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Erster Theil
IX

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Oblomows Traum

Wo sind wir? In welchen gesegneten Erdwinkel hat uns Oblomows Traum entführt? Was das für eine herrliche Gegend ist! Es gibt dort zwar kein Meer, keine hohen Berge, keine Felsen und Abgründe, keine Urwälder – nichts Grandioses, Wildes und Düsteres! Wozu braucht man denn dieses Wilde und Grandiose? Zum Beispiel das Meer! Wir brauchen es nicht! Es stimmt den Menschen nur traurig. Wenn man es anschaut, möchte man weinen. Das Herz erfüllt sich angesichts dieser unübersehbaren Gewässer mit Angst, der durch die Eintönigkeit dieses endlosen Bildes ermüdete Blick kann nirgends ausruhen. Das Brüllen und wilde Rollen der Wogen liebkosen nicht das verzärtelte Ohr. Sie murmeln seit dem Urbeginn der Welt immer ein und dasselbe düstere, räthselhafte Lied; und immer sind darin dieselben Seufzer, dieselben Klagen eines zur Qual verurtheilten Ungeheuers und dieselben durchdringenden, drohenden Stimmen zu hören. Die Vögel zwitschern nicht ringsherum; nur die schweigenden Möwen flattern gleich Verurtheilten traurig am Ufer herum und kreisen über dem Wasser.

Das Brüllen der Thiere ist machtlos bei diesem Stöhnen der Natur, auch die Stimme des Menschen ist nichtig und der Mensch selbst ist so klein und schwach und verschwindet spurlos unter den Einzelheiten des unendlichen Bildes! Vielleicht ist das der Grund, warum der Anblick des Meeres ihn so bedrückt. Nein, wir brauchen kein Meer! Selbst dessen Stille und Reglosigkeit lassen in der Seele kein freudiges Gefühl aufkommen; in dem kaum sichtbaren Beben der Wassermasse sieht der Mensch immer dieselbe unfaßbare, wenn auch schlummernde Macht, welche seinen stolzen Willen manchmal so tückisch verhöhnt und seine kühnen Pläne und all seine Arbeit und Mühe so tief begräbt.

Berge und Abgründe stimmen den Menschen auch nicht heiter. Sie sind drohend und furchtbar, wie die entblößten, auf ihn gerichteten Krallen und Zähne eines wilden Thieres; sie erinnern uns zu lebhaft an unsere sterbliche Beschaffenheit und flößen uns Angst und Bangigkeit um unser Leben ein. Und der Himmel sieht dort über den Felsen und Abgründen so fern und unerreichbar aus, als hätte er sich von den Menschen losgesagt.

Der friedliche Winkel, in dem unser Held sich plötzlich befand, war anderer Art. Der Himmel scheint sich dort noch näher an die Erde zu schmiegen, aber nicht um noch mächtiger seine Pfeile herabzuschleudern, sondern nur um sie fester und liebevoller zu umfassen. Er dehnt sich so niedrig über dem Kopfe aus, wie das verläßliche Dach eines Elternhauses, um den auserkorenen Winkel vor allerlei Mißgeschick zu schützen.

Die Sonne scheint dort hell und heiß fast ein halbes Jahr lang und verschwindet dann langsam und gleichsam ungern von dort, als wende sie sich noch zwei-, dreimal nach dem geliebten Ort hin, um ihn im Herbst, zur Zeit des Unwetters, mit einem klaren, warmen Tage zu beschenken.

Die Berge scheinen dort nur die Modelle jener furchtbaren, irgendwo errichteten Ungethüme zu sein, die die Phantasie erschrecken. Es ist eine Reihe abschüssiger Hügel, von denen es angenehm ist im Herumtollen auf dem Rücken herabzurutschen, oder auf denen es sich gut sitzen läßt, wenn man der scheidenden Sonne sinnend das Geleite gibt.

Der Fluß fließt lustig, spielend und scherzend dahin; bald dehnt er sich zu einem breiten Teich aus, bald eilt er als ein schneller Streifen vorwärts, oder er verlangsamt seinen Lauf, wie in tiefes Sinnen versunken, und kriecht kaum sichtbar über die Steine hin, indem er seitwärts fröhliche Bäche entspringen läßt, bei deren Rauschen es süß zu schlummern ist.

Der ganze Winkel bildet fünfzehn, zwanzig Werst in der Runde eine Reihe malerischer, fröhlicher und lachender Landschaften. Die sandigen, steilen Ufer des klaren Flusses, das vom Hügel zum Wasser herabsteigende niedere Gebüsch, der sich krümmende Graben, mit einem Quell auf dem Grunde und der Birkenhain, – das alles schien mit Absicht zusammengestellt und von einer Meisterhand gemalt zu sein.

Das von Stürmen ermüdete oder das ganz unberührte Herz verlangt darnach, sich in diesen von allen vergessenen Winkel zu verstecken und dort ein von niemanden gekanntes Glück zu empfinden. Alles verspricht dort ein ruhiges, langes Leben, bis die Haare vergilben, und einen unmerklichen, schlafähnlichen Tod.

Der Jahreskreis vollzieht sich dort regelmäßig und ungestört; zu der vom Kalender verkündeten Zeit beginnt im März der Frühling, eilen die schmutzigen Bäche von den Hügeln herab, thaut die Erde auf und läßt einen warmen Dampf aufsteigen. Der Bauer wirft den Schafpelz ab, geht im Hemd hinaus und bewundert lange die Sonne, die Augen mit der Hand schützend und freudig die Schultern reckend; dann faßt er den umgeworfenen Wagen bald an der einen und bald an der zweiten Deichsel, oder betrachtet und stößt mit dem Fuß den träge im Schuppen liegenden Pflug, indem er sich zu der gewohnten Arbeit vorbereitet. Im Frühling kommen keine plötzlichen Schneegestöber vor, die die Felder verschütten und die Bäume unter der Last des Schnees zusammenbrechen lassen. Der Winter behält wie eine unnahbare, kalte Schöne ihren Charakter bis zur gesetzlichen Zeit der Wärme bei; er neckt nicht durch Thauwetter und läßt nicht unter unerhörten Frösten ächzen; alles geschieht nach der gewohnten, von der Natur vorgeschriebenen Ordnung. Im November beginnt der Schnee und Frost, der sich zu den Drei Königen so verstärkt, daß der Bauer, der für einen Augenblick sein Haus verläßt, bestimmt mit Reif auf dem Bart zurückkehrt, und im Februar fühlt eine feine Nase in der Luft schon das linde Wehen des nahen Frühlings.

Aber der Sommer ist in dieser Gegend besonders berückend.

Dort muß man die frische, trockene Luft, die nicht mit Citronen und Lorbeer getränkt, sondern einfach vom Geruch von Wermut, Fichten und Faulbaum erfüllt ist, suchen; dort findet man die klaren Tage, die manchmal heißen, doch nie sengenden Sonnenstrahlen und einen fast drei Monate lang wolkenlosen Himmel. Wenn die klaren Tage sich einstellen, dauern sie drei, vier Wochen lang; die Abende sind dort warm und die Nächte schwül. Die Sterne flimmern so freundlich, so herzlich auf dem Himmel. Wenn es regnet, ist es ein wohlthuender Sommerregen. Er strömt schnell und reichlich herab und hüpft fröhlich wie die großen, heißen Thränentropfen eines plötzlich erfreuten Menschen; und sowie er aufgehört hat, betrachtet die Sonne wieder mit einem hellen, liebevollen Lächeln die Felder und Hügel und trocknet sie; und das ganze Land lächelt wieder glücklich wie um die Sonne zu begrüßen. Der Bauer bewillkommt freudig den Regen. »Der Regen wäscht, die Sonne trocknet!« sagt er, das Gesicht, die Schultern und den Rücken freudig den warmen Tropfen preisgebend. Die Gewitter sind dort nicht furchtbar, sondern nur wohlthuend; sie treffen immer zu derselben, für sie eingesetzten Zeit ein und vergessen fast niemals den Eliastag, wie um die bekannte Volksüberlieferung aufrechtzuerhalten.

Auch die Zahl und Stärke der Donnerschläge scheint jährlich dieselbe zu sein, als hätte der Staat dem ganzen Land aus seiner Schatzkammer ein bestimmtes Maß Elektricität überwiesen. Man hört in dieser Gegend von keinerlei Stürmen und Verwüstungen. Niemand hat jemals in der Zeitung von diesem gottbegnadeten Winkel etwas Ähnliches gelesen. Und man würde nie etwas darüber drucken, und von dieser Gegend etwas erfahren, wenn die Bauerswitwe Marwa Kulkowa, 28 Jahre alt, nicht auf einmal vier Kinder zur Welt gebracht hätte, wovon, o Schrecken, selbst in den Zeitungen zu lesen war.

Der Herr strafte dieses Land weder mit der ägyptischen noch mit sonst irgendeiner Seuche. Niemand von den Einwohnern kann sich an irgendwelche furchtbare Himmelszeichen, an Feuerbälle oder an plötzliche Dunkelheit erinnern; es gibt dort keine giftigen Schlangen; die Heuschrecken fliegen nicht dorthin; es gibt dort weder brüllende Löwen noch Tiger und nicht einmal Bären und Wölfe, weil keine Wälder da sind. Auf den Feldern und im Dorfe irren nur zahlreiche kauende Kühe, blökende Schafe und glucksende Hühner herum.

