Читать книгу Teich-Gelüste - Charles Cubon - Страница 8

Immer, wenn der Lachs ruft!

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»Achtung Männer!«, bellte der kleine Offizier in seiner aufbrausenden Art: »Und hier ist die letzte Karte, sie ist für unseren extra kleinen Bananen-Erni!« Dabei wedelte er mit der Karte herum, zog eine Visage, die zum reinschlagen war und ihm platzte ein widerliches: »Hoo, hooo!«, heraus. Er erwartete jetzt, dass die ganze Kompanie, an der er immer aufblicken musste, in ein brüllendes Gelächter verfiel, bis er laut kläffte: »Ganze Kompanie Schnauze und wegtreten!«

Nach kurzer Zeitverzögerung geschah auch, was er verlangte. Wie in einem Knabenchor lachte die bunt zusammen gewürfelte Truppe, aber dieses mal in allen nur erdenklichen Tonlagen, so irre komisch, worauf Erni einen Lachanfall erlitt, aus dem er sich kaum zu beruhigen wusste, als er diesen Comicgesang hörte.

Dem kleinen Marineoffizier entglitt ein blitzhaftes Grinsen. Es schoss aus seiner wütend verzerrten Grimasse, als er erkannte, dass der Hohn ihm selbst galt und nicht dem Witz, über den sie während ihrer Ausbildung schon tausend mal auf Befehl lachen mussten.

Marineoffizier Harro Kater, klein wie ein Terrier. Seine Männer überragten ihn teilweise wie Wolkenkratzer. Wegen seiner Herumbellerei nannten sie ihn heimlich Hasso. Er hatte seine Rekruten zum Abschiedsball im Auftrag des Kapitänleutnants Franz von Wedel einzuladen und verteilte auf Deck des Minensuchbootes die Karten.

»Hab’ euch wohl noch nicht genug den Arsch geschliffen?«, knurrte er und seine vor Wut funkelnden Augen wanderten prüfend an Ernis Uniform hinauf und landeten wütend in Ernis Gesicht, der mit Abstand der Größte in der Truppe war und haargenau 2 Meter maß. Bananen-Erni schmunzelte ihn noch immer rotzfrech an.

Hasso jaulte: »Freue dich, dass du jetzt dein letztes Stündchen auf diesem Pott hast.« Wütend flüsterte er: »Bete zu Gott, dass du nie wieder unter meinem Befehl dienen musst.«

»Zu Befehl! Herr Offizier Kater!«, schrie Erni und salutierte mit todernster Mine. Dann bellte Hasso überlaut: »Ein letztes Mal! Wegtreten! – Ab zum Klamotten einpacken!«

Diesen Hass, den er auf Erni empfand und den er bei jeder Gelegenheit, die sich ihm bot, zum Ausdruck brachte, lag an einer merkwürdigen Entdeckung, die Erni seinerzeit gemacht hatte. Die Truppe hatte Landgang und sie ging von Bord des Marinebootes, das an einem Pier des New Yorker Hafens festgemacht hatte.

In der abendlichen Dunkelheit entdeckte Erni seinen Kompaniechef Hasso beim Pinkeln, er erledigte sein kleines Geschäft an einem der roten Hydranten der Feuerwehr. Dabei hob er sein Bein an, als wäre er ein Straßenköter. Erni erinnerte sich an seine Blasenentzündung, die er vor Monaten hatte, daher dachte er, Hasso habe ein ähnliches Problem mit seiner Blase und diese Stellung würde ihm kolossale Erleichterung verschaffen.

Beim Appell am nächsten Morgen sprach er seinen Kompaniechef an und meinte: Er hätte ihn zufällig pinkeln sehen und er habe schmerzhaft sein Bein dabei hochgezogen. Er könne ihm einige seiner Tabletten ausleihen, um sein Problem zu lindern. Die Pillen seien vorzüglich und er habe sie vorsorglich in seinem Gepäck, falls ihn diese Krankheit mal wieder erwischt. Nach diesem Gespräch bellte Hasso ihn wutentbrannt an und beschimpfte ihn als schwule Sau und Spanner. Ob ihm abends nichts anderes einfalle, als ihn beim pinkeln zu beobachten. Er sei ja wohl nicht normal in seiner Bananenbirne und dies sei ein ungeheuerlicher Vorfall. Erni solle ja seine Zunge hüten, sonst wolle er ihm seine Schwulheit austreiben und Meldung beim Kapitän machen. Enttäuscht steckte Erni die Pillen ein und verschwand verdattert in der Mannschaftskoje. Seither hatte Erni die Hölle auf Erden und musste jeden erdenklichen Mist an Bord erledigen. Oft dachte er darüber nach, aber er fand keine plausible Erklärung dafür, alles schien ihm seltsam und rätselhaft.

Eines Tages kam Fritz, sein Mannschaftskumpel auf ihn zu. Sie schoben gerade Bordwache. Vertraulich verriet ihm Fritz, was er entdeckt hatte. Hasso, der kleine Terrier, hebe das rechte Bein beim pinkeln. Er hätte Hasso zum zweiten Mal auf dem Achterdeck beobachtet, als er in hohem Bogen über die Reling hinaus schiffte. Staunend sah Erni ihn an, sagte aber nichts weiter dazu, außer das er ihn beruhigte und meinte, dass sei wohl eine Angewohnheit von ihm, weil er ja fast immer an Bord sei, sogar auch oft, wenn alle anderen Landgang hatten. Aber er solle sich ja hüten, Hasso darauf anzusprechen. Vielleicht sei es ja auch eine seltene Krankheit, die ihn dazu zwinge. Somit gab es zwei in der Truppe, die Bescheid wussten, aber nie den anderen Kameraden etwas verrieten. Denn es gab auch Quatschköpfe darunter, die etwas ausplaudern konnten, wenn sie einen über den Durst gesoffen hatten.

Nach dem Appell standen Erni und Fritz an der Backbordseite des Schiffes und qualmten genüsslich ihre Zigaretten. Sehnsüchtig sahen sie dem Land entgegen. Die saftig grünen Deichniederungen der Elbe boten einen vertrauten Anblick. Im Zeitlupentempo zogen sie an ihnen vorüber. Das Schnellboot befand sich auf dem Weg in den Hamburger Hafen und durchschnitt in gemächlicher Fahrt das trübe Elbwasser, wie ein Pflug die weiche Scholle. Sie waren die letzten Stunden an Bord und genossen die frische, heimatliche Brise, die ihnen um die Nase wehte.

»Nee, hab noch keine so feste Freundin, die auf mich wartet. Alle Mädels, die ich kennen gelernt habe, waren schnell wieder verschwunden, weil sie meinen Bierdurst nicht mochten. Irgendwann finde ich schon die richtige Maus, die auch abends mal gern in die Kneipe mitkommt, wenn sich bei mir der Durst einstellt«, meinte Erni.

»Holt deine Kleine dich ab?«, fragte Fritz neugierig.

»Du kannst aber auch einen Stiefel saufen«, meinte Fritz anerkennend.

»Das Saufen habe ich von der Wiege auf gelernt. Mein Alter hatte eine gemütliche Dorfkneipe. Schon als kleiner Junge half ich jeden Tag. Aufräumen, Gläser spülen, Tresen putzen, später dann ein zünftiges Bier zapfen und zum Schluss auch, es auszusaufen.« Beide lachten und schauten dem Lotsenboot entgegen, welches sich in voller Fahrt auf sie zu bewegte und sich durch die Gischt der Wellen kämpfte.

»Ob die den alten Kasten so schnell wieder flott kriegen?«, sinnierte Fritz.

»Das Schiff kommt in die Werft und soll morgen eingedockt werden, hat mir der Koch erzählt.«

»Komm’ Fritz, das Boot des Hafenlotsens legt an, lass’ uns abhauen ich bin heilfroh, wenn ich diesen Schrotthaufen endlich verlassen kann und diesem verfluchten kleinen Terrier nicht mehr in die Augen blicken muss.«

Am nächsten Abend traf sich die gesamte Truppe ein letztes Mal. Sie trugen die feschen blauen Uniformen des Marinegeschwaders, die sie anfänglich ihrer Dienstzeit so begehrten. Doch seit einigen Wochen hassten einige diese Klamotten wie die Pest.

