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2 Arten von Videomodellierung

2.1 Videomodellierung einer dritten Person

Vier verschiedene Arten von VM wurden untersucht. Hierbei war das Modell entweder ein vertrauter oder unbekannter Gleichaltriger oder Erwachsener (McCoy & Hermansen, 2007). Eine Dritte-Person-Perspektive ist die am weitesten verbreitete Form von VM. Hierbei wird ein Video von jemandem erstellt, der eine Aufgabe von Anfang bis Ende erledigt (d. h. den gesamten Aufgabenablauf darstellt). Das Kind sieht sich das gesamte Video an und erhält dann die Gelegenheit, die Aufgabe oder die Verhaltensabfolge auszuführen. Ein Betreuer, wie z. B. ein Lehrer, Therapeut oder Elternteil, kann weniger wichtige Elemente des modellierten Verhaltens durch Videoschnitt entfernen, damit sich das Kind auf wesentliche Aspekte kritischer Verhaltensweisen konzentrieren kann (Tereshko et al., 2010). Dieser Ansatz kann sowohl bei Kindern als auch bei Jugendlichen/Erwachsenen wirksam sein (z. B. Spivey & Mechling, 2016).

2.2 Point-of-view (POV)-Videomodellierung

Bei der Point-of-View-Videomodellierung (POV) (Perspektive des Beobachters) hält ein Betreuer die Videokamera aus der Perspektive des Kindes auf dessen Augenhöhe. So wird die Aufgabe und Situation so gezeigt, wie das Kind sie sehen würde und die angestrebten Verhaltensweisen ausführen müsste. Hierbei werden die Modelle nicht aufgezeichnet (Gardner & Wolfe, 2013; Mason et al., 2013). Diese Art von VM ist natürlich abhängig von den jeweiligen Trainingszielen. Es kann aber dem Kind mit ASS erleichtern, sich besser auf wesentliche Aspekte der modellierten Verhaltensweisen statt auf das Modell zu konzentrieren (z. B. Fiorella et al., 2017). Dies ist besonders wichtig für Kinder mit ASS, da sie sich typischerweise von irrelevanten Details einer bestimmten Aufgabe ablenken lassen (Travers et al., 2011).

2.3 Videomodellierung mit Anleitung

Ein dritter Ansatz der Videomodellierung nimmt in der Regel eine Dritte-Person-Perspektive ein, bei der jedes Ziel zunächst Schritt für Schritt durchlaufen wird (Shipley-Benamou et al., 2002). Durch eine vorherige Analyse der Zielaufgabe wird die Videoerstellung erleichtert. Eine Aufgabenanalyse ermöglicht es, ziemlich komplexe Aufgabensequenzen in einzelne Komponenten zu zerlegen. Hierdurch können die Anforderungen der Aufgabe auch auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes zugeschnitten werden. So wird ein ziemlich schwieriges Szenario dadurch erleichtert, dass Kinder ausgewählte Teile davon sehen. So können Komponenten der Fähigkeiten zunächst gelernt werden und später zu einer Gesamtsequenz zusammengefügt werden. In solchen Videos kann auch ein Erzähler sichtbar sein.

2.4 Video-Aufforderung

Videomodellierung und Video-Prompting (mit Hilfestellung) sind zu beliebten und weit verbreiteten Unterrichtsmaßnahmen für viele Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen geworden (Kellems & Edwards, 2015). Videomodellierung sollte von Video-Prompting (VP) unterschieden werden. Sowohl beim VM als auch beim VP wird ein Video angesehen und imitiert. Beim VP sieht das Kind allerdings zunächst nicht die gesamte Fertigkeit oder Aufgabenfolge. Stattdessen sieht es das Video Schritt für Schritt an, bis alle Schritte gemeistert sind (Bennett et al., 2013).