Gott weiß, ob ein Dichter oder Träumer sich mit der Art des friedlichen Winkels befreundet hätte. Diese Herren lieben es, wie bekannt, den Mond zu betrachten und den Trillern der Nachtigall zu lauschen. Sie lieben eine kokette Luna, die sich in rauchige Wolken kleidet, geheimnisvoll durch die Baumzweige schimmert oder silberne Strahlengarben in die Augen ihrer Anbeter schüttet. Und hier zu Lande wußte man nichts von einer Luna – alle nannten sie Mond. Er blickte die Dörfer und Felder gutmüthig, wie mit weit offenen Augen an und erinnerte sehr an einen gut geputzten Präsentierteller aus Messing.

Vergeblich hätte der Dichter ihn mit verzückten Augen betrachtet; er würde den Dichter ebenso einfältig anblicken, wie eine rundwangige Dorfschöne die leidenschaftlichen, beredten Blicke des städtischen Hofmachers erwidert.

Man hörte in dieser Gegend auch keine Nachtigallen, vielleicht, weil es dort keine schattigen Lauben und keine Rosen gab; dafür gibt es dort eine Menge Wachteln! Im Sommer, bei der Ernte, fangen die Bauernjungen sie mit den Händen. Man glaube aber nicht, daß die Wachteln dort einen Gegenstand gastronomischen Genusses bildeten – nein, eine solche Verderbtheit der Sitten war zu den Einwohnern des Landes nicht gedrungen. Die Wachtel ist ein Vogel, der von Urbeginn an nicht zum Essen bestimmt war. Er erfreute dort die Menschen durch seinen Gesang; darum hieng fast in jedem Hause unter dem Dache eine Wachtel in einem Hanfkäfig.

Der Dichter und Träumer wäre auch von der Gesammtansicht dieser bescheidenen und ungekünstelten Gegend nicht befriedigt. Es würde ihm nicht gelingen, dort einen Abend in schweizerischer oder schottischer Art zu sehen, da die ganze Natur, der Wald, das Wasser, die Wände der Hütten und die sandigen Hügel, alles in purpurnem Widerschein erglüht; wenn sich auf dem rothen Hintergrunde eine der sich schlängelnden, sandigen Straße folgende Cavalcade von Männern scharf abhebt, die irgendeine Lady auf ihrer Spazierfahrt nach einer düstern Ruine begleitet haben und die in das sichere Schloß eilen, wo sie eine vom Großvater erzählte Episode aus dem Krieg der zwei Rosen, eine Gemse zum Abendessen und eine von einer jungen Miß zur Laute gesungene Ballade erwartet, Bilder, mit denen Walter Scott unsere Phantasie so reich bevölkert hat. Nein, in unserer Gegend gab es nichts Ähnliches.

Wie still und schläfrig ist alles in den drei, vier Dörfchen, aus denen der Winkel besteht! Sie waren nicht weit voneinander entfernt und schienen zufällig von einer Riesenhand hingeworfen zu sein, sich nach allen Richtungen hin zerstreut zu haben und seitdem so dazuliegen. Die eine Hütte, die an den Absturz des Grabens hingerathen ist, hängt seit undenkbaren Zeiten so da, indem sie mit der einen Hälfte in der Luft hängt und sich auf drei Pfähle stützt. Drei, vier Generationen hatten ruhig und glücklich darin gelebt. Es scheint, ein Huhn sollte sich hineinzugehen fürchten, darin lebt aber mit seiner Frau Onissim Suslow, ein solider Mann, der sich seiner vollen Größe nach in seiner Wohnung nicht aufstellen könnte. Nicht jeder kann in Onissims Hütte eintreten; nur wenn der Besucher sie darum bittet, den Rücken dem Wald und den Eingang ihm zuzuwenden (Häufig wiederkehrende Beschwörungsformeln in russischen Märchen.) . Die Stufen hiengen über dem Graben, und man mußte, um mit dem Fuße hinaufzugelangen, sich mit der einen Hand am Gras und mit der zweiten am Dach des Hauses festhalten und dann geradeaus auf die Stufen steigen. Ein zweites Haus klebte wie ein Schwalbennest am Hügel; drei Häuser stehen hier zufällig beisammen und zwei andere befinden sich ganz auf dem Grunde des Grabens.

Im Dorf ist alles still und schläfrig; die Hütten stehen weit offen; man sieht keine Seele; nur die Fliegen wirbeln in Wolken herum und summen in der Hitze. Wenn man ins Haus tritt, ruft man vergeblich laut nach jemand. Todtes Schweigen ist die Antwort; selten ertönt das schmerzliche Stöhnen oder dumpfe Husten einer alten Frau, die auf dem Ofen ihren Tod erwartet, oder es erscheint hinter dem Wetterverschlag ein bloßfüßiges, langhaariges dreijähriges Kind, das nichts als ein Hemd anhat, den Eintretenden schweigend und starr anblickt und sich schüchtern wieder versteckt. Dieselbe tiefe Stille und derselbe Frieden liegen auch auf den Feldern; nur hie und da krabbelt auf dem schwarzen Acker, wie eine Ameise, ein von der Hitze gesengter Bauer herum, indem er dem Pfluge folgt und sich in Schweiß badet.

Stille und durch nichts gestörte Ruhe herrschen auch in den Sitten der Menschen in dieser Gegend. Es hat dort niemals Diebstahl, Mord oder irgendwelche schreckliche Zufälle gegeben; weder starke Leidenschaften, noch kühne Unternehmungen regten hier die Gemüther auf. Und was für Leidenschaften und Unternehmungen konnten sie aufregen? Jeder kannte dort sich selbst. Die Einwohner dieser Gegend lebten in großer Entfernung von andern Menschen. Die nächsten Dörfer und die Kreisstadt waren fünfundzwanzig und dreißig Werst von ihnen entfernt. Die Bauern brachten zu einer bestimmten Zeit das Getreide zum nächsten Hafen an der Wolga hin, welcher ihr Kolchis und ihre Herkulessäulen war, und dann fuhren manche von ihnen einmal im Jahre auf den Jahrmarkt – außer diesen hatten sie keinerlei Beziehungen zu irgendjemand. Ihre Interessen waren auf sie selbst gerichtet und kreuzten und berührten keine fremden Angelegenheiten. Sie wußten, daß achtzig Werst von ihnen entfernt die Gouvernementsstadt lag, doch nur wenige waren dort gewesen; dann wußten sie, daß sich irgendwo weiter Saratow und Nischnij-Nowgorod befanden; sie hatten auch gehört, daß es Moskau und Petersburg gab und daß hinter Petersburg Franzosen und Deutsche lebten, aber weiter begann für sie, wie für die Alten eine dunkle Welt, unbekannte Länder, die mit Ungeheuern, zweiköpfigen Menschen und Riesen bevölkert waren; dann folgte völlige Finsternis und endlich schloß alles mit dem Tisch, der die Erde trägt. Und da ihr Winkel nicht an der Fahrstraße lag, konnte man auch gar nicht zu den neuesten Nachrichten darüber, was auf der weiten Welt vorgieng, kommen; die Holzgeschirrhändler wohnten nur zwanzig Werst von ihnen entfernt und wußten nicht mehr als sie. Sie hatten nicht einmal etwas, womit sie ihr Leben vergleichen konnten, ob sie gut oder schlecht lebten, ob sie reich oder arm waren und ob man sich noch etwas wünschen konnte, das andere besaßen. Die glücklichen Menschen lebten in der Meinung, daß es nicht anders sein könne und dürfe und waren davon überzeugt, daß auch alle anderen ebenso wie sie lebten und daß es eine Sünde sei, anders zu leben. Sie würden es auch gar nicht glauben, wenn man ihnen sagen würde, daß andere Menschen irgendwie anders pflügten, säeten, mähten und verkauften. Was für Leidenschaften und Aufregungen konnten sie denn haben? Sie hatten wie alle Menschen ihre Sorgen und Schwächen, so die Einzahlung der Steuer oder des Pachtzinses, außerdem kannten sie die Trägheit und den Schlaf; doch das alles kam ihnen billig zu stehen, ohne daß ihr Blut in Wallung kam.

In den letzten fünf Jahren starb von den einigen hundert Seelen niemand, noch eines gewaltsamen, weder eines natürlichen Todes. Und wenn dort jemand vor Alter oder von einer chronischen Krankheit in den ewigen Schlaf übergieng, konnte man sich über einen so ungewöhnlichen Fall gar nicht genug wundern. Es fiel ihnen aber dabei gar nicht als etwas Besonderes auf, daß zum Beispiel der Schmied Taraß sich selbst in seiner Erdhütte fast zu Tode verbrannte, so daß man ihn mit Wasser begießen mußte, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen.

Von den Verbrechen war eines, das ist das Stehlen von Erbsen und Rüben aus den Gemüsegärten, sehr verbreitet, und eines Tages verschwanden zwei junge Schweine und ein Huhn, ein Ereignis, das die ganze Umgegend empörte und das einstimmig mit der am vorhergehenden Tage vorübergefahrenen Fuhrenpartie, die mit Holzgeschirr zum Markt fuhr, in Zusammenhang gebracht wurde. Sonst waren Zufälle jeder Art sehr selten. Eines Tages wurde übrigens hinter dem Gehege im Graben bei der Brücke ein liegender Mensch gefunden, der wohl zu der in die Stadt wandernden Arbeiterpartie gehörte. Die Dorfjungen hatten ihn zuerst bemerkt und brachten ganz entsetzt ins Dorf die Nachricht, daß im Graben ein furchtbarer Drachen oder Werwolf daliege, wobei sie hinzudichteten, er hätte sie fangen wollen und hätte Kusjka fast aufgegessen. Die muthigeren Bauern bewaffneten sich mit Heugabeln und Hacken und begaben sich in einem Haufen zum Graben.