»Hallo Erni!«, empfing Fritz seinen Kameraden. »Sind schon fast alle da, bis auf Hasso unser kleiner Terrier.« Nach kurzer Zeit öffnete sich schwungvoll die Saaltür der gemütlichen Hafenkneipe und Hasso erschien. In der Tür stehend winkte er eine hübsche junge Dame herein. Sie trug ein sehr enges, elegantes Abendkleid mit tiefem Einblick, das die weichen Rundungen ihrer Figur betonte. Um eine ganze Kopflänge überragte sie den kleinen Hasso, der sie einhakte und sie ohne die Truppe eines Blickes zu würdigen, schnurstracks zum Kapitänleutnant führte. Schleimend und einschmeichelnd stellte er ihm die Dame vor.

»Ob das seine Schwester ist?«, vermutete Fritz.

Erni betrachtete sie fasziniert und überlege: »Die sieht ihm aber überhaupt nicht ähnlich.«

Mit seiner großen Statur überragte Erni den ganzen Saal. Voller Bewunderung verfolgte er die anmutige Erscheinung der Dame. Sie blickte unsicher in die Runde und der Terrier zeigte auf seine Mannschaft. In überlautem Ton befahl er: »Jungs! Alle ein letztes Mal aufstellen. Haltung einnehmen. Den Käpten mit seiner Gattin begrüßen.«

»Guten Abend!«, wünschte der Käpten und schüttelte lachend den Kopf.

»Guten Abend, Kapitän! Guten Abend, Frau von Wedel«, brüllte die Truppe mit ohrenbetäubendem Lärm, wobei sich Frau von Wedel die Ohren zu hielt und freundlich zurück rief: »Guten Abend! Meine lieben Damen und Herren! Lassen Sie uns Ihren Abschied feiern. Ich wünsche Ihnen einen schönen, gemütlichen Abend und ich hoffe, dass Sie meinen Mann auch ja gut in Erinnerung behalten. Ich denke, das schöne Menü, entschädigt sie etwas für die lange Zeit während sie an Bord waren und dafür falls der Kapitän sie zu sehr gepiesackt haben sollte«, dabei sah sie ihren Mann augenzwinkernd an.

»Hauptmann Kater! Lassen sie wegtreten! Haltung zum feiern einnehmen!«, rief der Käpten fröhlich.

Einige Kameraden hatten ihre Freundin mitgebracht. Da es nicht vorgeschrieben werden konnte, weil nicht alle eine hatten, wurde die Gesellschaft auf Wunsch der Kapitänsgattin bunt durcheinander gemischt, so geschah es das alle Damen und Vorgesetzten auch zwischen den Rekruten saßen. Langsam, wie ein Lindwurm, schob sich die Reihe der Festteilnehmer um die lange Tafel, die festlich eingedeckt und mit freundlichen Blumensträußen dekoriert war. Wer seinen Platz entdeckte, konnte sich schon setzen. Erni beobachtete gespannt die Szene und bemerkte, dass Hasso, der kleine Terrier wild um sich sah. Irritiert nahm er seinen Stuhl und setzte sich. Die junge Dame ging unsicher weiter und suchte ihren Platz. Erni verfolgte sie mit einigem Abstand und sah, wie sie ihren Platz eroberte.

»Wer wohl neben ihr sitzt«, rätselte er und drehte bei, um von der anderen Seite der Tafel seinen Platz zu suchen. Gemächlich schlich er an den Leuten vorüber und es waren nur noch drei Plätze frei. Gespannt verfolgten seine Augen das Geschehen. Verblüfft verfolgte er die zwei andere Jungs, die auf ihre freien Stühle zustrebten und sich setzten. Zügig ging er zu dem einzigen noch freien Platz. Mit einem gekonnten Handkuss begrüßte er seine Tischdame, wie ein Gentleman. Erstaunt über so viel Charme, der ihr zu Teil wurde, errötetet sie.

Erni setzte sich stolz neben sie und begann sogleich ein Gespräch, dabei prüfte er, ob ihr Begleiter, der kleine Terrier, sie aus seiner Position beobachten konnte. Zufrieden stellte er fest, dass der Terrier viel zu ungünstig saß, um ihn zu erblicken. Erni selbst hätte diese überraschende Sitzordnung nicht besser planen können. Hasso wirkte, neben der übergrossen Kapitänsgattin, wie ein kleiner Wicht mit der er gestikulierend plauderte. Der Kapitän saß ihm direkt gegenüber und betrachtete schmunzelnd diese urkomische Szene. Mit unsicherem Blick wendete Erni sich zu der jungen Dame und betrachtete sie. Ihr liebevoller Gesichtsausdruck erinnerte ihn an seine frühe Jugend. Mit freundlichem Augenaufschlag sprach sie ihn an: »Hallo, ich bin Frau Kater.« Irritiert antwortete Erni mit seiner dunklen Bassstimme: »Ach, ich wusste gar nicht, dass Herr Offizier Kater eine so hübsche junge Schwester hat.«

Mit urplötzlich ernster Miene entgegnete sie bestimmend: »Ich bin seit zwei Jahren seine Frau!« Wie vom Blitz getroffen starrte er sie entgeistert an und meinte: »Entschuldigen Sie bitte. Ich wusste nicht ...«

»Ist schon gut!«, unterbrach sie ihn und fuhr fort: »Er ist halt ein wenig älter als ich. Es macht mir aber nichts aus. Es war trotzdem ein sehr nettes Kompliment. Vielen Dank. Sie konnten ja nicht ahnen, dass es so ist«, dabei sah sie bewundernd an ihm hoch und meinte mit ironischem Blick: »Sie sind aber ganz schön groß, ich bin es gar nicht gewohnt, so aufzublicken.«

»Darf ich Ihre Bestellung entgegen nehmen?«, fragte der Oberkellner höflich. Gut gelaunt bestellte Erni eine Flasche Champagner und sprach mit seiner ultratiefen Bassstimme: »Heute gebe ich einen aus und wenn’s meinen Sold der letzten sechs Monate verschlingt. Morgen fange ich wieder in meiner alten Firma an, der Boss braucht mich dringend.«

Taxierend blickte sie ihn an und fragte: »Was haben Sie denn für einen schönen Beruf, dass Sie so darauf brennen, gleich wieder zu arbeiten?«

Verständnislos schaute er in ihre erwartungsvollen dunklen Augen und erwiderte stolz: »Ich bin gelernter Großhandelskaufmann und Fruchtexperte für die schönsten und besten Früchte der Welt. Ab nächsten Monat gehe ich auf Reisen, um die neuen Plantagen unseres Bananen-Lieferanten aus Panama anzusehen.

Mein Boss fühlt sich schon etwas zu alt für den Job mit den endlos langen Reisen. Ich habe die Chance, in zwei Jahren, sein Handelskontor zu übernehmen. Er hat nämlich keine Erben und ich bin quasi wie ein Sohn für ihn.«

»Das klingt ja sehr interessant. Dann werden Sie ja noch eine steile Karriere machen. Meine besten Wünsche sollen Sie begleiten. Viel Glück und ein gutes Händchen dafür, dass alles, was Sie sich vorgenommen haben, auch gelingt.«

»Ungefähr drei Monate werde ich unterwegs sein. Von Mittelund Südamerika rüber auf die Karibikinseln zu den Bahamas. Dann geht’s ab nach Kalifornien, Los Angeles und weiter über den Nordpool nach Australien. Von dort nach Thailand, Malaysia, die Philippinen, über Dubai, Iran und die Türkei geht’s dann zurück Richtung Hamburg.«

»Da möchte ich auch mal hin. Wahnsinn! Das muss doch ein Vermögen kosten?«, erwiderte sie aufgeregt.

»Bezahlt alles die Firma, ist ja eine Geschäftsreise.« »Und ihre Freundin? Wo sitzt die denn heute Abend?« »Ach, ich habe leider noch nicht die Richtige gefunden«, stellte Erni unzufrieden fest. »Dafür war bislang keine Zeit. Ich habe ewig gepaukt und gearbeitet. Wenn ich eine hätte? Die würde ich auch glatt auf diesem Trip mitnehmen!«, versicherte er ihr lachend.

