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Die Richtige Atemtechnik und die Vorbereitung zur Meditation

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Die Richtige Atemtechnik nimmt eine Schlüsselstellung ein auf dem Weg zur Erleuchtung:

 bei der Bewältigung Ihrer alltäglichen Aktivitäten

 bei der Meditation und

 bei Ihrem persönlichen Weiterkommen.

Deshalb sollten Sie dem Thema unbedingt etwas mehr Zeit widmen und dieses Kapitel auf gar keinen Fall überspringen. Auch ist das wiederholte Üben der Richtigen Atemtechnik im Alltag von großer Wichtigkeit, weil Richtiges Atmen so bei Ihnen zur Routine und allzeit abrufbar wird.

Die nun folgenden Atemübungen dienen ausschließlich dazu, eine besondere und vor allem richtige Atemtechnik zu erlernen, eine Atemtechnik, die Sie wiederum unbedingt für die Meditation benötigen. Die Richtige Atemtechnik und daraus folgend die Richtige Meditation können Ihnen die Basis liefern, auf dem Weg zur Erleuchtung die von Ihnen angestrebten richtigen Erkenntnisse bzw. Einsichten zu erlangen. Die Atemtechnik zur Meditation soll nicht Ihr normal übliches Atmen im Alltag ersetzen. Die hier aufgezeigte Atemtechnik wenden Sie gezielt dann an, wenn Sie:

a) sich bewusst entspannen oder

b) meditieren wollen.

Die Richtige Atemtechnik führt Sie durch mehrere aufeinander aufbauende Atemphasen, die zu Beginn jeder Meditationsübung für Entspannung sorgen sollen. Die dann folgenden Phasen führen Sie, Schritt für Schritt, zu einer intensiven Sammlung und Konzentration. Letzteres hilft Ihnen unter anderem Ihre Gedanken zu kultivieren und im buddhistischen Sinne zu entfalten.

Wir fangen ganz einfach an.

1. Atmen bei geschlossenem Mund

Unabhängig davon, ob Sie sich auf eine Meditation vorbereiten oder bewusst entspannen wollen, atmen Sie, wenn immer möglich, bei geschlossenem Mund durch die Nase. Diese sehr einfache Übung, das Atmen durch die Nase (bei geschlossenem Mund), ist das 1. Charakteristikum der Richtigen Atemtechnik auf dem Weg zur Richtigen Meditation.

Das Atmen bei geschlossenem Mund ist das
1. Charakteristikum der Richtigen Atemtechnik.

Diese Übung werden Sie schnell beherrschen und die folgenden Übungen sind genauso einfach und überschaubar.

2. Das bewusste Atmen

Bei den vorangegangenen Übungen zu den drei Atmungsarten habe ich Ihnen unter anderem die Bauchatmung vorgestellt. Jetzt, wo Sie sich dieser Atemtechnik (der Bauchatmung) bewusst geworden sind und auch den Unterschied zur Brustatmung kennen, werden wir diese Bauchatmung für unsere Meditationszwecke verfeinern.

Ihre Aufgabe ist es nun, das Aus- und Einatmen jeweils auf 5-7 Sekunden auszudehnen. Zählen Sie in Gedanken von 21 bis 27, das entspricht ungefähr sieben Sekunden. Auf ein, zwei Sekunden kommt es dabei nicht an. Von Anfang an sollen Sie sich bei dieser Übung entspannen. Wenn Sie die Atemluft 5-7 Sekunden lang in den Bauchbereich eingeatmet haben, versuchen Sie die Luft 2-4 Sekunden in der Lunge zu halten und atmen Sie erst danach wiederum 5-7 Sekunden lang ruhig aus. Wenn die gesamte Atemluft aus der Lunge entwichen ist, halten Sie mit der Atmung wiederum für 2-4 Sekunden inne, versuchen vielleicht noch den letzten Rest verbrauchter Atemluft aus dem letzten Lungenbläschen auszuatmen. Dann atmen Sie wiederum 5-7 Sekunden lang neue unverbrauchte Atemluft ruhig in den Bauchraum ein und atmen wie oben beschrieben wieder aus – im immer gleichen Rhythmus. Bei dieser bewussten Bauchatmung nehmen Sie automatisch mehr Luft in den Brustraum auf. Ihre Lunge füllt sich von unten nach oben mit frischer Luft. Vermeiden Sie dabei jegliches Extrem. Wichtig ist nur, dass Sie diese Atemtechnik ganz bewusst durchführen und – Zug um Zug – zu einem für Sie angenehmen und beruhigenden Rhythmus finden. Ihre Atmung sollte dabei automatisch intensiver werden, sodass Sie beim Einatmen ein größeres Luftvolumen einatmen und beim Ausatmen tatsächlich auch die gesamte verbrauchte Atemluft wieder ausstoßen. Diese Atemtechnik ist das 2. Charakteristikum der Richtigen Atmung.

