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Mein lieber Eduard!

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Ganz unerwartet kam mir Dein lieber Brief vom 25. am Tauf-Tag Deiner Kleinen. Da ich wusste, wie beschäftigt Du bist im Hause und im Schafstall. Möge der Tauf-Tag recht vergnügt und glücklich gewesen sein, was die Hauptsache ist, ohne Nachteil für deine liebe Auguste verlaufen sein. Im Geiste bin ich den ganzen Tag bei euch gewesen und mich – aus vielen Gründen – zu Euch gewünscht, denn unten wurde geschlachtet und das Hacken hörte erst gegen Mitternacht auf! Dein Wunsch ist gewesen, dass auch ich diesen für dich und Deine gute Auguste geistig und leiblich angreifenden Tag mitfeiern möchte, darum hast Du uns einen Hasen von immenser Größe, wie ich ihn noch nie gesehen habe, ein halbes Reh und eine Flasche Champagner geschickt. Empfange dafür meinen besten Dank. Leider konnte an demselben Tage des Schlachtens halber kein Gebrauch davon gemacht werden, und ist zum Teil ein ganz anderer Gebrauch damit gemacht, als du dachtest. Unsere Auguste besuchte mich seit mehreren Tagen – manches Bittre war vorgefallen und ich ließ dieser sogleich die Flasche und einen Teil des Rehes ins geheim ins Zimmer tragen, um es dort zu verzehren!! – Doch darüber unten mehr.

Dein Bruder wird Dir geschrieben haben, dass der 26. Februar zu Deiner Promotion ist. Wie sehne – wie freue ich mich auf diese Tage. Ist es einigermaßen möglich, so richte Dich ein, dass Du einige Tage hier sein kannst, um alles in Ordnung bringen zu helfen. Ein schwieriger Punkt ist die Melioration für die Ernte. Höre meine Ansicht: Wenn ich einen Acker verpachte, übernimmt der Pächter die Verpflichtung, den Acker beim Ende der Pachtung so zurückzulassen, wie er ihn übernommen hat. Dein Bruder hat die Ernte pr. 300 rh- also für eine sehr geringe Pacht für 33 Morgen. Die Melioration kann er nicht lassen, weil er kein Empfänger da ist – er muss sie also bezahlen, und ohne diese Meliorationszahlung würde ich ihn für sein geringes Gebot die Ernte nicht überlassen haben. Denke selbst darüber nach. Er hat ohnehin die Baumschule und alles zu niedrigen Preisen.

Was den Garten betrifft, so ist sein künftiger Beruf bestimmt. Er wird nicht Gärtner, sondern Kaufmann, und ich halte es auch für das Beste für ihn, obgleich er mir nicht geeignet genug erscheint, auch ist mir eine schwere Sorge abgenommen, wäre er Gärtner geworden, so läge die Verantwortung auf mir, jetzt liegt sie auf seinem Vater.

Habe eine Bitte: Gustav will mich auf einmal gern besuchen. Sein Vater gibt ihm kein Reisegeld. – Ich habe ihm solches geschickt und ihm geschrieben, dass er über Balgstedt reisen möchte. Kommt er zu Dir, so rate ihm von seiner Reise zu mir ab. Durch seine unvermutete Abreise ist mir der Schmerz der Trennung erspart. Durch seine Abreise von hier würde der Schmerz der Trennung noch empfindlicher für mich werden, so gern ich auch den guten Jungen noch einmal im Leben umarmt hätte. – Du verstehst mich.

Auguste Müller, deren Kondition Neujahr zu Ende ging, hat sogleich beim Amtmann Oelze in Sollstedt einen schönen Platz gefunden. Sie ist ganz zufrieden und glücklich in ihrer neuen Lage, wie sie mir schreibt. Du kennst sie, wie herrschsüchtig und eigennützig sie ist und so ist auch unsere Auguste mit ihrer Lage ganz zufrieden. Ihren Mann lobt sie und die Kinder sind mit der Mutter sehr gut. Wäre die arme Lina nicht, deren Zustand immer trauriger wird, so würde A, sehr zufrieden leben.

Bei mir ist jetzt ein Korrespondenzbüro -1. für den Familienbrief; 2. für den Verein; 3. für freundschaftliche Briefe; 4. für Unterbringugn von jungen Mädchen und Verwalter; 5. für Verlobungen (v.c. verbi causa=zum Beispiel) Herr Ungewitter mit Emma Heidecke; sie wollen einen landwirtschaftlichen Verein ins Leben rufen und fareg an, wie sie es anfangen sollen. Mit diesen Korrespondenzen ist der Morgen ausgefüllt-Nachmittags lese ich Zeitungen und andere Schriften. Abends liest Dein Bruder oft vor.

Doch genug vor jetzt und zur Beilage, die Du in ruhiger Stimmung, und wenn Du Zeit hast, lesen kannst

Grüße und küsse die liebe gute Auguste von allen recht herzlich Dein lieber Vater.

Windehausen, am 30. Januar 1862

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