Читать книгу Finding Nemo & Pisco Sour - Fausta Nicca Capeder - Страница 6

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Ich möchte wieder einmal ein Zeitverschwender sein mit dem Luxus der Langsamkeit. Meine: Der Weg ist das Ziel! Musse und Zeit sind Faktoren, die das Reisen überhaupt ausmachen und die im immer rascheren Wandel unserer Welt vielfach verlernt worden sind. WLAN-freie Zeit: Digital detox, digitale Diät. Keine Emails mehr. Stille neu entdecken, die in der Hektik der Moderne untergegangen ist. Quality time. Familienzeit!

Was bringt eine Familienreise überhaupt? Es gibt wenig, was sich mehr lohnt, als den Kindern die Möglichkeit zu geben die Welt kennen zu lernen! Ihnen den Respekt für andere Kulturen beizubringen und sie zu Hause fühlen zu lassen, egal wo man gerade ist! Reisen mit Kind(ern) ist eine Gruppenerfahrung, die sehr viel Spass machen kann!

Wieso empfehlen einem Leute, zu Hause zu bleiben und zu warten bis das Kind älter geworden ist, damit es etwas habe von den Reisen? Eltern müssen doch nicht aufhören, das zu tun, was sie lieben, nachdem sie Nachwuchs bekommen haben. Elternschaft verpflichtet uns doch nicht zum Opfer bringen! Ich habe schon hören müssen, ich sei eine Egoistin, ein Kind habe doch nichts vom Reisen, so weit weg, es würde sich doch gar nicht daran erinnern. Soll ich denn nach Rimini oder Jesolo fahren, nur weil ich ein Kind habe?

Als ich in meinen Zwanzigern als Backpacker durch Indien trampte, begegnete ich in Udaipur einer französische Familie mit einem ein- und einem dreijährigen Kind! Im Toy Train von Mysore nach Ooty einer dänischen Familie, die ihr Vierjähriges dabei hatte - sie reisten allerdings mit Auto und Chauffeur statt mit dem öffentlichen Verkehr. Ausser eben mit der antiken Dampfeisenbahn.

Im Jahre 2015 reisten wir drei Monate durch Zentralasien, vom Iran über Turkmenistan, Usbekistan nach Kirgistan. Ich konnte nicht mehr schlafen, weil ich ständig darüber nachdachte was ich alles mitnehmen soll und ob es nicht doch etwas gefährlich sei. Nachher fand ich, ich hätte trotzdem gut schlafen können: Alles hat wie am Schnürchen geklappt!

Wir haben harmlos angefangen, unseren Sohn ans Reisen zu gewöhnen: Im ersten Jahr flogen wir in den ägyptischen Hippie- und Backpackerort Dahab, im zweiten Jahr nach Lanzarote, Flitterwochen in Marokko. Jeden Tag weiter, höchstens zwei Nächte im gleichen Hotel. Frankreich, Italien, England (Bristol, Cornwall), Deutschland (Rügen), Sri Lanka, die Malediven, Schottland; Corsin ist jetzt 8 und war schon in 23 Ländern (oh Gott, sein digitaler Fussabdruck und seine CO2-Bilanz…)!

Ich lernte, sofort den Grundsatz zu brechen, wenn man mit einem Kind reise, müsse man ihm das Zuhause mitnehmen. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, auf einem Campingplatz meinen Urlaub zu verbringen, wo ich ja sonst nie campe. Nichts gegen campen, verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte es nicht werten. Kinder brauchen zwar einen Strand, aber sie dürfen dann nicht lange fliegen zu diesem! Ich habe Babies gesehen im Ferienflieger auf die Malediven, die haben 9 Stunden keinen Pieps von sich gegeben. Sie werden sich natürlich nie an diese Malediveninsel erinnern, aber sie werden hier und jetzt die Gegenwart mit ihren Eltern geniessen… Je jünger die Kinder sind, desto einfacher ist es, mit ihnen zu reisen. Kinder lieben die Einfachheit. Der Nachteil mit einem Zweijährigen im Restaurant ist nur, dass man meist keine Zeit für Vorspeise, Dessert und Kaffee mehr hat, sondern nur schnell-schnell die Hauptspeise essen kann und dann grad wieder rausrennen muss, weil das Kind nicht länger still sitzen kann. Wir wollen ihm nicht immer ein Tablet oder Handy vor die Nase stellen, ihn youtuben lassen.

Ich möchte aber keinen Erziehungsratgeber schreiben. Wir wollen unserem Kind die Gelegenheit geben, sich an Alltagssituationen zu gewöhnen, wie zum Beispiel in Restaurants einzukehren.

