Читать книгу Goldmadonna - Bernhard Wucherer - Страница 8

Kapitel 4

Оглавление

Mittlerweile war eine knappe Woche vergangen und van Bastens Kellerumbau gut vorangekommen. Er war sogar fast schon beendet, auch der Lastenaufzug war inzwischen eingebaut worden.

»Setzen Sie sich rein, er hält Sie aus!«, hatte der Hausherr seiner Architektin übermütig angeboten und ihr in den Aufzug geholfen, bevor er aufs Knöpfchen gedrückt und sie damit nach unten befördert hatte.

Im Keller angekommen, wunderte Eleonore sich darüber, was hier in dieser einen Woche passiert war, in der sie zusammen mit ihrem Mann Bert im Allgäu Urlaub gemacht hatte: Der Schlaghammer hatte wohl ganze Arbeit geleistet, die Wände waren nicht nur sauber verputzt, sondern bereits in einem dezenten Grau gestrichen. Und zum Heizungskeller war eine ebenso dicke Brandschutztür eingebaut worden wie in dem vor ein paar Wochen vergrößerten Durchlass, der von der Kellertreppe aus direkt ins Lokal führte. Der Boden war frisch gefliest, selbst im Heizraum. Darüber hinaus standen in einem gewissen Abstand von den Wänden Regale, die allerdings erst befestigt werden konnten, wenn das Grau so abgetrocknet war, dass darüber ein flüssigkeitsabweisender Lack gestrichen werden konnte. Eine Wand war mit einer grünen Folie abgedeckt worden, wie man sie ansonsten nur in Gärten benutzte. In der Mitte des größten Lagerraums war ein etwa zwei Meter langer Edelstahltisch aufgestellt worden.

»Wie klein der Keller jetzt wirkt mit all den Möbeln«, bemerkte sie.

»Und nun zeige ich Ihnen mein Heiligtum!«, sagte van Basten und führte Eleonore Olbrich in seine Werkstatt.

»Wow!«, entfuhr es ihr, als sie den perfekt ausgestatteten Raum sah, den sie eher für das Domizil eines Künstlers als das eines Handwerkers gehalten hätte. »Aber was sollen diese beiden Gefriertruhen? Benötigen Sie die trotz des Kühlraumes, den Sie mir gerade gezeigt haben?«, wunderte sich die Innenarchitektin. »Die hier ist ja schon angeschlossen.«

»Oh Gott! Das ist natürlich ein Versehen. Wahrscheinlich hat einer der Handwerker das Teil an den Strom gehängt, weswegen sie jetzt erst eingeschaltet wurde, als ich die Sicherungen reingedreht habe«, klärte der Hausherr das Malheur auf. Er erklärte, dass er diese beiden Gefriertruhen wegen des Kühlraumes und des darin bereits eingebauten Gefrierschrankes nicht mehr benötige und eine davon vom Lieferanten umgehend abholen ließe … sowie er den Inhalt der darauf liegenden Kisten verräumt habe. Während er ihr den Weg in den Lagerraum wies, bekundete er, wie froh er war, dass nicht nur dieser Raum für länger haltbare Waren, sondern auch alles andere fertig sei und nun ausreichend Platz für gefrorenen Fisch, Muscheln, Austern, Geflügel und Fleisch zur Verfügung stünde.

»Immerhin koche ich selbst und verarbeite nur gute Produkte«, hatte er mit erhobenem Zeigefinger gesagt und damit Eleonore Olbrichs Neugierde befriedigt.

»Also müssen Sie keinen Koch einstellen?«

Der Hausherr schüttelte bestätigend den Kopf. »Nein, nur eine Küchenhilfe und einen Spüler.«

Zum Abschluss des kleinen Rundgangs hatte er sie darauf hingewiesen, dass sie sich nun gemeinsam voll und ganz dem eigentlichen Ausbau des Lokals und dessen Einrichtung zuwenden konnten. »Nun sind Sie am Zug!«, hatte er betont und die Frau zur Feier des Tages auf ein paar Bierchen in den nahe gelegenen »Domkeller« eingeladen.