– Wohin wollt ihr? – hielten die Alten sie zurück, – sitzt euch der Kopf zu fest am Nacken? Was habt ihr dort zu suchen? Laßtʼs gehn; man treibt euch ja nicht hin.

Aber die Bauern machten sich trotzdem auf den Weg und begannen fünfzig Klafter von der Stelle entfernt das Ungeheuer mit verschiedenen Stimmen zu rufen; sie erhielten keine Antwort; sie blieben stehen; dann rückten sie wieder vorwärts. Im Graben lag ein Bauer und stützte seinen Kopf auf den Hügel; neben ihm lag ein Sack und ein Stock, auf dem zwei Paar Bastschuhe hiengen. Die Bauern wagten weder nahe heranzukommen, noch ihn zu berühren.

– He! Bruder! – schrieen sie der Reihe nach und kratzten sich dabei bald den Nacken bald den Rücken, – wie heißt Du? Wer bist Du? He, Du! Was hast Du hier zu suchen?

Der Fremde machte eine Bewegung, um den Kopf zu heben es gelang ihm jedoch nicht; er war wohl krank oder sehr müde.

Einer der Bauern wollte ihn mit der Heugabel berühren.

– Laß ihn, laß ihn! – schrien viele auf einmal, – wer weiß, wie er ist. Du siehst, er redet nicht; vielleicht ist er irgendsoeiner. . .Rührt ihn nicht an, Kinder! Kommt, – sagten einige; – wirklich, kommt; was ist er uns denn, etwa ein Vetter? Es kann einem dabei noch was geschehen!

Und alle kehrten ins Dorf zurück und berichteten den Alten, daß dort ein Fremder liege, nichts spreche und Gott weiß was er für einer sei. . . .

Wennʼs ein Fremder ist, dann rührt ihn nicht an! – sagten die Alten, auf der Hausschwelle sitzend und die Ellbogen auf die Knie stützend, – laßt ihn in Ruhʼ! Ihr hättet gar nicht hingehen sollen!

So war der Winkel, in den Oblomow durch den Traum plötzlich zurückversetzt wurde. Von den drei oder vier dort zerstreuten Dörfchen hieß eines Sosnowka und ein zweites Wawilowka, beide in der Entfernung einer Werst voneinander gelegen. Sosnowka und Wawilowka waren das erbliche Besitzthum des Geschlechts der Oblomow und waren darum unter dem gemeinsamen Namen Oblomowka bekannt. In Sosnowka befand sich das Herrschaftshaus und sie bildete die Residenz. Fünf Werst von Sosnowka entfernt lag der kleine Flecken Werchljowo, der auch einst den Oblomows gehört hatte und längst in andere Hände übergegangen war, und noch einige zu diesem Flecken gehörige, hie und da zerstreute Hütten. Der Flecken gehörte einem reichen Gutsbesitzer, der sich auf seinem Gut niemals sehen ließ; er wurde von einem Verwalter deutscher Abstammung bewirtschaftet. Das ist die ganze Geographie dieses Winkels.

Ilja Iljitsch ist des Morgens in seinem kleinen Bettchen erwacht. Er ist nur sieben Jahre alt. Ihm ist leicht und froh zumuthe. Wie hübsch, rothwangig und dick er ist! Solche runde Wangen bringt mancher Schelm selbst dann nicht zuwege, wenn er die seinigen mit Absicht aufbläst. Die Kindsfrau wartet auf sein Erwachen. Sie beginnt ihm die Strümpfchen anzuziehen; er widersetzt sich, tollt herum, strampelt mit den Beinen, die Kindsfrau fängt ihn und beide lachen. Endlich ist es ihr gelungen ihn auf die Füße zu stellen; sie wäscht ihn, kämmt sein Köpfchen und führt ihn zu der Mutter hin. Als Oblomow die längst verstorbene Mutter erblickte, erbebte er selbst im Traum vor Freude und heißer Liebe zu ihr, aus seinen Wimpern rannen im Schlaf langsam zwei warme Thränen hervor und blieben reglos stehen. Die Mutter bedeckte ihn mit leidenschaftlichen Küssen, betrachtete ihn mit gierigen, besorgten Augen, um zu sehen, ob seine Äuglein nicht trüb seien, fragte, ob ihm nichts weh thue, erkundigte sich bei der Kindsfrau, ob er ruhig geschlafen habe, ob er in der Nacht nicht erwacht sei, ob er sich im Schlaf nicht herumgewälzt und ob er kein Fieber gehabt habe; dann nahm sie ihn bei der Hand und führte ihn zum Heiligenbild. Dort kniete sie nieder und sagte ihm, ihn mit der einen Hand umfassend, die Worte des Gebetes vor. Der Knabe wiederholte sie zerstreut und blickte ins Fenster, aus dem Kühle und Fliederduft sich ins Zimmer ergoß.

– Mamachen, gehen wir heute spazieren? – fragte er plötzlich mitten im Gebet.

– Ja, Herzchen, – sagte sie eilig, ohne die Augen vom Heiligenbild abzuwenden, und sprach die heiligen Worte rasch zu Ende.

Der Knabe wiederholte sie träge, aber die Mutter legte ihre ganze Seele hinein. Dann giengen sie zum Vater, und dann zum Thee.

Am Theetisch sah Oblomow die bei ihnen wohnende uralte, achtzigjährige Tante, die unablässig über ihre Dienerin brummte, die vor Alter mit dem Kopf wackelnd hinter ihrem Sessel stand und sie bediente. Dort waren auch die drei alten Mädchen, entfernte Verwandte seines Vaters, der ein wenig geisteskranke Schwager seiner Mutter, der bei ihnen auf Besuch wohnende Besitzer von sieben Seelen. Tschekmenjew, und noch verschiedene Greise und Greisinnen anwesend. Dieser ganze Hofstaat des Hauses Oblomow fieng Ilja Iljitsch auf und begann ihn mit Liebkosungen und Lobsprüchen zu überhäufen; er hatte kaum Zeit, die Spuren der ungebetenen Küsse abzuwischen. Dann begann seine Fütterung mit Semmeln, Zwieback und Sahne. Und dann, nachdem seine Mutter ihn nochmals liebkost hatte, erlaubte sie ihn im Garten, auf dem Hof und auf der Wiese spazieren zu gehen, indem sie die Kindsfrau streng ermahnte, das Kind nicht allein zu lassen, ihn nicht in die Nähe der Pferde, der Hunde, des Ziegenbocks zu führen, nicht weit vom Haus fortzugehen und vor allem ihn nicht an den Graben heranzulassen, als an die gefürchtetste Stelle der Gegend, die einen bösen Ruf genieße. Man hatte dort einmal einen Hund gefunden, den man nur darum als toll erklärte, weil er von den Menschen fortrannte, die mit Heugabeln und Hacken auf ihn loszogen, und irgendwo hinter dem Berg verschwand: in den Graben lud man die crepierten Thiere ab; im Graben setzte man Räuber, Wölfe und verschiedene andere Wesen voraus, die es weder in der Gegend noch überhaupt auf der Welt gab.

Das Kind hatte die Ermahnungen der Mutter nicht abgewartet, es war schon auf dem Hof. Es betrachtete mit freudigem Erstaunen, als wärʼs zum erstenmal, das Elternhaus, mit dem schiefen Thor, mit dem in der Mitte gesenkten Dach, auf dem zartes grünes Moos wuchs, mit den wackelnden Stufen, mit verschiedenen Neben- und Überbauten und einem vernachlässigten Garten. Es möchte zu gerne auf die das Haus umsäumende, hängende Gallerie steigen, um von dort aus auf den Fluß zu schauen; doch die Gallerie ist alt, hält sich kaum und auf ihr dürfen nur die Dienstboten, nicht aber die Herrschaften gehen. Es achtete nicht auf das Verbot der Mutter und wollte sich schon den verlockenden Stufen nähern, als die Kindsfrau in der Thür erschien und es mit Mühe und Noth fieng. Es flüchtete vor ihr zum Heuboden hin, in der Absicht, auf der steilen Treppe hinaufzusteigen, und kaum hatte sie Zeit gehabt den Heuboden zu erreichen, als sie schon sein Vorhaben, auf den Taubenschlag zu steigen, auf den Viehhof und, was Gott behüte, in den Graben zu gelangen, vereiteln mußte.

– Ach Du mein Gott, was das für ein Kind ist, das reinste Quecksilber! Wirst Du ruhig sitzen? Schäme Dich! – sagte die Kindsfrau.

Und der ganze Tag und alle Tage und Nächte der Kindsfrau waren vom Herumlaufen und von Unruhe erfüllt: bald von Qual, bald von lebhafter Freude um das Kind, bald von Angst, daß es hinfällt und sich die Nase zerschlägt, bald von Rührung, die durch seine aufrichtige kindliche Liebkosung hervorgerufen wurde oder von dunklem Bangen für seine ferne Zukunft. Nur das machte ihr Herz schlagen, diese Aufregung erwärmte das Blut der Alten und erhielt irgendwie ihr schläfriges Leben aufrecht, das sonst vielleicht längst erloschen wäre.

