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Der Pfad zur Nicht-Existenz

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Die in Daath erlangte Erkenntnis, dass es keine Existenz gibt, ist einer der Gründe, warum man Daath hinter vorgehaltener Hand die Qualität des „absoluten Bewusstseins“ zuspricht, die jedoch nur in der Überwindung der Illusion erlangt werden kann. Nur wenn die Täuschung der Manifestation, die Illusion der Zehn durchschaut wird, kann die Wahrheit erkannt werden. Jene Wahrheit, die besagt, dass Illusion die einzige Wahrheit ist, die der Adept jemals erfahren wird, da er nur in der Lüge der Existenz die Nicht-Existenz spüren kann. Daath enthüllt die Illusion und die Bedeutungslosigkeit der Existenz, die in den Sphären der Schöpfung nichts weiter als ein einziger großer kosmischer Scherz ist.

Die Offenbarung der Sinn- und Bedeutungslosigkeit der eigenen Existenz, bzw. die Erkenntnis niemals gewesen zu sein, kann den ungeschulten, zu stark im Ego verhafteten menschlichen Geist sicherlich mehr als nur erschüttern. Ein unvorbereiteter Blick hinter den Schleier Daaths kann in Wahnsinn umschlagen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass ein solcher unbedarfter Geist überhaupt in die Sphäre jenseits des Abgrunds vordringen kann, denn vor den Erfolg haben die Götter bekanntlich den Schweiß gesetzt und auch auf der Reise zum Thron des Schöpfers verhält es sich nicht anders.

Wer Daath erreichen will sieht sich schließlich kurz hinter Tiphereth den brennenden Fluten des Abyss gegenüber, die es erst einmal mit heilem Astralkörper zu überqueren gilt. Dies ist der entscheidende Wegpunkt auf der Reise, den es zu meistern gilt, denn hier manifestiert sich der Schleier der Existenz und fordert den Adepten heraus die Prüfung des Abgrunds zu bestehen, auf die in einem gesonderten Kapitel noch genauer eingegangen werden wird. Am Rand des Abyss entscheidet sich nun, ob der Adept bereit ist, die vom Schleier der Existenz verborgene Sephirah Daath zu betreten, um zur Weisheit um das Mysterium der Zehn vorzudringen.

Diese Würdigkeitsprüfung ist der Grund für die Namensgebung als „verborgene“ Sephirah, denn nur dem, der die Prüfung des Abgrunds besteht wird sich Daath offenbaren, allen anderen bleibt nichts als der vage abstrakte Schemen hinter dem undurchschaubaren Schleier. Es sei hier nur kurz erwähnen, dass mit dem Begriff Schleier in keiner Weise auf den Schleier des Paroketh Bezug genommen wird, der auf der Reise durch den Lebensbaum schon viel früher zum Hindernis des Adepten wird, als der Schleier, hinter dem Daath für die meisten für immer verborgen bleibt.

Der Schleier von dem hier gesprochen wird, ist der Schleier der Existenz, der nichts weiter als der allgegenwärtige Schleier der Täuschung ist. Der Schleier der Täuschung ist der Schleier der Existenz, er ist der letzte wehende Fetzen Illusion, der noch geblieben ist.

Der Adept muss seinen Mut zusammennehmen, um ihn zu zerreißen, um die erste große Wahrheit zu erkennen, nämlich, dass der Schleier der Illusion nichts anderes als der Schleier unserer Realität ist. Es gibt den Schleier nicht, denn es gibt keine Existenz. Existenz selbst ist die große Täuschung die meisterhafte Lüge, die wir uns auferlegt haben, ohne die jedoch das Reich jenseits der Manifestation nicht erfahren werden kann.

Somit bedeutet, den Schritt hinein in Daath zu wagen, zu sterben. Im Schritt über den Abgrund muss der Adept erkennen, dass alles was er ist Lüge ist, denn es gibt ihn nicht, er ist verfestigter Gedanke einer einzigen Energie, aus der sich willkürlich sprudelnd alles ergießt, jener Energie, die in vielen Kreisen die Quelle allen Seins genannt wird. Wir sind die Quelle, weil wir nicht sind und dadurch dass wir nicht sind können wir erst zur Manifestation gelangen, um uns, das All und das Chaos zu erfahren. Wir müssen den Schleier der Täuschung über die Quelle werfen, um die Illusion sehen zu können, damit wir nicht an der Wahrheit zerschellen. Das Nichts wird nur durch das Sein erfahren werden können und deshalb spricht man von der Sphäre der ersten Manifestation.

