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Den Stradafüßlern wird ein Ende gesetzt

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Nikolaus Schmidhofer und seine Helfer hatten mehrere Basisstationen, wie etwa die Wirtshäuser in Oberschützen, Rotenturm, Schäffern oder das Gasthaus in Mönichkirchen, wo der Holzknechtseppl seinerzeit die Kuh verspielt hatte. Aber nicht nur im Burgenland und der Steiermark waren die Stradafüßler auf Diebestour, auch in Ungarn hatten sie ihre Schlupfwinkel.


Wörterverzeichnis der Diebessprache aus Pinkafeld, Originalhandschrift (oberer Teil der zweiten Seite), 1783

Die Bande hinter Gitter zu bringen war kein einfaches Unterfangen. Nach seiner ersten Verhaftung wurde Schmidhofer ins Schloss Pernegg überstellt, wo ihm bei der Gerichtsverhandlung, ganz im Stile alter Mantel-und-Degen-Filme, die Flucht gelang. Er sprang aus dem offenen Fenster, landete auf einem Baum und suchte anschließend das Weite. Auch nach einer Inhaftierung in Oberkindberg konnte er, glaubt man dem Historiker Fritz Byloff, dem Gefängnispersonal entkommen.

Am 23. Jänner 1827 tagte auf Anordnung von Kaiser Franz I. im Schloss Batthyány in Pinkafeld eine Kommission, um eine Strategie zur endgültigen Überwältigung des Bandenchefs zu entwickeln. Die Kommission bestand aus dem Oberbannrichter von Gräfe aus Leoben, dem Grazer Magistratsrat von Pontner, einem Herrn von Szerdahely aus Ungarn und einem Vertreter des Militärs. Man kam überein, dass Soldaten das gesamte Gebiet einkreisen und dann konzentrisch auf Pinkafeld vorrücken sollten. Keine zwei Monate nachdem das Konzept verfasst worden war, konnten die Rädelsführer der Räuberbande und 14 weitere Spießgesellen festgenommen und in Pinkafeld verwahrt werden. Da sich die Verhandlung ziemlich in die Länge zog, hatte der Holzknechtseppl genügend Zeit, eine neuerliche Flucht zu planen. Diesmal versprach er einem „Zigeuner“, der für die Nahrungsmittelversorgung der Banditen zuständig war, 700 Gulden, wenn dieser ihm zwei Taschenfeiteln3) beschaffen würde.

Nachdem die bestellte Ware geliefert worden war, sägten die in Ketten gelegten Männer zwei Wochen lang an den Eisenringen, mit denen ihnen Hände und Füße festgebunden worden waren. Um die Sägegeräusche zu übertünchen, sangen sie fromm den Rosenkranz. In der letzten Mainacht gelang ihnen schließlich die Flucht: Sie töteten den wachhabenden Offizier und den Siebmachermeister Anton Hutter, der sich ihnen in den Weg zu stellen versuchte.

Wie groß die Angst der Pinkafelder Bewohner gewesen sein muss, als die Raubmörder wieder in Freiheit waren, vermerkte der Prediger und Autor Joseph Michael Weinhofer in seiner handschriftlichen Chronik der Jahre 1825 – 1829:

Die Sturmglocke verkündete ihre Flucht; allgemeiner Schrecken ergriff alle vom Schlaf geweckten Einwohner des Marktes; es war eine grause Nacht erinnernd an den schrecklichen jüngsten Tag, viel fürchterlicher als jede Feuersnoth.


Zeichen für die hohe Gerichtsbarkeit: Der Pranger in Pinkafeld, 17. Jahrhundert

Gleich am nächsten Tag wurden allerorts Steckbriefe angebracht:

Kundmachung

Nachdem von denen in der Nacht auf den 31ten Mai 1827 um halb 1 Uhr, sieben in dem Pinkafelder Gefängnisse eingekerkerten Räuber, den auf der Wache beordeten k. k. Korporalen und auf der Gasse einen Pinkafelder Bürger Tod geschossen und mehrere k. k. Soldaten, wie auch einen Pinkafelder Bewohner verwundet, und somit sich aus dem Gefängnisse befreiet hatten, die vier unten Beschriebenen, und von mehreren Mord und Raubtaten überwiesenen Bösewichter noch nicht eingebracht worden sind, so wird allen Stadt, Markt und Dorf Obrigkeiten hiemit aufgetragen, daß die Wälder, größere Bäume, Fruchten und Schluchten, wie auch einsame besonders verdächtige Gebäude, welche wenigstens 14 Tage durch 6 rüstige Männer zu bewachen sind, durch alle für ihre eigene Sicherheit aufzufordernde Inwohner durchsuchen und zu ihrer Entdeckung und Einbringung, alle möglichen Anstallten treffen sollen. Jeder der diese Räuber auffangen oder entdecken wird, erhaltet von Seiner Majestät 50 Dukaten für einen jeden Kopf; im Gegenteil wer diese großen Verbrecher nicht entdecket, wissentlich verhehlet oder durch Nahrungsmittel ihnen beisteht, wird der schwersten Strafe unterliegen.

Pinkafeld, den 1ten Juni 1827

Ignaz von Czerdahely Vice-Gespann

Die wiedergewonnene Freiheit war schließlich nur von kurzer Dauer. Schon nach einer Woche konnten die entflohenen Räuber wieder dingfest gemacht werden. Durch zweckmäßige und schnell getroffene Anstalten, wurden, ehe 8 Tag vergingen, die Flüchtigen alle wieder glücklich eingebracht.

Dunkle Geschichten aus dem Alten Österreich

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