Das Kind ist aber nicht immer ausgelassen; manchmal wird es plötzlich ruhig, sitzt neben der Kindsfrau und blickt alles so durchdringend an. Sein kindlicher Verstand beobachtet alle vor ihm auftauchenden Erscheinungen; diese graben sich tief in seine Seele ein, und wachsen und reifen zugleich mit ihm.

Es ist ein herrlicher Morgen; die Luft ist kühl; die Sonne steht noch nicht hoch. Das Haus, die Bäume, der Taubenschlag und die Gallerie, – alles wirft weithin lange Schatten. Im Garten und auf dem Hof haben sich kühle Plätzchen gebildet, die zum Sinnen und Schlafen einladen. Nur in der Ferne glüht das Korn wie im Feuer, und der Fluß glänzt und funkelt so in der Sonne, daß die Augen schmerzen.

– Warum ist es hier dunkel und dort hell und warum wird es auch da hell sein, Kindsfrau? – fragte das Kind.

– Darum, Väterchen, weil die Sonne dem Mond entgegen geht, ihn aber nicht sieht und traurig wird, wenn sie ihn aber von Ferne sieht, hellt sie sich wieder auf.

Das Kind denkt nach und schaut immer um sich; es sieht, wie Antip Wasser holen fährt, wie neben ihm ein zweiter, zehnmal so großer Antip schreitet, das Faß erscheint so groß wie ein Haus, und der Schatten des Pferdes hat die ganze Wiese bedeckt; der Schatten hat nur zwei Schritte über die Wiese gemacht und ist plötzlich hinter den Berg gerückt, während Antip noch nicht einmal Zeit gehabt hat, vom Hofe hinauszufahren. Der Knabe machte auch zwei Schritte, noch ein Schritt und er wird hinter dem Berge sein. Er wollte zum Berge hingehn, um nachzuschauen, wohin das Pferd hingekommen ist. Er geht zum Thore hin, aber jetzt ertönt aus dem Fenster die Stimme der Mutter:

– Kindsfrau! siehst Du nicht, daß das Kind in die Sonne gelaufen ist? Führe es in den Schatten; wenn ihm das Köpfchen heiß wird, thut es ihm weh, es wir ihm übel werden und es wird nicht essen. Es wird noch zu dem Graben hinlaufen.

»So ein Wildfang!« brummte leise die Kindsfrau, ihn zum Hause zurückführend.

Das Kind schaut und beobachtet mit scharfem allumfassendem Blick, was die Erwachsenen thun und womit sie den Morgen verbringen. Kein einziges Detail, kein einziger Zug entgleitet der gespannten Aufmerksamkeit des Kindes; das Bild des häuslichen Lebens prägt sich unauslöschlich in die Seele ein; der noch ungeformte Verstand wird vom lebendigen Beispiel durchgesetzt und zeichnet unbewußt das Programm seines Lebens nach dem ihn umgebenden Leben.

Man kann nicht sagen, daß der Morgen im Hause der Oblomows verloren gieng. Das Klopfen der Messer, die in der Küche das Fleisch und das Gemüse zerhackten, drang selbst bis ins Dorf hin. Aus dem Dienstbotenzimmer drang das Zischen des Spinnrades und die leise, feine Stimme einer Frau herüber; es war schwer zu unterscheiden, ob sie weinte oder ein trauriges Lied ohne Worte improvisierte. Sowie Antip mit dem Faß auf den Hof zurückgekehrt war, kamen ihm aus allen Ecken Frauen und Kutscher mit Kübeln, Trögen und Krügen entgegen. Dort trug eine Alte eine Schüssel Mehl und einen Haufen Eier aus der Vorrathskammer in die Küche; und jetzt schüttete der Koch plötzlich Wasser durchs Fenster aus und bespritzte damit die Arapka, die den ganzen Morgen kein Auge vom Fenster wendete, freundlich mit dem Schweif wedelte und sich beleckte.

Der alte Oblomow ist auch nicht ohne Beschäftigung. Er sitzt den ganzen Morgen am Fenster und beaufsichtigt unermüdlich alles, was auf dem Hofe vorgeht.

– He, Ignaschka! Was trägst Du, Dummkopf? – fragte er den über den Hof schreitenden Mann.

– Ich trage die Messer in die Gesindestube zum Schleifen hin, – antwortete dieser, ohne den Herrn anzuschauen.

– Gut, trage sie nur hin und schleife sie ordentlich! Dann rief er irgendeiner Frau zu:

– He, Frau! Frau! Wohin bist Du gegangen?

– In den Keller, Väterchen, – sagte sie, indem sie stehen blieb, sich die Hand vor die Augen hielt und ins Fenster schaute, – ich habe Milch zum Mittagessen geholt.

– Gut! gehʼ, gehʼ! – antwortete der Herr, – gib aber acht, daß Du die Milch nicht ausschüttest. – Und Du Sachar, Du Lausbub, wohin rennst Du wieder? – schrie er darauf, – ich werde Dich das Herumrennen schon lehren! Ich sehe Dich schon zum drittenmal über den Hof laufen. Marsch zurück, ins Vorzimmer!

Und Sachar gieng wieder ins Vorzimmer schlafen. Wenn die Kühe von der Weide zurückkehrten, sorgte der Alte als erster dafür, daß sie getränkt wurden; wenn er aus dem Fenster sah, daß der Hofhund ein Huhn verfolgte, traf er sofort strenge Maßregeln gegen diese Ruhestörung.

Auch seine Frau ist sehr beschäftigt; sie bespricht drei Stunden lang mit dem Schneider Awjerka, wie man aus dem Wams ihres Mannes ein Röckchen für Iljuscha herauskriegen soll, sie zeichnet selbst mit Kreide und paßt auf, daß Awjerka kein Tuch stiehlt; dann geht sie in die Mägdekammer, sagt jedem Mädchen, wie viel Spitzen sie den Tag zu flechten hat; dann ruft sie Nastassja Iwanowna oder Stjepanida Apapowna oder sonst irgend wen aus ihrem Hofstaat herbei, mit ihr im Garten spazieren zu gehen, wobei sie praktische Ziele verfolgt: sie schaut nach, wie die Äpfel reifen, ob der gestrige, der schon reif war, herabgefallen ist, hier muß gepfropft, dort gestützt werden u.s.w. Doch die größte Sorge war der Küche und dem Mittagessen gewidmet. Bezüglich des Mittagessens hielt das ganze Haus eine Versammlung ab, zu der auch die uralte Tante eingeladen wurde. Jeder schlug ein Gericht vor: der eine Suppe mit Gekröse, der andere Nudeln oder Magen, oder Kaldaunen, oder eine braune oder weiße Brühe zur Sauce. Jeder Rathschlag wurde in Betracht gezogen, genau überlegt und dann nach dem endgiltigen Beschluß der Hausfrau angenommen oder abgelehnt. Unaufhörlich wurde bald Nastassja Pjetrowna, bald Stjepanida Iwanowna in die Küche geschickt, um an etwas zu erinnern oder einen Befehl aufzuheben, um Zucker, Honig, Wein zum Kochen hinzutragen und zu sehen, ob der Koch alles Verabfolgte verbrauchte.

Die Sorge um das Essen bildete das hauptsächlichste Lebensinteresse in Oblomowka. Was für Kälber wurden dort zu den Feiertagen gemästet! Was für Geflügel gezogen! Was für Erwägungen und Kenntnisse, welche Sorgfalt wurde bei dessen Behandlung angewendet! Die Truthühner und Küchlein, die für Namensfeste oder andere feierliche Tage bestimmt waren, wurden mit Nüssen gemästet; die Gänse wurden jeder Möglichkeit sich zu bewegen beraubt; man ließ sie ein paar Tage vor dem Feiertag unbeweglich im Sack hängen, damit sie vor Fett trieften. Was für gesottene, gesalzene und gebackene Conserven gab es dort! Was für Honig, was für Kwaß wurde dort gekocht, was für Pirogen wurden in Oblomowka gebacken!

So arbeitete und mühte sich alles im Laufe des Vormittags ab und führte ein so volles, so bemerkbares Ameisenleben. Diese arbeitsamen Ameisen kannten auch an Sonn- und Feiertagen keine Ruhe; dann ertönte das Klopfen der Messer in der Küche noch lauter und öfter; die Frau wiederholte ein paarmal die Reise aus der Vorrathskammer in die Küche mit einer doppelten Quantität von Mehl und Eiern; auf dem Geflügelhof gab es häufigeres Stöhnen und Blutvergießen. Man backte eine Riesenpiroge, die von den Herrschaften selbst noch am folgenden Tage gegessen wurde; am dritten und vierten Tag giengen die Reste in die Mägdekammer über; die Piroge lebte noch am Freitag und ein ganz altgebackenes Ende davon, ohne jede Füllung wurde als Zeichen besonderer Gnade Antip überlassen, der, nachdem er sich bekreuzigt hatte, diese interessante Versteinerung furchtlos, mit lautem Krachen zerstörte, indem er weniger aus der Piroge selbst, als aus dem Bewußtsein, daß es eine herrschaftliche Piroge sei, Genuß zog, wie ein Archäologe, der mit Vergnügen einen schlechten Wein aus den Scherben irgendeines tausendjährigen Geschirrs trinkt.