Daath ist diese Quelle, aus der alles entspringt, Daath ist der Akt der Schöpfung aus dem heraus Ordnung in das Chaos gebracht wird. Daath steht jenseits der Dualität, weil es das Nichts ist in das alles eingeht in dem alles formlos und ungestalt zusammenfließt, ohne sich bewusst zu sein.

Wenn man eingehend darüber nachdenkt, wie man den Namen „Daath“ in deutschen Worten umschreiben könnte, ungeachtet der Übersetzung aus dem hebräischen, würde Daath am treffendsten mit dem Begriff „Grausamkeit“ betitelt werden. Denn das ist es worauf sich die Qualität dieser Sephirah reduziert.

Es soll hier allerdings bedacht werden, dass man sich in Daath befinden, einer Sphäre jenseits menschlicher Moral und Ethik und somit ist auch Grausamkeit hier nicht negativ behaftet. Grausamkeit – die Grausamkeit von Daath bezeichnet lediglich den Akt der Schöpfung, die Erschaffung der Dualität und der Materie. Grausamkeit ist eine Tatsache in Daath – die Grausamkeit der Schöpfung. Sieht man genau hin unter der Fragestellung, was ist Schöpfung und warum wird von der Grausamkeit der Schöpfung gesprochen? Schöpfung ist die erste große Tatsache der Existenz, ohne die Manifestation unmöglich ist. Schöpfung ist Formgebung, Begrenzung und Verdichtung von Energie.

Die Quelle ist die ungebändigte, ewig fließende alles umfassende Energie, ohne Begrenzung und Beschränkung, ewig und unsterblich. Sie ist nicht gebunden an Gesetze, Moral oder Beschränkungen. Nun kommt die Schöpfung über diese allgegenwärtige Kraft, die aus sich selbst heraus ist und entreißt ihr einen Teil. Einen Teil, der wie die Quelle selbst ist – ewig ungebändigt und unbeschränkt und gibt ihr eine Form. Die Ewigkeit wird begrenzt durch ein viel zu enges Korsett aus Existenz, Gesetz und dem Joch der Materie. Deshalb kann man Grausamkeit der Schöpfung sagen, denn wie wird es für die Ewigkeit sein, in Trennung zu sich selbst, begrenzt und gebunden allein zu existieren, auf sich selbst beschränkt, ohne die Verbindung zum Alles?

Was ist der Schleier der Täuschung, die Ewigkeit stirbt im Bewusstsein der Endlichkeit, sie kann in ihr nicht existieren und deshalb muss ihr dieses Bewusstsein genommen werden. Der Schleier der Täuschung ist die Gnade in der Grausamkeit der Schöpfung, er ist der einzige Liebesdienst unter dem Joch der Manifestation, den die Ewigkeit sich selbst erweisen konnte, doch das Gewebe des Schleiers ist Angst.

Angst ist im Kontext von Daath ein sehr wichtiges Thema, auf dass immer wieder zurückkommen werden muss, denn die Angst wird die gesamte Reise über der treuster Begleiter des Adepten sein. Sie wird ihn führen und vorantreiben, während sie ihn von seinem Weg abzuhalten versuchen wird und ihm immer wieder neue Steine in den Weg legen wird. Bei der Reise über den Abgrund wird Angst, die einzige Konstante sein, auf die er sich allezeit verlassen kann, sie wird zur einzigen Wahrheit werden, die sich allgegenwärtig in jedem Bild, und jedem Wort und jedem Eindruck, den er erfahren wird, offenbaren wird. Diese Angst will dem Adepten etwas sagen, sie ist seine einzige Wahrheit. Angst ist die wichtigste Maxime auf dieser Reise, denn ohne sie, ist er auf dem falschen Weg und erliegt einer Selbsttäuschung. Es geht auf den ersten Schritten hinein in die Sephirah Daath darum die Angst zu Umarmen und willkommen zu heißen, denn nur dann kann der Schritt ins Unbekannte gewagt werden, nur dann kann der Schleier gesehen werden, hinter dem sich Daath verbirgt. Deshalb muss Angst den Adepten leiten auf der Reise hinein ins Reich zwischen den Sphären, denn in tiefster Angst berühren seine Finger das Gewebe des Schleiers hinter dem die Wahrheit verborgen ist, dass wir nichts als Lüge sind. Und dies ist die ewige Trinität von Daath: die Grausamkeit der Schöpfung, das Joch der Manifestation und der Schleier der Täuschung.

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