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5. Verordnungen über Bücherwesen aus der Zeit von Erfindung der Buchdruckerkunst bis zum Beginne der Reformation.

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Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst wurde die Verbreitung von schlechten wie guten Büchern wesentlich erleichtert und dadurch eine schärfere Beaufsichtigung des Bücherwesens von Seiten der kirchlichen Behörden veranlasst. Zu einer solchen bot sich jetzt ein Mittel dar in der Einführung der vorherigen Prüfung der zu druckenden Bücher, der Präventiv-Censur.

Der erste auf den Bücherdruck bezügliche päpstliche Erlass ist die Bulle Inter multiplices Alexanders VI. vom 1. Juni 15011). Es heisst darin:

Die Buchdruckerkunst ist sehr nützlich, sofern sie die Vervielfältigung bewährter und nützlicher Bücher erleichtert; sie würde aber sehr schädlich werden, wenn sie zum Drucken verderblicher Schriften missbraucht würde. Darum müssen die Drucker durch geeignete Mittel angehalten werden, das Drucken solcher Schriften zu unterlassen, welche dem katholischen Glauben zuwider oder geeignet sind, den Gläubigen Anstoss zu geben. Da nun Wir, die Wir dessen Stelle auf Erden vertreten, der vom Himmel herabkam, um die Gemüther der Menschen zu erleuchten und die Finsterniss der Irrthümer zu zerstreuen, durch zuverlässige Berichte erfahren haben, dass in verschiedenen Gegenden, namentlich in den Kirchenprovinzen Köln, Mainz, Trier und Magdeburg sehr viele Bücher und Tractate, welche verschiedene Irrthümer und verkehrte Dogmen, auch solche, die der heiligen christlichen Religion feindselig sind, enthalten, gedruckt worden sind und noch fortwährend gedruckt werden, und da Wir einem so abscheulichen Uebel ohne weitern Verzug entgegenwirken wollen, wie Wir nach dem Uns von oben anvertrauten Hirtenamte verpflichtet sind: so verbieten Wir kraft apostolischer Auctorität durch gegenwärtiges allen in den besagten Kirchenprovinzen wohnenden Druckern und ihren Gehülfen bei Strafe der Excommunicatio latae sententiae und bei einer von Unseren ehrwürdigen Brüdern, den Erzbischöfen von Köln … oder ihren Generalvicaren oder Officialen je für ihre Provinz festzusetzenden und für die apostolische Kammer einzuziehenden Geldstrafe, fortan Bücher, Tractate oder Schriften irgendwelcher Art zu drucken oder drucken zu lassen ohne vorherige Befragung der besagten Erzbischöfe, Generalvicare oder Officiale und ohne eine von diesen unentgeltlich zu ertheilende specielle und ausdrückliche Erlaubniss, wobei Wir es letzteren zur Gewissenspflicht machen, ehe sie eine solche Erlaubniss ertheilen, die zu druckenden Bücher sorgfältig zu prüfen oder von kundigen und katholischen Männern prüfen zu lassen und dafür zu sorgen, dass nichts gedruckt werde, was dem orthodoxen Glauben zuwider, gottlos oder ärgernissgebend ist. Und weil es nicht genügen würde, gegen zukünftige Drucke Vorsorge zu treffen, wenn nicht auch die schon gedruckten irrthümlichen, gottlosen und ärgernissgebenden Schriften unterdrückt werden, so beauftragen Wir kraft der vorbesagten Auctorität dieselben Erzbischöfe, Vicare und Officiale, je in ihrer Kirchenprovinz kraft Unserer Auctorität alle und jegliche Drucker und anderen Personen, in was immer für einer Würde, Stande, Grade und Stellung sie sein mögen, zu ermahnen und aufzufordern, innerhalb einer von ihnen zu bestimmenden Frist Verzeichnisse von allen gedruckten Büchern vorzulegen und die gedruckten Bücher und Tractate, von welchen die besagten Erzbischöfe, Vicare oder Officiale urtheilen oder erklären, dass darin etwas dem katholischen Glauben Widersprechendes, Gottloses, Aergernissgebendes oder Uebelklingendes enthalten sei, ohne Rückhalt und Betrug abzuliefern, gleichfalls bei Strafe der Excommunicatio latae sententiae und einer von ihnen, wie oben gesagt, festzusetzenden Geldstrafe. Sie sollen sich angelegen sein lassen, dass auch die anderen so gedruckten Bücher [die anderen Exemplare?], soweit ihnen dieses zweckmässig scheint, ihnen gebracht und verbrannt werden, und kraft Unserer Auctorität unter ähnlichen Censuren und Strafen das Lesen und Behalten derselben verbieten, auch nicht unterlassen, nachzuforschen, auf wessen Anordnung solche Bücher gedruckt sind und aus welchem Grunde dieses zum Schaden des katholischen Glaubens, zu dem sie sich doch bekennen, angeordnet worden und ob diejenigen, die es angeordnet, selbst irgend welcher Ketzerei verdächtig sind. Dabei sollen sie diejenigen, welche sich ungehorsam oder widersetzlich zeigen, welchen Standes oder Ranges sie auch sein mögen, auch alle Genossenschaften, Universitäten und Collegien durch Excommunication, Suspension und Interdict und andere kirchliche Sentenzen, Censuren und Strafen, die auch verschärft und nochmals verschärft werden dürfen und bei denen die Appellation ausgeschlossen sein soll, zwingen, nöthigen Falls auch den weltlichen Arm anrufen, dem Wir, damit er williger Hülfe leiste, die Hälfte der von ihm beigetriebenen besagten Geldstrafe zu wenden. (Folgt die Aufhebung aller entgegenstehenden früheren Verordnungen und aller früher den Druckern verliehenen Privilegien.) Wir ermahnen ausserdem dieselben Erzbischöfe, Vicare und Officiale, den Eifer des Glaubens und das Heil der Seelen vor Augen habend, in dieser Sache sich so sorgsam und eifrig zu erweisen, dass ihnen der Lohn des ewigen Lebens und von Uns gebührender Dank zu Theil werde.