Und das Kind sah alles und beobachtete alles mit seinem kindlichen, nichts auslassenden Verstand. Es sah, wie nach dem in nützlicher Arbeit verbrachten Morgen die Mittagsstunde kam. Der Mittag ist heiß, kein Wölkchen ist auf dem Himmel. Die Sonne steht reglos über dem Kopfe und sengt das Gras. Durch die Luft geht kein Windhauch und sie ist schon ohne Bewegung erstarrt. Weder ein Baum, noch das Wasser regen sich; über dem Dorf und dem Feld lagert vollkommene Stille – alles scheint ausgestorben zu sein. Die menschliche Stimme tönt laut und weit in die Leere. Man hört in einer Entfernung von zwanzig Klaftern einen Käfer fliegen und summen, und im dichten Gras schnarcht immer etwas, als hätte sich jemand hingelagert und schlafe süß.

Auch im Hause herrscht Todtenstille. Es ist die Stunde des allgemeinen Nachmittagsschlafes angebrochen. Das Kind sieht, daß Vater und Mutter, die uralte Tante und der ganze Hofstaat sich jeder in seine Ecke begeben haben; und wer keine besaß, gieng auf den Heuboden, ein anderer in den Garten, ein dritter suchte im Vorhaus Kühlung und mancher deckte sich vor den Fliegen das Gesicht mit einem Tuche zu und schlief dort ein, wo ihn die Hitze und das umfangreiche Mittagessen zu Boden gestreckt hatten. Der Gärtner hat sich im Garten unter einem Busch, neben seinem Brecheisen hingelegt, und der Kutscher schläft im Stall. Ilja Iljitsch schaute in die Gesindestube hinein; dort lagen alle auf den Bänken, auf dem Fußboden herum, die Kinder sich selbst überlassend; diese krochen auf dem Hofe herum und wühlten im Sand. Auch die Hunde hatten sich tief in ihre Hütten verkrochen, da sie ja niemand anzubellen hatten. Man konnte durch das ganze Haus gehen, ohne jemand zu begegnen; man konnte getrost alles herausstehlen und auf Fuhren von dem Hofe fortführen; niemand würde daran gehindert haben, wenn es in jener Gegend Diebe geben würde. Das war ein alles verschlingender, unbezwingbarer Schlaf, das wahre Ebenbild des Todes. Alles ist todt; aus den Ecken dringt das verschiedenartige Schnarchen in allen Tönen und Arten herüber. Ab und zu hebt jemand im Schlaf den Kopf, blickt sinnlos und erstaunt nach allen Richtungen hin und dreht sich auf die andere Seite um, oder spuckt, ohne die Augen zu öffnen, im Schlafe aus, schmatzt mit den Lippen oder brummt etwas durch die Nase und schläft wieder ein. Ein zweiter springt rasch, ohne irgendwelche vorhergehende Vorbereitungen mit beiden Füßen vom Lager auf, als fürchtete er, die kostbaren Augenblicke zu verlieren, greift nach dem Krug mit Kwaß und nachdem er die darin schwimmenden Fliegen so zurückgeblasen hat, daß sie zum andern Rand weggeschwemmt werden – wovon die bis dahin reglosen Insecten sich in der Hoffnung auf eine Besserung ihres Schicksals heftig zu bewegen beginnen, – netzt er sich die Kehle und fällt dann wieder wie angeschossen aufs Bett hin.

Und das Kind beobachtete immerzu. Es gieng nachmittags wieder mit der Kindsfrau in die freie Luft. Doch auch die Kindsfrau konnte trotz der strengen Ermahnungen der Gnädigen und trotz des eigenen Willens dem Bann des Schlafes nicht widerstehen. Auch sie wurde von dieser in Oblomowka herrschenden allgemeinen Krankheit angesteckt. Zuerst beaufsichtigte sie eifrig das Kind, ließ es nicht weit von sich fort, brummte streng, wenn es herumtollte; dann, als sie die Symptome der nahenden Ansteckung fühlte, begann sie es zu bitten, nicht aus dem Thor hinauszugehen, nicht den Ziegenbock zu reizen, nicht auf den Taubenschlag oder die Gallerie zu steigen. Sie selbst setzte sich irgendwo hin in den Schatten; auf die Stiege, die Schwelle des Kellers oder einfach auf das Gras, mit der Absicht, den Strumpf zu stricken und das Kind zu beaufsichtigen. Doch dann hielt sie es nur träge zurück und wackelte mit dem Kopf. »Ach, der Wildfang wird bevor man sich versieht, auf die Gallerie klettern,« dachte sie fast im Schlaf, »oder auch er geht. . . . zum Graben. . .« Hier senkte sich der Kopf der Alten auf die Kniee, der Strumpf entglitt ihren Händen, sie verlor das Kind aus den Augen und schnarchte leise mit halbgeöffnetem Munde. Und es erwartete ungeduldig diesen Moment, mit dem sein selbständiges Leben begann. Es glaubte dann, in der ganzen Welt allein zu sein; es lief auf den Fußspitzen von der Kindsfrau fort, sah nach, wo ein jeder schlief; es blieb stehen und beobachtete aufmerksam, wie jemand erwachte, ausspuckte und im Schlafe etwas brummte. Dann stieg es mit bebendem Herzen auf die Gallerie und lief auf den knarrenden Brettern rundherum, kletterte auf den Taubenschlag, versteckte sich in die Tiefe des Gartens, lauschte dem Summen eines Käfers und folgte mit den Augen weit seinem Fluge durch die Luft; hörte es im Grase zirpen, suchte und fand die Ruhestörer; es fing eine Libelle, riß ihr die Flügel ab und sah, was aus ihr wurde, oder steckte einen Strohhalm in sie hinein und beobachtete, wie sie mit diesem Anhängsel flog; er betrachtete voll Vergnügen, mit verhaltenem Athem, wie die Spinne das Blut der gefangenen Fliege aussaugte und wie das arme Opfer zwischen ihren Füßen zappelte und summte. Das Kind schloß damit, daß es sowohl das Opfer als auch die Peinigerin tödtete. Dann kroch es in eine Rinne, grub darin herum und suchte sich Wurzeln, die es von der Rinde reinigte und voll Vergnügen aß, sie den Äpfeln und dem Eingesottenen der Mutter vorziehend. Es läuft auch aus dem Thor heraus; es möchte gerne in den Birkenhain; dieser scheint ihm so nahe zu sein, daß es ihn in fünf Minuten erreichen könnte, wenn es nicht ringsherum über den Weg, sondern geradeaus über die Rinnen, die Hecken und die Gruben gienge; doch es fürchtet sich; man sagt, daß es dort Unholde, Räuber und wilde Thiere gibt. Es möchte auch gern zu dem Graben laufen; dieser ist nur fünfzig Klafter vom Garten entfernt; das Kind war schon zum Rand hingelaufen, kniff die Augen zu und wollte wie in den Krater eines Vulcans hineinblicken. . . Aber plötzlich erstanden vor ihm alle Erzählungen und Überlieferungen über diesen Graben. Entsetzen erfaßt es, es rennt halbtodt und vor Angst zitternd zur Kindsfrau zurück und weckt sie auf. Sie schüttelte den Schlaf von sich, ordnete sich das Kopftuch, steckte ihre grauen Haarsträhne mit dem Finger darunter, gab sich den Anschein gar nicht geschlafen zu haben, blickte bald Iljuscha, bald die herrschaftlichen Fenster mißtrauisch an und begann die Stricknadeln des auf ihren Knieen liegenden Strumpfes ineinander zu stecken.

Unterdessen begann die Hitze nach und nach abzunehmen, in der Natur belebte sich alles: die Sonne näherte sich schon dem Walde. Und allmählich wurde die Stille im Hause gestört. Irgendwo in einer Ecke knarrte eine Thür. Man hörte auf dem Hofe Schritte, auf dem Heuboden nieste jemand. Bald trug ein Mann, sich unter der Schwere beugend, einen ungeheueren Samovar eilig aus der Küche vorüber. Man begann sich zum Thee zu versammeln. Der eine hatte ein streifiges Gesicht und thränende Augen, der andere hatte vom Liegen auf den Wangen und Schläfen rothe Flecken; ein dritter sprach nach dem Schlaf wie mit einer fremden Stimme. Das alles schnauft, ächzt, gähnt, kratzt sich den Kopf und streckt sich, nur mit Mühe zur Besinnung kommend. Das Mittagessen und der Schlaf erzeugten einen unstillbaren Durst. Der Durst sengt die Kehle: jeder trinkt bis zu zwölf Schalen Thee, doch auch das hilft nicht. Man seufzt und stöhnt; man nimmt zum Preiselbeer- und Birnwasser und zum Kwaß Zuflucht. Manche helfen sich auch mit Medicamenten, um nur die Trockenheit in der Kehle zu erheben. Alle suchen nach Befreiung vom Durste, wie von einer Strafe Gottes; alle rennen herum, alle sind ermattet, wie eine Karawane von Reisenden in der arabischen Wüste, die nirgends eine Wasserquelle finden.

Das Kind ist auch hier, bei seiner Mama. Es betrachtet die es umgebenden, seltsamen Gesichter und lauscht ihrem schläfrigen, trägen Gespräche. Es findet es lustig, sie anzuschauen, ein jeder von ihnen gesprochene Unsinn interessiert es. Nach dem Thee beschäftigen sich alle mit irgendetwas. Der eine geht zum Fluß und schreitet langsam am Ufer entlang, indem er mit dem Fuße Steine ins Wasser wirft; ein zweiter setzt sich ans Fenster und fängt jede flüchtige Erscheinung mit den Augen auf. Wenn eine Katze über den Hof läuft, oder eine Dohle vorbeifliegt, verfolgt der Beobachter die eine und die andere mit dem Blicke und mit seiner Nasenspitze, indem er den Kopf bald nach rechts, bald nach links wendet. So lieben manchmal Hunde ganze Tage lang auf dem Fenster zu sitzen, indem sie den Kopf in die Sonne legen und jeden Vorübergehenden genau mustern. Die Mutter erfaßt Iljuschas Kopf, legt ihn auf ihre Kniee und kämmt ihm langsam das Haar, indem sie deren Weichheit bewundert und auch Nastassja Iwanowna und Stjepanida Tichonowna bewundern läßt und spricht mit ihnen von Iljuschas Zukunft, wobei sie ihn zum Helden irgendeiner von ihr erdichteten, glänzenden Epopöe macht. Die Anwesenden versprechen ihm goldene Berge.

