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5. Achterbahn der Gefühle

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Nach dem köstlichen Picknick falle ich seitlich in die Kissen, die hinter uns gestapelt sind. Mit einer Hand drücke ich mir auf den Magen. „Genug! Ich bin pappsatt. So viel und vor allem so gut habe ich nicht mehr gegessen seit ...“, meine Worte verklingen und ich schaue auf meine Finger. „Jedenfalls esse ich sonst kaum solche Mengen.“ Meine Stimmung sackt leicht ab. Etwas zu beschließen und es dann auch konsequent durchzuziehen, hört sich in der Theorie immer fantastisch an. Die Praxis sieht leider anders aus.

Damian schaut mich lange einfach nur an. Was man von seiner Miene unter der Maske erkennen kann, wirkt auf mich, als ob er nicht weiß, wie er reagieren soll. Ich bin so ein Dämlack. Was erwarte ich denn? Die ganze Zeit ist es schon mein Partner, der mich aufmuntert, der die Unterhaltung in Gang hält, der sich sichtlich bemüht. Und was tue ich? Falle von einer Stimmungsschwankung in die nächste. Gott, nachher denkt er noch, ich bin gestört.

Vergnügen sieht anders aus. Und das soll es doch sein. Keine Anstrengung, keine Pflichtübung. Scham blubbert hoch. Andererseits, rufe ich mir ins Gedächtnis, hat mein ausgesuchter Partner für diesen Urlaub ebenfalls einen Fragebogen ausgefüllt. Er hat wie ich Vorlieben und Abneigungen angegeben, was bedeutet, dass unsere Gemeinsamkeiten nicht so weit auseinanderliegen können, sonst hätte man uns nicht zusammengewürfelt. Natürlich hat er keinesfalls mit einer Heulsuse gerechnet, die in seinen Armen an den Verflossenen denkt. Obwohl er von meiner unglücklichen Beziehung gar keinen Schimmer hat. Tausend Zweifel bestürmen mich, am liebsten würde ich flüchten, doch ich war lange genug feige und jetzt ist Schluss damit. Aber wo anfangen?

Die Stille wird allmählich unbehaglich und ich entschließe mich einfach, ihm einen Teil der Wahrheit zu sagen, meine Ängste zuzugeben. „Ich weiß nicht, ob diese Art Urlaub für mich die richtige Idee gewesen ist. Im Augenblick kommt es mir vor, als drücke man mich unter Wasser. Ich strample, versuche mich zu befreien, kriege keine Luft. Ich möchte so nicht mehr fühlen“, purzelt es aus mir heraus, ehe ich erschrocken den Mund zuklappe. Na großartig, dramatischer geht’s nicht.

Mein Gegenüber scheint das jedoch nicht zu kümmern. Mit einem unsagbar sanften Lächeln rutscht Damian auf den Knien näher zu mir. „Ich verspreche dir, dich nicht ertrinken zu lassen, John. Komm.“ Er steht auf, zieht mich hoch und führt mich zum Bett, drückt mich auf die Matratze. Dann öffnet er den Gürtel seines Bademantels, lässt das Kleidungsstück in Zeitlupe zu Boden gleiten, enthüllt zentimeterweise bloße Haut. Er ist vollkommen nackt darunter und unwillkürlich saugt sich mein Blick an seiner Mitte fest. Sein Glied ist halbsteif und ich schlucke schwer an einem dicken Kloß.

Verdammt, ich fühle mich wie bei meinem ersten Mal. Nein, falsch, das war ein unsicheres Herumfummeln, weil wir beide - Andreas und ich - keinen Schimmer hatten, wie es richtig funktioniert. Dieses Gefühl hier ist anders, viel stärker. Ja, oberflächlich gesehen geht es auch nur um das Eine, aber so war es noch nie. Die ganze Atmosphäre, die seichte Musik, das romantische Essen - Damians unerwartete Zärtlichkeit - sind zwar nur äußerliche Komponenten, doch sie beeinflussen mich, suggerieren mir, dass jetzt gerade etwas Besonderes geschieht. Dass es okay ist, sich fallen zu lassen, einfach zu genießen.

