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Tag 4

Betreff: Luftküsse

Lieber Achill,

vorhin hab ich wieder mal mit meinem Verhältnis gehadert. Mit meinem Verhältnis zur Technik .Einfach kein Reinkommen ins Netz.

Ich kann fluchen wie ein Rollkutscher, das habe ich dann auch getan, es nützt zwar nicht das Geringste, aber es erleichtert kolossal.

Jetzt bin ich wieder nacht- gestimmt, möchte tief und ruhig die leider zu kühle Abendluft im Garten atmen- die Sterne verstecken sich heute in ihren Wolkenkissen, ich hätte gern einen mit Strahlen- Grüßen an Dich nach D. geschickt - schick ich eben ein Luftschiff aus Wolken! Gib acht: wenn es an Deinem Fenster lautlos vorbeigleitet, öffnet es eine Luke- die Luftkissen sind mit Luftküssen gefüllt, und ein paar davon sind für Dich. Wohin sie beim Abwärtstrudeln treffen, kannst Du nicht beeinflussen- vielleicht sagst Du mir morgen, ob Du einen fangen konntest oder ob Dich gar einer unverhofft erwischt hat. Würde mich freuen. Weil Du Dich nicht wehren kannst -, es sei denn, Du gehst mit einem großen Regenschirm ins Bett, daran prallen sie ab, die Luftküsse, dann zerplatzen sie , und morgen früh musst Du achtgeben, dass Du beim Aufstehen nicht auf ihren leeren Hüllen ausgleitest.

Hattest Du einen guten Tag? Meiner war so und so-,

würde gern mit Dir drüber sprechen, aber so per mail kann ich nicht alles sagen, ich glaub, wir müssten uns dabei anschauen können.

Bitte: Das ist keine Aufforderung zu einem date. Dir nahe sein, das lässt sich nicht in Kilo- Zenti- oder Millimetern messen, das hab ich in mir, und es ist wie ein Geschenk. Geschenke bekommt man, die muss man sich nicht verdienen. Zum Glück.Und irgendwer über uns hat Dich mir geschenkt, als zeitweiligen Gast in meinem Leben.

Dafür bin ich dankbar und meine Tage sind weniger traurig.

Schlaf gut, und vergiss den Regenschirm nicht! Oder lass ihn da, wo er immer ist, aber dann mach Dich auf die Luftküsse- Invasion gefasst!

Isabell

Betreff: Wochenend- Anfang

Lieber Achill,

danke für den Anruf.

Deine Stimme entspricht dem Bild, das ich mir von Dir gemacht habe. Warm, weich, Deine Wörter zur Nacht waren friedvoll. Vermutlich bin ich zu schnell mit meinen Antworten, aber wenn mich einer dazu bringen könnte, Hektik und Eifer zu vergessen und mich aus der Zeit fallen zu lassen, dann wärest es ganz sicher Du. Das Schöne am Telefon sind die Untertöne, Pausen, vibrations, es war so viel zu spüren… ich glaube, da kann ich manches entdecken. Wenn Du mich lässt.

Jetzt erst mal hab ich das Bild eines Mannes zur Verfügung, der bequem sitzt, die Beine übergeschlagen (aus Deinem Strand- Foto kann ich ableiten, dass Du lange Beine hast, woher weißt Du, dass das ein Primärreiz für mich ist?), durch das Fenster in den Nachthimmel schaut und kleine Wölkchen an die Zimmerdecke pafft.

Bestimmt spinne ich mir wieder eins, und Du sitzt ganz brav und busy vor dem Rechner und arbeitest, aber da Du ja beschlossen hast, dass ich die Nachtfrau bin, die unabhängig von Raum und Zeit mit ihrem Luftküssen- Kissen- Schiff an Deinem Fensterbrett andocken kann, darf ich mir unsere Bilder bauen, wie ich will und wie ich denke, dass sie Dir gefallen könnten. Manchmal kommt Nachtfrau auch auf den Pferden der Windsbraut angeritten, aber da werden die Haare immer so verpuschelt.

Egal. Heute lege ich eine ( zunächst) weiche Landung hin, und ich versprech Dir auch, ganz leise zu sein, auf dem Bettrand zu sitzen und Dich ganz langsam und zärtlich aus Deinen tiefen Träumen in meine Halbwirklichkeit zu streicheln., und am nächsten Morgen wirst Du nicht wissen , ob wir das, wovon Du geträumt hast, wirklich getan haben – oder doch nicht, oder lieber doch???