Doch es fängt zu dunkeln an. In der Küche prasselt wieder das Feuer und ertönt wieder das ofte Klopfen der Messer. Das Nachtessen wird zubereitet. Die Dienerschaft hat sich beim Hausthor versammelt, man hört dort lachen und Balalaika spielen. Man spielt Haschen. Und die Sonne verbarg sich schon hinter den Wald; sie warf noch ein paar warme Strahlen zurück, welche den ganzen Wald in einem feurigen Streifen durchschnitten und die Wipfel der Fichten in helles Gold tauchten. Dann erloschen die Strahlen allmählich. Der letzte Strahl hielt sich lange, er bohrte sich wie eine feine Nadel in das Dickicht der Zweige; doch auch er erlosch. Die Gegenstände verloren ihre Formen. Alles verschwamm zuerst in eine graue und dann in eine dunkle Masse. Das Singen der Vögel wurde immer schwächer, bald verstummten sie ganz, außer einem einzigen eigensinnigen, welcher gleichsam allen zum Trotze inmitten der ringsherum herrschenden Stille in Zwischenräumen eintönig allein zirpte, doch dann ertönte sein Zirpen immer seltener und endlich pfiff auch er zum letztenmale, schwach und tonlos, regte seine Flügel, indem er die Blätter um sich herum in Bewegung brachte. . . und schlief ein. Alles verstummte. Nur die Grillen zirpten noch lauter um die Wette. Von der Erde stiegen weiße Dämpfe auf und breiteten sich über die Wiese und den Fluß aus. Auch der Fluß wurde ruhiger, nach einer Weile plätscherte darin etwas zum letztenmale auf und er regte sich nicht mehr. Es roch nach Feuchtigkeit. Es wurde immer dunkler und dunkler.

Die Bäume gruppierten sich zu Ungeheuern zusammen; im Walde wurde es unheimlich. Dort knarrte plötzlich etwas, als wechselte eines von den Ungeheuern den Platz und ein trockener Zweig schien unter seinem Fuße zu knistern. Am Himmel leuchtete gleich einem lebendigen Auge der erste Stern hell auf, und in den Fenstern des Hauses schimmerten Lichter.

Jetzt traten die Minuten der allgemeinen, feierlichen Stille in der Natur ein, jene Minuten, in denen der schöpferische Geist intensiver arbeitet und die poetischen Träume heißer lodern, in denen die Leidenschaften im Herzen heftiger flammen oder der Gram schmerzlicher wird und der Keim des verbrecherischen Gedankens schneller reist und in denen . . . in Oblomowka alle so fest und ruhig schlafen.

– Mama, komm spazieren, – sagt Iljuscha.

– Was Dir einfällt, Gott sei mit Dir! Wie kann man denn jetzt spazieren gehen, – antwortete sie, – es ist feucht, Du wirst nasse Füßchen bekommen; es ist auch gruselig, jetzt geht der Unhold durch den Wald, er trägt die kleinen Kinder fort.

– Wohin trägt er sie fort? Wie ist er? Wo wohnt er? – fragte das Kind.

Und die Mutter ließ ihrer Phantasie freien Lauf. Das Kind lauscht ihr, die Augen öffnend und wieder schließend, bis der Schlaf es endlich ganz überwältigt. Dann kam die Kindsfrau, nahm es von dem Schoße der Mutter und trug es, während es den Kopf schläfrig über ihre Schulter hängen ließ, ins Bett.

– Gott sei Dank, jetzt ist der Tag vorüber! – sagten die Oblomower, sich ins Bett legend, ächzend und ein Kreuz schlagend. – wir hätten ihn glücklich verlebt: gebe Gott, daß es morgen auch so ist! Gelobt sei der Herr! Gelobt sei der Herr!

Dann träumte Oblomow von einer anderen Zeit; er schmiegt sich an einem endlosen Winterabend ängstlich an die Kindsfrau und sie flüstert ihm von einem unbekannten Lande zu, wo es weder Nacht noch Kälte gibt, wo immer Wunder geschehen, wo Milch und Honig fließt, wo niemand das runde Jahr etwas thut und wo den ganzen lieben Tag lauter solche Helden wie Ilja Iljitsch, und so schöne Mädchen wie sie, weder im Märchen wiederzugeben, noch mit der Feder zu beschreiben sind, herumspazieren. Dort gibt es auch eine gute Zauberin, die manchmal in der Gestalt eines Hechtes erscheint und die sich irgendeinen stillen, arglosen Liebling auserwählt, mit anderen Worten irgendeinen Faulpelz, dem alle Unrecht thun, und ihn ganz ohne Grund mit allerlei Schätzen überschüttet, und er ißt nur und zieht die fertigen Kleider an und heiratet dann die unerhört schöne Militrissa Kirbitjewna. Das Kind verschlang gierig mit offenen Ohren und Augen, das Märchen. Die Kindsfrau oder vielmehr die Überlieferung vermieden in dem Märchen so geschickt alles, was in Wirklichkeit vorkommt, daß Phantasie und Verstand, die sich vom Erdachten durchdringen ließen, schon bis zum Alter dessen Sclaven blieben Die Kindsfrau erzählte gutmüthig das Märchen vom dummen Jemelja, diese boshafte und tückische Satire auf unsere Vorfahren und vielleicht auch auf uns selbst. Und wenn der erwachsene Ilja Iljitsch auch später erfährt, daß es weder Milch- und Honigflüsse, noch gute Zauberinnen gibt, wenn er auch lächelnd über die Märchen der Kindsfrau scherzt, ist sein Lächeln doch nicht aufrichtig, es wird von einem heimlichen Seufzer begleitet. Das Märchen hat sich bei ihm mit dem Leben verwebt, und er trauert manchmal unbewußt darüber, warum das Märchen nicht das Leben und das Leben kein Märchen ist. Er träumt unwillkürlich von Militrissa Kirbitjewna; es zieht ihn immer dorthin, wo man den ganzen lieben Tag nur spazieren geht, wo es keine Sorgen und keine Traurigkeit gibt; er behält für immer die Neigung bei, auf dem warmen Ofen zu liegen, in einem fertigen, nicht durch Arbeit gewonnenen Kleide herumzugehen und auf die Rechnung der guten Zauberin zu essen. Auch Oblomows Vater und Großvater hatten in der Kindheit dieselben Märchen gehört, die in der stereotypen Ausgabe des Alterthums von den Lippen der Kindsfrauen und Hofmeister durch Jahrhunderte und Generationen überliefert wurden.

Unterdessen läßt die Kindsfrau vor der Phantasie des Kindes ein neues Bild erstehen.

Sie erzählt ihm von den Heldenthaten unserer Achilles und Ulysses, von dem Muth eines Ilja Muromez, eines Dobrinja Nikititsch, eines Aljoscha Popowitsch, eines Polkan und eines Wanderkrüppels, davon, wie sie durch Rußland gezogen sind, wie sie die unzähligen Heere der Ungläubigen geschlagen haben, wie sie darin wetteiferten, einen Kelch grünen Weines auf einen Athemzug, ohne sich zu räuspern, zu leeren; dann sprach sie von den bösen Räubern, von schlafenden Prinzessinnen, von versteinerten Städten und Menschen; zum Schlusse gieng sie zu unserer Dämonologie, zu Todten, Ungeheuern und Werwölfen über.

Mit der Einfachheit und Gutmüthigkeit eines Homer, mit derselben lebendigen Wahrheit der Details und Plasticität der Bilder überlieferte sie dem Gedächtnis und der Phantasie des Kindes die Iliade des russischen Lebens, die von unseren Homeriden in jenen nebelhaften Zeiten erschaffen wurde, als der Mensch mit den Gefahren und den Geheimnissen der Natur und des Lebens noch nicht vertraut war, als er noch vor dem Werwolf und dem Waldunhold zitterte, als er vor der ihn umgebenden Drangsal bei Aljoscha Popowitsch Schutz suchte und als die Luft, das Wasser, der Wald und das Feld vom Wunder beherrscht wurden. Das Leben eines damaligen Menschen war gefahrvoll und unsicher; er brauchte nur die Schwelle des Hauses zu verlassen, um einem Unheil zu begegnen; da konnte er jeden Augenblick von einem wilden Thiere zerrissen oder von einem Räuber erstochen werden, ein böser Tatarr konnte ihm sein Gut rauben oder er konnte auch spurlos, ohne irgendwelche Kunde von sich zu senden, verschwinden.