Ich rutsche in die Mitte der Matratze, den Blick gebannt auf den Mann vor mir gerichtet, schlüpfe unter die Decke und lüpfe sie einladend für meinen zukünftigen Geliebten. Er schlendert um das Bett herum, krabbelt zu mir und seufzt leise, was ich ihm nachtue, als unsere Körper sich aneinanderschmiegen. Damian nimmt eine Hand von mir in seine, dreht sie nach oben und massiert in winzigen Kreisen die Handfläche. „Spürst du das, John? Nur Haut an Haut. Hier geschieht nichts, was wir nicht beide wollen.“

Beschämt senke ich den Kopf. Ich verhalte mich wirklich kindisch, aber ... Mein Blick zuckt hoch und heiß-kalte Schauer schütteln mich. Damian hat meine Hand an die Lippen geführt, führt meinen Zeigefinger an seiner Unterlippe entlang, stippt mit der Zungenspitze gegen die Kuppe. „Oh“, entweicht mir die Luft aus den Lungen und ich zittere stärker. Meine Lenden sind mittlerweile ebenfalls begeistert ins Spiel eingestiegen, das ist doch ein hervorragender Anfang. Ich schaue gebannt auf meinen Geliebten.

Der leckt erneut an der Fingerkuppe, saugt sie in seinen Mund und massiert die sensible Haut mit der flachen Zunge, was ein Kribbeln auslöst. Gänsehaut erblüht von Kopf bis zu den Zehen bei mir, ich bebe. Jeden Finger nimmt er sich vor, bald entkommt mir nur noch hilfloses Wimmern und Stöhnen. Du meine Güte, wer hätte gedacht, dass Hände eine solch erogene Zone sind. Mein Geschlecht ist jetzt schmerzhaft hart und pulsiert verlangend. Das Laken über Damians Hüften beult sich ebenfalls mächtig, polstert mein Selbstvertrauen. Er begehrt mich und mehr ist im Moment auch unwichtig.

Mein Geliebter hebt den Kopf, betrachtet mich, meinen Mund und entlässt zuletzt den Daumen aus der Lavaglut seiner Mundhöhle. Ich keuche enttäuscht, bis er flüstert: „Deine Lippen sind so unsagbar weich. Es wäre doch ein Verbrechen, sie nicht zu kosten, was meinst du?“ „Ja bitte.“ Ein atemloser Hauch. Ich spanne mich erwartungsvoll an.

Der erste Kuss ist kurz, ein sanftes Streichen von Haut über Haut. Beim Zweiten verharren wir bewegungslos, die Lippen einen Spalt geöffnet und sachte aufeinandergedrückt. Wir atmen uns gegenseitig ein und es ist buchstäblich atemberaubend. Ich verhalte mich instinktiv passiv, genieße einfach nur. Es ist schön, wenn niemand etwas von einem erwartet oder man durch die erforderlichen Schritte hetzen muss. Kein Pflichtprogramm, nur Genuss - und so viel Nähe, dass ich mich in einen wohlig warmen Wintermantel gehüllt fühle.

Damian verstärkt den Druck, neckt nun mit der Zunge über die Lippen, verlockt meine zum Tanz. Am Gürtel meines Bademantels spüre ich plötzlich eine Bewegung. Ja! Er wird geöffnet, der Stoff beiseitegeschoben. Eine Hand kommt auf meiner Brust zu liegen, direkt auf dem darunter hämmernden Herz. Eine Liebkosung, sanft wie ein Hauch gleichzeitig glühend wie ein Brandeisen. ‚Ich ertrinke‘, denke ich benommen.

Nur fühlt sich das hier nicht schlimm an. Im Gegenteil. Ich gehe in einer Welt unter, die nur aus Damian besteht. Dem erhitzten, leicht muskulösen Leib, der auf mich niedersinkt. Die feste Brust verschmilzt mit mir, harte Muskeln reizen die Nippel, was ein Prickeln in all meine Synapsen sendet. Seine Lippen sind warm und weich, zugleich bestimmend. Jedes Knabbern und Lecken impft reinste Glückseligkeit in meine Adern, lässt meinen Penis erwartungsvoll pulsieren.

