Читать книгу Ein Traummann zum Dessert - Gabriele Ketterl - Страница 12

8.

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„Dir ist schon klar, dass du ein wenig blass um die Nase bist? Nervös?“ Saskia konnte es wohl nicht lassen.

„Nein, keineswegs. Noch einmal, quasi zum Mitschreiben, meine Liebe, ich möchte mit Romano eine entspannte Nachtfahrt durch Venedig unternehmen. Ich werde meine Kamera dabeihaben und herrliche Bilder machen. Noch irgendwelche Fragen? Also, ich meine, qualifizierte Fragen?“ Sie musterte die Freundin mit anklagend hochgezogener Braue.

Die zuckte vergleichsweise entspannt mit den Schultern. „Ich habe nur deine Gesichtsfarbe angesprochen, keine Ahnung, was du da hineininterpretierst.“

Seufzend gab Sophia auf. Gegen Saskias Schlagfertigkeit anzukommen war nicht immer einfach. „Okay, gut, zugegeben, er ist wirklich attraktiv. Ich müsste ja mit Blindheit geschlagen sein, wenn ich das nicht sähe. Aber das tut hier überhaupt nichts zur Sache.“

„Natürlich nicht.“ Saskia tröpfelte mit angestrengter Miene Erdbeer-Balsamico über den gemischten Salat. „Gibst du mir bitte mal die große Pfanne aus dem Regal neben dir?“

Sophia reichte ihr das Gewünschte und widmete sich wieder dem Grillgemüse, das im großen Gasofen unter dem Grill vor sich hin brutzelte und dank Knoblauch und Rosmarin einen betörenden Duft verströmte. „Wann kommt denn Maurizio normalerweise nach Hause?“

„Nicht vor sieben Uhr. Er schließt um halb sieben den Laden, räumt auf und bereitet ein wenig für den nächsten Tag vor. Aber wir können schon mal den Tisch decken, wenn du magst … gerne auch für vier Personen.“

Sie entschied, darauf nicht zu antworten, sondern die Essecke im Wohnzimmer vorzubereiten. Während sie alles perfekt eindeckte, kam sie nicht umhin, darüber nachzudenken, was sie Romano sagen sollte, wenn er wirklich hier auftauchte. Eigentlich war es ganz einfach: Wie andere Touristen auch würde sie eine Tour bei ihm buchen und diese selbstverständlich bezahlen. Sie gedachte, die Summe ein wenig aufzustocken und sich so für die Überfahrt bei ihrer Ankunft erkenntlich zu zeigen. Sorgsam legte Sophia leuchtend rote Servietten neben die grünen Steingutteller. Das sah wirklich hübsch aus. Dazu die gelben, bauchigen Gläser, die, wie sie wusste, aus einer Glasbläserei auf Murano stammten. Wie einfach es doch war, das Leben mit ein paar schönen Farben aufzuhübschen.

„Bellissima, ich bin zuhause!“ Maurizios fröhliche Stimme erklang aus dem Hausflur und Sophia verspürte einen winzigen Stich im Herzen. Nach so langer Zeit konnte man die Liebe und Zuneigung zwischen den beiden noch aus jedem Wort, jedem Blick lesen. Warum nur war es bei ihr so schrecklich schiefgelaufen?

Rasch verdrängte sie diese trüben Gedanken und beeilte sich, fertig zu werden. Als sie ihren Blick prüfend über den Tisch gleiten ließ, musste sie spontan lächeln. Nun waren es tatsächlich vier Gedecke. Soviel dazu, dass sie vollkommen cool blieb, wenn es um den interessanten Venezianer ging. Sie zog sich selbst in dem antiken, goldgerahmten Spiegel neben der Wohnzimmertür eine Grimasse. „Das üben wir noch einmal, Frau Weißenfels.“

Maurizio kam ihr aus der Küche entgegen, die Platte mit dem Grillgemüse professionell auf der flachen Hand balancierend. „Ciao, Sophia, auch dir noch einmal vielen Dank für den heutigen Noteinsatz. Das war klasse.“

Sie musterte Saskias bessere Hälfte erfreut. „Kein Grund, sich zu bedanken. Helfen ist das Mindeste, das ich tun kann.“ Gemeinsam beluden die beiden Frauen den Tisch mit den für das Abendessen vorbereiteten Leckereien: eine Schüssel mit knackigem Salat, aufgeschnittenes, knuspriges Weißbrot, eine Terrine mit handgemachten Rucola-Käse-Ravioli in Salbeibutter, frischer Parmaschinken und die herrlichen Antipasti aus dem Ofen.