Ich wäre in diesem Fall für doch! So, das war die Revanche für Deinen gestrigen Nacht- Anruf, der mich erst mal nicht so ganz ruhig einschlafen ließ. Du jedenfalls schlaf gut in den morgigen Tag hinein, der ein ganz schöner für Dich werden soll. Küsse von

LaBelle, der Nachtfrau?

Er: Sie geht ganz schön ran. Nicht, dass es mir nicht gefiele, aber im Grunde ist mein Lebensplan mehr als voll. Bisher ist es ein Spiel. Hoffentlich macht sie nicht ernst. Interessant zu checken, wie weit sie geht.

Betreff: Re: Wochenendanfang

Welch schöne Mail von der Nachtfrau...

Ich hatte bis eben ein riesiges Download von meiner Geschäfts- Partnerin empfangen.

Daher war ich zwischendurch immer mal wieder am Lap - um zu sehen, dass alles gut rüber kommt...

Ja - und da kam Deine wunderschön geschriebene Mail von Dir angebingt - Du hast mir eine große Freude gemacht.

Du bis offenbar eine sehr weibliche, sinnliche Frau mit ausgeprägter Intuition und Einfühlung..das mag ich sehr...das macht mein Herz warm - und nicht nur mein Herz... :)

Der Tag war lang - ich bin wirklich stinkmüde, und morgen feiere ich in H… Geburtstag mit den großen Töchtern .

Das bringt leider mit sich, dass ich früh raus muss...also pronto in mein Heiabett hüpfe...

Die Vorstellung dass Du auf der Bettkante sitzt - das muss nicht sein...ich rück einfach ein bisschen...

Ausserdem besteht dann viel mehr "Spielraum" zum sanften lustvollen Streicheln...oder?

Und auch die Frage der Gutenachtküsse lässt sich dann besser klären...ich küsse wirklich gern...und lange und überall...

Ich könnte mir sogar vorstellen dass meine Entdeckerfreude Dich zu erkunden dann so richtig schön prickelnd spürbar wird....

Ob dann aber ein baldiger Schlaf möglich werden kann...also da habe ich bei uns so meine Zweifel....

Nun aber genug fantasiert (obwohl ich die körperlich fühl- und sichtbare Lust in mir garnicht so schnell abstellen kann)...LaBelle, ich umarme Dich sehr sehr nah...

Achill

Sie: Sehr sehr nah –wenn das echt wäre und auch nur die geringste Chance hätte, dann wäre das sehr sehr schön- jetzt könnte ich noch aussteigen, doch er hat meine Fantasie angekurbelt. Vielleicht komme ich auch allein weiter mit dem Buch. Schade wär es schon. Ich ertappe mich dabei, dass ich auf seine Nachrichten warte.

Betreff: Schlafgutwünsche

Danke, lieber Achill, für den Gruß im Netz. Bin froh, Deine Nachtfrau zu sein.

Unser Telefonat war schön, sehr nah und sanft, ein bisschen so, als ob es da nichts Böses auf der Welt gäbe. Danke.

!ch versuche mir vorzustellen, was Du jetzt gerade tust. Welche Sorte Tabak rauchst Du? Womit ist er fermentiert, riecht er nach Pflaume, Vanille, Sandelholz?

Mein Vater war ein starker Raucher, und ich erinnere mich daran, wie er nach Kriegsende im Garten Tabak anbaute und mit seinen Gartennachbarn in regem Meinungsaustausch darüber war, wie man ihn am besten über dem Kohleherd, aufgefädelt auf Bindfaden, trocknet, was man dann zusetzt, ob mit dem Eigenbau- Schneider Feinschnitt oder Krüllschnitt verfertigt werden sollte usw..., ich war noch klein, verstand Bahnhof und fand das alles sehr spannend.

Damit er nicht geklaut wurde, solange er noch auf seinen Stängeln stand, wurden bis zur Ernte Nachtwachen eingerichtet, wobei die Männer immer zu zweit unterwegs waren und sich nächteweise abwechselten, und so ist weder dem Tabak noch meinem Vater ein Leid geschehen.

Bestimmt sind meine Vorstellungen davon, was Du gerade wo treibst, völlig neben der Realität, aber als Nachtfrau muss ich mir doch ausmalen, wo ich mit meinem Nightflight zu Dir lande, und da male ich mir einen virtuellen Grundriss Deiner Behausung, damit ich nicht versehentlich in die Abstellkammer gerate.

