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Existenzielle Therapie: Eine dynamische Psychotherapie

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Existenzielle Psychotherapie ist eine Form von dynamischer Psychotherapie. »Dynamik« ist ein Begriff, der im Bereich psychischer Gesundheit häufig verwendet wird – wie in »Psychodynamik«; und wenn man eines der grundlegenden Merkmale des existenziellen Ansatzes verstehen will, ist es notwendig, Klarheit über die Bedeutung dynamischer Therapie zu gewinnen. »Dynamisch« hat sowohl allgemeinsprachliche als auch therapeutische Bedeutungen. Im allgemeinen Verständnis hat »dynamisch« (von griech. dunasthi = Stärke, Kraft haben) die Konnotation »Energie«, »Bewegung« (ein »dynamischer« Fußballspieler oder Politiker, »Dynamo«, »Dynamit«); aber das ist nicht seine therapeutische Bedeutung, denn wenn sie es wäre, welcher Therapeut würde dann zugestehen, dass er undynamisch – das heißt langsam, träge, stagnierend, unbeweglich ist? Nein, der Begriff findet eine spezifisch technische Verwendung, die das Konzept von »Kraft« beinhaltet. Freuds wesentlicher Beitrag zum Verständnis des Menschen ist sein dynamisches Modell psychischer Funktionsweisen – ein Modell, welches postuliert, dass es Kräfte gibt, die innerhalb des Individuums in Konflikt miteinander stehen, und dass Gedanken, Gefühle und Verhalten, sowohl adaptiver als auch psychopathologischer Art, das Resultat dieser miteinander in Konflikt stehenden Kräfte sind. Darüber hinaus – und das ist wichtig – existieren diese Kräfte auf verschiedenen Ebenen der Bewusstheit; einige von ihnen sind tatsächlich völlig unbewusst.

Die Psychodynamik eines Individuums beinhaltet deshalb die verschiedenen unbewussten und bewussten Kräfte, Motive und Befürchtungen, die in ihr oder ihm wirksam sind. Die dynamischen Psychotherapien gründen auf diesem dynamischen Modell psychischer Funktionsweisen.

So weit, so gut. Existenzielle Therapie, wie ich sie beschreiben werde, passt bequem in die Kategorie der dynamischen Therapie. Aber wenn wir fragen, Welche Kräfte (und Befürchtungen und Motive) stehen in Konflikt miteinander? Was ist der Inhalt dieses internen bewussten und unbewussten Kampfes? Dies ist der Punkt, an dem sich die dynamische existenzielle Therapie von der Gemeinschaft der anderen dynamischen Therapien löst. Existenzielle Therapie gründet auf einer radikal abweichenden Sichtweise der spezifischen Kräfte, Motive und Befürchtungen, die im Menschen interagieren.

Die präzise Eigenart der tiefsten inneren Konflikte ist niemals leicht zu identifizieren. Der Kliniker, der mit einem gestörten Patienten arbeitet, ist selten in der Lage, den grundlegenden Konflikt in seiner ursprünglichen Form zu untersuchen. Stattdessen beherbergt der Patient eine unendliche Fülle von Besorgnissen: Die ursprünglichen Besorgnisse sind tief verborgen, überkrustet mit vielen Schichten von Repression, Verleugnung, Verschiebung und Symbolisierung. Der klinische Forscher muss sich mit einem klinischen Bild auseinandersetzen, dessen Fäden so vielfältig ineinander verwickelt sind, dass eine Entwirrung schwierig ist. Um die ursprünglichen Konflikte zu erkennen, muss man viele Zugänge wählen: tiefes Nachdenken, Träume, Alpträume, das Aufblitzen tiefer Erfahrungen und Einsichten, psychotische Äußerungen und das Studium von Kindern. Ich werde diese Zugänge zu gegebener Zeit untersuchen, aber vorerst mag eine stilisierte schematische Darstellung hilfreich sein. Ein kurzer Überblick über drei kontrastierende Ansichten vom prototypischen innerpsychischen Konflikt des Individuums – die Freudsche, die Neo-Freudianische und die existenzielle – veranschaulicht in der Gegenüberstellung die existenzielle Sichtweise der Psychodynamik.

Existenzielle Psychotherapie

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