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3.7Gesangstechnik

Es wäre vermessen, zu behaupten, man könne in nur einem Kapitel die Grundlagen der Gesangstechnik umfassend beschreiben und vermitteln. Dennoch möchte ich dir ein paar Tipps geben, die dir für den eigenen Gesang und bei der Betreuung von Sängern in deinem Studio hilfreich sein können.

Um weiter in das Thema Gesang einzusteigen, empfehle ich dir auf jeden Fall die Buchung einiger Gesangsstunden bei einem guten Lehrer.

3.7.1Körperhaltung und Bewegung

Genau so, wie bei einer Gitarre der Klang nicht nur in den Saiten entsteht, wird der Gesangston auch nicht nur an den Stimmbändern erzeugt. Er entsteht im ganzen Körper: Bauch, Hals und Kopf!

Um dieses Potential auszuschöpfen, muss dem Ton die Möglichkeit gegeben werden, sich im ganzen Körper zu entfalten. Dies schaffst du durch eine leicht nach vorne gebeugte Körperhaltung. So bilden Lungen, Luftröhre, Hals und Mund eine Art Röhre, in welcher der Ton optimal schwingen kann.

Singen ist anstrengend und bedarf großer Muskelkraft sowohl beim Atmen als auch beim Formen des Klangs an sich. Die Bauch-, Hals- und Gesichtsmuskulatur ist hierbei stark gefordert. Um sich immer wieder zu entspannen, läuft man am besten etwas hin und her. Nichts anderes machen die Profis auf der Bühne, sie binden dies nur unauffällig in die Show ein!

Um den Gesangsapparat an sich zu entspannen, gibt es zwei einfache Tricks: Schlucken und tief Einatmen. Beim Schlucken werden zum einen die Stimmbänder benetzt, zum anderen dehnt und entspannt die Schluckbewegung die Muskeln. Dabei sind mehrere kleine Schlucke effektiver als wenige große!

Auch das tiefe Einatmen führt zu einer entspannenden Dehnung des Gesangsapparats, da der Kehlkopf dabei mit der Luftröhre nach unten Richtung Zwerchfell gezogen wird.

Um frei singen zu können, sollte man zuvor nicht zu viel essen. Ein voller Bauch behindert die Atmung und davon abgesehen verbraucht die Verdauung sehr viel Energie, die dann in der Performance fehlt!

3.7.2Luft - der Treibstoff des Sängers

Was für den Tourbus der Sprit, ist für den Sänger die Luft, die er zur Verfügung hat. Die Atmung entscheidet schon vor der Artikulation über die Qualität des Tons und des Ausdrucks.

Damit ein Sänger entspannt, aber dennoch laut und kraftvoll singen kann, benötigt er Kontrolle über seine Atmung. Insbesondere lange und hohe Töne sind nur mittels richtiger Atemtechnik sauber und reproduzierbar zu erzeugen.

Beim Singen benutzt man in erster Linie die sogenannte Bauchatmung: man zieht das Zwerchfell weit nach unten und atmet bis tief in den Bauch. Ein Hinweis für die selbstverliebten Sänger: Ja, der Bauch wird dabei sichtbar größer!

Auf diese Weise kommt sehr viel Luft in die Lunge, in welcher dadurch ein leichter Überdruck entsteht. Dies erspart dem Sänger viel Kraftaufwand bei der Performance. Anstatt die Luft aktiv mit Kraft aus der Lunge pressen zu müssen, lässt er sie nun kontrolliert ausströmen. Die Menge und Geschwindigkeit an ausströmender Luft wird dabei mit der Geschwindigkeit, in welcher das Zwerchfell angehoben wird, gesteuert.

Diese Atemtechnik führt zu einer allgemeinen Entlastung des Gesangsapparats. Der Sänger muss sich weniger anstrengen und wird nicht so schnell heiser. Zudem klingen die Töne satt und rund, anstatt gepresst.

3.7.3Einsingen

Genauso wie sich ein Instrumentalist vor einer Aufnahme oder einem Konzert warm spielen wird, sollte es auch ein Sänger tun. Sauber eingesungen kann der Sänger länger gute Leistungen erzielen und es klingt einfach besser. Manche Melodien und insbesondere hohe Töne sind zudem ausschließlich warmgesungen reproduzierbar zu schaffen. Vor allem bei einer Aufnahmesituation, in welcher derselbe Teil öfter hintereinander gesungen werden muss, ist diese Vorbereitung also unerlässlich.

Wird ein Sänger schnell heiser oder klagt über Schmerzen beim Singen, macht er etwas falsch oder ist schlichtweg krank. Im Falle einer Erkältung solltest du den Mut haben, die Aufnahme zu vertagen. Das Ergebnis wäre nicht optimal und du riskierst eine bleibende Schädigung des Gesangsapparates!

Ein Vorschlag für eine Reihenfolge beim Einsingen:

1 Entspannen der Atmung:Im Stehen oder aufrecht sitzend tief durchatmen oder übertrieben gähnen. Beim Einatmen ist es ideal, wenn es sogar zur sogenannten Rückenatmung kommt. Damit ist gemeint, dass die Bauchatmung so weit vollzogen wird, dass sich der Rumpf sogar seitlich und zum Rücken hin spürbar dehnt.Das Einatmen erfolgt durch die Nase und das Ausatmen durch den Mund.