Damians Duft, herb, mit leicht tropischem Einschlag - vermutlich sein Duschgel - steigt mir in die Nase. Eine Essenz, die auf direktem Weg in mein Gehirn fährt und mich betrunken macht. Beschwipst von ihm. Seidige Haarsträhnen kitzeln meine Haut, verstärken das Prickeln. Ohne nachzudenken, streiche ich seinen Rücken hinab, greife zu. Starke Muskeln spielen unter meinen Fingern. Mein Geliebter verändert die Position und dann ... gleitet seine Erektion an meiner vorbei. Samt über Stahl. Ich keuche ihm in den Mund, genieße die Nähe, berausche mich an seiner offensichtlichen Lust.

Damian nippt an meiner Unterlippe, hebt den Kopf leicht. „Wie fühlt sich das an, Baby?“ Ein dunkles Wispern, eine Liebkosung. „Großartig. Mehr.“ Mein Geliebter lacht. „Oh ja, viel mehr.“

Unsere Härten reiben aneinander, als er den Druck erhöht. Wonne schießt durch meine Nervenenden, entzündet winzige Glutnester. Ich vibriere vor Verlangen und es gibt jetzt nur noch ein Wort. „Ja. Oh Gott, ja!“ Ist es das, was ich all die Jahre verpasste, was ich nicht sah? Fehlte bei mir und Andreas einfach der sprichwörtliche Funke? War es schlichtweg nur bequem gewesen, uns zusammenzutun, nachdem wir beide feststellten, dass wir schwul sind? Hatte ich, wir es uns zu leicht gemacht? Energisch verschiebe ich die nervende interne Debatte auf später. Nichts soll diesen besonderen Moment trüben.

Mein Geliebter rollt mit dem Becken, die Ellbogen an meinen Seiten aufgestützt. Männliche Hitze und sein betörender Duft schwängern den Raum. „Ja! Damian!“ Ich kann den Schrei nicht aufhalten. Meine Lust explodiert wie ein flammendes Inferno, ein Flächenbrand, unmöglich zu stoppen.

Sein Mund senkt sich hinab. Eine samtige feuchte Zunge gleitet an meinen Zähnen vorbei, tanzt leidenschaftlich mit ihrem Gegenpart und erstickt mein Stöhnen. Die Lider geschlossen, kralle ich mich in Damians Rücken, kratze ihn. Funken sprühen auf meiner Haut, springen auf ihn über, ich verglühe. Jegliches Denken liegt in weiter Ferne, ich fühle nur noch und es ist fulminant. Meine Hände wandern an der schweißbedeckten Wirbelsäule abwärts, umfassen die festen runden Pobacken, spüren den kräftigen Kontraktionen nach, die die Muskeln an- und entspannen. Kraftvoll, roh, männlich. Jeder Zentimeter des schlanken Leibes über mir strotzt mit verborgener Kraft und er ist einfach ... wunderschön.

Unsere Lippen bleiben verbunden, wir trinken unsere Lust, bewegen unsere Becken jetzt im Einklang. Jeder Stoß erhöht den Druck. Härter. Schneller. Ich reiße die Augen auf, kralle mich verzweifelt in seinen Po und Hitze explodiert in meinen Lenden. Mein Geliebter reißt den Kopf hoch, starrt auf mich hinunter. Ich umklammere ihn fester, kämpfe gegen den Wunsch, diese dumme Maske herunterzureißen, die mir plötzlich wie eine unüberwindbare Barriere erscheint. Damian verlangsamt seine Stöße zu einem neckenden Gleiten und ich stöhne frustriert. „Beweg dich, verdammt.“

„Tu ich doch, Baby. Spürst du das nicht?“ Leise lachend rollt er sachte mit den Hüften, treibt mich damit schier in den Wahnsinn. Ich schnappe nach Luft, dann flaut der Sturm in mir ab, wird zu einer seichten Brise und ich ergebe mich dem Rhythmus meines Geliebten. Es tut so gut, sich einfach fallen zu lassen und ich genieße seine Lust, seine Freude wie die eigene. Lange neckt Damian mich mit kaum spürbaren Hüftbewegungen, wird manchmal schneller, nur um unvermittelt zu stoppen, bis der Tornado wieder anschwillt, ich nur noch explodieren will. „Bist du so weit, Baby? Bist du bereit zu fliegen?“

Ich knete die kräftigen Pobacken, schwelge in der Kraft unter meinen Händen. „Ja“, hauche ich atemlos. Die Kerzen im Separee und das Feuer im Kamin werfen flackernde Schatten, tauchen den Raum, uns, in ein unwirkliches Licht. Das Lächeln auf Damians Lippen erscheint mir wie der schönste Anblick, den ich je sah. Unsere Erektionen gleiten von Neuem übereinander, schneller, fester als zuvor und meine Synapsen zünden alle gleichzeitig - ein totaler Kurzschluss. „Aah!“ Ich brülle meine Erlösung heraus, das Denken hört auf, ich fliege über den Wolken und schwelge in der Offenbarung meines Lebens.