Am liebsten lande ich natürlich da, wo Du schläfst. Falls Du noch schlafen kannst, wenn Du meine sehr nahe Nähe träumst.

So, das war jetzt die Revanche für den letzten Satz Deiner gestrigen Nacht- SMS, die mich erst mal nicht so ganz ruhig ins Traumland gleiten ließ.

Du jedenfalls schlaf gut in den morgigen Tag hinein.

Wohin die heutigen Gutenachtküsse platziert werden sollen, kannst Du Dir aussuchen -wähle mit Bedacht- die nächsten gibt es erst morgen abend.

Noch kannst Du den Rückwärtsgang einlegen, aber wenn es Dir gefällt, will ich Dir – wie einst Scheherezade – jeden Abend eine Nachtgeschichte erzählen. Ob ich es bis zur 1001. Geschichte schaffe, hängt davon ab, ob Dir irgendwann die Geduld ausgeht (smile). Ich gehe das Projekt 1001 für Klaas mit Zuversicht an, zum Glück wird’s ja den Kopf nicht kosten, wenn es vor der Zeit endet.

Scheherezades Schwester LaBelle lässt auch schön grüßen!

Sie: Da hab ich, also LaBelle hat –oder war es die Nachtfrau? Egal. Eine von uns hat den Mund wieder mal ganz schön voll genommen.

1001 Geschichten für einen Mann, von dem ich einiges erhoffe, doch im Grunde nichts weiß, außer, dass er mich atemlos macht, allein durch das Wissen, dass es ihn gibt. Wenn ich mich aufs Geschichten- Erzählen zurückziehe, wird es nicht zu persönlich, vielleicht kann ich das Schlimmste verhindern. Das Schlimmste? Nein, Isabell, verliebt wird nicht!

Ganz gleich, wo das endet: wenn ich nicht einfach anfange, werde ich es nie erfahren.

SMS von Bella an Achill

Nur noch ganz kurz:.Wer von uns ist hier eigentlich Geschichten- Erzähler (in?). Was Du mir am Telefon über Deine holländische Großmutter erzählt hast, war sooo schön. Weißt Du noch mehr so etwas? Gute Nacht und glückliche Reise morgen .Deine mail wird mir das Einschlafen versüßen - oder erschweren? Mal sehn!

Letzter Gutenachtkuss für heute, was ja eigentlich schon morgen ist.

Isabell

SMS von A an B

Bin neugierig auf Deine Geschichten. Schreib heute nicht zu lange, dann streichel ich Dich noch in den Schlaf. Kussies von mir zu Dir.

Betreff: Stern- Schnuppen

Lieber Achill, es ist schön, dass ich von Dir zum Tagesabschluss noch eine Rückmeldung bekommen habe, nun kann ich beruhigt schlafen gehen und vorher noch ein bisschen Fantasie- Spielen, Du gestattest doch???

Gut, dass Euer Tag so harmonisch war und offenbar alles gut zusammen gepasst hat, sogar das Wetter.

Ich nehme an, Du bist schon fest in Morpheus' Armen ( wünschte, es wären meine), aber heute macht die Nachtfrau nur eine kurze Patrouille auf einer Sternschnuppe, umkreist Deine keusche Lagerstatt, stopft im Vorbeiflug kurz Deine Zudecke um Dich herum schön fest, damit Du es geborgen und gemütlich hast, haucht einen Kuss auf Deine Stirn( mehr erlaubt die Fluggeschwindigkeit des Kometen leider nicht, sie muss sich schon an seinem Schweif -!-festhalten, damit er sie nicht in D. fallen lässt, denn dann müsste sie ja in Deinem Bett bleiben, bis die nächste Schnuppe fliegt, und das gäbe morgen früh vermutlich einige Verwirrung), und macht sich auf und davon- bis zur morgigen Nacht! Mal sehen, auf welche Weise sie Dich dann heim- sucht und was alles ihr einfällt, um Dich zu erfreuen.

Gute Nacht, Lieber!

B.

Betreff: Die erste Geschichte

Guten Abend , lieber Achill,

die Nachtfrau ist heute früh dran, aber manchmal kann auch gelten: je früher der Abend... Kommt immer drauf an, was man daraus macht.

Leider bist Du jetzt noch nicht in Deinem Heiabett, also beginnt meineGeschichte heut etwas anders:

Wenn Du Dein Fenster öffnest, siehst Du eine Strickleiter direkt am Fensterbrett. Da Du gern fliegst, hast Du keine Höhenangst, also, ergreif sie und steig auf. Der Heli ist bereit zum Night- Flight. Du auch?