Während diese Verordnung nur für die genannten deutschen Kirchenprovinzen erlassen war, bestimmte Leo X, in der auf dem 5. Lateran-Concil 3. Mai 1515 verkündigten Bulle Inter solicitudines1) nach einer ähnlichen Motivirung über Nutzen und Schaden der Buchdruckerkunst „mit Zustimmung des Concils“2) Folgendes:

Es soll fortan auf ewige Zeiten niemand ein Buch oder eine Schrift in Unserer Stadt oder in irgendwelchen anderen Städten und Diöcesen zu drucken oder drucken zu lassen wagen, wenn sie nicht in Rom durch Unsern Vicar und den Magister Sacri Palatii, in anderen Städten und Diöcesen durch den Bischof oder einen andern in der Wissenschaft der zu druckenden Schrift bewanderten, von dem Bischof zu beauftragenden Mann und durch den Inquisitor der Stadt oder Diöcese, worin das Buch gedruckt ”werden soll, sorgfältig geprüft und durch ihre eigenhändige Unterschrift, — die bei Strafe der Excommunication unentgeltlich und ohne Verzug zu geben ist, — gutgeheissen worden. Wer dem zuwiderhandelt, soll, ausser dem Verlust der Bücher und der öffentlichen Verbrennung derselben und der Zahlung von hundert Ducaten an die Fabrik des Apostelfürsten in Rom ohne Hoffnung auf Nachlass, sowie der Suspension der Ausübung der Druckerei auf ein Jahr, der Excommunication verfallen sein, und wenn er hartnäckig ist, von seinem Bischof, rücksichtlich von Unserm Vicar mit allen rechtlichen Mitteln so gezüchtigt werden, dass andere nach seinem Beispiele ähnliches zu versuchen nicht wagen.

