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2.1.4 Bewertung und Auswahl von Marktforschungsprojekten

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Marktforschungsprojekte, die nicht ausschließlich auf bereits vorliegende Daten zurückgreifen können, verursachen hohe Kosten. Es liegt daher nahe, Projektanträge einer formalen Bewertung zu unterziehen, bei denen Wert und Kosten der Marktforschung einander gegenübergestellt werden. Während die Kosten der Informationsbeschaffung relativ einfach zu berechnen sind, lässt sich der Wert der durch Marktforschung zu liefernden Informationen nur durch eine Reihe restriktiver Annahmen abschätzen.

Eine Möglichkeit zur Bestimmung des Informationswertes von Marktforschungsprojekten bietet die nach dem englischen Pfarrer Thomas Bayes benannte Bayes-Analyse, deren Verbreitung in der wirtschaftswissenschaftlichen Fachwelt vor allem auf Schlaifer (1959) und speziell im Marketing auf Green und Frank (1966) zurückgeht (vgl. u. a. Green und Tull 1988, Decker und Wagner 2002, Hammann und Erichson 2006).

Um den Informationswert mit Hilfe der Bayes-Analyse abschätzen zu können, werden hohe Anforderungen an die Formulierung des Marketing-Entscheidungsproblems gestellt: Es müssen die in Frage kommenden Handlungsalternativen, die Umweltsituationen und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten sowie die in Geld bewerteten Ergebnisse der Handlungsalternativen bei verschiedenen Umweltsituationen angegeben werden. Ohne Durchführung eines Marktforschungsprojekts wird jene Handlungsalternative gewählt, die den höchsten Erwartungswert von risikoneutralen Entscheidern aufweist (Laux et al. 2018, S. 341-389). Wird zur Verbesserung des Informationsstandes ein Marktforschungsprojekt erwogen, so kann mit Hilfe des Bayes-Ansatzes der Erwartungswertzuwachs ermittelt werden, den die zusätzlichen Informationen erbringen. Ist dieser Wert der Informationen höher als die Kosten ihrer Beschaffung, so lohnt sich die Realisierung des Marktforschungsvorhabens. Auf die Darstellung des Formelapparates wird hier verzichtet und stattdessen auf die hierzu bereits zitierte Literatur verwiesen.

Praktisch scheitert die Anwendung der Bayes-Analyse häufig daran, dass die Entscheider nicht in der Lage oder nicht bereit sind, Handlungsalternativen, Umweltsituationen, Konsequenzen und Wahrscheinlichkeiten zu schätzen. Des Weiteren ist das Instrumentarium nur für eine ganz bestimmte Klasse von Marktforschungsproblemen anwendbar; sollen z. B. Informationen über Zielgruppen oder Kontrollinformationen eingeholt werden, so entfällt diese Möglichkeit der Informationsbewertung. Letztlich ist das Konzept der Bayes-Analyse mit seiner Erwartungswertberechnung bei wohldefinierten Entscheidungsproblemen zu restriktiv. Tatsächlich liefern die zu beschaffenden Marktforschungsinformationen zumeist auch Hinweise auf neue Handlungsalternativen und bislang noch nicht berücksichtigte Umweltsituationen; damit verändert sich jedoch die ursprüngliche Definition des Entscheidungsproblems (vgl. zu diesen Problemen Uebele 1981 oder Decker und Wagner 2002).

Somit beschränkt sich der Wert des Bayes-Ansatzes hauptsächlich darauf, dass er Entscheider und Marktforscher zwingt, sich systematischere und logisch weniger widersprüchliche Gedanken über das zu lösende Marketing-Entscheidungsproblem und das geplante Marktforschungsprojekt zu machen als sie es üblicherweise gewohnt sind. In diesem Sinne ist u.U. die Anwendung der Bayes-Analyse bei Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen zu empfehlen. Wenn nun wie in den meisten Fällen der Informationswert von Marktforschungsprojekten nicht in Geldeinheiten bewertet werden kann, so sind Ersatzkriterien heranzuziehen. Hierzu bieten sich Checklisten an, die sich aus wichtigen Bewertungskriterien zusammensetzen, wie

• der Klarheit der Marketing-Problemformulierung,

• der Wichtigkeit des Marketing-Problems,

• der Formulierung der Forschungsziele und des Informationsbedarfs,

• dem Forschungsdesign,

• den Erhebungsmethoden,

• den Auswertungsmethoden,

• den Kosten und der Zeitdauer sowie

• der Wichtigkeit der Informationen für das Unternehmen.

Diese Kriterien können entweder auf einer von »sehr gut« bis »sehr schlecht« reichenden Skala eingestuft werden, oder man zieht Punktbewertungsmodelle heran, bei denen für jedes Kriterium ein Punktwert vergeben wird. Der Gesamtpunktwert ergibt sich dann durch Addition der Einzelpunktwerte, wobei zuvor auch noch eine Gewichtung der einzelnen Kriterien vorgenommen werden kann.

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