„Ihr zwei seid wahre Engel. Ich habe einen Bärenhunger.“ Mit strahlenden Augen schob Maurizio sich die Ärmel seines dunkelblauen Hemdes hoch. „Ist es arg neugierig zu fragen, für wen der vierte Teller ist?“

Saskias Miene schien eine Spur zu abgeklärt und desinteressiert, während sie ihrem Mann die Platte mit den Antipasti hinhielt, damit dieser sich bedienen konnte. „Niemand Besonderes, nur Romano. Ein Bekannter von Sophia, vollkommen uninteressant.“

„Saskia, wirst du jetzt bitte damit aufhören? Er kommt sowieso nicht, wie du siehst.“ Sophia hatte den Satz noch nicht beendet, als es an der Haustür klingelte.

„Ach, er kommt also nicht? Dann ist das sicher der Postbote.“ Ehe Sophia von ihrem Stuhl aufstehen konnte, flitzte Saskia bereits aus dem Zimmer.

Maurizio schüttelte nachsichtig den Kopf. „Denk dir nichts, du kennst sie ja schließlich schon länger als ich.“

Sie nickte schmunzelnd. „Allerdings, in der Richtung bin ich leidensfähig.“

Sie vernahm Saskias fröhliche Stimme und eine tiefe, die eindeutig zu Romano gehörte, aus dem Hausflur.

„Ich will wirklich nicht stören. Wenn ihr gerade esst, komme ich später wieder.“

„Unfug! Du bleibst. Wir, vor allem Sophia, haben dich schon zum Essen eingeplant. Los komm, wir sind im Wohnzimmer, einfach geradeaus.“

So kannte sie Saskia, quirlig und unkompliziert.

Im Türrahmen erschien Romanos hohe Gestalt, gefolgt von einer strahlend lächelnden Saskia.

„Nun seht doch, wer es tatsächlich geschafft hat. Maurizio, darf ich dir Sophias Retter in der Not vorstellen? Das ist Romano.“

Nicht nur, dass Maurizio und Romano als waschechte Venezianer sich auf Anhieb verstanden, der junge Italiener schien sich spontan wohl zu fühlen. Mit ernstem Gesicht reichte er Sophia die Hand. „Das war zwar so nicht geplant, aber ich freue mich.“ Sein Blick wanderte über den reich gedeckten Tisch. „Insbesondere, da ich tatsächlich noch nicht zum Essen gekommen bin und es hier verführerisch duftet.“

Sophia kam immerhin dazu, seine Hand zu drücken, ehe Saskia ihn bereits auf den für ihn bestimmten Stuhl bugsierte. „Na komm, setz dich. Fühl dich wie zuhause. Ich bin dir echt dankbar dafür, dass du Sophia heil hergebracht hast. Ohne dich wäre es ihr wohl kaum erspart geblieben, die Nacht in einem der Wartehäuschen am Fährhafen zu verbringen.“ Saskia schüttelte sich leicht. „Eine nicht gerade angenehme Vorstellung.“

Romano warf ihr einen amüsierten Blick zu. „Ganz ehrlich? Zu Anfang war sie sich da wohl nicht ganz so sicher. Ich war ihr deutlich unheimlich. Böser schwarzer Mann mit noch böseren Tattoos.“

Das wollte sie nun doch nicht auf sich sitzen lassen. Schnell schluckte sie das Stück pikant gebratene Paprika hinunter. „Also wirklich, so schlimm war es auch nicht. Und ein bisschen Vorsicht wird ja wohl erlaubt sein, oder?“

Sie hörte ein leises Glucksen. „Darf ich anmerken, dass Sie Angst hatten, ich würde Sie entführen?“

Gut, nun war es aber wirklich an der Zeit, ihn anzusehen. Ach, verflixt! Langsam sollte sie sich an diese ausdrucksvollen, schwarzen Augen gewöhnt haben. „Das war ein, zugegeben müder, Scherz von mir. Abgesehen davon, wenn Saskia hier schon so schnell zum freundschaftlichen Du übergegangen ist, würde es dir arg schwerfallen, mich Sophia zu nennen?“

Seine Mundwinkel hoben sich noch ein wenig mehr, was ihm durchaus gut zu Gesicht stand. „Tue ich das nicht schon die ganze Zeit?“ Ehe sie antworten konnte, streckte er ihr die Hand hin. „Wohlan, Romano, aber das weißt du ja schon. Salat?“ Als er ihr die Schüssel entgegenstreckte, bemerkte sie das fröhliche Blitzen in seinen Augen. Wie sie schon von Anfang an geahnt hatte, war der Mann wohl wirklich vielschichtig. „Danke, sehr gerne.“

Es wurde ein ausgesprochen unterhaltsamer Abend. Romano musste noch einmal bis ins kleinste Detail schildern, wie er sie getroffen hatte, was er ausgesprochen eloquent und unterhaltsam zuwege brachte. Danach siegte Maurizios und Saskias Neugierde und sie fragten ihn nicht gerade unauffällig aus.

