Читать книгу Die kleine Schule - Elke Lehne - Страница 6

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4. Die Alte Föhre kämpft

Ja und als nun die Zeit gekommen war, als die alte Föhre ihre Äste und Zweige fast nicht mehr halten konnte, damals, als der Nordwind den Schnee so reichlich aus dem hohen Norden holte, stützten die drei alten Gesellen ihre Freundin von allen Seiten. Zuerst hielten sie tagelang durch, dann wurde es Woche um Woche. Der Winter schien in diesem Jahr gar kein Ende nehmen zu wollen. Immer und immer wieder erlösten sie die Äste und Zweiglein der besten Freundin von dieser schweren kalten Last. Im Wechsel sprachen sie ihr tröstende Worte zu; sie schüttelten den Schnee immer wieder von den Zweigen herunter, abwechselnd - sie hauchten das Eis auf den Zweigen solange an, bis es schmolz, aber es kam immer und immer wieder.

Und dann kam das erste Frühlingsgewitter mit mächtigen Regengüssen. Dunkle Wolken von einem zum anderen Horizont – ein Blitz folgte auf den anderen, ein Donner auf den nächsten. Die Föhre stand stolz und trotzte dem Unwetter. Viele Vögel hatten in ihr Zuflucht gefunden, Hasen und Waldmäuse erzitterten unter ihr bei jedem Blitzschlag, der zu Boden ging.

War es jetzt endlich vorbei? Alle lauschen. Ein letzter mächtiger Blitz traf die Erde – nein – die geliebte Freundin! – Im selben Moment beendete ein ebensolcher Donnerschlag das Naturschauspiel. Ruhe im Wald.

Darauf folgte ein zweites Krachen, ein drittes und viertes! Die letzten waren zögerlich und nicht so laut – es waren Teile der höchsten Äste der alten Föhre, die langsam zu Boden gingen.

Noch stand sie da am Waldrand – immer noch höher als alle Bäume rundherum, breiter als zehn Bäume ihrer Nachbarschaft zusammen, aber von den drei Spitzen weit oben gab es keine mehr und auch auf der Wetterseite hatte ein abgebrochener Ast eine riesige Lücke hinterlassen.

Diese Teile der schönen Föhre ließ damals der für dieses Revier zuständige Förster mit Pferden abtransportieren.

Bald schon begann der Sommer – Hitze ohne Ende – Tag für Tag - kaum ein Regentropfen, der den Durst der vielen Bäume mit all ihren Blättern oder Nadeln (die auch eigentlich Blätter sind) hätte stillen können – Trockenheit wohin man sah.

Auch der vom Kampf gekennzeichnete Baum hatte Durst.

Da bildeten sich zuerst kleine Harztröpfchen an der guten alten Borke zwischen den noch sanft orange-rötlich schimmernden uralten Platten, die schon sehr grau geworden waren.

Das sah für die drei Freunde aus wie kleine heimliche Tränchen, die die Föhre vor ihren besten Freunden nicht mehr zurückhalten konnte.

Als dieses Harz größer wurde, und die restlichen Äste allmählich kahl, war es Gewissheit – die alte Föhre hatte ihren Kampf verloren, sie musste den Naturgewalten nachgeben.

Sie hatte gekämpft, ein Leben lang. Das brauchte sie nun nicht mehr. Sie dachte noch einmal an so unendlich viele schöne Tage in all den vielen Jahren. Sie hatte herrlich viele Frühlinge, Sommer, Herbste und Winter kommen und gehen sehen und nun war ihre Zeit gekommen.

Wie lange das alles dauerte, kann heute keiner mehr ganz genau sagen, aber die Alten unter uns wissen noch ganz genau von ihrer übergroßen Würde und Schönheit, die sanft dahinschmolz.

Die kleine Schule

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