Читать книгу Aqua Mystica - Bettina Belitz - Страница 10

DER SOG DES JENSEITS

Оглавление

»Ist sie okay?«

Sandra klang fast panisch, doch als Till antwortete, hörte seine Stimme sich ebenso sicher und fest an, wie sich auch seine Umarmung anfühlte.

»Ja, alles in bester Ordnung.«

»Aber sie sagt nichts …«

»Na, dieser Anblick kann einem ja auch die Sprache verschlagen. Komm rüber und überzeug dich selbst.« Till wandte sich um und griff nach Sandras Handgelenk. »Hier, setz dich neben mich, es ist genug Platz für uns drei.«

Till hatte recht, ich hatte meine Sprache verloren. Doch es war nicht der Anblick der Cenote gewesen, der sie mir geraubt hatte. Es war jener Moment gewesen, in dem meine Tränen sich mit ihrem türkisblauen Wasser vermischt hatten. Mir war dabei gewesen, als müsste ich nie wieder weinen, weil etwas anderes, viel Mächtigeres von mir Besitz ergriffen hatte, wodurch ich mich genauer und intensiver verständigen konnte als durch Worte. Etwas, das schon mein gesamtes Leben in mir gewartet hatte und nun mit einem Schlag erwacht war. Doch jetzt, nachdem mein Zeitgefühl sich wieder normalisiert hatte und das Rauschen in meinen Ohren sich abschwächte, kamen mir meine eigenen Gefühle ein wenig albern und übertrieben vor.

Geblieben war meine Sehnsucht. Ich befand mich immer noch viel zu weit weg von der Cenote. Sie von oben zu betrachten, genügte mir nicht, auch wenn ich längst noch nicht alles entdeckt hatte, was es aus dieser Entfernung zu sehen gab. Aber ich würde verrückt werden, wenn Till mich nicht heute noch nach unten brachte, zu der hölzernen Plattform, an deren Rand schon ein Teil der Taucherausrüstung lagerte und die ausreichend Platz für mehrere Menschen bot. Neugierig musterte ich den Teil des Abgrunds, in den die Männer den Pfad zur Plattform geschlagen hatten. Er war breiter, als ich gedacht hatte, und an den gefährlichsten Stellen mit dicken Pfosten und Seilen zum Festhalten gesichert. Bei unseren Bergwanderungen hatte ich schon gefährlichere Wege bewältigt – und das trotz meines schwankenden Gangs. Es gab nicht den geringsten Grund, eine Sekunde länger hier oben zu bleiben und tatenlos auf die Cenote hinabzustarren, als würden wir uns einen Film anschauen. Ich war alt genug, um nach unten zu klettern. Also versuchte ich, mich mit einem energischen Ruck loszureißen und aus Tills Umarmung zu befreien.

»Keine Chance, Fräulein. Du bleibst hier.« Tills Arme schlossen sich noch etwas fester um meine Schultern. Ich wollte gerade anfangen, mit ihm zu diskutieren und ihm vorzuwerfen, dass sein Griff mir wehtue, als Sandra neben uns auftauchte. Wie ich vorhin lugte sie auf allen vieren über den Rand der Böschung.

»Oh, das ist ja … das ist … wow«, stammelte sie andächtig. »Krass. Größer, als ich dachte. Und sie ist fast kreisrund, unglaublich … Sind das etwa Lianen?« Sie deutete auf die armdicken, grünen Gewächse, die pfeilgerade von der obersten Kante des Trichters bis hinab ins Wasser reichten und auch unterhalb der Oberfläche noch zu sehen waren. Trotz der Windstille schienen sie sich dort ganz leicht zu bewegen, als wären sie in der Cenote lebendig geworden. »Oder Wurzeln? Ja, die daneben sehen aus wie Wurzeln … aber von welchen Bäumen?« Suchend wandte sie den Kopf, um herauszufinden, woher sie stammten.