»Das würde mein Boss sogar freudestrahlend bezahlen, damit ich endlich unter die Haube komme und nicht so kinderlos ende wie er. Es ist übrigens auch Bedingung in meinem Vertrag. In den nächsten fünf Jahren muss ich ihm eine präsentieren. Sonst geht der ganze Laden an eine Stiftung und ich darf dann nur noch als Geschäftsführer dort arbeiten.«

»Das ist ja furchtbar!«, entrüstete sie sich.

»Vielleicht kann ich da ja ein bisschen aushelfen. Ich kenne eine ganz hübsche liebe junge Frau. Sie ist eine gute Freundin von mir.«

»Entschuldigung, darf ich einschenken?«, fragte die Kellnerin über Ernis Schultern hinweg und zeigte ihm die Champagnerflasche. »Ist das auch ein Guter?«, fragte er skeptisch. »Ja der Beste, den wir hier auf Lager haben!«, antwortete sie prompt. »Na, dann lassen Sie mal den Korken knallen und hinein damit in die Gläser.« Im Verlauf des Abends verstand sich Erni mit seiner Tischpartnerin immer besser, vorsichtig schob sie ihm einen winzigen Zettel mit ihrer Adresse zu und bat ihn flüsternd, sie in den nächsten Tagen anzurufen, damit er die Freundin kennen lerne, die sie ihm vorstellen möchte. Spontan willigte er ein und versprach: »Ich melde mich, aber was sagt Ihr Mann dazu?«

»Ach, der hat zu Hause nicht viel zu melden«, entgegnete sie abwinkend und lächelte zuversichtlich. Erstaunt nahm er das zur Kenntnis und meinte: »Auf dem Schiff ist Herr Kater ein knallharter Typ, von allen gefürchtet, außer vom Kapitän.«

Nach einer Weile fragte sie spontan: »Müssen Sie auf ihren vielen Reisen nicht auch Fotos machen?«

»Ja natürlich, ich vergaß es völlig zu erwähnen. Unterwegs habe ich eine kleine Fotokamera dabei, falls mir etwas besonderes auffällt oder angeboten wird, mache ich Fotos von der Qualität der Waren und schicke sie mit dem nächsten Flieger in die Firma.«

»Ach ja, wenn Sie möchten, dass ich Ihnen meine Freundin vorstelle, schalte ich die Alarmanlage aus. Dann können Sie unbemerkt und bequem durch den Garten herein kommen. Wir haben zur Gartenseite ein sehr großes Wohnzimmerfenster, von dort aus können Sie erst mal sehen, ob sie Ihnen überhaupt gefällt. Sie ist ein etwas schüchternes Kätzchen und noch ganz unschuldig, aber ein sehr lieber Mensch. Und, fast hätte ich es vergessen, sie hat so einen kleinen Hund dabei, falls Sie sich darüber wundern. Machen Sie bitte für mich ein paar schöne Erinnerungsfotos. Aber bitte nicht vergessen, denn die Fotos benötige ich ganz dringend für eine Überraschung!«

»Vielen Dank für die freundliche Einladung! Ich melde mich in den nächsten Tagen, sehr verehrte Frau Kater.«

Hektisch legte Erni den Telefonhörer auf und sah besorgt zur Uhr. Den letzten Auftrag schmiss er noch auf den hohen Stapel seines Schreibtisches. Er war wieder angekommen im Rausch des vollen Stress. »Verdammt, ich muss los«, dachte er. Gestern hatte er sich mit der unverhofft neuen Bekannten verabredet und wollte pünktlich dort sein. Die Kamera, hoffentlich sind noch Filme im Kühlschrank. Er hetzte in die Pantry, riss den Kühlschrank auf, schnappte sich die Filme und sauste zum Büro seines Chefs. Nach dem sein Klopfen nicht erhört wurde, drückte er leise die Türklinke und öffnete die schwere Doppeltür. Sein Boss hing in seinem Sessel und schnarchte bedächtig vor sich hin. Vorsichtig tippte er ihm auf die Schulter und sprach ihn an. Auf seinen Zähnen herumkauend räusperte er sich und öffnete seine schlaftrunkenen Augen.

»Verflixt nochmal! Bin ich schon wieder eingepennt?«, rief er ärgerlich. »Ich hab doch noch einen Termin heute Abend und müsste schon längst unterwegs sein.«

»Entschuldigung Boss!«, antwortete Erni hektisch.

»Ich habe noch eine Bitte an Sie: »Auf mich wartet eine ganz wichtige Verabredung. Können Sie heute Abend auf meine Anwesenheit verzichten. Ich bin bei einer sehr liebenswürdigen Dame eingeladen und lerne dort ein hübsches Mädchen kennen.«

Staunend forderte er ihn auf: »Dann hau bloß schnell ab und sieh zu, dass du sie an Land ziehst.« Lachend fügte er noch hinzu: »Stell dich bloß nicht so dämlich dabei an, die wollen alle nur das eine, schnell heiraten, verstehst du. Heiraten und Kinder kriegen.«

»Ja, ja, Boss ich weiß. Tschüs Boss!«

»Wart mal einen Moment, hier nimm die Schlüssel, du kannst heute meinen Wagen nehmen, vielleicht hilft das bei deinem Vorhaben. Ich bin total müde und kaputt. Ich bestell’ mir ein gemütliches Taxi!«

Zufrieden saß er in der großen Limousine. Beruhigt stellte er fest, dass sich der Verkehr langsam auflöste und er schneller, als vermutet, voran kam. Voller Erwartung durchsuchte er die Straßenschilder der kleinen Seitenstraßen des Volksdorfer Stadtteils. Endlich tauchte das Schild der alten Dorfstraße auf. An Hassos Haus fuhr er vorüber und stellte das große Fahrzeug in einer nah gelegenen Seitenstraße ab. Nach kurzer Orientierung machte er sich auf den Weg. Hektisch befühlte er noch mal seine Jackentasche und ertastete die kleine Minoxkamera. Schnellen Schrittes ging er zu dem Haus der Katers und ergriff die Klinke des leicht angelehnten Gartentores. Vorsichtig, wie ein Dieb, schlich er durch den Garten um das große Panoramafenster zu erreichen. Hinter der Scheibe entdeckte er zwei skurrile Silhouet»Danke Boss! Vielen dank!«, verabschiedete sich Erni fröhlich und verschwand aus dem Büro.

ten. Erni schlich seitlich etwas dichter heran und erschrak. Nein, verdammt! Es waren zwei riesenhafte große Tiere, oder? Im Strahl der Deckenspots glitzerte ihr schwarzglänzendes Fell so blank wie bei Seehunden, die frisch aus dem Wasser kamen. In duckender Haltung versteckte er sich hinter einem Rhododendronbusch und konnte nicht glauben, was er dort sah.

Eine übergroße pechschwarze Katze, die seltsam schillernd auf dem breiten Sofa nach vorn übergebeugt hockte und einen bulligen Hund anfauchte. Zwischen den beiden lag ein frisch geräucherter großer Lachs auf einem Fressnapf. Die überdimensionierte Katze fauchte zum Fenster herüber. Fassungslos schüttelte er sich und verschloss für einen kurzen Moment die Augen. Am liebsten wäre er sofort wieder abgehauen, aber er hatte ihr ja versprochen, die Fotos zu machen. In seiner unerfahrenen Einfalt fragte er sich erschrocken: »Sind das nicht zwei Gestalten? Solche Lippen hat doch keine Katze?«, dachte er. Und der Köter hielt ihm seinen splitternackten Hintern entgegen, der, vom Deckenstrahler angeleuchtet aussah, wie eine polierte Tellermine aus dem Munitionsmagazin des Marinekreuzers. Angewidert von dieser Szenerie, die er so nicht erwartet hatte, starrte er mit schockgefrorenem Blick auf seine Kamera.

»Was will Frau Kater damit bloß bezwecken? Verfluchter Schiet! Was meinte sie in dem Telefongespräch, er solle sich nicht beirren lassen von der Katze mit dem Hund?« Sie bat ihn, alles zu fotografieren, bis sie das Fenster zum lüften öffnete.