»Aber nur kurz, mein Mann wartet zu Hause auf mich!«, sagte sie, nahm das Angebot jedoch gerne an.

Wie es der Zufall wollte, hatten sie sich in der urigen Kneipe so wohl gefühlt, dass sie nicht bemerkt hatten, wie die Zeit vergangen war. Dementsprechend hatten sie sich gut unterhalten, während sie ein Dom-Kölsch nach dem anderen getrunken hatten. Eleonore Olbrich wollte gerade zwei Bier auf ihren Deckel bestellen, als ihr von hinten die Augen zugehalten wurden.

»Angelika?« Sie vermutete ihre beste Freundin hinter dieser Überraschungsattacke. Aber es war nicht die stadtbekannte Rechtsmedizinerin, sondern Nashwa, eine liebenswerte, junge Ägypterin, die sie kurz darauf herzlich umarmte.

»Ich glaube es nicht! Nashwa, was tust du denn hier? Ich dachte, du bist längst nach Scharm asch-Schaich zurückgekehrt!«

»Ich war auch zu Hause im Sinai. Aber bei den Unruhen in meinem Land? Diese Idioten …«, damit meinte die junge Frau die Terroristen in Ägypten, »… ruinieren dort den ganzen Tourismus! Nein, da habe ich keinen Bock drauf. Ich studiere in Köln Tourismusmanagement«, verkündete sie, bevor sie Eleonores Begleiter einen verächtlichen Blick zuwarf und in schroffem Ton fragte: »Wer ist das?«

Nachdem Eleonore verstanden hatte, weswegen die ansonsten sanftmütige Nashwa sich derart abweisend verhielt, lachte sie herzhaft auf. »Ach, entschuldige bitte. Das ist Herr van Basten, vor dem musst du mich nicht schützen. Keine Sorge, zwischen Bert und mir ist alles in Ordnung! Herr van Basten ist lediglich mein derzeitiger Boss, einer meiner liebsten Auftraggeber.« Die Architektin zwinkerte ihm keck zu. »Er hat die ›Albrecht-Dürer-Stube‹ am Münsterplatz drüben gekauft und ich durfte für ihn den Innenausbau planen.« An den Mann an ihrer Seite gewandt erklärte sie, dass diese bildhübsche junge Dame die 21-jährige Nashwa Al-Thani sei, ein ehemaliges Au-pair-Mädchen, das vor einigen Jahren bei ihr zu Hause gearbeitet hatte. »Sieht sie nicht aus wie eine Madonna?«

Mit ihrer lebhaften Art hatte sie van Basten auf Anhieb in ihren Bann gezogen, und das trotz ihres frechen Auftritts zu Beginn ihres Zusammentreffens. Ihre seidenglänzenden Haare, das wie von Künstlerhand geschaffene Gesicht, die strahlenden braunen Augen und die makellose Figur, die sich unter dem dünnen Kleidchen abzeichnete, ließen wohl die Herzen der Männer höherschlagen, denen sie begegnete. Doch das kecke Aussehen täuschte; denn Nashwa hatte eine gute Erziehung genossen und war überdies stets vernünftig, sie ließ sich selten zu etwas hinreißen, das ihrem guten Ruf schaden könnte. Ihre Eltern in Scharm asch-Schaich wussten, dass sie sich in der Ferne hundertprozentig auf ihre innig geliebte Tochter verlassen konnten.

»Was trinken Sie?«, fragte der große Mann, dem die junge Frau gerade einmal bis zur Schulter reichte.

Er bekam von der Studentin zur Antwort, dass sie nichts trinken wolle, er sie aber gerne duzen dürfe.

»Also dann …«, nutzte die inzwischen ein wenig beschwipste Innenarchitektin beherzt die Gelegenheit und bot ihrem Auftraggeber ebenfalls das »Du« an.