»Beides«, antwortete Till ruhig. »Lianen und Wurzeln, sie erfüllen denselben Zweck. Anders kommt die Vegetation hier nicht ans Wasser. Es gibt keinen einzigen Fluss auf Yucatan, und in den Wintermonaten regnet es kaum.« Till lächelte, ich spürte es, doch sein Griff blieb eisern. »Deshalb lassen die Bäume ihre Wurzeln ins Wasser wachsen, manchmal auch wie hier über mehrere Meter hinweg.«

»Was ist denn das da unten? Nisten dort Vögel?« Sandra ließ sich flach auf den Bauch sinken und legte das Kinn auf ihre verschränkten Hände, um bequemer schauen zu können. »Nein, das sind … Fledermäuse. Brrrr.«

»Es gibt auch zahlreiche Vogelarten hier, Carlos hat in den letzten Tagen schon einige seltene bestimmt und mehrere Kolibris gesichtet. Gestern früh hat er sogar den Quetzal gehört, hat er gesagt. Das ist der heilige Vogel der Maya. Nur gesehen hat er ihn noch nicht. Er ist sehr scheu und galt deshalb lange Zeit als ausgestorben.«

»Noch mal zurück zu den Fledermäusen …« Sandra machte ihren Hals lang. »Die wohnen also unter dem Felsvorsprung und kacken die ganze Zeit ins Wasser? Ist ja lecker.«

»Die blinde Höhlenassel freut es.« Till lachte glucksend. »Sonst würde sie verhungern. Aber viele sind es in dieser Cenote nicht, und das Wasser ist auf den ersten Metern glasklar. Alles andere sehen wir morgen und … Vicky, ich bin stärker als du. Hör auf zu zappeln«, unterbrach er seinen Vortrag und pustete mir kühl in den Nacken.

»Aber ich will nach unten, bitte! Ich muss da runter … von mir aus kannst du mir danach sämtliche Tierarten aufzählen, die Carlos gefunden hat, und ihr könnt euch über Lianen und Wurzeln und die Verdauung von Fledermäusen austauschen, solange ihr wollt, aber ich halte es hier oben nicht mehr aus!«

»Du. Wirst. Nicht. Schwimmen.« Tills drohende Bassstimme konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sich in Wirklichkeit über meine Begeisterung freute. »Und wenn ich dich fesseln und knebeln muss.«

»Ist doch klar.« Ich versuchte, beleidigt zu klingen. Natürlich wollte ich in der Cenote schwimmen, am liebsten sofort. Ich konnte mir nichts Erfrischenderes vorstellen nach unserem Marsch durch den Dschungel. Aber ich sah auch ein, dass es mir ohne die Leiter wahrscheinlich nicht gelingen würde, wieder an Land zu kommen, und das wollte ich nicht riskieren, sosehr mich das Wasser auch lockte. Außerdem war es mir lieber, wenn zuerst die Taucher dieses unbekannte Gewässer erforschten, bevor ich mich hineinwagte. Trotzdem war es eine Unverschämtheit von Till, mir ein solches Paradies zu zeigen, ohne mich an seine Ufer zu lassen. Ich wollte nicht von oben auf die Fledermäuse schauen, sondern sie über meinen Kopf schwirren lassen, nachts, unter dem Licht der Sterne – und die bunten Vögel, die gerade im Halbkreis um die Lianen geflogen waren, während die Sonne in langen Streifen ins Wasser schien. Ob am Tag oder in der Nacht: Ich war hier oben vollkommen fehl am Platz.

»Okay, das wird langsam ein bisschen anstrengend.« Till lockerte ächzend seinen Griff. »Ich wusste gar nicht, dass du so kräftig bist. Du hast gewonnen, wir gehen nach unten. Aber nur zum Gucken und nur für zehn Minuten, länger nicht. Ich muss nämlich gleich weiterarbeiten, die Jungs warten auf mich.«

»Zehn Minuten sind super«, beteuerte ich strahlend.

»Ich komme mit.« Sandra robbte ein Stück rückwärts und erhob sich, klopfte sich ein paar welke Blätter von der Hose und half Till, mich auf meine Beine zu stellen. Irgendwie gelang es mir, nicht zu schwanken, sondern ohne das übliche Gewackel vor ihnen stehen zu bleiben, um den beiden einen möglichst soliden Eindruck zu vermitteln. Sie schauten mich so zweifelnd an, dass ich laut lachen musste.