Die Pilotin kommt Dir bekannt vor? Möglich. Schau nach, wer unter den Lederklamotten so gut riecht, nach einem Eau de toilette von Vivian Westwood: ein bisschen Rose, eine Anmutung von Theaterpuder und ganz viel nach Frau. Sie nimmt den Helm nicht ab? Tja, mein Lieber, manchmal muss man auch warten können.

Der Heli landet schaukelnd am Meer.

-Warum?- fragst Du

- Ich hatte einen überaus heftigen Anfall von Seen-Sucht, bekommst Du zur Antwort.

-Sind wir allein?

-Da wir es wünschen, sind wir es wohl. Nimmst Du mir nun endlich den Helm ab?

-Und wenn nicht?

- Kannst Du mich nicht küssen

-Momentan finde ich den Reißverschluss Deiner Montur s e h r interessant, hat der eine Reißleine? Für alle Fälle?

- Da bringst Du etwas durcheinander, Lieber. In den Freien Fall geraten wir später.

- Ich krieg den Sicherheitsgurt nicht auf!

- Ach, und Du dachtest, das sei Zufall? Da Du mich nicht ohne Helm wolltest, will ich Dich nicht ohne Gurt.

Der Helm fliegt achtlos irgendwo in eine Ecke des Cockpits.

- Zieh mir die Spange aus meinem Haar.

- Kann nicht, Du bist zu weit drüben.

- Du wolltest nicht küssen, dann trag die Konsequenzen jetzt.

Mit einem Griff bringt sie seinen Sitz in Liegeposition, öffnet die Knöpfe seines Jeanshemds, fängt mit federleichten, kleinen Küssen unterhalb seines linken Ohrs an, arbeitet sich langsam und zärtlich in die Halsbeuge, ihre langen Haare streicheln kitzelnd die Haut seines Oberkörpers, da, wo sie nackt ist, mit ihrer linken Hand tastet sie sich etwas weiter nach unten...

- Ah, Gürtel von Ermenegildo Zegna - nobel,- Geschenk von einer Freundin..?.

- Eifersüchtig?

- Dazu hab ich weder Recht noch Veranlassung. Viel interessanter ist: Wie geht der auf?

- Wozu willst du das wissen?

- Frag nicht so scheinheilig, hilf mir lieber

- Wobei? Womit?- Weib!!!! Was machst Du--

Er bekommt keine Antwort, sie ist ein wohlerzogenes Mädchen, und ihre Mutti hat ihr beigebracht: Mit vollem Mund soll man nicht reden.

Der Zipper ihrer Ledermontur blieb in dieser Nacht mehr oder weniger ungezippt.

- Ich hab viel Zeit, und wenn ich wiederkomme...

- Bist ja noch gar nicht!

- Nächstes Mal fahren wir nach Paris.

- Paris kann überall sein, sagt er. Sie nimmt ihn warm und fest in ihre Arme.

-So, und nun schlaf mal schön! Wenn Du kannst!

Ich küss Dich aber jetzt auf den Mund.

Gute Nacht!

Bella

SMS von A.

Spüre Deine Streichelhände, Deine Zunge auf meinem Körper – macht geil und prall, sehe Dich vor mir…

SMS von B. an A.

Danke. Und da soll ich jetzt schlafen, ohne von Sacré Coeur auf Paris herunterzuschauen mit Dir? Ohne Deine Wärme zu spüren? Mannomann!

Aber, um mal neben all den Spiel- Sachen das wirkliche Leben (ich weiß: die Spiel- Sachen sind auch das wirkliche Leben, nur manchmal sogar etwas schöner als selbiges...) nicht außer Acht zu lassen: Morgen geht’s früh raus, und jetzt muss ich ins Bett, so gerne, wie mirs Leid tut!

Ich möchte lieber noch mit Dir mailen, simsen, meine Gedanken, Bilder und Gefühle auf Wanderschaft zu Dir schicken, aber morgen, d.h. heute ist ein ganz neuer Tag, und der will auch gelebt, geliebt sein, Du machst gerade, dass ich mich jetzt immer auf den kommenden Tag mehr freue als sonst.

Das sagt Dir

Bella, die Nachtfrau

Sie: Wo gabs das doch gleich? Dass einer in die Welt seiner eigenen Geschichten hineingezogen wird? Der Kerl macht mich an .Und wehrlos.

Sommernächte mit Achill

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