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8. Hebräerbrief

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Im Hebräerbrief wird das Substantiv πίστις (»Glaube«) 32-mal verwendet, das Verb πιστεύειν (»glauben«) jedoch nur zweimal. Eine Konzentration der Belege bietet Hebr 11,1–12,3. Hier reiht der Verfasser zunächst nacheinander eine ganze ›Wolke von Zeugen‹ (11,1) aus dem Alten Testament und aus der Geschichte aneinander (Abel, Henoch, Noah, Abraham, Sara, Isaak, Jakob, Josef, Mose u.a., auch Märtyrer der jüngeren zurückliegenden Zeit), bei denen die Standhaftigkeit des Glaubens zu erkennen ist. Da es sich um vorchristliche Vorbilder handelt, ist also nicht Glaube im christlichen Sinn einer Beziehung zu Christus im Blick, sondern eine Haltung der Beständigkeit und der Ausrichtung auf Gott gerade auch in lebensbedrohlichen Erfahrungen und in Hoffnungslosigkeit. Glaube erscheint hier wie eine Tugend oder wie eine erworbene Haltung, die sich bewähren muss. Die vergangene Beispielreihe wird in Beziehung zur Gegenwart der christlichen Gemeinde gesetzt (12,1), die im Begriff ist nachzulassen (12,12f.). Die Vorbilder der Vergangenheit sollen die Gemeinde motivieren, am Glauben festzuhalten, auch wenn diese Vorbilder das Verheißene (noch) nicht erlangt haben. Nach diesem Rückblick richtet sich ihr Ausblick auf Jesus, der als ›Anfänger und Vollender des Glaubens‹ vorgestellt wird (12,2). Der Glaube der Gemeinde soll die aus athletischer Agonistik bekannte Gestalt eines Wettkampfs annehmen und den angefangenen Lauf mit Ausdauer siegreich beenden, indem sie sich an Jesus und seinem Beispiel der Geduld orientiert. Jesus nämlich ist als Anfänger dieses Laufs trotz der Niedrigkeitserfahrung und Schande des Kreuzes seinem Lauf treu geblieben und hat als Vollender das Ziel erreicht, da er jetzt zur Rechten Gottes sitzt. Es ist deutlich, dass der Hebräerbrief hier Glaube als Glaube, wie Jesus ihn beispielhaft im Sinne von Standhaftigkeit hatte, versteht und nicht vornehmlich als Glaube an Jesus.

|58|Der Abschnitt über die Glaubenszeugen wird in 11,1 eingeleitet mit einer definitionsartigen Beschreibung des Glaubens, deren Übersetzung und Interpretation ausgesprochen schwierig sind:

Ἔστιν δὲ πίστις ἐλπιζομένων ὑπόστασις,

πραγμάτων ἔλεγχος οὐ βλεπομένων.

(»Es ist aber der Glaube ein Dasein von Erhofftem,

ein Nachweis [,der ausgeht] von Angelegenheiten, die nicht gesehen werden.«)

(Übersetzung Karrer 2008: 258).

Es handelt sich um einen synthetischen Parallelismus. Die Aussage des ersten Satzteils wird mit derjenigen des zweiten Satzteils vereinigt, so dass insgesamt eine neue Aussage entsteht. Mit ὑπόστασις wird auf etwas »Feststehendes, Vorhandenes« abgehoben, welches in der πίστις gegeben ist. Dieses Feststehende oder Vorhandene des Glaubens besteht in der Wirklichkeit der erhofften Dinge oder des Erhofften. Dieses ist also vorhanden, feststehend, nicht aber unsicher. Der Gedanke wird im zweiten Teilsatz fortgeführt, insofern ein ἔλεγχος, ein »Nachweis« oder »Beweis« eingeführt wird. Der Beweis besteht in πραγμάτων, also in »Angelegenheiten (Tatsachen, Wirklichkeiten, Verhältnissen)«. Dem wird man zustimmen, denn was anderes als Tatsachen soll Beweiskraft haben? Nun aber spricht der Verfasser von Angelegenheiten, die man nicht sieht. Er denkt an die unsichtbare Welt, deren Vorhandensein er so gewiss ist, dass er sie als Beweis anführt. Was sagt also die definitionsartige Beschreibung? Die unsichtbare und jenseitige Welt, die gegenwärtig erhofft wird, ist eine Realität. Der Glaube bezieht sich auf diese himmlische Welt, ja der Glaube selbst ist Nachweis der Existenz dieser jenseitigen und unsichtbaren Wirklichkeit. Der Verfasser »macht den Glauben zur (objektiven) ›Garantie des Heils‹« (Gräßer 1997: 97; 1965). In dieser Ausrichtung können die Glaubenden an die großen Vorbilder, die Kap. 11 anschließend einführen wird, anknüpfen, da auch diese ganz auf die unsichtbare Wirklichkeit Gottes in ihrem Leben gesetzt haben. Hebr 11,1 liefert hier ganz sicher nicht mehr als eine Kontext-Definition, die auf die Standhaftigkeit des Glaubens abzielt, nicht aber einen Versuch, das Wesen des Glaubens umfassend zu beschreiben. Religionsgeschichtlich berührt sich der Hebräerbrief hier wie auch an anderen Stellen mit dem mittleren Platonismus, in dem das sichtbare Leben durch einen Gegensatz zur unsichtbaren himmlischen Welt relativiert wird. Innerhalb des hellenistischen Judentums hat Philo von Alexandrien am Beispiel Abrahams ganz ähnlich wie Hebr 11,1 argumentiert (Neuer Wettstein 1996: 1178):

|59|»… denn die Seele, die sich von einer guten Hoffnung abhängig macht, welche noch über ihr schwebt, – die auch das für unzweifelhaft gegenwärtig betrachtet, was noch nicht da ist, nur wegen der Verlässlichkeit des Verheißenden, hat den Glauben, das vollkommene Gut, den Kampfpreis erlangt« (Philo migr. 44; vgl. auch Abr. 275).

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