Das bewusste und zeitlich ausgedehnte Bauchatmen ist das
2. Charakteristikum der Richtigen Atemtechnik.

Auch diese Übung werden Sie relativ schnell beherrschen.

3. Kontrollierte Zungenbewegung

Beginnen Sie erneut bei geschlossenem Mund mit der bewussten und zeitlich ausgedehnten Bauchatmung. Nun achten Sie bitte einmal auf Ihre Zunge. Wo befindet sich diese, während Sie mit geschlossenem Mund ein- und ausatmen?

In der Regel wird Ihre Zunge im unteren Zungenbett ruhen, wobei die Zungenspitze Ihre Vorderzähne berühren und der Zungenrücken dabei leicht gegen den Gaumen gedrückt wird.

Diese Übung besteht darin, dass Sie künftig – und zwar beim Einatmen – mit der Zunge Ihren Gaumen und die oberen Schneidezähne ganz leicht, aber bewusst berühren sollen.

Anschließend – und zwar beim Ausatmen – soll Ihre Zungenspitze die unteren Vorderzähne berühren und in ihrer normalen Position im unteren Zungenbett verharren.

Bei beiden Bewegungen soll nur der Hauch eines leichten Druckwechsels stattfinden. Im Prinzip bewegt sich die Zunge bei diesem Wechsel so gut wie überhaupt nicht. Auch müssen Sie die Zunge beim Einatmen, wenn sie den Gaumen berühren soll, weder anheben noch muss sie sich von den unteren Vorderzähnen ablösen. Beim Einatmen sollten Sie nur den leichten Druck auf den Gaumen verspüren, beim Ausatmen den leichten Druck auf die unteren Vorderzähne, möglichst am unteren Zahnansatz, damit sich die Zunge aus dem Zungenbett gar nicht herauszubewegen braucht. Dieser leichte Druckwechsel der Zunge vom oberen Gaumen zu den unteren Vorderzähnen darf nicht sichtbar sein und in gar keinem Fall darf es zu einer Anstrengung oder Verspannung oder gar zu einem Muskelkater in der Zunge oder Mundpartie führen. „Weniger ist mehr“, lautet die Devise bei dieser Übung.

Üben Sie diesen Druckwechsel der Zunge nun täglich, bis es keiner Anstrengung mehr bedarf, diese Zungenbewegung bei jedem Atemzug während der Meditation auszuführen.

Die richtige Auf- und Abwärtsbewegung der Zunge beim Ein- und Ausatmen ist das
3. Charakteristikum der Richtigen Atemtechnik.

Der Sinn dieser Technik erschließt sich aus folgendem Wissen. Die chinesische Heilkunde basiert unter anderem auf der Überzeugung, dass in unserem Körper Energie- und Kraftfeldmeridiane, 12 an der Zahl, existieren, die vom Kopf zu den Füßen und umgekehrt verlaufen. Diese Meridiane, in denen unsere Lebensenergie fließen soll, verbinden die einzelnen Organe unseres Körpers miteinander. Man geht davon aus, dass die oben beschriebene Auf- und Abwärtsbewegung der Zunge wie ein Kippschalter den Fluss der Lebensenergie zwischen zwei Meridianenden anregt und ungehindert fließen lässt. Der eine Meridian kommt vom Steißbein, verläuft entlang der Wirbelsäule über den Kopf, die Augenbrauen, die Nase und endet im Obergaumen. Der andere Meridian kommt aus der unteren Körperregion vorne über den Nabel, den Solarplexus, den Hals und endet in der Zungenspitze. Über den leichten Druckwechsel der Zunge – abwechselnd auf den Gaumen und auf die unteren Vorderzähne – kann die Lebensenergie, chinesisch „Chi“, wie ein Strom abwechselnd nach oben in den Kopf und nach unten in den Körper bis zu den Füßen abfließen. Beim Einatmen strömt die Lebensenergie aufwärts zum Kopf, beim Ausatmen strömt sie halsabwärts in die unteren Körperregionen. In diesen derart geschlossenen Hauptmeridianen bildet sich ein Energiekreislauf, der zwischen allen Organen unseres Körpers für einen unsere Gesundheit fördernden Austausch von Lebensenergie sorgt. Körper und Geist kommen ins Gleichgewicht. Die Meridiane in unserem Körper konnten Mediziner und Wissenschaftler zwar bis heute weder freilegen noch sichtbar machen, aber ob Sie an dieses Phänomen glauben oder nicht, üben Sie, denn diese Methode funktioniert in der Praxis ganz vorzüglich.