»Glücklicher hab ich sie selten gesehen«, kommentierte Sandra meinen Heiterkeitsausbruch amüsiert und hakte sich wieder bei mir unter. »Mal schauen, ob wir das noch toppen können.«

Sie nahmen mich in ihre Mitte – ich kam mir vor wie ein kleines Kind – und machten sich auf den Weg nach unten, sahen aber schon nach wenigen Metern ein, dass das so keinen Sinn hatte. Der Pfad war zu schmal, um ihn zu dritt nebeneinander bewältigen zu können. Also formierten wir uns wieder im Gänsemarsch; Till vor mir und Sandra hinter mir, beide bereit, mich jederzeit vor einem Sturz zu bewahren, falls ich stolperte. Doch es war, als ob meine Füße begriffen hätten, was sie tun mussten. Kein einziges Mal stolperte ich, griff jedoch Till und Sandra zuliebe trotzdem mit beiden Händen an jedes Führungsseil, das das Team angebracht hatte. Manche Passagen waren knifflig, weil der Boden recht weich war und sich rasch Steine aus ihm lösten, aber auch nicht schwieriger als das, was ich bei unseren wenigen Bergwanderungen erlebt hatte. Das größte Risiko bestand darin, das Gleichgewicht zu verlieren und in die Cenote zu stürzen – und das fühlte sich für mich nicht wie eine Gefahr an, sondern eher wie eine Verlockung. Schließlich konnte ich schwimmen, und sie war zu tief, als dass man sich dabei hätte verletzen können. Wäre ich allein gewesen und hätte es eine Leiter an der Plattform gegeben, hätte ich den mühseligen Weg nach unten auf diese Art und Weise abgekürzt. Es musste ein atemberaubendes Gefühl sein, aus der Hitze des Regenwaldes in die erfrischende Kühle des Höhlensees einzutauchen.

Nach wenigen Minuten hatten wir die Plattform erreicht. Jetzt tat mir die Anziehungskraft der Cenote fast körperlich weh. Außerdem hatte mich der Abstieg angestrengt. Das Atmen kostete mich Kraft, und ich hatte das Gefühl, dass die offenen Stellen hinter meinen Ohren wieder zu bluten begonnen hatten, weshalb ich meine Haare trotz der Hitze nicht zurückstrich. Ich hatte keine Lust, erneut von Sandra verarztet zu werden – viel lieber wollte ich die verbleibenden Minuten voll auskosten, ohne mich mit meinen körperlichen Zipperlein zu befassen.

»Können wir uns setzen?« Ich wies auf die Plattform. Ob ich meine Füße ins Wasser baumeln lassen durfte? Sie kochten beinahe in den viel zu dicken und engen Trekkingschuhen, die Till Sandra und mir vor unserer Abreise geschenkt hatte. Wie nebenbei begann ich an den Schnürsenkeln zu nesteln, erntete aber nur einen strengen Blick von Till.

»Ja, wir setzen uns, aber die Schuhe bleiben an, wir müssen ja gleich wieder hoch.«

Wie oben schon nahmen die beiden mich zwischen sich, als wir uns keuchend auf die glatten Holzplanken niederließen; Sandras klamme Hand in meiner rechten, Tills Arm um meine Taille. Sie trauten mir nicht, zu recht.

So nah …, dachte ich wehmütig. Das Wasser war so nah und ich doch so weit weg. Trotzdem hätte ich vor Glück singen und tanzen können.

