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Die historische Gestalt Moses

Zum grundsätzlichen Verständnis der fünf Bücher Moses, ist es hilfreich, den Titelgeber Moses besser einschätzen zu können. Bis zur Aufklärung herrschte die Meinung, der Mann Moses habe die Bücher geschrieben. Selbst in heutigen theologischen Aufsätzen ist noch diese Meinung zu finden. Fazit: Wer das behauptet, hat die Bücher Moses nie ganz gelesen, sonst wüsste er besser Bescheid. Wie man später sieht, kann Moses die nach ihm benannten Bücher nicht geschrieben haben, denn welcher Schriftsteller kann über seinen eigenen Tod und seine Beisetzung berichten?

Die Frage bleibt: Wer war Moses.

Der Name

Moses Geburtsort ist Ägypten. Seinen Namen erhielt er von einer ägyptischen Prinzessin. Es ist also anzunehmen, dass er bewusst einen dort üblichen Namen erhalten hat. Der Name Moses leitet sich von dem ägyptischen Verb gebären (m´s) ab. Die Kurzform "mosis" bedeutet "geboren", im üblichen Sinne steht diese Verbform für "Sohn des ...", beispielsweise Thutmosis (dem Thut geboren oder Sohn des Thut).

Da bei der Mosesfigur vor dem Wortteil mosis kein Vatername steht, ist anzunehmen, dass hiermit namentlich seine unbekannte Herkunft unterstützt werden soll. Übrig bleibt demzufolge nur die Bedeutung "der Geborene" oder sinngemäß "Sohn". Der Name Moses hat also im Ägyptischen keine eigene Aussagekraft.

Der ägyptische Namensteil ging wahrscheinlich als Lehnwort in die hebräische Sprache ein, wo dieses zu Mose, ausgesprochen Mosche, oder gleichbedeutend in der ägyptischen Form zu Moses geworden ist. Im Hebräischen gibt es viele Lehnwörter aus diversen Sprachen, was durch die nomadische Lebensweise der frühen Israeliten nicht ungewöhnlich ist. Sie hatten mit fast allen Völkern im gesamten ägyptischen und vorderasiatischen Raum Kontakt. Dass man dann Lehnwörter aus anderen Sprachen übernimmt, ist normal. Bestens bekannt sind beispielsweise die Lehnwörter El, Eden und Cherub.

Die Kindheit

Moses wird als Neugeborener in einem Korb auf dem Nil ausgesetzt und von einer ägyptischen Prinzessin adoptiert. In dem biblischen Bericht von der Geburt Mose ist das gleiche Motiv der Aussetzung und Errettung des Heldenkindes erkennbar, das in mehreren Mythologien des Altertums mit ähnlichen Merkmalen vorkommt. Zwei Beispiele zeigen Ähnlichkeiten:

1. Romulus und Remus wurden unmittelbar nach ihrer Geburt in einem Weidenkorb auf dem Tiber ausgesetzt. Als das Hochwasser des Tibers zurückging, strandete der Korb am schlammigen Ufer. Das Schreien der Kinder lockte eine Wölfin an, die sie in ihre Höhle brachte und säugte.

2. Noch genauer entspricht die Legende neuassyrischen Texten (um 8. Jahrhundert v. Chr.) über Sargon von Akkad. Sargon wird in einem wasserdichten Röhrichtkästchen im Fluss gefunden und von seinem Retter adoptiert. Geschichtlich passt diese textliche Entlehnung in die Zeit, in der die Mosesbücher geschrieben wurden. Die Erzählungen der Autoren spielen natürlich in einer sehr viel früheren Zeit. Da liegt der Verdacht nahe, dass die Autoren hier kräftig fremd-inspiriert wurden.

Der Tod

Es ist sicher, dass Moses keines der ihm zugeordneten Bücher geschrieben haben kann. Er wäre der erste Autor, der in seinem 5. Buch, Kapitel 34, über seinen eigenen Tod berichtet. Dort steht auch wörtlich, dass man sein Grab bis heute nicht gefunden hat.

5. Mose 34:5 Also starb Mose, der Knecht des Herrn, daselbst im Lande der Moabiter nach dem Wort des Herrn. 5. Mose 34:6 Und er begrub ihn im Tal, im Lande der Moabiter, gegen dem Hause Peor. Und hat niemand sein Grab erfahren bis auf diesen heutigen Tag.