*

Le Maires Ermittlungen waren nur zäh vorangekommen. Der leitende Hauptkommissar hatte seine Leute darauf angesetzt, die umliegenden niederländischen Städte und deren Umfeld auszuhorchen, in denen es Rotlichtbezirke gab.

Während sich Streifenpolizist Herbert Demonty die belgischen und deutschen Grenzorte zu den Niederlanden vorgenommen hatte und Pierre Vonderbank fast bis auf Höhe von Rotterdam gefahren war, hatte sich Agnès Devaux in Maastricht umgehört … und war beim dortigen »Schaufensterstrich« fündig geworden. Nach endlosem Herzeigen eines Fotos der Toten und unzähligen Befragungen in einschlägigen Gegenden hatte sie von einer Prostituierten erfahren, dass sie die junge Frau auf dem Foto zwar nicht besonders gut kennen würde, ihr aber schon einmal begegnet sei. Allerdings hatte die Frau den Namen ihrer Kollegin »vergessen« und auch nicht gewusst, wie alt sie war. Erst nachdem die Kriminalbeamtin mit einem Fünfziger nachgeholfen hatte, war die junge Frau damit herausgerückt.

»Die Frau auf dem Foto ist Sushila, eine Kollegin von mir. Warten Sie kurz; ja, sie heißt Perumal mit Nachnamen und ist 24 Jahre alt. Ich glaube, ihre Familie kam ursprünglich von den Molukken. Mehr weiß ich nicht, weil Sushila immer allein arbeitet. Sie sucht ihre Freier aber nur ›draußen‹. Hier in Maastricht hat sie kein Zimmer.«

»Was heißt das, sie arbeitet ›draußen‹? Geht sie auf den Straßenstrich?«, hatte Devaux nachgefragt und mühsam erfahren, dass dies bei Sushila etwas anders sei als bei ihr selbst, weil das Mordopfer eine Art »Wanderhure« gewesen sei, die nur »auftragsbezogen« mal hier, mal da gearbeitet hatte und nicht ortsgebunden war.

»Keine Verwandten, Freunde, Zuhälter?«

Die Prostituierte kaute gelangweilt auf ihrem Kaugummi herum und schüttelte den Kopf.

»Ich habe doch schon gesagt, dass Sushila ausschließlich allein arbeitet, sie ist glücklich damit!«

»Na ja, glücklich sieht anders aus, oder etwa nicht?«, knurrte Devaux und warf einen kurzen Blick auf das Foto. Weil sie spürte, dass Sushilas ehemalige Kollegin vielleicht doch noch etwas wissen konnte, hakte sie nach: »Wirklich kein Zuhälter oder ein anderer Macker?«

»Ah … ich verstehe!« Nachdem Devaux der breit grinsenden Prostituierten weitere 20 Euro in die Hand gedrückt hatte, bekam sie zur Antwort, dass da »schon mal« ein Mann war, den sie mit Sushila gesehen hatte. Sie konnte allerdings nicht sagen, ob es sich dabei um einen Freier oder um einen Zuhälter gehandelt hatte.

»Wie sah er aus?«, drängte Devaux, bekam aber nur »groß!« zur Antwort.

»Und? Weiter?«

»Ja, nix weiter! Sehr groß! Ich habe den Mann nur ein paarmal aus der Entfernung gesehen!«

Mehr war beim besten Willen nicht aus der jungen Frau herauszubringen. Deswegen zog Devaux ab, um in Maastrichts einschlägigen Gegenden und Kneipen weiterzurecherchieren.

Der Chef selbst indessen verfolgte zusammen mit Locki neben der DNA eine weitere interessante Spur: Während seine Sekretärin mit Unterstützung ihres Computers und mithilfe von Interpol alles tat, um den Gencode einem polizeibekannten Typen zuordnen zu können, kümmerte er sich um die Schlangenlederschuppen, die von der Spurensicherung an der verbliebenen Hand der Toten gefunden worden waren.