Sandra jedoch sah sich Nase rümpfend um. Auch ich hatte den eigenartigen Geruch schon bemerkt. Es wehte von den überhängenden Felsen auf der anderen Seite der Cenote zu uns herüber, vermischt mit modriger Kühle, und erinnerte mich an unseren alten, feuchten Schulkeller. Doch da war auch noch etwas anderes, dessen Ursprung ich im Wasser vermutete. Ja, dieses Aroma musste aus dem Wasser kommen …

»Was riecht denn hier so komisch?«

»Mineralien aus der Tiefe der Cenote – und Fledermausdreck. Ist aber noch harmlos.« Till winkte lässig ab, und auch mich störte der Geruch nicht. Sobald man sich in der Cenote bewegte, würde man ihn sicher nicht mehr wahrnehmen. »In manchen Höhleneingängen kriegt man kaum Luft vor lauter Gestank.«

Versonnen schaute ich in das unwirkliche Blau hinein, auf dessen Oberfläche sich die Sonne in gleißenden Reflexen spiegelte und einzelne, bunte Blätter und Blüten trieben. Meine Sonnenbrille hatte ich längst wieder abgenommen, doch auch hier schien ich sie nicht zu brauchen. Wenn ich ins Wasser blickte, blendete mich das ständige Funkeln und Glitzern nicht. Doch weitaus faszinierender fand ich, was ich unterhalb des Wasserspiegels sah: die Enden der Wurzeln. Sie wirkten beinahe wie urzeitliche Tiere mit ungewöhnlich vielen langen Armen und Beinen, die dort unten gefangen waren und vergeblich versuchten, zurück ans Licht zu gelangen … Zwischen ihnen schossen kleine, gestreifte Fische munter hin und her, und jetzt entdeckte ich auch eine hellgrüne Wasserpflanze, die sich in Spiralen um einen knorrigen Ast gewunden hatte.

»Lass dich nicht täuschen.« Tills tiefe Stimme zerstörte meine Träumereien. »Ein paar Meter weiter unten wächst gar nichts mehr. Keine Sonne, kein Leben. Da wartet nur öder Kalkstein und pechschwarze Finsternis. Ohne künstliches Licht bist du dort verloren. Für die Maya waren die Tiefen der Cenotes die Unterwelt, das Reich der Toten, dem sie immer wieder Opfergaben schenkten. Und wenn du in den Katakomben der Cenotes tauchst und spaßeshalber mal die Lampe ausmachst, weißt du auch, warum. Das ist nichts für schwache Nerven.«

»Spaßeshalber die Lampe ausmachen?« Sandras Stimme klang belegt. Dieser Gedanke gefiel ihr offenbar überhaupt nicht.

»Ja, das gehört zu jeder guten Höhlentaucherausbildung. Danach vergisst du nie wieder deine Ersatzlampe.«

»Ich pack dir morgen gleich noch eine dritte ein …«

»Keine Sorge. Ich will ja sehen, was ich erforsche.«

Noch immer folgten meine Blicke den farbigen Fischen, die aussahen, als würden sie miteinander Fangen und Verstecken spielen. Ich konnte sie so gut verstehen. Wie sie wollte ich zwischen den Ästen hin und her huschen und mich dann in aller Ruhe in diesem prachtvollen Reich umschauen. Unter Wasser. Nicht über Wasser. Wie es wohl schmeckte? Es war Süßwasser, das wusste ich, doch weiter unten … weiter unten, im Zugang zum offenen Meer, befand sich die Sprungschicht. Till hatte mir oft von ihr erzählt. Dort gingen das Süßwasser der Cenote und das Salzwasser der Karibik ineinander über, wodurch der Eindruck entstand, als beginne eine neue Welt … Doch auch das täuschte. Denn zwischen Süß- und Salzwasser wurde die Sicht milchig, sodass beide Sphären miteinander verschwammen und die Taucher sich für kurze Zeit im schieren Nichts bewegten. Sie mussten die Nerven behalten und ihrem Instinkt vertrauen – und wenn sie das taten, ihren Kurs beibehielten, gelangten sie irgendwann ins offene Meer … zurück ins Licht …

»Ich verstehe dich«, gab Sandra widerstrebend zu, nachdem wir eine Weile stumm ins sonnenbeschienene Wasser geschaut hatten und jeder seinen eigenen Gedanken nachhing. »Die Cenote ist wirklich wunderschön. Schöner als jeder Pool und jede Wellnesslandschaft. So etwas kann nur die Natur erschaffen. Aber ich finde sie auch irgendwie unheimlich.«

»Einigen wir uns doch auf unheimlich schön«, schlug Till vor. »Morgen kann ich mir das Schätzchen endlich genauer anschauen … Aber jetzt müssen wir wieder zurück zum Camp, sonst kriege ich noch Ärger.«

»Kann ich nicht wenigstens kurz meine Finger ins Wasser halten?« Ich versuchte mich lang zu machen, um auf dem Bauch an den Rand der Plattform zu robben.