Destinationen sollten sorgfältig ausgesucht werden, eine Liste von Orten gemacht, die die ganze Familie glücklich macht. Man muss nicht jede Minute verplanen, aber mögliche Optionen in Gedanken behalten. Was macht man wo? Eine Aktivität jeden Tag, dass dem Bürschchen Freude bereitet. Kompromisse! In Bangkok ist das dann halt eher ein Besuch im Aquarium anstatt das Abklappern des Royal Palace und Dutzender Tempel. Jeder soll sich zufrieden fühlen und jeder ist speziell. Jeder lernt auf seinem Level. In Buchara, Usbekistan, haben wir zum Beispiel abgemacht, dass wir vormittags Moscheen, Medressen und Karawansereien besuchen, nach dem Mittagessen jedoch in den Samani Park auf die “Chilbi” gehen.

Wenn es nur wenig Spielzeuge gibt und kein WLAN, dann finden die Kidsschneller Freunde! Vor drei Jahren im Iran hat Corsin mit den Töchtern eines alten Freundes gespielt, mit den Buben eines befreundeten Iran Air-Piloten, auf den Spielplätzen mit afghanischen Flüchtlingen, mit deutsch sprechenden Österreich-Persern in Isfahan. Sonst sind die eigenen Kinder von unseren Gastfamilien oder Gästehausbesitzer und deren Katzen, Hunde, Ziegen, Lämmer, Esel, Kälbchen, Enten, Truthähne und Hühner seine Spielkameraden. Oft haben uns unsere Gastgeber sogar junge Hündchen “aufgetrieben”! Plötzlich tauchte Corsin auf dem Flughafen Taschkent mit einem deutschsprachigen Mädchen an der Hand bei uns am Gate auf: Er hat kurzerhand das Kind von deutschen Reisenden gefunden. Mit dieser Familie haben wir dann mehrmals in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek abgemacht und gingen zusammen in den Lunapark.

Langsamkeit ist dabei das Stichwort. Neue Kulturen kennenlernen, Bereitschaft, nicht zu viel zu verplanen. Viel wert für das Unerwartete. Wir erklären unserem Kind, dass wir selber noch nicht wissen, in welchem Hotel wir am Abend übernachten werden, weil wir noch nie dort gewesen seien. Von meiner besten Freundin, die vor mir Kinder bekommen hat, wusste ich, dass es den Kindern eigentlich egal ist, wo sie ihren Urlaub verbringen, Hauptsache mit den Eltern. Wieso sollte ich mich für eine für mich langweilige Destination entscheiden? Es gibt absolut keinen Grund. Wenn die Eltern glücklich sind, gefällts dem Nachwuchs auch. Gilt auch umgekehrt: Gefällts den Kindern, sind auch die Eltern zufrieden.

Wohin wollen wir also? Australien? Neuseeland? Südafrika? Südafrika- Swasiland-Lesotho-Namibia-Botswana-Simbabwe-Südafrika-Rundreise? Wir haben siebeneinhalb Wochen. Verwandte in Kapstadt. Eine Freundin in Buenos Aires. Vietnam - Kambodscha - Laos - Thailand? Können wir auch einzeln haben. Sehr ausschlaggebend. Jedes Jahr ein anderes Land. Wenn wir schon über 7 Wochen am Stück haben, wäre es schade, nicht eine Destination zu wählen, die man sonst nicht bereisen würde.

Eigentlich ist es egal wohin man fährt. Kann auch mit dem Eselwagen durch Frankreich sein. Da unsere Auszeit in den Monaten Oktober/November ist, fällt Skandinavien weg, ebenso Sibirien. Zu kalt. Zentralasien? Grad gewesen, obwohl alle Freunde aus Teheran, Isfahan, Lorestan, Aschgabat, Samarkand und überall in Kirgistan fast täglich per whatsapp fragen, wann wir denn wieder kämen. Wir brainstormen.

Und entscheiden uns für Südamerika.

Ich recherchierte wochenlang Campervans in Neuseeland, da melden sich Freunde aus Deutschland, die noch in Uruguay hocken. Meine Freundin aus Buenos Aires schreibt aus ihrem Hundeschlittenurlaub in Lappland. Ich bekomme Fotos aus Patagonien, aus dem Torres del Paine. Renne zu meinem Chef rüber, der grad in Südamerika war. Der hört nicht mehr auf zu schwärmen: Die Landschaften dort seien nicht von dieser Welt! Die Schönheit eines Perito Moreno Gletschers! Fitz Roy!! Salar de Uyuni!!! Die A n d e n!!!! Die Weiten der Atacama-Wüste!!!!!

Mein Herz schlägt höher. Mariana, meine argentinische Freundin, drängt schon seit Jahren, ich solle sie endlich besuchen kommen. Sofort rufe ich sie an. Die Entscheidung ist gefallen. Meine Mutter hat jetzt schon Angst. Südamerika. Mafia. Drogentote, Militärdiktaturen… Neuseeland und Australien verblassen. War eh schon dort (1993 und 1997). Jetzt kann die Planung beginnen! Eine Reise zwischen Anden und Pazifik, bis ans Ende der Welt.

Finding Nemo & Pisco Sour

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