Erneut fühle ich Damians sanften Kuss, er trinkt die Schreie, die unaufhaltsam aus mir herausbrechen. Meine Finger krallen sich in das harte Fleisch seines Gesäßes, treiben ihn an weiter zu stoßen. Das Gleiten ist jetzt feucht, glitschig und die Empfindungen so intensiv, dass mir mein Orgasmus wie ein unendlicher Fluss erscheint. Ich ziehe ihn dichter, ermutige ihn immer wieder weiterzumachen. Er hat mir so eine unglaubliche Ekstase geschenkt und ich möchte, dass er das gleiche Gefühl erlebt. Kurz flittert der unangenehme Gedanke durch meinen Verstand, dass es für Damian gar nichts Besonderes ist, dass er bestimmt schon viel mehr Erfahrung hat. Ist ja nicht jeder solch ein Gefühlskrüppel wie ich. Rasch schüttel ich die unliebsamen Emotionen ab. Das hier ist sowieso ein Traum, ein Ausbruch aus der Realität und ich werde diese gemeinsame Zeit bis zum letzten Tropfen auskosten.

Ich küsse meinen Geliebten jetzt gierig zurück, unsere Zungen spielen leidenschaftlich miteinander. Küssen ist ebenfalls etwas, das ich früher viel zu wenig tat. Welch ein Idiot ich war. Es ist so unglaublich, der Geschmack, die Hitze, einfach alles. Damian stöhnt mir in den Mund und seine Härte zuckt zwischen uns. Er ergießt sich heiß auf meinen Bauch. Fieberhaft massiere ich seinen Po, halte ihn fest an mich gedrückt. Er versteht, antwortet mit kurzen, raschen Stößen seines Beckens, bis seine Erektion aufhört zu pulsieren, er auf mir zusammensackt. Wir kleben aneinander, doch das ist mir so was von egal.

Harsche Atemzüge wehen über meine schweißnasse Haut, schicken ein Prickeln darüber. Stumm bleiben wir einfach so liegen, genießen die Nähe des anderen und kommen wieder zur Ruhe. Ich träume, dass es für immer so bleibt und mit diesem angenehmen Gedanken klappen meine Lider zu. Schon bald nimmt Morpheus mich im Traumland in Empfang.

***

Ich schrecke aus chaotischen Träumen hoch, nehme verwirrt die fremde Umgebung wahr, taste automatisch neben mich. Leer. Die Laken sind kalt, die andere Betthälfte verwaist. Der Schmerz schnürt mir die Kehle zu. Ein leises Knacken ist zu hören, irgendetwas zischt, ich rieche kalte Glut. Ich drehe mich auf den Rücken, starre heftig blinzelnd an die Decke, registriere allmählich, wo ich mich befinde. Nicht Zuhause, ich bin in Cornwall, in diesem verrückten Liebeshotel.

Schnaufend rolle ich zurück auf den Bauch, vergrabe den Kopf unter einem Kissen. Es hat sich nichts geändert. Ich bin allein. Gestern Abend war ich es nicht, wir sind zusammen eingeschlafen, Damian und ich. Doch irgendwann mitten in der Nacht ist er fortgeschlichen - wie Andreas. Zornig pfeffere ich das Kissen quer durch das Zimmer, presse eine Faust in den Mund, um nicht loszubrüllen.

Was habe ich denn erwartet? Niemand ist zu irgendetwas verpflichtet. Man hat seinen Spaß, genießt einen Urlaub mit besonderen Extras und danach geht man seiner Wege. Ich bin eben ein Trottel, wenn ich darauf hoffe, hier die große Liebe zu finden. Ich hätte schlauer sein müssen, einfach nur genießen sollen, aber nein. Hals über Kopf habe ich mich in dieses Abenteuer gestürzt, wollte alles nachholen, was ich mit und bei Andreas versäumte. Und nun steckt mein dummes Herz tief in der Scheiße.