»Sie hoffte darauf, dass er möglichst viele Fotos schoss, weil sie die dringend benötigt«, dachte er sich. Ob wohl er vor Neugierde platzte, mochte er auch nicht weiter nach fragen, denn so gut kannte er sie ja noch nicht. Völlig entgeistert hockte er seitlich des Fensters. In der Dunkelheit konnte man ihn von drinnen nicht wahrnehmen.

Urplötzlich knurrte und bellte der Köter. Hüpfte hin und her und schüttelte seinen schwarzglänzenden Kopf.

»Aber diese Stimme? Woher kennst du diese vertraute Stimme? Verdammt!«, überlegte er krampfhaft.

»Verflucht! Ich glaub’s nicht! Wo ist sie? Frau Kater – und wo ist die Dame, die er kennen lernen soll?«, rätselte er. Leibhaftig tauchte im Lichtkegel die Visage des Köters auf. Verzerrt zu einer hässlichen Grimasse. Er keifte wild um sich, aus seinen Lefzen floss der Speichel. Schaumblasen standen auf seinen Lippen, ekelhaft dieses Schauspiel. Was passiert hier für ein Theater? Wütend hob der Köter sein Bein und setzte einen Stahl an die Sofaecke. Auf allen vieren kroch er weiter und gebärdete sich, als müsste er sein Revier verteidigen. Schemenhaft erkannte Erni die grimmige Visage. Es war Hasso der kleine Terrier.

Kopfschüttelnd und atemlos verfolgte er die Aktion seines ehemaligen Marineoffiziers. Hasso, die Drecksau, in neuer Uniform, aus blankpoliertem glänzendem schwarzen Leder, im Design eines Straßenköters, mit hochstehenden Ohren, deren Spitze nach vorne herabfiel. Über dem Hintern ein dicker kupierter Stummelschwanz.

»Jetzt dreht er sich herum, und was sehe ich, er hebt nochmals ein Bein. Wo, wo ist er? Der Penis! Nicht zu erkennen. Hat er keinen? Verflucht, der hat keinen! Alte Drecksau! Hasso, der mich die Latrinen schrubben ließ. Sei verflucht, du Hundesohn einer missgünstigen Hexe. Da schon wieder. Er hebt sein Bein. Und was sehe ich? Einen Stummel, klein und kurz wie eine abgebrannte Zigarre. Elend – Gibt’s das. Wo bin ich? Im Vorhof der Hölle! Wo bin ich bloß gelandet? Verdammt! Er hebt das Bein und strullt an die andere Seite des Sofas. Die Katze faucht und krallt mit ihren überlangen Krallen in seinen Rücken. Der verdutzte Köter springt sie an, wirbelt herum, mit allen vieren ist er in der Luft, dann hüpft er zur Seite, jetzt legt er sich jaulend zu Boden.

Die Katze, sie ist es! Sie, Hassos junge Frau.« Es war die schüchterne, die liebevolle, die, in die er sich fast schon verliebt hatte an jenem Abend. Lauernd und fauchend lag sie auf dem roten lederbezogenen Sofa. Das halbe Gesicht verhüllt mit einer schwarzen Katzenmaske. Ihre aufrecht stehenden Katzenohren blitzten im Schein der Deckenstrahler. Aus der schwarzen Katzenkopfmaske leuchteten ihre dunklen Augen hervor, wie die Bullaugen eines stolzen Schoners. Plötzlich erhob sie sich und krallte nach dem Fisch. Der Lachs wirbelte durch die Luft. Der Mistkerl schnappte mit dem Maul danach, wie ein Köter, der von seinem Herrchen einen Happen zugeworfen bekommt. Der Fisch fiel laut klatschend zu Boden. Die Katze lauerte, erhob sich – und griff ihn erneut an. Aus ihrem glänzenden Lederkostüm drangen ihre schneeweißen Brüste hervor, ihre Knospen standen erregt aufrecht. Wild gebärdete sie sich, wand sich und langt ihm eins auf den Kopf.

»Ich glaub’s nicht! Hasso greift sie an, verflucht schnell abdrücken. Er bellt und gebärdet sich wie eine Bestie. Da, er dreht sich und zeigt seinen blanken Hintern. Verflucht, wo steckt sein Ding? Ich brauch es auf dem Foto. Die Katze! Sie macht einen Riesen Buckel und was sehe ich? Sie springt mit ihren pechschwarzen Handschuhen auf dem Sofa herum und zeigt ihre langen glänzenden Krallen. Oh Gott, ich sehe ihr Geheimnis. Sie trägt es offen zur Schau, in Rosarot blitzt es ihm entgegen. Der Kötermann springt sie an. Blitzartig dreht sie sich herum und krallt erbost in seinen Rücken. Da abdrücken! Unglaublich! Er beißt sie in den Arm! Sie zieht ihn blitzschnell weg und krallt ihm von der anderen Seite eins an die Wange.« Sein lautes Winseln und erbärmliches Jaulen fuhr Erni durch Mark und Bein, so dass es ihm draußen gruselte. Ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken und er musste fast würgen. Jetzt schnappte der Köter nach dem Fisch und legte sich auf allen Vieren vors Sofa.

Schmatzend kaute er auf dem angefressenen Lachs herum, dann biss er nochmals hinein. Die Fetzen des Lachs flogen wirbelnd durch die Luft. Hasso sprang erregt hoch, schnappte erneut zu und machte plötzlich Platz wie ein braver Köter. Fischreste ragten aus seinem Mund und Stücke der Fischhaut hingen vor Sabber triefend herab. Es war widerlich.

Mit sanfter Geste erhob sich die Katze. Ihre Silhouette spiegelte sich in dem knallroten Sofa. In erotischer Pose drehte sie sich herum und bückte sich rückwärts über die Sofalehne hinweg. Mit geschmeidiger Gestik, nach Katzenart, griff sie sich erneut ein Bündel Reisig. Entgeistert schaute Erni zwischen ihre Beine. Blitzschnell fuhr sie herum. Ihre Krallenhand umklammerte das Bündel und sie drosch auf den Köter ein, der sie flehend anwinselte.

Gebannt verfolgte Erni die Aktion. »Schlag weiter zu, verdammt! Der Sauhund hat es verdient! Diese miese, elende Ratte! Jetzt tut sie es! Sie drischt auf ihn ein. Bravo!,« dachte Erni. Heulend vor Wut sprang der Hund herum. Sie zog ihm noch eins drüber. Spontan sprang er vor Schmerz zur Seite und kläffte sie wütend an.

»Jetzt gibt’s noch ’ne Ladung! Sie war in Rage und schlug zu. Immer wieder und wieder. So kräftig, dass kleine Splitter vom Holz absprangen und durch die Luft flogen. Der geschundene Köter jaulte wie ein wilder Wolf, was in einem erbärmlichen Stöhnen endete. Nackend blitzte sein von Striemen durchzogenes Sitzgerät unter dem ledernen Stummelschwanz hervor. Vom grellen Licht angestrahlt stach es Erni in die Pupille wie feine Nadelstiche. Und schon wieder prasselten die Hiebe der Lust auf den Köter herab. So kräftig, dass die rote Haut seines Fleisches bebte und erzitterte. Sein von Lust getriebenes Grinsen verriet Erni, dass er die Tracht Prügel genoss, wie ein Kind den Kuss seiner liebenden Mutter. Mit weit gespreizten Beinen stand sie wie eine Furie vor Hasso. Unwillkürlich starrte Erni auf ihre Schätze, die sich unter ihren Rundungen den Weg in die Freiheit bahnten und sich ihm in dieser widerlichen Szene so offenbarten. Hasso robbte von Gier besessen an sie heran und küsste die Lippen ihrer leicht geöffneten Scham. Dann biss er wutentbrannt hinein. Vor Schmerz aufschreiend ließ sie die abgebrochenen Spitzen der Rute über seinen Rücken sausen. Wie das Trommelfeuer aus einem Maschinengewehr prasselten die Schläge auf ihn herab und er war ihrer Willkür überlassen. Zähnefletschend biss er in ihren Schenkel und schielte hinauf in ihr von Schmerz verzerrtes Gesicht.