»Nee, Süße. Das ist wie mit Chips. Man will nur eine Handvoll essen, und nach zehn Minuten ist die ganze Tüte leer.« Till schob sicherheitshalber einen Finger in meine hintere Gürtelschlaufe. »Morgen weiß ich mehr. Wenn alles glattläuft, können wir abends vielleicht sogar zusammen eine Runde schwimmen, okay?«

Nein, nicht okay. Ich wusste nicht, wie ich es ertragen sollte, bis morgen Abend oben im Camp zu bleiben. Der Abschied fiel mir schon jetzt unendlich schwer, obwohl ich noch gar nicht erfahren hatte, wie die Cenote sich wirklich anfühlte. Dennoch war es ein unschlagbares Angebot, mit dem Till mich eben überrascht hatte.

»Gut, einverstanden«, willigte ich ein. »Morgen Abend schwimmen wir.«

»Dann bleiben wir wohl doch länger als eine Nacht hier … Boah, diese Moskitos, ich werde noch wahnsinnig!« Sandra fuchtelte hektisch mit den Händen durch die Luft. Die Mücken umgaben uns nun in Schwärmen, aber mich hatte noch keine einzige erwischt. Es sah ganz so aus, als ob ihnen mein Blut nicht schmeckte. Auf Sandras nackten Armen prangten jedoch bereits mehrere dunkelrote Stiche, und auch Till hatten sie schon gepiesackt.

»Ja, gegen Abend wird es schlimmer, und hier unten sind sie um diese Uhrzeit besonders aggressiv. Deshalb: auf nach oben. Wir haben literweise Insektenschutzmittel dabei, ihr müsst euch hier abends unbedingt eincremen.« Erneut zogen Till und Sandra mich in die Senkrechte, und wir machten uns an den Aufstieg. Dieses Mal gehorchten meine Füße mir nicht mehr so zuverlässig wie bei unserem Weg nach unten. Zwei Mal rutschte ich beinahe ab, weil der Boden nachgab, und konnte mich gerade noch am Seil festhalten, um nicht zu fallen; ein anderes Mal musste Till mich stabilisieren, damit ich nicht nach vorne kippte. Ich war auf einmal so müde, dass es mir schwerfiel, meine Augen offen zu halten und mich auf meine Bewegungen zu konzentrieren. Nach einem letzten sehnsüchtigen, verschwommenen Blick von der Böschung aus auf die Cenote ließ ich mich von Sandra und Till direkt zu den Zelten dirigieren, wo ich, gefangen zwischen Glück, Sehnsucht und Schmerz, mit tränennassem Gesicht auf die Luftmatratze fiel und sofort einschlief; flach auf dem Bauch liegend und die Arme weit von mir gestreckt.

Erst spätabends wachte ich wieder auf. Sandra hatte die ganze Zeit neben mir Wache gehalten, obwohl ihr Magen vor Hunger knurrte. Ich hatte vor allem Durst, und meine Wasserflasche hatte ich längst leer getrunken. Hand in Hand suchten wir unseren Weg durch die Dunkelheit und zu den Männern, die hinter der Küchenhütte auf Campingstühlen ums Feuer saßen, Tequila tranken, einander derbe Witze in drei Sprachen erzählten und zwischendurch Carlos zuhörten, der abseits an einem Baum saß und auf seiner selbst geschnitzten Flöte Melodien spielte, deren magische Klänge sich untrennbar mit dem gleichförmigen Nachtgesang der Vögel und Zikaden vermischte.

Doch all das konnte nicht übertönen, was ich selbst im tiefsten Schlaf noch wahrgenommen hatte.

Etwas rief mich. Sang zu mir. Lockte mich.

Es war nicht die Cenote.

Nein.

Es war IN der Cenote.

Aqua Mystica

Подняться наверх