Knurrend rutsche ich an den Bettrand. Ich muss hier raus. Keine Sekunde bleibe ich länger in diesem Separee, in dem Raum, der mir etwas vorgegaukelt hat, das überhaupt nicht vorhanden ist. Beim Aufstehen fällt mein Blick auf ein Stück Papier auf dem Nachttisch. Ein winziger Hoffnungsstrahl stiehlt sich durch die dunklen Wolken meiner gedrückten Stimmung. Mit bebenden Fingern greife ich danach.

‚Hey Baby,

Du sahst so süß aus, wie du geschlafen hast, ich hab’s einfach

nicht über mich gebracht, dich zu wecken. Der Hunger hat mich

aus deinen Armen getrieben. Ich warte auf dich auf der Terrasse.

Dein Damian‘

Die Zeilen verschwimmen vor meinen Augen, ich lese sie wieder und wieder. Es ist keine überschwängliche Liebeserklärung, aber ein Anfang. Mit neuem Elan springe ich auf, husche in meine Suite, wo ich rasch dusche, in rasender Eile in frische Kleidung schlüpfe und dann einen Moment vor dem Spiegel verharre.

Die Maske sitzt erneut fest auf ihrem Platz, ihr Anblick ein immer größer werdender Störfaktor. Sie gibt mir das Gefühl, mich einzuschränken, zu hemmen, obwohl doch gerade die Anonymität die Illusion von Freiheit vermitteln soll.

Energisch schüttel ich die depressiven Gedanken weg. Ich bin zum ersten Mal wirklich verliebt und werde alles, was dazugehört bis zum letzten Tropfen auskosten - und später zuhause meine Wunden lecken. Der Urlaub ist noch nicht vorbei.

***

Nach einem ähnlich üppigen Frühstück wie gestern, spazieren wir durch einen winzigen Teil des Labyrinths, geben jedoch rasch auf, da wir beide null Orientierungssinn besitzen. „Okay. Bloß raus hier“, lacht Damian. „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich möchte in dieser Todesfalle auf keinen Fall verloren gehen.“

„Todesfalle?“, kichere ich. „Das ist ein Irrgarten. Doch du hast wahrscheinlich recht. Ich verlaufe mich ja schon in dem Kaff, wo ich herkomme, wenn ich es wage, mal querfeldein zu laufen. Ich sag dir, Abkürzungen sind für mich nicht empfehlenswert.“ „Tja, was wir beide brauchen, ist ein Navi für Fußgänger“, flachst mein Begleiter.

„Oder ein Kompass, damit wir einander immer wiederfinden. Falls ich mir hier drin verirre, dann wenigstens nicht allein.“ „Klingt nach einem Plan“, stimmt mir Damian zu.

Als wir gefühlte Stunden später endlich den Ausgang durchschreiten, schüttet es plötzlich, wie aus Eimern und ich fröstel. Mein Partner greift nach meiner Hand. „Ab ins Trockene, Baby. Ich weiß jetzt genau das Richtige um uns aufzuwärmen.“ „Ach, wirklich?“, will ich grinsend wissen, als wir über den Rasen fetzen. „Aber natürlich. Die heißen Bäder unten im Spa sollen legendär sein.“

Damian möchte mit mir in die Sauna? Oh ha. Na ja, es ist kein direktes Dampfbad, sondern tatsächlich ein Bad nach japanischem Vorbild. In der Infobroschüre habe ich einiges dazu gelesen und das klang echt interessant. Nur die Vorstellung, nackt mit völlig Fremden in den Pool zu steigen, ist mir etwas peinlich. Bin nicht so der Typ für FKK. Andererseits jagt mir der Gedanke an einen splitternackten Damian den Puls in die Höhe.