Hasso genoss diesen Anblick und sein Kopf wanderte zu ihren Rundungen. Sie beflügelten den scheußlichen Köter, erneut zu beißen. Aber sie wehrte ihn ab wie eine lästige Mücke. Wütend schubste die Katze seinen Kopf zur Seite und gab im eine volle Ladung auf sein schon rot gestreiftes Hinterteil. Welches er in einer so günstigen Stellung darbot, damit sie besser darauf herum dreschen konnte. Mit winselndem Blick bittend gab sie ihm eine derartige Portion, dass er jaulend im Kreis herum sprang. Wie eine Wildkatzen-Domina führte sie geduldserprobt aus, was er von ihr verlangte. Die Hiebe trafen das schwarze glänzende Leder und die Spitzen der Rute bohrten sich in das gerötete Fleisch seines Allerwertesten. Sie peitschte drauf los, als sei ihre Krallenhand vom Teufel geführt. So heftig, dass ihr Busen um die eigene Achse durch die Luft rotierte. Kleine Rinnsale seines Blutes quollen aus der zerschlagenen und geschundenen Haut.

Mein Gott, dieser Schmerz! Erni verstand die Welt nicht mehr und machte ungläubig ein weiteres Foto dieser so ungeheuerlichen Szene, die seinen Magen rumoren ließ. Hasso biss in die Rute, verdrehte die Augen und jaulte die Katzenfrau flehend an, wie ein heulender Wolf, der eine heiße Wölfin ruft. In seinem glühenden Blick entdeckte er die bekannte Grausamkeit, mit der er sie ungeduldig anstarrte, bis er hektisch seinen Kopf verdrehte und zum Fenster robbte. Erni stand wie angewurzelt, regungslos und fassungslos in seinem Versteck. Der auf allen vieren hüpfende Köter bellte und jaulte hinaus in die Dunkelheit und hielt heulend seinen Kopf in die Höhe.

»Oh Gott! Jetzt hat er mich entdeckt! Dieser elende Straßenköter«, dachte Erni. Doch der nahm keine Notiz von ihm, weil der Lichtreflex auf der inneren Scheibe dieses verhinderte. Spontan drückte Erni nochmals ab und hatte die Visage von dem Scheißkerl auf Zelluloid gebrannt. Als sei sie eine wilde Raubkatze erhob sie sich fauchend vom Sofa. Dieser leidenschaftlicher Enthusiasmus, den sie ausstrahlte, indem sie verheißungsvoll schmeichelnd, mit ihren Krallen über den Stoff des Sofas kratzte, machte ihn so heiß, dass er in völliger Ungezähmtheit über sie herfiel. Abwehrend zeigte sie ihm die Krallen und fauchte: »Mach Platz!«

Erni vernahm den Ton, der gegen die Scheibe schallte. Auf Befehl ließ Hasso sich fallen und lag da, wie ein Hund, der eine lobende Streicheleinheit erwartete.

»Komm schon, Schnurri!«, bellte er gehässig. Fauchend drehte sich die Katze um und griff sich eine frische Rute. Sein Hintern glühte, wie eine heiße Tomate. Die nur darauf wartete, dass ihr die Haut abgezogen wird. Ungeduldig winselte Hasso erneut nach Schlägen, die ihm ein Übermaß an Vergnügen bereiteten. Ein weiteres Mal ließ sie sich herab zu dem jammernden Köter. Sie knallte die Reisigbesen erbarmungslos auf seine roten Rundungen, bis er einen ekstatischen Anfall bekam, der sein kleines Ding hervorspringen ließ und sich voller Lust entlud.

Erni hockte verzweifelt da und drückte vor Schreck ab. Hassos gedrungener Körper zuckte. Er zog sich vor Schmerz zusammen. Aber sie knallte ihm wutentbrannt noch einen auf den Hintern, dass es draußen in seinen Ohren schallte. Automatisch fuhr sich Erni mit der Hand über sein Hinterteil und rieb sie hin und her.

Winselnd hüpfte Hasso weg, hob nochmals das Bein, setzte einen kleinen Strahl an den Topf des Fikus Benjamine und kroch auf allen Vieren aus dem Wohnzimmer. Kreidebleich verfolgte Erni den hüpfenden Gang des Köters bis zur Zimmertür. Sprachlos stand er in der Dunkelheit der Nacht. Unbeweglich und leichenblass als sei er erstarrt zu einer Marmorplastik – so steif fühlten sich eine Glieder an, als hätte man ihn am Boden festgenagelt.

Suchenden Blickes lief sie erregt zum Fenster, öffnete die große Panoramascheibe und bekam einen schrecklichen Weinkrampf. Dicke Tränen kullerten aus ihren Augen hervor und sie tat ihm leid. Vorsichtig peilte Erni die Lage. Aber Hasso war verschwunden. Zitternd bewegte er sich auf sie zu, und nahm sie in die Arme.

»Oh Gott, befreie mich von diesem Untier«, flüstert sie mit erbärmlich zitternder Stimme. Schluchzend fügte sie hinzu: »Danke, dass du gekommen bist. Du bist der Retter meines verfluchten Lebens.«

Entsetzt sah er sie an und fragte besorgt: »Was macht er jetzt?«

»Der duscht und verschwindet gleich. Die Pflicht ruft. Er hat Hafendienst auf dem Schiff. In 14 Tagen kommt er erst zurück«, antwortete sie erleichtert. Voller Erregung flüsterte er: »Ich habe den ganzen Film voll. Es ist alles im Kasten. Ich lasse ihn bei einem Freund entwickeln. Der macht Werbefotos. Dort fallen solche Bilder nicht besonders auf. Falls ihn jemand fragen sollte, dann kann er sagen, dass alles inszeniert sei. Tschüs Frau Kater, ich rufe Sie an!« Erni langte in seine Tasche und überreichte ihr eine seiner frisch gedruckten Visitenkarten.

»Bitte, warten Sie noch!« flüsterte sie enttäuscht. »Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie noch hier bleiben könnten. Harro ist sicher gleich verschwunden.«

»Kein Problem, Frau Kater«, antwortete er zuversichtlich.

»Ach, fast hätte ich es vergessen. Bitte verschließen Sie noch das Gartentor und kommen Sie vorsichtig und leise zurück, wenn er das offene Tor entdeckt, wer weiß, was dann noch alles passiert.«

»Okay, bis gleich!« Abwartend kauerte Erni im seidigen Schein des Mondlichtes. Er hatte sich hinter einem dicken Baumstamm versteckt. Beruhigt vernahm er die quietschenden Töne des sich öffnenden Garagentores. Spontan fühlte er sich besser. Forschend blickte er durch die Zweige der dichten Tannen. Endlich vernahm er das aufheulende Geräusch eines abfahrenden Wagens. Es verklang in der Stille der Mitternacht und alles um ihn herum war seelenruhig. Kurz darauf erschien sie mit suchenden Augen am Fenster, sie hatte ihr ledernes Katzenkostüm gegen einen flauschigen Bademantel getauscht. In ihrer Hand hielt sie einen großen Umschlag.

Als er sich zu erkennen gab, winkte sie ihm freundlich zu. Sie öffnete das große Fenster und rief erleichtert: »Die Luft ist rein, er ist endlich verschwunden«. Zögerlich folgte er ihr. Erschöpft ließ sie sich in einen Sessel fallen und sah ihm in die Augen.

»Ich bin immer völlig fertig nach diesem ekelhaften Schauspiel. Hier ist mein Ehevertrag, damit Sie verstehen, was dieser Mistkerl mir untergejubelt hat«, flüsterte sie kopfschüttelnd.

Völlig abgespannt ließ sich Erni in den zweiten bequemen Sessel fallen. Innerlich verspürte er noch immer ein leichtes Vibrieren. Er zog einen Stift aus der Tasche und öffnete damit das verschlossene Kuvert. Staunend überflogen seine Augen den Vertrag und er rief erbost: »Dieser kleine, dreckige Köter! Da steht nur kompletter Blödsinn drin. Es ist Sklaverei, was hier Wort für Wort geschrieben steht und Sklaverei ist abgeschafft. Wenn ich den in die Finger kriege, mache ich aus dem die feinste Pinkelwurst und spendiere sie dem Tierheim. Die hungrigen Hundemäuler können ihn dann verschlingen und er bekommt endlich, was er verdient. Was glauben Sie, wie der seine Rekruten behandelt? Wie ein Stück gammeliges Fleisch! Und ich frage mich, wie kommt man mit so einem kleinen Ding durch die Grundausbildung? Wo jeder beim Duschen von jedem seine Geheimwaffen sieht?« Ahnungslos zuckte sie mit den Achseln.