»Sie stammen von einem Schuh. Genauer gesagt, von dem rechten Stiefel, mit dem der Mörder auf ihrer Brust gestanden hat«, hatte Angelika ihm erklärt und dabei mit Jussuf Abdalleyahs neuerlicher Hilfe anschaulich demonstriert, wie sich die arme Frau mit ihrer linken Hand nach Leibeskräften gewehrt hatte, indem sie den Stiefel wegzudrücken versuchte. »Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass es sich um einen Stiefel und nicht um einen Schuh handelt, den das bedauernswerte Opfer trotz ihrer Schwäche so umklammert hatte, dass sogar ein paar der angeklebten Fingernägel abgebrochen sind!«

Als Fabienne Loquie ihrem Chef mitteilte, dass die DNA nicht amtsbekannt sei, beauftragte er sie damit, in sämtlichen Schuhläden des Dreiländerecks – beginnend in Maastricht – nach dem Verkauf von Schlangenlederstiefeln zu fragen. »Adressenrecherche übers Internet, Befragung übers Telefon! Größe 45; das kann doch nicht so schwer sein«, hatte er wegen des bisher mäßigen Erfolges geknurrt, bevor er grußlos das Kommissariat verlassen hatte.

Lockis kleine Lästerei – »Und was ist mit Amazon?« – hatte er geflissentlich überhört. Le Maire wusste, dass es, wenn überhaupt jemandem, nur seiner Sekretärin gelingen würde, die Herkunft der Schlangenlederstiefel herauszubekommen. Was täte ich nur ohne Locki?, hatte er sich gedacht und sich dabei trotz seiner miesen Laune ein stilles Lächeln abgerungen.

*

Die Suche nach einem Mann, der Schlangenlederstiefel trug und der vermutlich – so hatte Le Maire es sich aufgrund der Schuhgröße von einem forensischen Sachverständigen der Mordkommission Lüttich statistisch errechnen lassen – wahrscheinlich um die 1,90 Meter groß sein musste, lief auf Hochtouren. Während Locki seit Tagen mit Schuhherstellern landauf und landab sowie mit Schuhgeschäften im Umkreis von 50 Kilometern mailte, skypte, simste und telefonierte, durchforsteten Pierre und Devaux die Datenbanken nach groß gewachsenen Kriminellen, die ins Raster passen könnten. Weil dies bisher zu keinem Erfolg geführt hatte, verlor Le Maire die Geduld und ließ Herbert Demonty die Dateien nach sadistischen Triebtätern durchsuchen.

Weil er selbst diese Art der trockenen Schreibtischarbeit hasste wie die Pest, hatte er sich dazu entschlossen, ›Feldstudien‹ zu betreiben, indem er unter die Leute ging und nach großen Männern mit passendem Schuhwerk Ausschau hielt. Dabei konnte er gut nachdenken. Also meldete er sich für den Rest des Tages ab und fuhr nach Aachen, obwohl ihm klar war, dass der Mörder sicherlich nicht dort zu finden war. Aber wer wusste das schon?, dachte er sich.

Mit einer Zigarette im Mundwinkel und beiden Händen in den Hosentaschen schlenderte er durch die Altstadt seines neuen Wohnortes. Im Geiste ging er durch, was er wusste.

Clermont ist zwar belgisch, die Tote aber eine Niederländerin mit indonesischem Migrationshintergrund, fasste er seine Erkenntnisse in einem Satz zusammen.

