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Amoris laetitia

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All dies hat sich rund um die beiden Familiensynoden 2015/2016 besonders deutlich gezeigt. Der Papst hieß die Bischöfe der Welt zunächst zuhören. Eine weltweite Umfrage wurde gemacht. Es sollte ans Licht gebracht werden, wie jene, die in Ehe und Familie mit Kindern und Alten leben, aber auch jene, denen das Treueversprechen aus Schuld und Tragik nicht gelungen ist, diese oftmals prekären Situationen mit dem Evangelium im Herzen meistern. Er wollte die implizite Theologie des Volkes Gottes erheben. Des Papstes „Experten“ für die pastorale Entwicklung der katholischen Weltkirche sollten vorrangig die „Lebens- und Leidenserfahrenen“ sein. Darüber hätten die Bischöfe aufmerksam zu beraten, und das im Licht des Evangeliums und der reichhaltigen Lehrtradition der Kirche. Evangelisierung bedeutet daher für Papst Franziskus also nicht, dass die Kirche bloß lehrt, sondern auch, dass sie lernt. Dieses Verständnis von Evangelisierung hat er von seinem Vorbild Kardinal Carlo M. Martini übernommen. Im Apostolischen Schreiben über die Freude der Liebe (Amoris laetitia, 2015) fasste er zusammen, was sich an Einsichten im langen synodalen Lernprozess für ihn ergeben hat.

Dieses Schreiben teilt freilich das Schicksal vieler päpstlicher Schreiben zuvor. Die Texte werden überflogen, die Diskussion aber macht sich an ganz wenigen Punkten fest. Das war schon so bei Humanae vitae von Paul VI. (1968); nach dem Erscheinen dieser Enzyklika über Leben und Sexualität wurde nur über die Pille heftig diskutiert. Ähnlich erging es Johannes Paul II. mit Familiaris consortio (1981). Statt dass über die familiale Schicksalsgemeinschaft beraten wurde, ging es letztlich nur um die Frage, ob katholische Gläubige, die geschieden sind und gegen den erklärten Willen der Kirche wieder heiraten, Zugang zu den Sakramenten finden können. Johannes Paul II. hatte im Rahmen der traditionellen Moraltheologie befunden, dass dies aus objektiven Gründen nicht möglich sei, es sei denn, die neuerliche Verbindung sei „objektiv“ keine „Ehe“ mehr – entweder weil sich die Betroffenen trennen, oder (wenn sie das nicht können und auch nicht dürfen, ohne neuerlich schuldig zu werden) „sich jener Akte enthalten, die Eheleuten vorbehalten sind“ (FC 84). Und dann vermerkt Papst Franziskus in der Fußnote 351 von Amoris laetitia (AL 305), dass auf dem Heilungsweg wachsenden Liebens in der Spur des Evangeliums nach dem Zerbrechen einer ehelichen Gemeinschaft die Eucharistie Nahrung und Heilmittel sein könne:

351 In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein. Deshalb „erinnere ich [die Priester] daran, dass der Beichtstuhl keine Folterkammer sein darf, sondern ein Ort der Barmherzigkeit des Herrn. Gleichermaßen betone ich, dass die Eucharistie nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen“ ist.

Für die um die Lehre der Kirche und die traditionelle strenge Sakramentenpraxis der katholischen Kirche Besorgten war dies eine nur schwer zu ertragende Entwicklung. Manche sahen einen nahezu „häretischen Verrat“ an Dogma und Kirchenrecht. Vier Kardinäle kleideten ihren Vorwurf in die Gestalt eines „Dubiums“ – ein mittelalterliches Instrument, um einen vom Glauben abgewichenen Papst zur Umkehr zur wahren Lehre zu bewegen. Der Papst gab ihnen keine direkte Antwort (was manche irritierte). Er verwies auf die gründlichen Argumente im Schreiben und die breite Akzeptanz seiner Positionen auf der Weltbischofssynode über die Familie. Als das alles nichts nützte und keine Ruhe einkehrte, gab er eine indirekte Antwort, indem er die argentinischen Bischöfe für sich sprechen ließ. Das hat freilich die Gemüter kaum beruhigt.

Für die Medien in aller Welt war dies ein willkommener Vorgang. Endlich konnte man auch etwas Kritisches – bad news also, mit welchen die Medien um Aufmerksamkeit buhlen – über Papst Franziskus berichten. Manchen Medien war der weltweite Ruhm des Mannes in Weiß nicht geheuer und den „Antiklerikalen“ unter ihnen auch ärgerlich. Sie fingen an, das bevorstehende Ende des Papstes herbeizuschreiben. Er sei „angezählt“, kurz vor seiner Entlassung aus dem Papstamt. Impeachment auf römisch-katholisch.

Rückenwind für den Papst

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