Schon vor diesen päpstlichen Bullen waren an einzelnen Orten Verordnungen über den Bücherdruck erlassen worden, namentlich in Köln, Mainz und einigen anderen deutschen Orten, in Spanien und in Venedig.

Unter dem 17. März 1479 ermächtigte Sixtus IV. den Rector und Decan der Kölner Universität, mit kirchlichen Censuren gegen Drucker, Käufer und Leser häretischer Bücher einzuschreiten1). Diese Ermächtigung wurde von Alexander VI. bestätigt. Die Kölner Buchhändler bestellten im J. 1501 einen Sachwalter, um in Rom dagegen zu remonstriren2).

Dass die Kölner Universität eine Censur übte, zeigt die Thatsache, dass in einer Anzahl von theologischen und nichttheologischen Büchern, die zu Köln in den siebenziger und achtziger Jahren gedruckt wurden (die meisten 1479–83, eins 1475, mehrere s. a.) der Vermerk steht: Admissum (oder Temptatum oder Examinatum admissumque) ac approbatum ab alma Universitate studii civitatis Coloniensis, de consensu et voluntate .. pro tempore rectoris ejusdem3). — Im J. 1480 erschien auch zu Venedig ein Nosce te ipsum mit vier Approbationen4) und zu Heidelberg ein Buch mit einer Approbation des Patriarchen von Venedig5).

Im Januar 1486 erliess der Erzbischof von Mainz, Berthold Graf von Henneberg, ein Mandat für seine Kirchenprovinz, worin er verordnete, es sollten fortan keine Uebersetzungen von griechischen, lateinischen und anderen Büchern in der Volkssprache gedruckt werden, ohne zuvor von den von ihm bestellten Censoren, — je einem Magister aus jeder der vier Facultäten der Erfurter Universität, — approbirt zu sein; die in Frankfurt feilzubietenden Bücher sollten von dem Pfarrer und einem oder zwei von dem Frankfurter Consulat zu bestellenden Doctoren oder Licentiaten geprüft werden1). Motivirt wird dieser Erlass durch das Erscheinen von Büchern, welche „falsche und irrige Lehren enthalten und falsche Titel haben und von deutschen Uebersetzungen des Messbuches und anderer liturgischer Bücher, der Bibel und solcher theologischen und juristischen Bücher, die sich zur Uebersetzung und Verbreitung unter dem Volke nicht eignen“2). — Unter dem 17. Mai 1517 bestellte Erzbischof Albrecht von Mainz, wohl auf Grund des Lateran-Decretes von 1515, seinen Weihbischof, Paulus Bischof von Ascalon, zu seinem „Commissar für die Prüfung der zu druckenden Bücher und Schriften“ und denselben und den Canonicus Jodocus Trutfetter zu Erfurt zu Inquisitoren (mit dem Auftrage, gegen der Ketzerei Verdächtige, „auch unter Anwendung der Folter“, vorzugehen und) mit dem Rechte, auch den Kauf und Verkauf schlechter Bücher zu verbieten3).

Nicht Approbationen, sondern nur Privilegien gegen Nachdruck scheint Jakob Oessler J. U. D. ausgefertigt zu haben, der sich in den in Strassburger Büchern 1498 —1517 vorkommenden Privilegien als per Imperium Romanum impressorius censor et superattendens generalis bezeichnet. 1520 fertigte der kaiserliche Historiograph Joh. Stabius Bücherprivilegien aus, mit der Formel: sacra auctoritate Romana censura sibi a quondam Caes. Maj. divo Maximiliano concessa4).