Oder es erschienen plötzlich Himmelszeichen, feurige Säulen und Kugeln; dort, über dem frischen Grabe flammt ein Feuer auf, oder im Walde scheint jemand mit einer Laterne herumzuspazieren, furchtbar zu lachen und mit den Augen in der Dunkelheit zu funkeln. Auch mit dem Menschen selbst geschah so viel Unbegreifliches; mancher lebte lange und glücklich, ohne daß ihm etwas geschah, und plötzlich begann er ganz unverständlich zu reden oder mit einer ganz anderen Stimme zu schreien oder er irrte auch schlafend in der Nacht herum; ein anderer bekam plötzlich Krämpfe und wälzte sich am Boden herum. Und bevor so etwas geschah, krähte ein Huhn mit der Stimme eines Hahnes, und eine Krähe krächzte über dem Dache. Der schwache Mensch war ganz hilflos, während er sich entsetzt im Leben umschaute und suchte in seiner Phantasie nach dem Schlüssel zu den Geheimnissen der ihn umgebenden und der eigenen Natur.

Und vielleicht führte die Schläfrigkeit und beständige Ruhe des trägen Lebens, der Mangel an Bewegung und an wirklichen Ängsten, Abenteuern und Gefahren den Menschen dazu, anstatt der Wirklichkeit eine andere, erdachte Welt zu erschaffen und darin sich seine Phantasie tummeln und ergötzen zu lassen oder nach der Erklärung der einfachen Verkettung der Umstände und der Ursachen der Erscheinung außerhalb der Erscheinung selbst zu suchen. Unsere armen Vorfahren haben wie herumtastend gelebt; sie beflügelten nicht ihren Willen und hemmten ihn auch nicht, und dann wunderten sie sich und entsetzten sich über das Böse und über die Unbequemlichkeit ihres Lebens und wollten alles Unverständliche bei den stummen und unklaren Hieroglyphen der Natur erfragen. Der Tod wurde für sie durch den vor kurzem zuerst mit dem Kopfe und nicht mit den Füßen aus dem Thore hinausgetragenen Todten verursacht; eine Feuersbrunst – weil der Hund drei Nächte unter dem Fenster geheult hat; und sie richteten ihre ganze Sorge darauf, daß man den Todten mit den Füßen zuerst an dem Thore hinaustrug, und dabei aßen sie dasselbe und ebensoviel und schliefen wie bisher auf Gras; der heulende Hund wurde geschlagen oder fortgejagt, und die Funken des Kienspans wurden wie bisher in die Ritze des faulenden Fußbodens geworfen. Und der Russe liebt es bis nun, inmitten des ihn umgebenden strengen, phantasielosen Lebens an die verlockenden Sagen des Alterthums zu glauben, und er wird sich von diesem Glauben vielleicht noch lange nicht lossagen.

Indem der Knabe den Märchen der Kindsfrau von unserem goldenen Vlies, von dem »Wundervogel« lauschte und sie ihm von den undurchdringlichen Mauern und den Geheimverließen des Zauberschlosses erzählte, suchte er seinen Muth anzufachen, indem er sich an die Stelle des Helden setzte, und es überlief kalt seinen Rücken, oder er litt an dem Mißgeschicke des Kühnen. Ein Märchen folgte dem andern. Die Kindsfrau erzählte voll Feuer, bilderreich gestaltend und ganz hingerissen, an manchen Stellen wurde sie von Begeisterung erfüllt, weil sie zur Hälfte selbst an die Märchen glaubte. Die Augen der Alten leuchteten; ihr Kopf zitterte vor Erregung; die Stimme erstreckte sich auf sonst ungewohnte Töne. Das Kind schmiegte sich an sie mit Thränen in den Augen, von unerklärlicher Angst erfaßt. Wenn von den um Mitternacht aus den Gräbern steigenden Todten, oder von den in der Gefangenschaft des Ungeheuers schmachtenden Opfern oder vom Bären mit dem Holzfuße, der durch die Dörfer und Flecken wandert und seinen abgehauenen Fuß sucht, die Rede war, knisterten die Haare des Kindes vor Entsetzen; die kindliche Phantasie erstarrte bald und flammte bald wieder auf; in ihm spielte sich ein quälender, schmerzlich -süßer Vorgang ab; die Nerven spannten sich wie Saiten. Wenn die Kindsfrau düster die Worte des Bären wiederholte: »knarre, knarre, Lindenfuß: ich gehe durch die Flecken, ich gehe durch die Dörfer, alle Frauen schlafen, nur eine Frau schläft nicht, sie sitzt auf meinem Felle, kocht mein Fleisch, spinnt mein Haar« u.s.w. und wenn der Bär endlich in die Hütte trat und im Begriffe war, den Dieb, der ihm sein Bein geraubt hatte, zu packen, hielt das Kind es nicht länger aus, es stürzte sich zitternd und quietschend in die Arme der Kindsfrau und lachte dabei laut vor Freude, daß es sich nicht in den Krallen des Thieres, sondern auf der Ofenbank, neben der Kindsfrau, befand. Die Phantasie des Knaben wurde von seltsamen Gespenstern bevölkert; Angst und Bangigkeit hatten sich für lange Zeit, vielleicht für immer in seiner Seele eingenistet. Er blickt traurig um sich, sieht im Leben nichts als Unheil und Gefahren und träumt immer von jenem Zauberland, wo es weder Unglück, noch Sorgen, noch Traurigkeit gibt, wo Militrissa Kirbitjewna lebt, wo man so gut bewirtet und umsonst bekleidet wird.

Das Märchen hält in Oblomowka, nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen bis ans Ende des Lebens in seinem Bann. Alle im Hause und im Dorf, vom gnädigen Herrn und seiner Frau angefangen bis zum stämmigen Schmied Taraß – alle zittern sie vor etwas an einem dunklen Abend. Jeder Baum verwandelt sich dann in einen Riesen, jeder Busch in eine Räuberhöhle. Das Klappern des Fensterladens und das Heulen des Windes im Rauchfang machte die Männer, die Frauen und die Kinder erblassen. Niemand gieng am Dreikönigstag nach zehn Uhr abends allein aus dem Thor hinaus; ein jeder fürchtete sich in der Nacht vor Ostern in den Stall zu gehen, da er dort einen Kobold anzutreffen fürchtete. In Oblomowka glaubte man an alles: an Werwölfe und Gespenster. Wenn man ihnen erzählt hätte, daß eine Heugarbe auf dem Felde herumspaziert war, würden sie, ohne weiter nachzudenken, daran glauben; wenn jemand das Gerücht verbreiten würde, das sei kein Hammel, sondern etwas anderes, oder daß Marfa oder Stjepanida eine Hexe sei, würden sie sich sowohl vor dem Hammel als auch vor Marfa fürchten; es würde ihnen nie einfallen zu fragen, warum der Hammel kein Hammel mehr ist und warum Marfa sich in eine Hexe verwandelt hat, und sie würden noch über denjenigen losstürzen, der daran zu zweifeln gewagt hätte – so stark war der Glauben an das Wunderbare in Oblomowka!

Ilja Iljitsch wird ja später sehen, daß die Welt einfach eingerichtet ist, daß die Todten nicht aus den Gräbern steigen, daß Riesen, sowie sie sich zeigen, auf den Jahrmarkt kommen und daß Räuber ins Gefängnis gesperrt werden, wenn aber der Glauben an die Gespenster auch verschwindet, bleibt doch ein Überrest von Angst und unfaßbarer Bangigkeit zurück. Ilja Iljitsch hat erfahren, daß es keine Ungeheuer gibt, die Unheil anrichten, er weiß aber kaum, wodurch es verursacht wird, erwartet bei jedem Schritt etwas Schreckliches und fürchtet sich; auch jetzt noch zittert er, von einer unbezwinglichen, in der Kindheit in seine Seele gesäeten Bangigkeit erfaßt, wenn er im dunklen Zimmer bleibt, oder einen Todten sieht; er lacht des Morgens über seine Angst und erbleicht wieder am Abend.

Dann sah sich Ilja Iljitsch als dreizehn- vierzehnjährigen Knaben. Er lernt schon im Flecken Werchljowo, fünf Werst von Oblomowka entfernt, beim dortigen Verwalter, dem Deutschen Stolz, der für die Kinder der Edelleute der Umgegend ein kleines Pensionat eingerichtet hat. Er hatte einen eigenen Sohn, Andrej, der fast im selben Alter wie Oblomow war, und noch einen Knaben, den er aufgenommen hatte, der fast niemals lernte, sondern meistens an Scropheln litt und die ganze Kindheit mit verbundenen Augen oder Ohren verbrachte; er weinte heimlich, weil er nicht bei der Großmutter, sondern in einem fremden Hause inmitten von Bösewichtern lebte, weil niemand ihn liebkoste und niemand ihm seinen Lieblingskuchen backte. Außer diesen Kindern gab es keine anderen in der Pension.