2 Entspannen des Körpers:Um den Körper zu lockern, wird er ausgiebig gestreckt. Wichtig ist dabei vor allem der Oberkörper. Zur Lockerung der Rücken- und Bauchmuskulatur eignet sich vor allem das Strecken in die Vertikale, wobei beide Arme ausgestreckt immer weiter in die Höhe gereckt werden.Um den Körper als Ganzes zu lockern, kann man sich in der Hüfte abgewinkelt vorn überwerfen, um sich dann Wirbel für Wirbel wieder aufzurichten. Beim Überwerfen kann man prustend durch die halb geschlossenen Lippen ausatmen, wodurch sich automatisch Lippen und Mund lockern. Sieht komisch aus, bringt aber viel!

3 Zwerchfellübung für kontrolliertes Ausatmen:Langsam und tief durch die Nase einatmen, um die Luft dann kontrolliert und sehr langsam durch den Mund wieder auszuatmen. Beim Ausatmen formt man ein „F“ oder ein „S“, wodurch das Ausströmen der Luft zusätzlich gebremst wird. Diese Übung ist ideal zur Verbesserung der Kontrolle über das Zwerchfell. Außerdem entspannt sie und kann für ein allgemeines Wohlbefinden sorgen.

4 Summen auf der eigenen Lage:Um die Stimmbänder anzuwärmen, summt man ganz entspannt einen gleichbleibenden Ton in der eigenen Lage. Dies ist der Ton der automatisch entsteht, wenn du ohne Anstrengung anfängst, zu summen. Gegen Ende der Übung kann man den Ton noch hinsichtlich Lautstärke und Vibrato variieren.

5 „M“ durchkauen:Hierbei wird das gesummte „M“ durch Variationen von Zungen- und Kieferpositionen in die unterschiedlichen Resonanzbereiche des Kopfes geleitet. Neben der Lockerung dient diese Übung auch dem Ausloten der tonalen Möglichkeiten durch die Resonanzkörper.

6 Summen von Melodien:Nun wird das Summen auf verschiedene Töne ausgeweitet. Idealerweise summt man abwechselnd einfache Melodien oder bewegt den Summton zwischen den beiden Tongrenzen des Stimmvolumens hin und her.Beim Summen von hoch nach tief und umgekehrt, sollte versucht werden, den Punkt des Umschlagens der Stimme sanft zu übergehen. Mit etwas Übung und guter Kontrolle über den Stimmapparat sollte dies für einen Sänger kein Problem darstellen. Diese Übung ist letztlich ein guter Test für dich, um herauszufinden, wie gut der Sänger ist!

7 Vokale singen:Nachdem der Gesangsapparat an sich warm ist, gilt es durch bewusstes Ansingen aller Vokale die unterschiedlichen Mund- und Kehlkopfstellungen durchzuspielen. Dies ist wichtig, um die Gesichts- und Zungenmuskulatur zu lockern und aufzuwärmen.Also werden alle Vokale nacheinander so angesungen, dass ihre maximale Resonanz und Lautheit ohne zu Pressen erzeugt wird.

8 Zwerchfellübung für schnelle Impulse:Durch das kurze und schnelle Ausstoßen von Explosivlauten wie „P“, „T“, „F“ oder „K“ wird das Zwerchfell final auf die kommenden Strapazen vorbereitet. Kräftige und richtig vorbereitete Zwerchfellimpulse auf den Punkt sind enorm wichtig für den Rhythmus im Gesang, aber auch für das Singen von hohen Tönen.

9 Den aufzunehmenden Song durchsingen – immer mit Aufnahme, denn manchmal ist der erste Take der Beste!

Die Übungen 5 bis 8 können auch in anderer Reihenfolge ausgeführt werden, sollten aber erst nach den vorangegangenen grundlegenden Entspannungsübungen erfolgen.

3.7.4Keine Angst vor hohen Tönen

Selbst erfahrene Sänger haben manchmal eine Angstblockade gegenüber hohen Tönen. Auch wenn sie wissen, dass ein Ton noch zu ihrem normalen Stimmumfang gehört, kommt es vor, dass der Ton aus Angst mangelhaft angesungen wird und daher erst recht schlecht klingt. Egal, ob du selbst singst oder Kunden im Studio hast, du wirst diese Situation immer wieder erleben.

Diese unnötige Furcht zu überwinden, ist die Aufgabe eines jeden Sängers. Was mir meist bei diesem Problem hilft, sind die folgenden zwei Herangehensweisen:

1 Ein hoher Ton ist nicht unbedingt schwerer zu singen als ein mittlerer, er erfordert lediglich mehr Vorbereitung. Damit er funktioniert, brauchst du mehr kontrollierten Druck für den Ansatz. Ist der Ton dann da, musst du die Spannung nur noch halten und schon schwingt er von alleine.Dies schaffst du, indem du den Ton gedanklich vorbereitest und ihn dann gezielt heraus schnellen lässt. Was dabei genau von statten gehen soll, ist etwas schwer zu beschreiben. Es ist so ähnlich, wie wenn du kurz innehalten würdest, bevor du weitersingst. Das Ziel ist letztlich, dass dein Gesangsapparat für den Ton vorbereitet ist und du gleichzeitig den nötigen Vordruck an Luft für den Ansatz zur Verfügung hast.

2 Man ist beim Singen von hohen Tönen immer geneigt, den Hals zu strecken. Genauso wie man bei tiefen Tönen automatisch den Kopf senkt. Letztlich ist das Strecken des Halses und damit der Hals- und Kehlkopfmuskulatur aber nicht zielführend. Durch das Dehnen des Gesangsapparates wird dessen Aktionsradius eingeschränkt und es wird noch anstrengender, einen vermeintlich schweren Ton zu formen.Beim Singen von hohen Tönen solltest du also physisch und auch in der Vorstellung etwas nach unten singen. Du wirst sehen, dass es sich anfangs etwas komisch anfühlt, aber letztlich sind die Töne auf diese Weise in der Tat leichter zu singen!

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