„Okay. Das ist ein Plan.“ Atemlos erreichen wir unsere Zimmer, betreten wie selbstverständlich zusammen das Separee. „Laut Hausordnung ist es gestattet, im Bademantel dort hinunterzugehen. Oder möchtest du dich lieber im Spa umziehen?“ „Bademantel“, entscheide ich, denn die feuchte Kleidung klebt mir mittlerweile unangenehm am Leib. „Unten können wir ja auch heiß duschen.“

„Einverstanden. In zehn Minuten wieder hier?“ Ich nicke, bekomme einen schnellen Kuss aufgedrückt und Damian huscht in seine Suite. Dabei bemerke ich, dass er die Verbindungstür nicht abgeschlossen hatte. Er befürchtet wohl nicht, dass ich nachts in sein Zimmer schleiche. Oder hofft er genau darauf?

Grinsend schlüpfe ich in mein Eigenes, zerre mir im Bad die nassen Klamotten runter, rubbel mich halbherzig ab und streife den flauschigen Frotteemantel über. Dann nehme ich die Maske ab, reibe mein Gesicht trocken. Hm, müsste ich die jetzt nicht eigentlich trocknen lassen? Das wäre ziemlich doof. Oder nein, Moment. Laut Heather ist das Material wasserfest und tatsächlich fühlt sich der Stoff überhaupt nicht feucht an. Probeweise ziehe ich sie wieder an. Ich merke keinen Unterschied zu sonst, scheint also wirklich Wasser abweisend zu sein.

Anders könnte das ja auch gar nicht funktionieren. Das komplette Spa ist ja dann nutzlos, da ohne Maske die vorgeschriebene Anonymität wegfällt. Dennoch wächst die Verlockung, Damian ohne diese Verkleidung zu sehen immer weiter in mir an. Seufzend suche ich im Schlafzimmer nach meinen Flip Flops, als es an der Verbindungstür klopft. „Mach mal hinne, mir frieren schon die Zehen ab. „Jaja, ich komme gleich. Muss nur noch ... Ah, da sind sie ja.“

In die Latschen rein, Keycard und Schlüssel in die Tasche, fertig.

***

Wir steigen im Untergeschoss aus dem Fahrstuhl und treten zu dem Bereich, wo wir durch ein Schild aufgefordert werden, die bereitgestellten Sandalen zu benutzen. Unsere eigenen Badeschlappen kommen auf ein Gitter daneben. Das ist im Moment leer, was mich sehr freut, damit bleibt mir die Peinlichkeit erspart, mit Unbekannten nackt zu baden - außer mit meinem Begleiter. Doch der fühlt sich immer weniger fremd an, eher wie der Mann, an den ich mein Herz verloren habe, wobei mir die tanzenden Schmetterlinge im Bauch eifrig zustimmen.

Neugierig schaue ich mich um, als wir den Duschbereich betreten. Damian geht zielstrebig auf die letzte gemauerte Nische am Ende des Raumes zu. „Hier sind wir wohl ziemlich gut geschützt, sollten andere Gäste kommen.“ „Stimmt. Die meisten werden eher die vorderen Kabinen nehmen.“ Wir schlüpfen aus unseren Slippern und hängen die Bademäntel an die dafür vorgesehenen Haken.

Beim Umdrehen erwische ich Damian, der mich anstarrt. Durch die Maske erkenne ich die Bewunderung in den funkelnden Iriden, die mich von Kopf bis zu den Zehen studieren. Wären die Augen Hände, würde ich nun am ganzen Körper gestreichelt werden. Nun, das Gefühl beruht auf Gegenseitigkeit. Wir sind zwar beide keine Supermänner, müssen uns jedoch keineswegs verstecken.

„Hm, wie fangen wir das jetzt an?“ Damian schaut sinnend auf die verschiedenen Brausen, die zur Verfügung stehen. „Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich glaube, ich verzichte auf weiteres spritzendes Nass von oben, solange ich die Maske trage. Du auch?“

„Oh ja, eine Dusche von oben reicht mir heute als Versuch, wie wasserfest das Teil tatsächlich ist“, schmunzle ich. Ich greife eine der zwei Handbrausen, stelle die Temperatur ein und wende mich meiner Begleitung zu. „Ich möchte dich gern waschen. Darf ich?“ „Mhm, das klingt nach Verwöhnprogramm. Unter der Voraussetzung, dass ich mich revanchieren kann.“

Lächelnd nicke ich und ziehe Damian dichter zu mir. Ich brause ihn ab, seife mit gespreizten Fingern den geschmeidigen Leib ein, genieße das Gefühl der glatten nassen Haut, die Festigkeit der Muskeln. Wassertropfen perlen an diesen hinab, erwecken in mir den Wunsch dem Pfad mit der Zunge zu folgen. Doch ich beherrsche mich. Ein kurzes Stelldichein unter der Dusche ist nicht das, was mir vorschwebt. Ich beeile mich deshalb und will mich entgegen unserer Abmachung rasch selbst abduschen, da nimmt er mir die Brause bereits aus der Hand.

