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Schritt 1: Chaostheorie

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Zuerst war alles Chaos. Die Zeit, der Sternenhimmel, die Erde, die Lüfte und das Wasser waren allesamt untereinander gemischt, und in dieser Mischung steckte weder Sinn noch Ordnung. Das Chaos war endlos und düster, ein gähnender Abgrund, durch den jene durcheinandergemengten Elemente, die einmal die Welt bilden sollten, immerzu stürzten.

Bevor es die Erde gab oder das Meer oder den Himmel, der alles bedeckt, war die ganze Natur in aller Welt dieselbe: [nämlich] was man später Chaos nannte, eine rohe, formlose Masse, nichts als träge Materie, schlecht verbundene, in Zwietracht lebende Samenkörner der Dinge, alle am selben Ort miteinander vermengt. OVID, Metamorphosen 1,5–9

So enthielt das Chaos schon alles, was jemals sein würde, obwohl noch nichts davon in geordneter Form existierte. Es war, wie die Anhänger des Orpheus es später beschrieben, „das Ei der Welt“. Hier, im unermesslichen Raum, bevor es die Zeit gab, begannen einige Kräfte Gestalt anzunehmen, die zu den ersten geordneten Mächten im Universum wurden. Es waren die großen vier: Eros, Gaia, Tartaros und Nyx/Erebos. Von den Tausenden und Abertausenden göttlicher Wesen, die in künftigen Zeitaltern erscheinen sollten, stammt jedes Einzelne von ihnen ab.


Nachleben in Kunst und Kultur: Eros

Der berühmte Amor als Sieger, den Caravaggio 1602 malte, zeigt Eros als einen liederlichen Jugendlichen mit Dauergrinsen, der spöttisch vor den Tätigkeitsfeldern des menschlichen Strebens steht (dargestellt unter anderem durch Waffen, eine Laute und einen Zirkel), die seine Macht hinwegfegt. Die bei Weitem berühmteste Statue des Eros ist seit 1893 ein fester Punkt im Londoner Stadtbild und steht am Piccadilly Circus – obwohl der Bildhauer Alfred Gilbert mit ihr eigentlich ein göttliches Pendant zu Eros darstellen wollte, nämlich Anteros oder „Gegenliebe“. Es ist eine der ersten Statuen überhaupt, die aus Aluminium gegossen sind.


Eros und sein mächtiger Bogen

Eros Als Erster ging aus dem Chaos der Urgott Eros (Liebe) hervor. Der ursprüngliche Eros war eine ungeheure Macht, vielleicht die stärkste von allen, denn ohne Eros wären die anderen Wesen, die dem Chaos entstiegen, statisch und unveränderlich geblieben, ewig zwar, aber unfruchtbar. Denn Eros verkörperte nicht nur die Liebe, sondern auch das ganze Prinzip der Fortpflanzung. In späteren Zeiten trat er viele seiner Pflichten an andere Gottheiten ab und wurde so zum knuddligen Amor oder Cupido (Begehren) der Römerzeit. Aber wenn wir zu den späteren Erzählungen kommen, grässlich, wie sie manchmal sind, tun wir gut daran, uns zu erinnern, dass das mythische Universum mit Liebe gemacht ist.

Gaia Die Erste, die dem Zauber des Eros verfiel, war Gaia, die Erde, denn nur die Erde kann allein aus sich selbst Dinge hervorbringen – ein Prinzip, das die alten Griechen ebenso wie die Moderne unter dem Namen Parthenogenese oder „Jungfrauengeburt“ kennen. Und so brachte Gaia „ohne süße Liebesvereinigung“, wie Hesiod sagt (Theogonie 132), von sich aus Uranos hervor, der der Himmel war (caelus bei den Römern), und Pontos, das Wasser.

Tartaros Er war das dunkle Gegenstück zu Gaia. Wo Gaia fruchtbar und lebendig war, da war Tartaros steril und tot. In späteren Zeiten wurde der Tartaros zum Kerker für Giganten und Ungeheuer (menschliche wie sonstige), die zu mächtig oder gefährlich waren, um die Erde zu bewohnen. Selbst Eros konnte mit Tartaros nichts anfangen, der folglich keine Nachkommen hervorbrachte.

Nyx Da hatte Eros es mit Nyx schon leichter, „der schwarzen Nacht“ (Theogonie 123f.), die schon eine gewisse Doppelnatur mitbrachte, da sie zugleich Erebos war, die Nacht im Tartaros. Und durch Vermittlung des Eros kamen Nyx und Erebos zusammen und zeugten Hemera, die der Tag wurde, und Aither, der das Himmelsgewölbe ist, die oberen Luftschichten, der Atem der Götter und die Grenze zwischen Tartaros und Gaia. (Aither war zwar eine der Urkräfte des Universums, aber keine besonders kreative, also ist es keine Überraschung, dass – als er später dann doch mit Gaia zusammenkam – ihr Nachwuchs Aergeia war, die Göttin der Trägheit.) Mit der Geburt dieser Wesenheiten waren die Grundzüge des Universums vollständig.

Von zänkischen Göttern und tragischen Helden

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