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Der Schritt in die Dualität

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Mit der Geburt dessen, was wir zu sein glauben, beginnt die Definition unseres Bewusstseins. Wir identifizieren uns als uns selbst, indem wir die Identifikation an sich definieren. Durch den Bezug zu äußeren Dingen erkennen wir die Tatsache, dass sie als unverwechselbare Entität erkennbar sind und jederzeit wieder erkannt werden können. Damit verbindet sich die Einsicht, dass wir selbst ein solches »Ding» sind, das wir als eine eindeutige Identität anzuerkennen haben. Wir entwickeln ein Bewusstsein dafür und eine Vorstellung davon, was Existenz ist, was Existieren an sich bedeutet und wie es sich anfühlt, selbst zu existieren. In der Zeit, in der die Menschen dieser Hemisphäre begannen, sich ihres Bewusstseins bewusst zu werden, da wurde zum ersten Mal auch nachweislich ein Ich zur Betonung der eigenen Identität schriftlich fixiert. Homer lässt seinen Helden Odysseus die Frage des geblendeten Zyklopen nach dem Namen seines Peinigers beantworten mit: Ich bin es, ich, Odysseus! Diese Selbstbespiegelung ist also der Schritt in Bezug auf sich selbst, mit dem wir unser Ich durch ein Wort manifestieren und damit die eigene Personifizierung begründen.

In seiner ursprünglichen Form repräsentiert der Magier die Geburt der Dualität. Im Erkennen, was er ist, nämlich die Abspaltung eines Teils vom Ganzen, erkennt er auch das Grundprinzip dessen, was Polarität genannt wird. Er realisiert sich - im doppelten Sinn - als der eine, erste Pol einer Dualität und erzeugt damit in Konsequenz nicht nur einen Gegenpol, sondern die Polarität an sich. Das Wissen um das, was er über sich selbst hinaus erschaffen hat, steht ihm zu Diensten und dadurch vermag er überhaupt erst zu vollbringen, was außer ihm niemand zu tun vermag: die Kraft der Spannung, die aus dem Abstand zweier Pole zueinander entsteht, zu nutzen. Denn er weiß, dass zwei entgegengesetzte Pole immer noch durch den Bezug der Definition miteinander verbunden sind und wodurch Trennung und Verbindung überhaupt erst entstehen - durch ihn selbst. Dies alles macht ihn zum Erzeuger von Gegenpolen und zum Vermittler zwischen ihnen.

Doch gerade durch die Erkenntnis, im Prinzip alles sein zu können, läuft der Magier auch Gefahr, die Grundlagen zur Erschaffung seiner eigenen Position zu vergessen oder die Tatsache, dass er Selbstidentifikation »erschafft«. Bewusstseinsexistenz resultiert aus dem Bezug einer Sache zu anderen Dingen und der Festlegung des Ego auf genau eines dieser Dinge, das Ich. Der Umstand, dass sich dieses auf jeden beliebigen Pol festlegen lässt, verschleiert jedoch dessen damit verbundene Begrenzung: Der Fokus muss immer auf einer einzigen Ich-Identifikation liegen (man könnte den Zustand auch als virtuelle Schizophrenie bezeichnen, wenn zwei Dinge getrennt voneinander versuchen, sich zur gleichen Zeit als Identität für dasselbe Ich zu halten). Der Magier darf nicht den fatalen Fehler begehen, sich für jemanden zu halten, der alles auf einmal und gleichzeitig sein kann. Er würde damit genau jener Schwäche erliegen, die der Advocatus Diaboli den Menschen bei der Betrachtung des Narren ankreidet:das fehlende Vorstellungsvermögen über das Nichts vor allem über alles, was sein Nicht-ich-bin’s angeht.

Gerade all das, was seine Identität durch ihre Entstehung aus dem Nichts des Narren zurücklässt und als sein Nicht—Ich bezeichnet werden muss, ist auch in anderer Weise noch seine große Schwäche. Fixiert darauf, aus dem Nichts heraus allein durch die Kraft seines Geistes sich selbst und alles andere entstehen zu lassen, übersieht er oft, dass er damit immer auch einen Gegenpol (Hohepriesterin, Herrscherin, Herrscher) erweckt. Letztlich fehlt ihm bei der Installierung seines Bewusstseins genau der Teil, der ihm die Existenz seines Un—Bewussten reflektiert. Verdrängte er durch sein Ego diese unbemerkt in ihm wirkende Quelle, fiele er auf die Stufe des Narren zurück. Unterdrückt er sie nicht, bleibt er sich seiner Abspaltung bewusst, durch die er sich überhaupt erst erschaffen hat: ein Gefangener des Ganzen, ewig verbunden mit dem, was er nicht ist, weil es nicht zu seinem Ego gehört.

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