Eine interessante Frage ist, wann bis auf diesen heutigen Tag war. Experten nennen das Jahr 622, als das Buch vom Bunde bei der Tempelrenovierung "zufällig" gefunden wurde. Es wird vermutet, dass es sich dabei um das fünfte Buch Moses handelt, das gerade frisch geschrieben worden war.

Diese Verse beweisen, dass Moses nicht der Autor gewesen sein kann. Aber hier offenbart sich, dass selbst der Klerus seine Basisliteratur, in diesem Falle das fünfte Buch Moses, über viele Jahrhunderte hinweg nicht aufmerksam oder nur unvollständig gelesen hat. Das passt in das Bild, dass die Kirche vorwiegend an partieller Verwertung der Bibel interessiert ist. Außerdem stützt es die Annahme, dass selbst die Priesterschaft beim Umgang mit der Bibel sich nur auf die Stellen konzentriert hat, die von der Kirchenführung vorgegeben wurden.

So ist erklärbar, dass in vielen Köpfen Moses als Buchschreiber und richtungsweisender Führer und Lehrer gesehen wird. Zitierfreudige verwenden gerne die Floskel "Moses sagt … ", meinen damit aber "im Buch Moses steht ... ", wobei diese Unterscheidung für sie keine Rolle spielt. Der Autor Moses ist für sie real.

Nach Aussage im Text wurde Moses 120 Jahre alt. Er hat große Wege zurückgelegt, früher alleine und später mit seinem Volk. Kein Moses-Biograf könnte vom Schilfkörbchen auf dem Nil bis zum Tode im Land der Moabiter aus eigenem Miterleben korrekt berichten. Im Buch steht:

5. Mose 31:1 Und Mose ging hin und redete diese Worte mit dem ganzen Israel; 5. Mose 31:2 und sprach zu ihnen: Ich bin heute hundertundzwanzig Jahre alt, ich kann nicht mehr aus und ein gehen; dazu hat der HErr zu mir gesagt: Du sollst nicht über diesen Jordan gehen."

Es fällt auch auf, dass von Moses in allen Texten nur in der dritten Person berichtet wird. Kein Autor würde eine solche Darstellungsform wählen, sondern mit Sicherheit in der Ich-Form schreiben. Nüchtern betrachtet beweist der Bibeltext selbst, dass Moses gar nichts sagt, denn Andere schrieben, was Moses angeblich sagte. Aufgrund der Diktion ist die Bibelwissenschaft sicher, dass mehrere Autoren an der Formulierung der Bücher Moses beteiligt waren.

Berichte Dritter

Bis heute ist nicht eine einzige Inschrift und kein Papyrus oder Ähnliches entdeckt worden, wo der Name Moses erwähnt oder zumindest umschrieben wird. Es gibt auch keine andere historische Person, der das Leben und Wirken des Moses zugeordnet werden könnte. Dies gilt für alle ägyptischen und vorderasiatischen Kulturkreise. Bei den einschneidenden Erlebnissen, die die Ägypter laut dem zweiten Buch, dem Exodus, mit Moses hatten, wäre mit Sicherheit irgendwo irgendetwas über ihn berichtet worden. Aber es gibt nichts. Von keinem Volk, das beim 40-jährigen Zug durch die Wüste von den Israeliten kriegerisch tangiert wurde, gibt es auch nur einen einzigen Hinweis.

Umstrittener Exodus

Wissenschaftlich umstritten ist das gesamte Thema der Knechtschaft der Israeliten in Ägypten. Einige Historiker schließen aus ägyptischen Texten, die Israeliten seien als Fremdarbeiter im Bauwesen gut bezahlte Spezialisten gewesen. Dem steht sachlich entgegen, dass sie bis dahin als Nomadenvolk in ihrer Heimat keine aufregenden Bauten zustande brachten. Auch die Baumaßnahmen des Turms in Babylon, mit israelitischer Beteiligung, gingen bekanntermaßen negativ aus, während die Ägypter zu diesem Zeitpunkt schon gewaltige Bauleistungen vollbracht hatten. Wenn die Israeliten Fremdarbeiter waren, dann waren sie eher Hilfskräfte und keine Bauingenieure oder Architekten. Dem entspricht die biblische Darstellung, dass sie lediglich Ziegelsteine hergestellt haben, eine primitive Arbeit.