Als er gerade die mit Menschenmassen durchzogene Adalbertstraße hinunterlief und über all den Köpfen einen Hinterkopf herausragen sah, riss es ihn. »Nein, das kann nicht sein«, grummelte er, während er versuchte, sich durch die entgegenkommenden Menschen schneller nach vorne zu drücken als diejenigen, die in dieselbe Richtung liefen wie er. Mit seinen 1,65 Meter hatte er es allerdings schwer, sich gegen die vielen Menschen durchzusetzen und den Abstand zu dem großen Mann zu verringern. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als zwischendurch hochzuhüpfen, um zu sehen, wohin der Unbekannte lief. Dabei kam er sich vor wie ein Ausdruckstänzer. »Merde!«, fluchte er und erwog sogar, seinen Dienstausweis zu zücken und »Polizei im Einsatz!« zu rufen, um schneller vorwärtszukommen. Dies erschien ihm dann aber doch etwas zu albern. Als Le Maire am Kugelbrunnen angelangt war, war der große Mann plötzlich wie vom Erdboden verschluckt, einfach weg. Und weil sich dort die Einkaufsstraße gleich mehrfach teilte, wusste Le Maire nicht weiter. Er hatte im Moment keine Ahnung, was er tun sollte; mithilfe seines Aachener Kollegen Peter Dohmen eine Fahndung nach einem großen Mann herausgeben? So ein Schwachsinn, ich blamiere mich doch nicht ausgerechnet hier in Deutschland, besann er sich, während er verärgert auf dem Platz vor dem »Aquis Plaza« herumirrte. Er musste aufgeben, ob er wollte oder nicht. Obwohl es ihn ärgerte, war ihm klar, dass die Wahrscheinlichkeit winzig war, dass er hier in Aachen denjenigen großen Mann auf Anhieb gefunden hatte, den er und seine Leute mit Hochdruck suchten. Er beruhigte sich rasch wieder. Um ganz runterzukommen, beschloss er, sich erst einmal ein Bierchen zu gönnen. Aber wo, in Gottes Namen, gab es hier in Aachen ein belgisches Bier?

*

Frederic hatte sich tatsächlich bis zum Abend gedulden müssen, um sein geliebtes Jupiler genießen zu können. Er saß mit Angelika im »Sel et Poivre« in Eynatten, einem Geheimtipp im Aachener Umfeld mit einer hervorragenden Küche und fairen Preisen. Trotzdem mochte Frederic solche schicken Speiselokale nicht besonders. Aber wenigstens lag das beliebte Restaurant in Belgien, weswegen es dort belgisches Bier und – so hoffte er trotz des gehobenen Niveaus – auch belgische Fritten gab. Es ärgerte ihn, dass seinem Leibgericht irgendwie immer der Ruf anhaftete, eine hundsgewöhnliche Billigspeise zu sein, die von Ignoranten sogar als Fast Food bezeichnet wurde.

Trotz seiner nachmittäglichen Schlappe und des vermutlich megafeinen Essens, das ihn gleich erwarten würde, fühlte Frederic sich gut. Der Ober hatte ihm versichert, dass er anstatt Kroketten »selbstverständlich« auch Fritten bekommen würde. Dementsprechend gut gelaunt ging er nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Angelika saß allein da und betrachtete die wunderschöne Dekoration der gemütlichen Gaststube. Dabei hörte sie zufällig mit, wie ein Mann am Nebentisch der Frau, die ihm gegenübersaß, mehr oder weniger beiläufig erzählte, dass in Homburg in einem Garten direkt gegenüber der Brasserie »Grain d’Orge« eine Madonnenfigur aus Marmor gestohlen worden sei. Den Brauereigasthof kennen wir auch, dachte Angelika. Homburg lag nur etwa zehn Kilometer von Clermont, dem Fundort der Frauenleiche, entfernt. Angelika lauschte weiter, wie die Frau am Nebentisch über ihren nächsten Urlaub zu sprechen begann, der sie wohl nach Isny im Allgäu und an den Bodensee führen sollte.