Vater und Mutter mußten sich darein fügen und den Wildfang Iljuscha lernen lassen. Das kostete Thränen, Heulen und Launen. Endlich führte man ihn fort. Der Deutsche war ein tüchtiger, strenger Mensch, wie fast alle Deutsche. Vielleicht hätte Iljuscha bei ihm auch etwas Ordentliches gelernt, wenn Oblomowka von Werchljowo 500 Werst entfernt gewesen wäre. Wie sollte er denn sonst lernen? Der Reiz der Oblomower Umgebung, Lebensweise und Gewohnheiten erstreckte sich bis nach Werchljowo; auch dort war ja einst Oblomowka gewesen; dort athmete alles, außer dem Stolzʼschen Hause, dieselbe Trägheit, Ungekünsteltheit der Sitten, Ruhe und Reglosigkeit aus. Der Verstand und das Herz des Kindes waren von allen Bildern, Scenen und Sitten dieses Lebens erfüllt, bevor er das erste Buch in die Hand bekam. Und wer weiß, wie früh die Entwicklung des geistigen Kernes im kindlichen Hirn beginnt? Wie kann man das Keimen der ersten Begriffe und Eindrücke in der kindlichen Seele verfolgen? Vielleicht während das Kind die Worte noch kaum aussprach oder auch noch gar nicht aussprach und selbst noch nicht gehen konnte und nur alles mit jenem starren, stummen kindlichen Blick betrachtete, den die Erwachsenen stumpf nennen, sah es und errieth schon die Bedeutung und den Zusammenhang der Erscheinungen der ihn umgebenden Sphäre, gestand das nur weder sich selbst noch andern ein. Vielleicht bemerkte und verstand Iljuscha schon längst, was in seiner Gegenwart gesprochen und gethan wurde: wie sein Papa in Plüschhosen und einer wattierten braunen Tuchjoppe den langen, lieben Tag mit den Händen auf dem Rücken aus einer Ecke in die andere geht, Tabak schnupft und sich schneuzt, und die Mutter vom Kaffee zum Thee und vom Thee zum Mittagessen übergeht; wie es dem Vater niemals zu controlieren einfällt, wieviel Garben gemäht wurden und eine etwaige Fahrlässigkeit zu bestrafen, wie er aber, wenn ihm sein Taschentuch nicht schnell genug gereicht wird, über Unordnung schimpft und das ganze Haus auf den Kopf stellt. Vielleicht hatte sein kindlicher Verstand längst beschlossen, daß man so und nicht anders leben sollte, als die Erwachsenen um ihn herum lebten. Ja, wie sollte er auch einen anderen Beschluß fassen? Und wie lebten die Erwachsenen in Oblomowka?

Stellten sie sich die Frage, wozu das Leben ihnen gegeben war? Gott weiß! Und wie beantworteten sie diese? Wahrscheinlich gar nicht. Das erschien ihnen sehr einfach und klar. Sie hatten nichts von einem sogenannten mühevollen Leben gehört, von Menschen, die quälende Sorgen in der Brust trugen, die aus irgend einem Grunde von einem Ort zum andern über das Antlitz der Erde irrten, oder ihr Leben der ewigen, endlosen Arbeit weihten. Die Einwohner von Oblomowka glaubten auch nicht recht an seelische Stürme; sie hielten den Kreislauf des ewigen Strebens irgendwohin und nach irgendwas nicht für das wahre Leben; sie fürchteten sich vor dem Drang der Leidenschaften, wie vor dem Feuer, und während bei anderen Menschen der Körper durch die vulcanische Arbeit der inneren seelischen Flamme schnell aufgebraucht wurde, ruhte die Seele der Oblomower friedlich, ohne Störungen im weichen Körper. Das Leben zeichnete sie weder durch frühzeitige Furchen, noch durch zerrüttende moralische Schläge und Leiden. Diese guten Menschen faßten das Leben nicht anders, als ein Ideal der Ruhe und Unthätigkeit auf, das ab und zu durch allerlei unangenehme Zufälle, wie Krankheiten, Verluste, Streitigkeiten und unter anderem durch Arbeit, gestört wurde. Sie ertrugen die Arbeit als eine Strafe, die noch unseren Vorvätern auferlegt wurde, die sie aber nicht lieben konnten und von der sie sich bei jeder Gelegenheit befreiten, da sie das für möglich und sogar für nöthig hielten.

Sie brachten sich niemals durch irgendwelche nebelhafte geistige oder moralische Fragen in Verwirrung; darum erfreuten sie sich auch immer des Frohsinnes und einer blühenden Gesundheit, darum lebten sie dort so lange; die Männer erinnerten mit vierzig Jahren an Jünglinge; die Greise kämpften nicht mit einem schweren, qualvollen Tod, sondern starben gleichsam verstohlen, erstarrten still und hauchten unmerklich ihren letzten Seufzer aus, nachdem sie unerhört lange gelebt hatten. Darum heißt es auch, daß die Menschen früher kräftiger waren. Ja, sie waren in der That kräftiger. Früher beeilte man sich nicht, dem Kinde den Sinn des Lebens zu erklären und es dazu wie zu etwas sehr Compliciertem und Ernstem vorzubereiten; man quälte es nicht mit Büchern, welche im Kopf eine Menge von Fragen erzeugen, die am Hirn und Herzen nagen. Die Norm des Lebens war fertig und war ihnen von den Eltern beigebracht worden, die sie ebenfalls fertig vom Großvater und dieser vom Urgroßvater mit dem Vermächtnis übernommen hatten, über deren Unberührtheit und Heiligkeit wie über das Feuer der Vesta zu wachen. Wie alles bei Lebzeiten der Großväter und Väter gethan wurde, so wurde es auch unter Ilja Iljitschs Vater und so wird es vielleicht bis nun in Oblomowka gethan.

Worüber hatten sie denn zu sinnen und sich zu erregen, was zu ergründen und welche Ziele zu erreichen? Das alles war unnöthig. Das Leben rann wie ein ruhiger Fluß an ihnen vorbei; sie brauchten nur am Ufer dieses Flusses zu bleiben und die unvermeidlichen Erscheinungen zu beobachten, welche ungerufen der Reihe nach vor einem jeden von ihnen erstanden.

Und auch der Phantasie des schlafenden Ilja Iljitsch zeigten sich ebenfalls der Reihe nach, gleich lebenden Bildern, die drei Hauptmomente des Lebens, die sich ebensowohl in seiner Familie, wie auch bei den Verwandten und Bekannten abspielten: Geburt, Hochzeit und Begräbnis. Dann folgte eine bunte Procession ihrer freudigen und traurigen Unterabtheilungen: Taufen, Namenstage, Familienfeste, Fastenanfang und Ende, geräuschvolle Diners, Familienbesuche, Begrüßungen, Gratulationen, officielle Thränen und Lächeln. Alles wurde so genau, so ernsthaft und feierlich erfüllt. Er sah sogar bekannte Personen vor sich und ihren Ausdruck bei verschiedenen Gelegenheiten, ihre Besorgtheit und Geschäftigkeit. Wenn man ihnen eine noch so kitzliche Heiratsvermittlung, eine noch so feierliche Hochzeit oder einen Geburtstag einzurichten übergeben hätte, würden sie alles nach allen Regeln, ohne die geringste Fahrlässigkeit besorgt haben. Wenn es sich darum handelte, welcher Platz einem jeden der Anwesenden anzuweisen war, wie und was aufgetragen werden sollte, wer mit wem während der Ceremonie zu fahren hatte oder wie man sich bei irgendeinem Vorzeichen verhalten mußte, wurde in Oblomowka niemals auch nur der geringste Verstoß begangen. Verstand man dort etwa nicht ein Kind aufzuziehen? Man braucht sich nur anzuschauen, was für rosige und gewichtige Cupidos die dortigen Mütter tragen und führen. Sie bestehen darauf, daß die Kinder dick, weiß und gesund sein müssen. Sie werden sich vom Frühling entsagen und nichts davon wissen wollen, wenn sie bei seinem Antritt nicht eine Lerche gebacken haben. Wie sollten sie das alles nicht wissen und nicht erfüllen? Das ist ihr ganzes Leben und Wissen, darin sind alle ihre Leiden und Freuden. Sie gehen darum jeder andern Sorge und Trauer aus dem Wege, weil ihr Leben immer von diesen unvermeidlichen Urereignissen gewimmelt hat, die ihrem Verstand und ihrem Herzen unendliche Nahrung boten. Sie erwarteten mit Herzklopfen irgendeinen Vorgang, ein Festessen, eine Ceremonie, um später, nachdem der Mensch getauft, verheiratet oder begraben war, ihn selbst und sein Schicksal zu vergessen und sich in ihre gewohnte Apathie zu versenken, aus der sie durch einen neuen ähnlichen Fall, einen Geburtstag, eine Hochzeit u.s.w. aufgerüttelt wurden. Sowie ein Kind geboren wurde, war die erste Sorge der Eltern, wie man am genauesten, ohne das geringste zu vergessen, alle vom Anstand geforderten Ceremonien, in diesem Falle das Taufessen bewerkstelligen sollte; dann begann die sorgfältige Pflege des Kleinen. Die Mutter stellte sich und der Kindsfrau die Aufgabe: ein gesundes Kind aufzuziehen, es vor Erkältung, vor einem bösen Blick und anderen feindlichen Umständen zu hüten. Man war voll Eifer darum besorgt, daß das Kind stets lustig sei und viel esse. Sowie der Bursche auf den Füßen stehen, d.h. sobald er der Kindsfrau entrathen kann, schleicht sich schon in das Herz der Mutter der heimliche Wunsch, für ihn eine möglichst gesunde, rothbackige Gefährtin zu finden. Es beginnt wieder eine Epoche der Ceremonien, der Festessen und endlich kommt die Hochzeit. Darauf concentriert sich des ganze Pathos des Lebens. Dann beginnen wieder die Wiederholungen. Das Gebären von Kindern, die Ceremonien und Festessen, bis das Begräbnis die Scenerie ändert; das geschieht aber nicht für lange Zeit. Die einen Personen machen den anderen Platz, die Kinder werden zu Jünglingen und zugleich zu Bräutigamen, sie heiraten, setzen ähnliche Geschöpfe in die Welt – und nach diesem Programm zieht sich das Leben als ein ununterbrochenes, eintöniges Gewebe hin und zerreißt unmerklich am Grabe angelangt.

Oblomow

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