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Im Straflager Hells End. auf der Insel im Gila River, ging Direktor Chester A. Jamison hinter seinem wuchtigen Schreibtisch von einer Wand zur anderen. Sein Blick fiel immer wieder auf die fensterlosen, verrammelten Baracken und auf die Wachtürme an den Ecken des Zaunes, auf denen die Gatling Guns ins Innere des Lagers gerichtet waren.

Chester A. Jamison, fünfundvierzig Jahre alt, war ein mittelgroßer, fetter Mann, der aus wasserhellen Augen treuherzig um sich blickte und im Grunde seiner Seele ein erbärmliches Schwein war. In seinem schütteren aschblonden Haar brach sich jedes mal das Sonnenlicht, wenn er zur Fensterseite kam.

Enrico Varga, der fünfunddreißigjährige Halbmexikaner und Chef der Wachmannschaft, ein mitleids und skrupelloser, schlanker, geschmeidiger Mann mit schwarzen Haaren und stechenden Augen, stand vor dem Schreibtisch und blickte auf den Direktor, ohne ein Wort zu sagen. Varga sah abgerissen aus, unrasiert und schmutzig und trug über dem durchlöcherten Hemd einen knielangen Ledermantel ohne Ärmel.

Jamison blieb hinter dem Schreibtisch stehen und wandte Varga das runde Gesicht zu, aus dem eine gerötete Knollennase leuchtete.

„Die Männer werden den Rest der geflohenen Sträflinge zurückbringen, Mister Jamison“, sagte der Halbmexikaner überzeugt.

„Es darf nichts herauskommen, Varga. Dieser Ausbruch bleibt unter uns, verstanden?“

„Ja. Sir.“

„Gut.“ Jamison ging abermals zum Fenster.

Vor den fensterlosen Baracken standen Aufseher mit Peitschen in den Händen. Ein paar Gefangene, die man aus einer Unterkunft herausgeholt hatte, wurden von mehreren Wächtern brutal zusammengeschlagen. Die Wachen hieben so lange auf die wehrlosen Opfer ein, bis das Knallen der Peitschen die Schreie der Geschundenen übertönte.

„Wir werden jeden Widerstand zerbrechen“, sagte Varga überzeugt. „Bis die Kerle uns aus der Hand fressen.“

Chester A. Jamison, der Direktor, dachte daran, dass es für die Verbrecher im Lager eine Vergünstigung gewesen war, hierher deportiert zu werden. Sie hatten das Arbeitslager gegen enge, stinkende und halbdunkle Zuchthauszellen eingetauscht. Dafür hatten sie in Kauf genommen, auf der Stirn gebrandmarkt zu werden. Aber die Bedingungen der Haft waren nur andere geworden, keinesfalls bessere. Wie Vieh waren sie bis zum Umfallen zur Arbeit angetrieben worden, hatten sie Schläge einstecken müssen und waren sie vor den Aufsehern im Dreck gekrochen. Schließlich war das Maß übervoll gewesen, und sie hatten den Ausbruch versucht. Danach war es noch schlimmer für die geworden, die man rasch hatte einfangen können. Jeder war mit den Peitschen und Gewehrkolben geprügelt und in seine Baracke gesperrt worden,

„Wir haben auch die Essensrationen stark gekürzt“, erklärte Varga.

„So?“ Jamison blieb erneut stehen. „Aber hungrige Leute sind noch rebellischer.“

„Nur für eine kurze Zeit, Mister Jamison. Dann fressen sie aus der Hand.“

„Hoffentlich bringen die Männer diesen Ed Vandenburg und den anderen zurück. Wie hieß er doch gleich?“

„Jensen, Sir. Pete Jensen.“

„Ja, den.“

„Meine Leute bringen die beiden wieder“, versprach der Halbmexikaner überzeugt. „Aber da ist noch dieser andere. Dieser Carringo. Der steckt in der Arrestzelle.“

Jamison fluchte leise vor sich hin.

„Ich würde ihn ...“ Varga brach ab, grinste tückisch mit seinen stechenden Augen und legte die Hand bezeichnend auf den Revolverkolben.

„Nein.“

„Warum nicht, Sir?“

„Ich würde ihn lieber brandmarken und unter den Gefangenen verschwinden lassen. Einmal gezeichnet, könnte er nie mehr in ein anderes Leben als in das Hells End zurückkehren.“

Varga schmunzelte. „Der Gedanke hat allerdings etwas Faszinierendes an sich“, gab er zu.

„Und ob er das hat.“ Für einen Augenblick grinste der Direktor teuflisch, so dass seine Knollennase zu wachsen schien.

Eine Baracke war geöffnet worden. Wie ein Spalier standen die mit Peitschen bewaffneten Aufseher rechts und links der Tür und schlugen sofort auf die Gefangenen ein, die im Spießrutenlauf heraushasteten. Die zerlumpten Sträflinge sahen mit dem eingebrannten Kreuz auf der Stirn furchtbar entstellt und gefährlich aus. Sie wurden in Zweierreihen entlang der aufgespannten Stolperdrähte getrieben und verschwanden hinter der nächsten Baracke aus dem Blickfeld des Direktors. Er schaute zu den Bergen hinter dem Rio Santa Cruz hinüber und dann zum Ende der Landzunge, an dem sich die Flüsse vereinigten, wo der Rio Santa Cruz ein Teil des Gila River wurde. Lange Zeit hatte Jamison geglaubt, ein Entkommen von der Sträflingsinsel wäre überhaupt nicht möglich. Jeder, der es versucht hatte, war zusammengeschossen worden und liegengeblieben oder im Fluss ertrunken. Aber nun befürchtete er, dass Vandenburg und Jensen es doch schaffen und seine Vorgesetzte Behörde davon erfahren könnte.

„Wann?“, fragte der Halbmexikaner.

„Was?“

„Ich rede von diesem Carringo, Sir. Wann wollen wir ihm das Brandmal auf die Stirn drücken?“

Jamison blickte zum Arrestbau, einer schmalen, fensterlosen, niedrigen Hütte, die gerade so breit wie die Tür war, so dass ein Mensch eingezwängt von Bretterwänden nicht einmal umfallen konnte.

„Bald, Varga. So schnell als möglich. Treffen Sie alle erforderlichen Vorbereitungen.“

„Wird gemacht, Sir. Sonst noch Befehle?“

„Nein, im Augenblick nicht.“

Varga wandte sich ab und verließ das Zimmer. Jamison verschränkte die Hände auf dem Rücken und wanderte weiter durch den Raum. Er war ein Politiker gewesen, eine glücklose Natur, die man hierher abgeschoben hatte. Und er wusste, dass es seine letzte Chance war. Es durfte weder Pannen geben noch irgend etwas von dem Ausbruch ruchbar werden.

Spur der Geier: Die großen Western von Heinz Squarra

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