Wir fassen zusammen

Nun fügen wir alle drei Charakteristika der Richtigen Atmung zu einer zusammenhängenden Übung zusammen.

Nehmen Sie Ihre bevorzugte Meditationsstellung ein und beginnen Sie wieder mit dem Atmen bei geschlossenem Mund. Ergänzen Sie diese Übung durch die bewusste und ausgedehnte Bauchatmung und wenden Sie nun gleichzeitig auch die richtige Auf- und Abwärtsbewegung der Zunge an.

Diese drei Charakteristika für die Richtige Atmung

1 Das Atmen bei geschlossenem Mund,

2 das bewusste und ausgedehnte Bauchatmen und

3 die richtige Auf- und Abwärtsbewegung der Zunge

sind die Grundvoraussetzung für eine Erfolg versprechende Meditation in jeder Stellung, zu jeder Zeit und an jedem Ort der Welt.

Wie ich anfangs andeutete, wird jeder Fortschritt auf dem Weg zur Erleuchtung Ihnen einen persönlichen Gewinn bringen. Diese drei Charakteristika lassen sich ganz hervorragend im Alltag anwenden. Sie wirken in jeder Situation beruhigend und helfen Ihnen, sich zu sammeln und zu konzentrieren. Das lässt sich nicht nur für die erfolgreiche Meditation ausnutzen, sondern auch in vielen Alltagssituationen wie beim langen Warten an der Kasse, vor dem Aufzug oder beim Arzt.

Wenn Ihnen ein unangenehmes Gespräch bei Ihrem Vorgesetzten bevorsteht und Sie darauf warten, zu ihm vorgelassen zu werden, dann wenden Sie die drei Charakteristika der Richtigen Atemtechnik an, um sich erstens zu beruhigen und sich zweitens auf die gegenwärtige Situation vorzubereiten. Sie können sich z. B. beim Einatmen: „Ich atme ganz viel Ruhe ein“, und beim Ausatmen: „Ich atme ganz viel Unruhe aus“ in Gedanken vorsagen. Diese Selbstsuggestion verhilft Ihnen spürbar zu einer angenehmen inneren Ruhe, wenn Sie aufgeregt sind.

Noch immer vor dem Chefzimmer Ihres Vorgesetzten wartend, können Sie sich beim Einatmen in Gedanken z. B. auch vorsagen: „Ich atme ganz viel Kraft und Zuversicht ein“, und beim Ausatmen: „Ich atme ganz viel Nervosität und Unsicherheit aus.“

So lassen sich wahlweise Mut, Gesundheit, Gelassenheit, Redegewandtheit, Erfolg und vieles mehr symbolisch einatmen und das Gegenteil wie Angst, Krankheit, Unruhe, Aggression, Wut, Schüchternheit ausatmen.

Sogar wenn Ihnen situationsbedingt sehr heiß ist und Sie übermäßig transpirieren, können Sie sich beim Einatmen in Gedanken vorsagen: „Ich atme kühle Luft ein“, und beim Ausatmen: „Ich atme überschüssige Wärme aus.“ Sie werden schnell merken, dass Ihnen spürbar kühler wird.

Wenden Sie diese Fähigkeiten bewusst an, wo immer es sich anbietet. Ihrer Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Nun werden Sie denken, dies hat mehr mit Selbstsuggestion zu tun als mit meditieren. Ja, aber die Möglichkeit zur Selbstsuggestion fällt nur beiläufig als kleines Geschenk am Rande für uns ab.

Buddhismus für Anfänger, Fortgeschrittene und Gottverlassene

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