„Nana, wir hatten einen Deal, Baby.“ Ergeben halte ich still. Mein Herz pumpt wie ein Blasebalg und mein Glied zeigt eindeutige Aufwärtstendenz. Damian spritzt mich von den Schultern bis zu den Füßen ab. Meine Beine nehmen die Konsistenz weich gekochter Nudeln an und ich frage mich, wie ich es überstehen soll, wenn er mich jetzt noch anfasst. Dann fühle ich auch schon seifige Finger über meine Haut gleiten. Sie hinterlassen an jeder Stelle, die sie liebkosen ein Prickeln, bis ich das Gefühl habe, gleich zu platzen.

Die sanften Berührungen erforschen meinen Körper in einer mir unbekannten Art und Weise. Ich spüre seine unterdrückte Aufregung in den bebenden Händen, wie sie meine Wirbelsäule entlangfahren, nach vorne über den Brustkorb gleiten, die Nippel sachte streifen. Mir klappen die Lider zu. Es ist himmlisch. Einfach nur Fürsorge. Noch etwas, das ungewohnt ist. Es ist schlichtweg ... schön. Mein Verlangen ist selbstverständlich weiter vorhanden, brennt immer heftiger, als Damian in die Knie geht, meine Beine einschäumt. Ein kribbelnder elektrischer Schlag legt alle Synapsen lahm, ich keuche erstickt auf, als glitschige Fingerkuppen rein zufällig an meinen Hoden kitzeln. Ich beiße mir auf die Zunge, um ihn nicht anzuflehen, sie zu kneten.

Stattdessen lehne ich den Kopf gegen die Fliesen, erlaube ihm besseren Zugang. Die Hände streichen jetzt über meine Waden, dann die Füße und wieder zurück zu den Hüften. Ein Ellbogen streift meine Härte. Ein Blitz durchzuckt mich und unwillkürlich ruckt mein Becken vor. Damians Gesicht, seine weichen Lippen sind so nah ... Ein leises Lachen. Mein Liebhaber kommt zu mir hoch, bringt diesen sündigen Mund dicht an mein Ohr. „Später, Baby“, haucht er hinein.

Ich erinnere mich daran, wo wir sind. Nicht in unseren Räumen, sondern im öffentlichen Bereich. Selbst wenn niemand in unsere Kabine kommen würde, Zuhörer könnte es definitiv geben und darauf stehe ich absolut nicht. Damian braust mich effizient ab, dann wickeln wir Handtücher um die Hüften und schlendern hinaus in den Badebereich. Aus den Augenwinkeln bemerke ich, dass bei ihm der Stoff ebenso ein Zelt baut wie bei mir. Ist jedoch egal, denn wir sind tatsächlich allein, was mich insgeheim sehr erleichtert. Ich bin zwar nicht prüde und die Maske verschafft mir immerhin eine ziemliche Anonymität, aber dennoch ... Na ja, ich werde wohl verschont.

Wir legen die Handtücher ab und steigen in den Pool. Es ist anfangs gewöhnungsbedürftig, so heiß, dass es zunächst unangenehm ist. Allzu lange können wir hier nicht drinbleiben, es sei denn, wir wollen uns gar kochen lassen. Nebeneinander sinken wir auf die eingelassenen Bänke nieder, lehnen uns zurück. Meine Lider klappen zu und ich rühre einen Moment keinen Muskel. Wenn man still verharrt, spürt man die Gluthitze kaum. Ich spüre förmlich, wie ich entspanne, mich auflöse, alles wird weich und geschmeidig.