»Er hat mal beiläufig befürchtet, dass er keine Beförderung mehr zu erwarten hat, da sein großer Gönner pensioniert sei. Wahrscheinlich hatte er gute Beziehungen ganz nach oben in die Führungsspitze. Ich heiße übrigens mit dem Vornamen nicht Schnurri, falls Sie es draußen verstanden haben sollten. Mein richtiger Name ist Tessa.« Vertraulich fügte sie hinzu: »Darf ich Ihnen das Du anbieten.«

»Ja klar! Ich heiße Ernst, aber alle Freunde sagen Erni«, antwortete er geistesabwesend.

»Möchtest du auf diesen Schreck eine Erfrischung?«, fragte sie ihn besorgt und fuhr erregt fort: »Ich weiß überhaupt nicht, wie ich dir danken kann. Ich habe lange Zeit auf dem Abschiedsball überlegt, ob ich dir dieses hässliche Schauspiel zumuten darf. Aber in deinen Augen habe ich den Hass entdeckt, der bei jedem Wort über ihn blitzartig aufzuckte. Da habe ich allen Mut zusammen genommen und dir meine Adresse gegeben. Ich ahnte oder besser gesagt, ich hoffte, dass du mir helfen würdest, weil du mir zweimal so liebevoll in die Augen blicktest, als wenn ich dir etwas gefallen könnte«, flüsterte sie mit dicken Tränentropfen, die sanft über ihre leicht geröteten Wangen herab kullerten.

»Ich habe ’ne trockene Kehle und einen so stechenden Durst, dass ich ein Fass austrinken könnte«, entgegnete Erni und sah sie gefühlvoll an.

»Ein eiskaltes Bier könnte ich anbieten. Ich hohle uns eins aus dem Kühlschrank. Ab und zu trinke ich auch gern ein schönes erfrischendes Bier.« Als sie hinaus ging, schnappte sich Erni den Vertrag und las ihn nochmals genauer durch. Lautlos kam sie mit den Bierflaschen und zwei Gläsern zurück. Mit fragendem Gesicht legte sie den Öffner auf den kleinen Beistelltisch.

»Darf ich dir helfen?«, fragte er höflich und stellte fest, dass sie ihn mit ängstlichen Blick ansah.

»Hast du noch etwas Schlimmes entdeckt?«, fragte sie zögerlich.

»Ja!«, antwortete er. »Aber nur für Harro. Wenn ich einem Staatsanwalt diesen Vertrag gebe und eine Anzeige mache, ist er für die nächsten Jahre hinter Gittern.« Überglücklich stürzte sie sich auf ihn, umarmte ihn und küsste ihm die Wagen.

»Danke, danke! Ich kann es kaum glauben.«

»Hier kannst du auf keinen Fall bleiben. Ich mag dich sehr, pack’ einfach alle deine Sachen zusammen und lass uns hier verschwinden, bevor mir von dem Geruch in diesem Raum speiübel wird.« Mit unsicherer Miene kniete sie vor seinem Sessel, schmiegte sich bei ihm an und hauchte mit sanftem Ton ihrer erotischen Stimme: »Magst du mich küssen?«

Liebevoll beugte er sich herab und küsste sie zärtlich. Mit geschlossenen Augen umklammerte sie ihn und erwiderte leidenschaftlich seinen Kuss. Beseelt vor Glück, spürte er dass Zarte, Weiche ihrer warmem Lippen. Er empfand ein völlig neues Gefühl. Wie von einem duftigen Zauber ergriffen strich er ihr beschützend übers Haar. Sie genoss diese Zärtlichkeit und legte ihren Kopf in seinen Arm, als wenn sie sich nach einem starken Beschützer sehnte.

In seinem Inneren entbrannte etwas ganz anderes. Sein Herz klopfte wie eine Maschine. Er empfand Liebe – die erste zärtliche Liebe seines Lebens zu einer wildfremden Frau. Eine Liebe, die er durch den frühen Tod seiner Mutter vermisst, vielleicht auch verdrängt hatte. Und die ihm durch seinen Vater und seinem Großvater nicht zuteil wurde. In einer rauen Männergesellschaft wuchs er auf. Sie fanden kaum Zeit, sich um ihn zu kümmern. So wie es eine liebende Mutter kann und ihrem Kind die ganze Liebe ihres Herzens schenkt.

Nachdenklich betrachtete er sie. Tessa hatte diese weichen Gesichtszüge, die er von den alten Fotos seiner zärtlichen Mutter kannte, die ihren Ehrenplatz auf dem Sideboard des Esszimmers seiner Eltern hatten. Er hatte ihr während des Essens gegenüber gesessen und anfänglich jeden Tag geheult, wie ein Kind es nur kann, welches einen solch herben Verlust erleidet. Mit wehmütigem Blick hatte er sich noch von ihr verabschiedet, als er zur Marine ging. Sie hatte ihn aus ihrem silbernen Rahmen heraus angeblickt und ihm alles Glück der Welt gewünscht. Lange Zeit behielt er ihr Bild noch vor seinen Augen. Ihr zärtlicher und sanfter Blick, das leichte Lächeln um ihren Mund. Alles erinnerte ihn an Tessa, die er noch fest in seinen Armen hielt und die wie ein kleines Kind unentwegt weinte. Herzerleichternd entwichen ihr die Tränen. Sie lag in seinen Armen und konnte sich kaum beruhigen.

»Komm, meine liebe Tessa, es ist gut. Alles ist vorbei, ein für alle Mal. Wir packen deine Sachen und verschwinden hier auf dem schnellsten Weg. Sei nicht traurig, es kommen jetzt schönere Zeiten. Meine Wohnung ist eh zu groß für einen Menschen, dafür aber gemütlich eingerichtet. Da kannst du wohnen, so lange du magst.« Sie sah ihn ungläubig an und fragte: »Das Untier, was geschieht jetzt mit ihm?« Erni überlegte und entgegnete: »Das verschieben wir auf morgen, ich muss darüber erst mal in aller Ruhe nachdenken.« Zärtlich umschlungen erhoben sie sich, um einzupacken und diesen schrecklichen Ort für alle Zeiten zu verlassen.

Schweigsam fuhren sie Richtung Innenstadt. Tessa hatte ihren Kopf auf seine Schultern gelegt, kuschelte sich an und schlief ein. Als er zu Hause den Wagen parkte, wachte sie auf. Mit verschlafenen Augen stieg sie aus und torkelte auf ihn zu. Wortlos schnappte er sich das Gepäck. Behutsam nahm er sie in den Arm und sie gingen hinauf zu seiner Wohnung. Erni öffnete die Wohnungstür seines Lofts und bat sie hinein. Fassungslos strahlte sie ihn an und fragte mit ungläubigem Blick.

»Hier wohnst du ganz alleine? In diesem riesigen Raum. Und es macht dir nichts aus, jeden Tag eine Frau hier zu haben, die dir auf die Neven geht?«

»Ich hoffe nicht, dass das passieren wird«, meinte er zuversichtlich. Lässig ging er zum Kühlschrank, zog eine Flasche Champagner heraus und sagte: »Die hat mein Boss spendiert, falls ich mal eine Dame zu Gast habe. Neben dir im Schrank sind die Gläser. Bitte reich mal zwei rüber.«

Sie nahm die Gläser und setzte sich auf die großzügige gemütliche Wohnlandschaft. Übermütig öffnete Erni den Verschluss und ließ den Korken so heftig knallen, dass er an die Decke schoss, dort abprallte und in der Sammlung seiner Marinekreuzer landete, die auf den Regalen der Wand ausgestellt waren. Dort traf er eins der Modelle am Bug.