Maurizio schob sich eine der wohlschmeckenden Teigtaschen in den Mund, ehe er loslegte. „Und was machst du sonst? Also wenn du gerade nicht Touristen oder hilflose Signoras durch die Lagune schipperst?“

Über das „hilflos“ musste sie dringend noch einmal mit ihm reden. Allerdings überraschte Romanos Antwort sie so sehr, dass das vorerst in den Hintergrund rückte.

„Ich habe bei meinem Großvater Bäcker gelernt. Nach seinem Tod war ich aber zu jung, um die Bäckerei halten zu können. Meine Mutter hat sie verkauft. Ich arbeite derzeit in einem Restaurant, wo ich für die Süßspeisen und Backwaren zuständig bin.“

„Bäcker? Dass du Bäcker bist, hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet.“ Sophia legte ihre Gabel auf den Teller und musterte ihn ehrlich überrascht.

Er zuckte lächelnd mit den Schultern. „Was hast du denn erwartet? Casanovas Urgroßenkel oder so?“

Lachend nickte Sophia. „Um ehrlich zu sein, kam das meiner Vorstellung recht nahe.“

Romano verdrehte in gespielter Entrüstung die Augen. „Danke für die Blumen.“

Da Maurizio den Gast nicht gehen ließ, ohne mit diesem noch einen edlen Grappa zu trinken, dauerte es eine Weile, ehe Romano sich ihr widmen konnte. „Sophia, wollen wir einen kleinen Spaziergang machen? Ich bringe dich auch wieder zurück, keine Sorge. Zur rechtzeitigen Planung würde ich gerne wissen, wann und wie lange du mit dem Boot unterwegs sein möchtest.“

Saskias breites Grinsen bestmöglich ignorierend, willigte sie ein. Romano verabschiedete sich mit einem formvollendeten Handkuss von Saskia, was diese tatsächlich leicht erröten ließ, und mit männlichem Handschlag von Maurizio.

„Tut mir leid, wenn wir dich etwas überfahren haben. Aber die zwei sind immer so offen für alles und gastfreundlich bis zum Gehtnichtmehr.“ Sie warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. Kein Wunder, dass sogar Saskia rot geworden war. Je länger sie ihn ansah, umso mehr wurde ihr bewusst, dass er wirklich ein außergewöhnliches Exemplar Mann war. Sein Haar war so schwarz, dass es auch jetzt im Mondlicht noch bläulich glänzte, das schmale Gesicht wirkte beinahe schon aristokratisch, die vollen Lippen, der schön geschwungene Mund, dazu die sportliche Figur, in der sichtlich einiges an Training steckte. Sie biss sich kräftig in die Wange, um geistig wieder in vernünftiges Fahrwasser zu kommen. Zum Donnerwetter, sie war doch kein Teenager.

Wo immer sie auch vorbeischlenderten, Romano wusste eine Anekdote zu erzählen. War es die Geschichte einer verbarrikadierten Kirche („Da drin spukt der Geist eines alten Dogen!“) oder das Schicksal eines uralten Palazzos („Schon zweimal sind hier die Herren des Hauses eines fragwürdigen Todes gestorben. Seither will kein Mann mehr hier einziehen!“).

„Das heißt, man kann es billig kaufen?“ Sophia blickte ihn herausfordernd an. „Vielleicht könnte man eine Frauen-WG darin eröffnen?“

Er verzog das Gesicht. „Billig? Das Wort kennt man in Venedig nicht. Lieber lassen sie alles verkommen, statt es günstig zu veräußern. Engstirnig und kurzsichtig ist das. Man kann sich seine eigene Stadt schon selbst vermiesen.“

„Schade, das war es dann wohl mit der Mädels-Wohngemeinschaft.“

Lachend vergrub Romano die Hände in den Taschen seiner leicht verschlissenen Jeans. „Also ich hätte nichts dagegen. Ist bestimmt ein angenehmes Miteinander.“

„Könnte dir so passen, was? Aber jetzt bitte erst einmal zu etwas Ernstem. Wann hättest du denn Zeit für eine Bootstour? Ich muss zugeben, die Vorstellung, in der Nacht durch die Kanäle zu fahren, reizt mich schon sehr.“

Romano runzelte die Stirn. „Wenn das für dich in Ordnung wäre, dann könnten wir es übermorgen machen. Morgen muss ich bis um zehn Uhr abends im Restaurant arbeiten, da wird es zu spät. Aber am Donnerstag könnte ich dich um kurz nach acht Uhr abholen. Was meinst du?“

„Das passt. Ich habe nichts Besseres vor, musst du wissen.“

Romano warf ihr einen ernsten Blick zu. „Es gibt auch nicht viel, das besser wäre als eine Nacht in Venedig, vertrau mir.“

Ein Traummann zum Dessert

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