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In unserer heutigen Zeit

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scheint der Doktortitel aber noch immer etwas Besonderes zu sein. Denn immer wieder wird von Schwierigkeiten, Mangel an Wahrheitsliebe oder gar von Betrug im Zusammenhang mit dem Doktortitel berichtet. Die Presse ist voll von Ereignissen über „Unfälle auf der akademischen Überholspur“ (1), die nicht nur dem Zeitungs-Sommerloch geschuldet sind. Das alles gehört zum Komplex Plagiat. Das ursprüngliche lateinische Plagium bezeichnet den Seelendiebstahl als moralische Größe. Die unberechtigte Inanspruch- nahme der Urheberschaft an einem Werk der Literatur, Wissenschaft oder Kunst ist Diebstahl fremden geistigen Eigentums. Sie ist als Betrug strafbar. In Zeiten moralischen Verfalls in der menschlichen Gesellschaft kommt es zur Aushöhlung dieser Wertbegriffe, was im Umgang mit Plagiatsvorwürfen zum Ausdruck kommt.

Der Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg hat die Nation beschäftigt und in mindestens zwei Lager gespalten. Als Plagiator unserer Zeit geht er locker und frei mit den Plagiatsvorwürfen um. Betrug als moralische Größe wird nicht mehr so „eng gesehen“. Eine Plagiatsaffäre ist oft nur ein Ereignis am Rande der Gesellschaft. Schmidt und Steinbrück(2) betonen, dass es in der Gesellschaft einen hohen Bedarf an Seriosität und Substanz geben soll. Das seriöse Publikum, gemeint ist wohl die anspruchsvollere Öffentlichkeit, hat genug von der ewig sich wiederholenden Politikshow, betonen die beiden

Polittitanen.

Kurz nach den Affären des Herrn Guttenberg hat Herr Scheuer aus Bayern mit einem tschechischen Doktortitel aufhorchen lassen(3). Aus der Stasi-Unterlagenbehörde wurde bekannt (4), dass es fragwürdige Stasi-Promotionen gibt, die wissenschaftlichen Ansprüchen nicht standhalten. Es geht also quer durch alte und neue Gesellschaften und ihre Ansprüche an ein gehobenes gesellschaftliches Design. Frau Schavan ist nach Schummeleien bei ihrer Doktorarbeit als Bildungsministerin zurückgetreten und wurde Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Vatikan (5). Hier wird Betrug also auch noch belohnt. In der Fernsehdarstellung „Aus der Murkelei“ (6) wird in Anspielung auf zahlreiche Adelsattribute Guttenbergs berichtet: „ich habe leider nur einen Doktor“. Das klingt wie in dem Lied von Peter Alexander „und wenn sie gar nichts sind, sage ich zu ihnen Herr Doktor“. Es gibt also auch Unterschiede bei der Handhabung.

Nach der politischen Wende waren z.B. promovierte Chemiker aus der ehemaligen DDR ganz einfach nur „überqualifiziert“ und deshalb schwer vermittelbar. Mein Kollege neben mir, er war Laborleiter, wesentlich jünger als ich, sagte zur Wendezeit zu mir, „dass er nicht promovieren werde, um nicht überqualifiziert zu sein“. Heute muss ich ihm Recht geben, ich bin nach der Wende zum Pflegefall, also auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar trotz Promotion geworden.

Als ehemalige DDR-Bürger hatten wir viel zu lernen, genützt hat uns dieser Fleiß wenig. Mindestens eine Generation trug das Kainsmal der im Sozialismus Aufgewachsenen. Gegen die zusätzliche Siegermentalität anzukommen war dann auch fast unmöglich.

Nun gibt es im täglichen Leben große Unterschiede bei der Handhabung des Doktortitels. Voll beansprucht wird er von den Medizinern. Der verehrungsvoll angesprochene „Herr Doktor“ gleicht dem Gottesanspruch der Mediziner in der antiken Welt und nimmt es als Selbstverständlichkeit der Anrede hin, während der nichtpromovierte Mediziner diese Form der Anrede nicht ablehnt, manchmal sich auch heimlich-schleichender Weise ihrer bedient. Für die medizinischen „Schwerverdiener“ ergibt sich das aus den gesellschaftlichen Strukturen. Dabei war die Doktorarbeit der Mediziner bis in die jüngere Vergangenheit oft nicht mehr als eine Belegarbeit, die als wissenschaftliche Arbeit niederen Status einzuschätzen ist. Dass so etwas wie “der göttliche Status aus der Zeit der Antike von den Göttern in Weiß“ beansprucht wird, entspricht den monetären Ansprüchen von Gottesgehilfen in unseren widerspruchsvollen und geldorientierten Zeiten. Göttervater Zeus hatte es da noch leichter. Er hat den Nebenbuhler, der ihm die Show durch das Heilen von Toten gestohlen hatte, einfach aus dem Weg geräumt.

Mediziner schludern nach Einschätzung von Plagiatsjäger Dannemann (7) bei ihren Doktorarbeiten häufiger als andere Wissenschaftler. Gleichzeitig seien Dissertationen mit Datenanalysen, wie es in der Medizin oft der Fall sei, schwer zu überprüfen.

Jetzt wieder steht eine Politikerin im Mittelpunkt von Plagiatsvorwürfen(8), die Medizinische Hochschule Hannover hat eine Hauptprüfung eingeleitet. Wieder ist es ein Mitglied der politischen Kaste, die mit der Hypothek eines verlorenen Doktortitels als potentielle Nachfolgerin der Kanzlerin nicht in eine Bundestagswahl

ziehen könnte. Und so geht es auf der „politischen Hühnerleiter“ nach Volkes Mund „beschissen“ immer weiter. Die Forderung nach hohem wissenschaftlichem Sachverstand und hoher moralischer Integrität wird oft einfach unter den Tisch gefegt.

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