»Volltreffer!« rief er vergnügt. Schnell hielt sie eins der Gläser unter die Schampusfontäne und lachte übermütig. Kopfschüttelnd meinte sie: »Das ist ja gerade noch mal gut gegangen, mein wundervoller Scharfschütze.«

»Siehst du, wir sind eben schon ein gut eingespieltes Team«, antwortete er und strahlte, wobei sein Glas überschäumte und der teuere Saft auf den Teppich tropfte.

»Na, ja«, flüsterte sie: »Ein bisschen müssen wir das wohl noch üben, es klappt doch noch nicht alles so richtig.«

»Kein Wunder, bei der aufregenden Vorstellung heute Abend, davon bin ich fast noch besoffen, obwohl ich bei dir nur ein Bier herunter bekommen habe.« Zärtlich schmiegte sie sich bei ihm an. »Bitte, lass’ uns das alles vergessen. Es ist so wunderschön bei dir. Ich bin froh, dass diese teuflische Schweinerei vorüber ist und dass es dich gibt.«

»Wo hat dieses Ekelpaket dich bloß aufgegabelt?«, rätselte er. Und überhaupt: »Wie kann eine so süße Maus an solch einen gehässigen und geisteskranken Schurken geraten?«

»Er hat mich gekauft!«

»Gekauft? Wo gibt’s so was?« Ungläubig starrte er sie an und betrachtet ihre unsichere Mine. Dann fragte er zögerlich: »Etwa aus einem Puff?«

»Nein, aus einem Club!«, antwortete sie verschämten Blickes dabei kullerten einige Tränen aus ihren dunklen Augen. »Welcher Club verkauft so hübsche Frauen?«, wunderte er sich.

»Meine Mutter war Tänzerin. Sie wollte, dass ich mit ihr als blutjunge Partnerin auf der Bühne des Clubs arbeite! Alles war ganz harmlos. Sie hatte sich eine neue skurrile Nummer ausgedacht und mit mir einstudiert. Die Show erhielt das Motto: Immer wenn der Lachs ruft. Der Auftritt einer schwarzen Katze«, verriet sie ihm nachdenklich.

»Das lief eine Zeit lang unheimlich gut, bis Harro kam, mich entdeckte und dem Barbesitzer abschwatzte. Nach dem Tod meiner Mutter hatte ich 100.000.Mark Schulden von ihr geerbt und der Besitzer der Nachtclubs verlangte, dass ich sie zurückzahle. Meine Mutter arbeitete bei ihm als Tänzerin im Club. Auf der sündigsten Meile der Welt. Es war der heißeste Club auf St. Pauli. Sie war die Attraktion und der Skandal der Großen Freiheit. »Venus der Nacht«, hieß ihr gesamtes Programm. Sie war äußerst fantasievoll veranlagt, choreografierte ihre Auftritte selbst und studierte alle acht Wochen eine neue Nummer ein. Sie machte die Männer mit ihren ausgefallenen Auftritten verrückt. Sie war der Höhepunkt der Erotik, ein Luder der Selbstinszenierung. Sie spritzte Kokain, trank zu viel Alkohol, rauchte die stärksten Zigarillos und feierte Sexorgien, die lange Zeit Stadtgespräch waren. Für die einen war sie Symbol der Freiheit, für die anderen die größte Provokation. Die lebendige Sünde aus Fleisch und Blut. Der Inbegriff der Verworfenheit. Sie liebte Männer wie Frauen gleichermaßen und genoss alles im Übermaß.«

Tessa nahm ihr Glas, tank eine Schluck und sprach: »Ich werde es nie vergessen, bei unserem ersten gemeinsamen Auftritt, ein Tag nach meinem 16. Geburtstag, sackte sie in sich zusammen. Es war ein Ende, welches nicht einstudiert worden war und ich wunderte mich darüber. Mitten auf der Bühne lag sie zu meinen Füßen, als schwarzer Hund in glänzenden Lederklamotten mit einem kleinen Stummelschwanz. Der rauschende Applaus unseres ersten Auftritts und die Lustschreie des Publikums nahmen ihr den Atem und hauchten ihr Lebenslicht aus. Die schwarze Katze lag auf dem roten Ledersofa, sie sprang erschrocken herab und streichelte ihre Wangen, doch meine Mutter starrte nur leblos ins Publikum. Die kleine Katze schaute ungläubig in die lüsternen Gesichter der Zuschauer mit ihren verlebten Fratzen. Erbost fauchte sie das lasterhafte Volk an.

Es dauerte eine Ewigkeit bis endlich der schwere Samtvorhang fiel. In dem Katzenkostüm steckte heulend ihre Tochter, ihre kleine süße Tessa. Seit dem Tag spielte ich die Nummer, mit einer anderen Partnerin – noch lange Zeit in diesem Club. Danach nur noch als private Vorstellung, bis zum heutigen Abend. Dem Tag meiner Befreiung. Als die Nummer nicht mehr zog, war Harro zufälligerweise im Club. Er kannte meinen Boss und verhandelte mit ihm. Wie ein Stück Vieh hatte der mich verscherbelt. Rund 75.000 Mark hatte er angeblich bezahlt, es waren die restlichen Kokainschulden meiner Mutter. Hinzu kam die Miete für die feudale Wohnung, in der ich zwangsläufig nach ihrem Tode noch lebte. Und die Kosten meines Lebensunterhaltes plus Zinsen. Harro versprach mir das Blaue vom Himmel, mich zu heiraten und mich auf roten Rosen zu betten. Doch erwartet hat mich nur ein Sofa, aus kaltem, roten Leder.« Erni war fassungslos und schüttelte sich.

»Ich glaube, ich brauche einen Schnaps!« Wie ein begossener Pudel saß sie neben ihm. Dicke Tränen strömten aus ihren bezaubernden Augen. »Ich hasse sie alle! Die Venus der Nacht und ganz besonders Harro!“«, rief sie erbost. »Lass’ uns anstoßen auf dein neues Leben! Oh Tessa, meine Kleine, meine Süße, ich beschütze dich, solange ich kann«, flüsterte er ihr ins Ohr und küsste sie zärtlich. Mit unschuldigem Blick erwiderte sie: »Ich möchte gerne duschen oder ein Bad nehmen, damit der Dreck von meinem Körper und meiner Seele verschwindet.«

Wie neu geboren wirkte Tessa, als sie aus dem Bad kam. Völlig gelöst und erholt strahlte sie ihn an. »Es ist schön, dich so glücklich zu sehen!«, rief er gut gelaunt.

»Wo soll ich denn überhaupt schlafen?«, fragte sie unsicher.

»Ich bin zwar noch nicht müde, aber etwas auszuspannen, das wäre jetzt wunderbar.«

»In meinem Bett natürlich, ich hab es schon neu bezogen. Extra für dich! Ich schlafe derweil auf dem Sofa. Wie du siehst, ist es breit genug für mich.« Enttäuscht sah sie Erni an und flüsterte, »Ich möchte ganz nah bei dir sein. Ich kann jetzt auch nicht alleine sein, das war ich lange genug. Komm’ doch bitte zu mir und schenk’ mir deine Liebe«, zaghaft fügte sie hinzu: »Ich musste auch niemals mit ihm schlafen, er hatte sein eigenes Zimmer, es war ständig verschlossen, dicht wie ein Tresor.«

»Ihr habt nie ...?«, fragte er stutzend ohne den Satz zu beenden. »Nein, niemals! Es hätte ja auch keinen Sinn gemacht.« »Ach ja, Verzeihung, ich dachte ...« »Nein! Ich hatte noch nie einen Mann, auch vorher im Club nicht.

Der Club-Besitzer war schwul und hat auf mich aufgepasst. Schlimmer als ein scharfer Wachhund. Er hatte Angst davor, dass ich schwanger werden könnte und dass damit sein Programm ins Wasser fallen würde.« Sie setzte sich auf seinen Schoß und liebkoste ihn.

»Komm zu mir und zeige mir die Wege der Liebe. Lass’ uns zusammen sein und träumen. Ich liebe dich!« Ihr betörendes Parfüm stieg ihm in die Nase. Der frische Duft beflügelte Erni, sich ebenfalls zu erfrischen.

