheit, die sich selbst für wahr hält. Da ist nichts außer Lug und Trug, es sei denn, du wärst es selbst, sagte die dunkle Alte und lächelte, während sie mir das Messer in den Bauch rammte, und schlagartig wechselte sie die Gestalt und wurde zur jungen Geburtshelferin. Das war der Start. Für den kleinen Jungen war es natürlich zunächst schwer, die dunkle Seite des Weiblichen oder den irrationalen und unberechenbaren Anteil des Mütterlichen zu integrieren. Und es wurde auch in den nächsten Jahrzehnten nicht besser. Trotzdem hatte sie Recht: Alle Töchter der Göttin in meinem Leben waren nicht berechenbar. Ihre Macht war süß, ihre Nähe warm und zuweilen eine Qual, doch standen sie als unverrückbare Instanzen der Macht in meinem Bewusstsein. Es war der ständige Ruf nach Opferung und Hingabe auf dem Altar des Weiblichen, der mich durchdrang, die stille Aufforderung nach Geborgenheit im mütterlichen Schoß und das Verlangen, mittels Libido und Kraft den Fortbestand der Sippe zu sichern. Ich merkte aber auch, dass aus der gemeinsamen Liebeseuphorie schnell eine verhängnisvolle Magie heraufbeschworen werden konnte, wenn Frau und Mann ihre gegenseitigen Projektionen, sie wären Gott und Göttin und jeder für den anderen das ultimative Ziel ihrer geschlechtlichen Sehnsucht, ineinander verankerten. Niemals darf man ein solches sexualmagisches Statement als persönliche Botschaft werten, die dem materiellen Alltag standhalten kann. Lediglich der geschützte Raum eines Liebesrituals gestattet die Übernahme der Rolle der archetypischen Bilder von Göttern und Göttinnen, die sich als Urformen des ersten Liebespaares begegnen. Werden die kosmischen Kräfte des Männlichen und Weiblichen innerhalb dieses Rahmens als Spannungsbogen benutzt, fliegt der Pfeil der Sehnsucht auf der Sehne der Libido weiter, als die Sonne scheint. Aber aufgepasst: Alle Versuche, das Geheimnis der Kraft zwischen Männern und Frauen zu lösen, sind stets am Schatten des Persönlichen gescheitert, weil dort die Quelle der Enttäuschung sitzt, und aus diesem Schmerz heraus kann das seinen Schatten verdrängende Ich ohne sein Wissen zu einem unerschütterlichen Wächter vor dem Reich der Göttin werden, der seine eigenen, in einem unbekannten Teil seines Wesens formulierten Ziele auf der unbewussten Ebene im anderen gnadenlos bekämpft. Als ich endlich aufhörte, meine Frau und die Frauen der Welt verstehen zu wollen, also den Wunsch, ihre Unberechenbarkeit als Spiegelung meiner inneren weiblichen dunklen Seite zu kontrollieren, wurde ich tief im Gedärm von der betörenden Anima berührt, so als wollte sie mir sagen, dass ich mich jetzt auf den Weg zum Vater machen soll, der einst der Geliebte der finsteren, alten Göttin war. Im Grunde genommen ist es der Auftrag eines jeden Mannes, diesen Vater in sich zu finden, denn solange Männer gegen die dunkle weibliche Seite in sich rebellieren, können Frauen ihren lichten männlichen Teil nicht entwickeln. Erst wenn die Gegenwart der dunklen Mutter in einem Mann erwacht, erhöht sich seine Ausstrahlung und Attraktivität für die Frauen enorm, denn er reitet jetzt den Tiger ihrer Kraft, der ihn überall dahin trägt, wohin er will, von dem er aber niemals mehr absteigen kann, weil dieser ihn sonst zerfleischen würde. Gelangt er schließlich an die Haustür seines inneren Vaters, wird er erkennen, dass er sich selbst die Pforte öffnet, an die er von außen anklopft, und er wird fühlen, dass aus dem Sohn der Vater geworden ist, der die Mutter suchte und die Geliebte fand. Kehrt dieser Mann zum Urbild der Mutter zurück, so kann er sagen, ich habe mich gefunden, und er wird als Geliebter der ewig jungen Alten sich selbst neu erzeugen - das ist das Geheimnis der Schöpfung der verdrängten Anima aus männlicher Sicht. In ihrer Funktion als weibliche Teufelin scheint sie das Laufrad des Lebens anzutreiben, weil sie im Scheitern den Ausgleich der Kräfte vertritt. Nichts ist je verloren gegangen, weil das Chaos, vor dem sich der Kaiser fürchtet, nichts anderes ist als die Ordnung der alles umspannenden Leere, durch die jedes Leben eintritt und wieder geht:

Ich bin der Grundstein all dessen, was möglich ist, und mein Name ist: »Nichts bleibt verborgen«, denn ich bin das Ja zum Leben

und das Ja zu deiner Kraft. Erobere die Welt und erkämpfe

dir deinen Platz, aber wisse, in mir sind alle Dinge auf ewig, weil ich nicht bin!

In Liebe allen Töchtern der dunklen Göttin in mir

und dem Fest der Begegnung im Außen gewidmet.


Der Akron Tarot

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