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1954

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Mein Vater6 war sehr fromm. Seine Mutter7 war eine glühende Katholikin; ihren Visionen von Apostel Petrus, die sie auch literarisch verarbeitete8, verdankte er seinen Name Peter. In ihren Romanen und Theaterstücken verteufelte sie genauso glühend patriarchalen Männerwahn und identifizierte sich mit den Entrechteten und Gedemütigten dieser Erde. Diese Haltung entwickelte mein Vater in seinen Inszenierungen als Intendant des Ulmer Theaters weiter, indem er christliche Werte wie Gerechtigkeit und Gleichwertigkeit aller Menschen als allgemeingültige vermittelte.

Da auch meine Mutter9 am Theater arbeitete, führten wir ein unregelmäßiges Leben. Zum Ausgleich dafür traf sich die ganze Familie, zu der noch meine ältere Schwester Sabine10 gehörte, einmal am Tag zum Essen, am Sonntag auch zum Frühstück; da gab es sogar ein weichgekochtes Ei. Wir hatten ein Esszimmer; mein Vater saß mit dem Rücken zum Fenster, ich saß rechts von ihm, meine Schwester Sabine links – ihm gegenüber meine Mutter.

Vor dem Essen wurde immer gebetet: »Komm, Herr Jesus, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast.«

Eines Tages hatte ich genug von dieser ewigen Einladung: »Wann kommt der denn endlich mal, dieser Herr Jesus?«

RAF oder Hollywood

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