»Ich fühl’ mich so schmutzig, so durchschwitzt. Ruh’ dich aus, ich geh schnell duschen, damit der Angstschweiß von mir weicht, der sich heute Abend angesammelt hat.«

»Bis gleich, Liebster!«, flüsterte sie erwartungsvoll.

Frisch geduscht kam er aus dem Bad und betrachtete sie. Ihre Augen waren verschlossen. Tessa lag da, wie die Natur sie schuf. Eine Venus aus milchweißem Fleisch und Blut. Sie war schöner, als er gedacht hatte. Ihre jugendliche, erotische Ausstrahlung betörten seine Sinne. Sein Blickt ruhte auf ihrem sanften Gesichtsausdruck. Sie atmete so tief, als wenn sie schlief. Ihr geschmeidiger Körper floss dahin, wie die seichten Wellen der See. In sanften Hügeln, hinein in die unbekannten Täler. Ihr weicher Flaum stach heraus aus den lieblichen Lendenhügeln, wie eine kleine idyllische Insel. Ernis Herz raste in seiner Brust und pochte wie ein Schmiedehammer, der auf ein heißes Eisen schlug. Sein Blut strömte ihm durch die Adern, wie von einem Tornado angetrieben, landete es in seinen Lenden. So wie eine dicke Bugwelle an der Wand eines Schiffes. Erni verspürte die Wogen der Leidenschaft, die in ihm überschäumte. Zärtlich beugte er sich herab.

»Komm’, Liebster! Komm’ – und mach’ mich glücklich«, hauchte sie und öffnete ihre Augen. Er küsste ihre wundervollen Lippen, die so weich waren, wie türkische Feigen. Sie schmeckten paradiesisch süß. Er war verrückt nach ihr, und er wusste nicht, wie ihm geschah.

»Leg’ dich zu mir und küss’ mich, bis ich in Besinnungslosigkeit erstarre«, flüsterte sie ihm zu. Ihre Stimme erklang so melodiös, wie eine zauberhaft gespielte Violine. Er war endlich angekommen im Fahrwasser der Liebe. Er verspürte die Wellen der Leidenschaft, wie vom Sturm erhoben, schlugen sie ihm entgegen. So wild und mächtig, so unbändig wie mit Windstärke zwölf. Ein Orkan rauschte durch ihn hinweg, hinein in die Spitze des unerfahrenen Neulings, der sich in ihre weichen Schenkel bohrte. Zielgerichtet wie ein Kanonenrohr, das auf seinen ersten Einsatz wartete.

Sie spürte ihn – den aufgeregten Neptun der Leidenschaft – und führte ihn zu dem heißen Äquator, an dem er sich labte, wie ein ertrinkender im Strom der Lust. Überglücklich führte sie den strammen Mastbaum über ihre weichen Klippen. Voller Erregung ließ sie ihn rollen, wie einen schweren Brecher über die Deichkronen. Er spürte ihre Hand. Ihre weiche Haut. Ihre feingliedrigen Finger und er bemerkte, dass sie den Mast erklomm, von der Lafette des Kugellagers bis weit hinauf in die Spitze. Sie umklammerte ihn zärtlich, den Botschafter des Glücks. Sie streichelte den Hals des Ausgucks und befreite den pochenden Kopf von seiner Umhüllung. Automatisch zog sie ihn langsam zu ihren Lippen, die sich zuvor küssend über seinen Lendenhügel hinab bewegt hatten. Eine Flutwelle der Wonne brach über sie herein. Von Ekstase ergriffen saugten sich ihre Lippen über die pulsierenden Adern der zitternden Haut, wo sie der Kopf des Neptuns begierig empfing.

Er liebkoste ihren berauschenden Körper hinab bis zu ihren weichgeformten Rundungen und überschwemmte sie mit seinen Küssen, so stürmisch wie bei einem Frontalangriff auf eine Festung. Sie erhob sich von dem wild schlagenden Neptun und bot seinen suchenden Lippen den weichen Busen. Er schmiegte sich um seine Wangen und seine Lippen eroberten die milchweißen Hügel des Lebens, ihre Knospen erstrahlten wie ein Leuchtturm über dem rosagewölbten Eiland der Versuchung.

»Oh Gott! Zeige mir den Weg zu den Früchten der Liebe. Ich möchte sie pflücken und kosten. Sie sind so wunderbar«, dachte er. Ihr um Liebe flehender Blick erregte ihn, und er küsste sie abgöttisch. Seine durstigen Lippen saugten sich vibrierend hinab über die Hügel ihrer Lenden hinein in das Tal der Hoffnung, bis hin zu dem kleinen verschlossenen Hafen.

Seine Zunge ertastete die Schleuse so zärtlich, dass sie sich vor Wonne wild gebärdend offenbarte. Langsam entfalteten sich die weichen Hügel des Glücks. Zärtlich schoben sich seine heißen Lippen voran und öffneten das Tor der Leidenschaft. Sie liebkosten es und umschlossen die kleine Knospe, die glühend heiß erstrahlte.

Voller Lust ergriff sie den hämmernden Neptun und führte ihn über ihre erregten Schenkel hinauf zu den weichen Gefilden ihrer zitternden Schleuse. Der saugende Strudel verschlang seinen gewaltigen Kopf – wie das rauschende Meer ein untergehendes Schiff. Er durchstach die Enge, der in ihrem Inneren noch verschlossenen Passage, wie ein voran strebender Bug in der sich auftuenden See. Eine glutheiße Welle strömte ihm entgegen und ergoss sich aus den Tiefen ihres Schlundes. Sie schrie auf und zuckte. Sanft umklammerte sie seine starken Lenden und flüsterte: »Langsam – ganz langsam. Liebster!«

Er stoppte die wilde Maschine, die sich kaum zurückhalten konnte und drosselte die rasende Fahrt. Dann zog sie ihn sachte hinein und führte ihn durch die enge Passage des kleinen noch unentdeckten und unberührten Hafens bis ans Ende seiner Glückseligkeit. Eng umschlungen hielt sie ihn fest, wie eine Ertrinkende ihren Retter, dem sie vertraut und den sie nie mehr loslassen will. Ihre Lippen suchten die seinen und sie küssten sich.

Mit sanfter Kraft sprang die wild pochende Maschine erneut an und der erregte Kolben schlug im Takt der Lust. In voller Fahrt rauschte er durch die wilden Strömungen der Wonne und sie erfuhren beide die Leidenschaft der ersten Liebe, die nach langen Stunden des Glücks endete. Berauscht von der Lust, die sie zum ersten Mal erlebten, fanden sie keinen Schlaf.

Nach den schönen Stunden einer fiebrig heißen Nacht schienen die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne herein. Seine Augen wanderten über ihren wundervollen Körper, dabei er entdeckte er auf dem weißen Laken den länglich roten Fleck ihrer ersten Liebe. In den hellen Strahlen des Morgens leuchtete er so rot wie die fleischige Farbe eines marinierten Lachses. Erschrocken zuckte er zusammen, zog sie behutsam an seine Brust und flüsterte erregt: »Wir werden verfolgt!« Entgeistert sah sie ihn an. Er zeigte ihr die markanten Spuren der Leidenschaft. Angeschmiegt lag sie in seinen starken Armen und küsste seine strammen Muskelhügel. Übermütig vor Glück lachte sie und beruhigte ihn.

»Es ist nur ein harmloser Fleck, mein Schatz.«

»Aber schau doch mal genau hin, er hat die Form eines knallroten Lachses«, stellte er verblüfft fest.

»So endet es immer, das allererste Mal, wenn so schwere Geschütze aufgefahren werden und so gewaltige Treffer einschlagen, die mit aller Kraft die dicht verschlossenen Schleusentore der Liebe auseinander sprengen«, flüsterte sie mit sanfter Stimme. Zärtlich schaute sie ihm in die Augen.

»Dann strömen sie hinein in den Fluss der Leidenschaft, gesteuert von dem unbändigen Trieb des Lebens rauschen sie dahin durch die Fluten des Glücks und man hört in der Strömung der Lust, das Lied der wilden Lachse. Wenn ihre Flossen gegen die rauschenden Wellen schlagen, beginnt das Spiel neuen Lebens und es kommt eine glückliche Zeit – immer wenn der Lachs ruft!«

Teich-Gelüste

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