In Augsburg bestand schon 1515 die Praxis, die Buchdrucker vor dem Rathe schwören zu lassen, „dass sie ohne Wissen und Willen desselben nichts drucken noch einigen Druck ausgehen lassen wollten, der jemand zu Schand oder zu Schmach gereiche“1). —In Strassburg verbot schon 1504 der Senat, irgend etwas zu drucken, was gegen den Papst, gegen den Kaiser, gegen Fürst und Staat oder gegen die guten Sitten gerichtet schiene, und beauftragte drei Männer mit der Ausführung dieser Anordnung. 1513 wurden diese drei zum zweiten Male bestellt. 1515 und 1516 wurden Lieder gegen die Würtemberger und Schweizer confiscirt und verbrannt2).

In Spanien liessen Ferdinand und Isabella zu Toledo 8. Juli 1502 eine Ordonnanz publiciren, welche die Präsidenten der Kanzleien von Valladolid und Ciudad Real (Granada), die Erzbischöfe Von Toledo, Sevilla und Granada und die Bischöfe von Burgos, Salamanca und Zamora mit der Prüfung und der Ueberwachung des Druckes, der Importation und des Verkaufes der Bücher beauftragte3).

Die älteste Censurverordnung, die wir aus Italien kennen, ist eine „Constitution“, welche der Bischof Niccolò Franco von Treviso als päpstlicher Legat für das Gebiet der Venetianischen Republik 1491 in Venedig feierlich publiciren liess: „Da dem Vernehmen nach die Buchdrucker einige nach Ketzerei schmeckende Bücher, nicht ohne die grösste Gefahr für das Seelenheil der Gläubigen, veröffentlichen, so erachtet sich der Legat für verpflichtet, diesem Uebel zu steuern, und verordnet demgemäss, dass fortan niemand Bücher. welche vom katholischen Glauben oder von kirchlichen Dingen handeln, ausser den gewöhnlichen, ohne ausdrückliche Erlaubniss des Bischofs oder Generalvicars des betreffenden Ortes drucken oder drucken lassen soll. Wer dagegen zu handeln wagt, soll ohne weiteres der Excommunication verfallen sein“4).

1) Sie steht nicht im Bullarium, aber bei Raynaldus 1501 n. 36, abgedruckt bei Zacc. p. 133.

1) Lalbbe XIV, 257.

2) Ein Bischof, Alexius von Melfi, stimmte dagegen mit der Erklärung: placet de novis operibus, non autem de antiquis. Labbe XIV, 257.

1) Hartzheim, Prodromus Hist. Univ. Col. p. 8.

2) A. D. B. 11, 640.

3) A. Kirchhoff, Beitr. zur Gesch. des D. Buchh. 1851, I, 42.

4) Grässe, Lit.-Gesch. III, 1, 317.

5) Mendham p. 13.

1) Bei Gudenus, Cod. diplom. IV, 469 steht das Mandat, die Ernennung der Censoren und ein Schreiben an die Suffraganbischöfe.

2) In dem Schreiben an die Suffraganbischöfe heisst es: missarum aliorumque divinorum officiorum libri literaeque sacrae et intellectu difficiles, in dem Mandate selbst: Vidimus libros de divinis officiis et apicibus religionis nostrae e latina in germanicam linguam traductos non sine religionis dedecore versari per manus vulgi. Quid denique de sacrorum canonum legumque praeceptis? etsi a jureconsultis limatissime scripta sint, tamen scientia ipsa habet nodositatem. Die Censoren werden angewiesen, Bücher nicht zu approbiren, si forte ad rectum sensum non facile traduci poterunt aut errores et scandala magis pariunt aut pudicitiam laedunt. Jede Approbation musste von zwei Censoren unterzeichnet sein.

3) Gudenus IV, 589.

4) Archiv f. Gesch. des D. Buchh. IV, 98. V, 22.

1) Archiv VI, 251.

2) Archiv V, 22. 24.

3) Llorente, Hist. del’ Inq. I, 282.

4) Mansi, Suppl. Conc. VI, 681.

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