Das Wasser kräuselt sich, die siedende Hitze nimmt zu. Damian rückt näher an mich heran, legt seine Hände auf meine Schultern, knetet gekonnt die verspannten Muskeln. „Hm. Das fühlt sich gut an.“ Ich lege den Kopf leicht zur Seite, die verlockenden Lippen schweben dicht vor meinen. Ich kann nicht widerstehen, möchte mich wieder in der Süße seines Mundes verlieren.

Unvermitteltes Stimmengewirr reißt mich aus meiner Verzauberung. Ich rutsche auf der Bank weiter nach hinten und ziehe dabei Damian zwischen meine geöffneten Beine. Die Blitze, die mich durchzucken, als meine Härte gegen seinen unteren Rücken drückt, ignoriere ich standfest. Nervös schaue ich den Neuankömmlingen, zwei Pärchen, entgegen. „Was dagegen, wenn wir euch Gesellschaft leisten?“, fragt ein dunkelhäutiger Muskelprotz in gebrochenem Englisch.

Verneinen steht eigentlich nicht zur Debatte und so nicken wir beide simultan. Erst da lassen die Vier ihre Handtücher zu Boden fallen und steigen ins Becken. Ich schlucke angestrengt, mein Mund plötzlich staubtrocken. Wie hatte ich vergessen können, dass sie ebenso wie wir völlig nackt ins Wasser gehen würden? Der Anblick vor mir ist ein köstliches Buffet, von dem man jedoch genau weiß, dass einem die dargebotenen Speisen am Ende nur einen verdorbenen Magen bescheren. Mein Unbehagen steigt zeitgleich mit meiner Erregung.

Der Höflichkeit halber tauschen wir ein paar unbedeutende Floskeln, doch die anderen verlieren rasch das Interesse an für sie anscheinend langweiliger Unterhaltung. Es dauert nicht lange und die Szenerie vor uns gleicht einem Porno. Ein wenig fassungslos bin ich schon. Das ist ja nun eindeutig gegen die Regeln des Hotels. Okay, es ist ohne Frage geil, aber hallo, wir sind ja auch noch da. Einer der Männer taucht plötzlich ab, und selbst wenn man kaum etwas erkennen kann, ist klar, was er da zwischen den Schenkeln des Schwarzen treibt.

Ich hole stockend Luft, meine Hände umklammern Halt suchend Damians Oberarme. Der drängt sich dichter an mich. Über seine Schulter hinweg sehe ich, dass ihn die Show ebenfalls nicht kalt lässt. Er wendet den Kopf zu mir herum, die Iriden hinter der Maske glühen regelrecht. „Verschwinden wir. Ich will dich für mich alleine“, wispert er nah an meinem Mund. Ich nicke benommen.

Wir klettern hastig aus dem Becken, sparen uns die Verabschiedung und greifen nach unseren Handtüchern. Im Duschraum nehmen wir die Bademäntel von den Haken, verzichten auf das obligatorische Abbrausen danach und huschen nach draußen. Wir wechseln die Slipper, steigen in den Fahrstuhl und schauen uns zunächst stumm an, ehe wir haltlos zu kichern anfangen. „Vielleicht hätten wir bleiben sollen und die Zeit stoppen“, japst Damian. „Wär doch interessant gewesen, zu sehen, wie lange der Typ die Luft anhalten und gleichzeitig einen BJ geben kann.“

Unser Lachen verebbt, hungrig tasten wir uns gegenseitig mit Blicken ab. Ich fühle mich nackt unter der intensiven Musterung, meine Lust wird unerträglich hochgepeitscht. Ich höre das harsche Atmen meines Begleiters, bin versucht, ihn sofort zu küssen und mache einen schwankenden Schritt auf ihn zu. Damian weicht hektisch zurück, hebt abwehrend die Hände.

Die Zurückweisung sticht schmerzhaft, entgeistert starre ich ihn an. „Ich stehe zu sehr unter Spannung. Wenn du mich jetzt anfasst, ist es vorbei, ehe es anfängt. Ich will dich, aber ich möchte es auch genießen, mir - und uns - Zeit lassen. Okay?“ Ein Muskel in seiner Wange zuckt, der Mund ist grimmig verzogen, das angedeutete Lächeln angestrengt.

Ich kann ihn verstehen, geht es mir doch nicht anders. Ich nicke, meiner Stimme traue ich nicht über den Weg. In Gedanken beknie ich den Fahrstuhl, einen Zahn zuzulegen.

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