»Ach, da bist du ja wieder«, bemerkte sie erfreut, als Frederic an den Tisch zurückkam. »Sag mal, was hältst du davon, wenn wir gelegentlich wieder nach Oberstaufen fahren, um uns dort ein paar Tage zu erholen?«

Frederics Augen begannen zu leuchten. »Eine gute Idee! Wir können dann bei Gustl …«

»Nein! Dieses Mal gehen wir nicht ins ›Hotel Tyrol‹!«, fuhr Angelika sofort dazwischen.

»Weshalb denn nicht?«, wunderte sich Frederic. »War etwas nicht in Ordnung, als wir im letzten Winter mit den Dohmens dort gewesen sind?«

»Im Gegenteil«, wehrte Angelika lachend ab. »Das Hotel ist in jeder Hinsicht top. Aber du versumpfst immer mit Gustls Stammgästen an der Hotelbar und ich kann schauen, wo ich bleibe!« Weil sie wusste, wie sie Frederic packen konnte, schlug sie ihm vor, bald mit Eleonore und Bert Olbrich zum Skilaufen in den etwas mondänen Allgäuer Tourismusort zu fahren. »Die Olbrichs waren gerade dort. Und laut Eleonores Aussage war es fantastisch. Die Wanderwege rund um Oberstaufen müssen grandios sein und …«

»Dann von mir aus lieber ohne die Olbrichs in ein anderes Hotel deiner Wahl!«, wehrte Frederic ab. Er mochte Angelikas Freundin Eleonore, aber Bert konnte er nicht lange ertragen. Der Psychologieprofessor nervte Frederic bei jedem Zusammentreffen von der ersten Sekunde an, weil er ihn und die anderen Leute um sich herum ständig zuschwafelte. Und weil der Schwätzer sich bei seinem Oberstaufen-Aufenthalt sicher ebenfalls mit dem Hotelchef Gustl angefreundet hatte, würden er und Eleonore wahrscheinlich nirgendwo anders absteigen, wenn sie in Oberstaufen wären. Ihnen blieb nichts übrig, als den Olbrichs nichts zu sagen und ein anderes Hotel zu nehmen. »Wir könnten doch zur Abwechslung einmal das Hotel ›Adler‹ buchen«, schlug er deswegen mit einem unverhohlenen Grinsen vor.

»Damit du mit Armin im ›Adlerhorst‹ abstürzen kannst? Meinst du, das ist dann besser für mich?«

Weil Frederic bemerkt hatte, dass er durchschaut worden war, musste er laut lachen. »Warum nicht? Der ›Adlerwirt‹ ist doch ein netter Kerl, oder?«

Das Lachen sollte ihm gleich wieder vergehen, denn Angelikas Handy klingelte. »Mademoiselle Loquie! Was kann ich für Sie tun? … Ja, er sitzt vor mir!« Mit strafendem Blick wandte sie sich an Frederic und rügte ihn, dass er den Akku seines Mobiltelefons nicht geladen hatte, bevor sie ihm ihr Handy über den Tisch reichte.

»Rufumleitung auf dein Handy? … Was? … Wo? … Herbert ist bereits unterwegs? Gut! … Hast du die Spurensicherung ebenfalls informiert? Gut! – Und du gehst jetzt ins Büro? Von mir aus! … Wir sind in einer Stunde vor Ort! … Garçon, la facture s’il vous plaît! … Nein! Nicht du, Locki! … Nein! Damit meinte ich den Ober! Ich sitze gerade mit Frau Dr. Laefers in einem Restaurant in Eynatten. Au revoir!«

»Nicht schon wieder, oder?« Aufgrund der wenigen Wortfetzen konnte Angelika sich zusammenreimen, um was es ging.

Frederic nickte mit zusammengekniffenen Lippen. »Doch. In Burg-Reuland.«

»Aber das liegt …«

»… im äußersten Osten der Provinz Lüttich. Etwa 80 Kilometer von hier! … Herr Ober, bezahlen bitte!«, rief er – da ihn der Kellner offensichtlich nicht verstanden hatte – nun auf Deutsch.

Goldmadonna

Подняться наверх