Die Bibel schildert, dass einst die Großfamilie des Jakob mit ihrem kompletten Hausstand auf Einladung des Pharao nach Ägypten zog, sich dort ansiedelte, sich kräftig vermehrte und so den Grundstock für das Volk des Jakob, der später den Namen Israel erhielt, in Ägypten legte. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung könnte dennoch ein Interesse hergeleitet werden, warum die Ägypter einerseits die Israeliten nicht zu mächtig werden ließen, aber andererseits sie auch nicht ohne Weiteres abziehen lassen wollten.

Bei der systematischen genauen Untersuchung des Auszugs aus Ägypten konnten von namhaften Archäologen keinerlei Spuren auf den möglichen Wegen auf der Halbinsel Sinai gefunden werden. Empfehlenswert ist hierzu das Buch "Keine Posaunen vor Jericho" von den renommierten Archäologen Israel Finkelstein und Neil A. Silberman mit dem Untertitel "Die archäologische Wahrheit über die Bibel".

Gemäß herrschender Fachmeinung müssten auch nach Jahrtausenden noch archäologisch nutzbare Spuren vorhanden sein. Nach dem Bibelbericht handelte es sich immerhin um eine riesige Menschenmenge von allein 600.000 Männern, wobei im Rahmen von Volkszählungen immer nur wehrfähige Männer im Alter von mindestens 20 Jahren gezählt wurden.

2. Mose 12:37 Also zogen aus die Kinder Israel von Raemses gen Suchoth, sechshunderttausend Mann zu Fuß ohne die Kinder. 2. Mose 12:38 Und zog auch mit ihnen viel Pöbelvolk und Schafe und Rinder und fast viel Viehes.

Vorsichtig angenommen, dass jeder Mann durchschnittlich eine Frau und ein Kind hatte, handelt es sich inklusive Gesinde um mindestens rund 2 Millionen Menschen, zuzüglich Tausende von Tieren, unzählige Transportmittel, tonnenweise Kochgeschirr und Haushaltsmaterial.

Die 2-Millionen-Zahl an Auszüglern ist bereits stark untertrieben. Dass trotz intensiver Suche bis heute keine noch so geringe Spur gefunden wurde, verdichtet sich zu der archäologisch und historisch herrschenden Meinung, dass der Auszug aus Ägypten nie stattgefunden hat, also eine Legende ist, mit der ein fiktiver Held namens Moses literarisch geprägt wurde.

Direkt auffallend finden sich in den Bibeltexten an mehreren Stellen sehr starke Indizien dafür, dass auch die 40-jährige Verbannung nicht real sein konnte. Es werden mehrere Szenen beschrieben, die bei dieser Volksgröße nicht möglich sind.

Generell erhebt sich im Vorfeld des Auszugs sowieso die Frage, warum ein allmächtiger Gott so umständlich mit Hilfe von Plagen den Pharao überzeugen muss, die Israeliten ziehen zu lassen. Wie sich später herausstellt, ist der Grund dafür, dass er mit der langen Kette der Plagen den Israeliten seine Macht beweisen wollte. Die wurden aber davon nicht wirklich überzeugt, wie sich mehrfach in den Texten zeigt. Genau genommen hat Jahwe, der neue Gott der Israeliten, hiermit eher seine Ohnmacht bewiesen. Ein Machtbeweis wäre gewesen, die Israeliten mit einem einzigen Wort aus der Knechtschaft zu befreien.

Wer war Moses?

Bei den Bibel-Wissenschaftlern und den Historikern grassieren mehrere Auffassungen über Moses.

Eine Minderheit meint, Moses sei ein ägyptischer Prinz oder hoher Beamter gewesen. Dagegen spricht, dass sein Name nirgends erwähnt wurde. Für ein Volk, das in dieser Zeit schon jeden Lieferschein protokollierte, ist das mehr als deutlich.

Andere sind zu der Überzeugung gelangt, er sei keine historische Figur und sehen in dem Bericht über seine Aussetzung und Errettung ein Plagiat. Sie meinen auch, dass Moses eine rein künstliche, literarische Figur ist, die als Religionsstifter erfunden und eingesetzt wurde.

Mit Sicherheit ist er im AT mindestens eine romanhafte Heldenfigur, die als Sittenlehrer und Religionsstifter aufgefasst werden muss.

Unabhängig von einem Existenzbeweis des Moses muss man bei der Diskussion der Texte davon ausgehen, dass die Mosesbücher zutreffend sind, sonst hätte die Bibelwissenschaft an dieser Stelle kein Thema - die Kirche allerdings auch nicht.

Macht statt Seelenheil

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