Das Kind kann allein das Video ansehen oder kann gleichzeitig von einem Betreuer unterstützt werden (z. B. »Sieh, was der Junge gerade tut«). Hilfestellungen wie diese sind auch möglich, indem das Videomedium mit verbalen Zusatzhinweisen, sog. »Voiceover-Cues«, visuellen Highlights, Nahaufnahmen und Ähnlichem verändert wird. Nach mehrmaligem Anschauen eines Videos bekommen die Kinder die Gelegenheit, die beobachteten Verhaltensweisen zu imitieren. Erfolgreiche Nachahmung wird dabei durch die Wahl vergleichbarer Stimuli und Situationen in der Realsituation begünstigt. Auch explizite Hinweise zu den im Video gezeigten Verhaltensweisen und direkte Verstärkung der Imitation sind hilfreich. Obwohl einige Kinder durch VM schnell Fertigkeiten erwerben, brauchen andere wiederholtes Ansehen der Videos oder bestimmten Videosegmenten. Sobald ein Kind die angestrebten Fähigkeiten und Verhaltensweisen unter natürlichen Bedingungen zuverlässig ausführt, sollte VM systematisch ausgeschlichen werden.

2.5 »Priming«-Videomodellierung

Bei der »Priming«-Videomodellierung werden zukünftige Ereignisse aufgezeichnet, damit sie für das Kind besser vorhersagbar werden (Schreibman et al., 2000). Diese »Vorschau«-Videos können entweder aus der Erst- oder Dritt-Personen-Perspektive gefilmt werden.

2.6 Video-Selbstmodellierung (VSM)

Video-Selbstmodellierung ist eine Form der videobasierten Intervention, die bei Kindern und Erwachsenen mit ASS als effektiv und evidenzbasiert beschrieben wird. Sie ist sowohl im Hinblick auf die Vermittlung von Fähigkeiten als auch für die Behebung von Problemverhalten vielversprechend (z. B. Gelbar et al., 2012). Durch sorgfältiges Schneiden der Videos können sich Kinder bei der Ausführung einer Aufgabe beobachten, die über ihrem gegenwärtigen Funktionsniveau liegt. Videos werden hierbei so geschnitten, dass nur Beispiele für angemessenes Zielverhalten zu sehen sind.

Eine andere Methode zur Erstellung der Videos besteht darin, dass das Kind ein bestimmtes Zielverhalten imitiert oder hierzu ein Rollenspiel durchführt. Die Videos werden dann so bearbeitet, dass auf dem endgültigen Video nur angemessenes Zielverhalten zu sehen ist. Während der Intervention schaut sich das Kind das Video mit dem selbst gezeigten Zielverhalten an. Anschließend nimmt es in der Realsituation an der Aktivität teil, die in diesem Video dargestellt wurde (z. B. Buggey, 2012; Dowrick, 2012).

Generell sollte man sich nicht starr auf einer vorgefassten Vorstellung von idealen Videomodellen für Kinder mit ASS festhalten, seien dies Gleichaltrige, Erwachsene oder sogar das Kind selbst (Nikopoulos et al., 2009). Allerdings hat die Forschung gezeigt, dass Gleichaltrige und Selbstmodelle einflussreicher für den Erfolg von videobasierten Interventionen sind als Erwachsene (McCoy & Hermansen, 2007).

Darüber hinaus beruht wirksames VM stärker auf der Beobachtung positiver und/oder erfolgreicher Verhaltensweisen des Selbst als von negativen und/oder erfolglosen Verhaltensweisen. Hierbei wird sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Motivation erhöht, die vorgespielten Verhaltensweisen anzusehen. Schließlich kann »das Selbst als Modell« nicht nur jedem anderen Modell überlegen sein, sondern die Verwendung anderer als Modell kann aus rechtlicher und ethischer Sicht oft problematisch sein. Zusammenfassend kann man aus den veröffentlichten Studien über VSM den Schluss ziehen, dass VSM trotz der Schwere der Erkrankung eine vielversprechende Strategie für das gesamte ASS-Spektrum sein kann. Offensichtlich sind die wirksamsten Modelle diejenigen, die den Merkmalen des Beobachters und dem individuellen Ausdruck von Symptomen ähnlich sind. Das können z. B. selbststimulierende Verhaltensweisen sein oder stimmliche Stereotypien. Daher könnte VSM sogar eine alternative Strategie darstellen zur Reduktion solcher Verhaltensweisen.

Lernen durch Videomodellierung

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