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Kapitel 3 – Gebrochene Regeln

Mit einem Mal war es wieder so still, als wäre der gesamte Wald tot. War sie schon im Jenseits? Hatten die großen Götter sie zu sich gerufen?

„Du gehörst hier nicht hin.“ Sie Stimme war sanft, tief und melodisch, als würden die Priester des Mondes ihr Abendgebet sprechen.

Noch immer presste Marie ihre Hände über die Augen und traute sich nicht, ihre Lider zu heben. Am liebsten würde sie sich ungesehen machen. Der frische Duft von Moos drang nun verstärkt in ihre Nase, dazu eine undefinierbare Mischung aus wohlriechenden Ingredienzien. Sie zitterte am ganzen Leib, ihre Haut glühte, doch als eine kühle Hand ihre Finger berührte, beruhigte sich plötzlich ihr Herzschlag.

„Du bist hier wegen einer Mutprobe. Habe ich nicht recht?“, wollte die unbekannte Stimme wissen.

Der sanfte Ton besänftigte ihren Verstand. Endlich traute sie sich, die Augen zu öffnen. Vom Mond angeschienen sah sie in ein fein geschnittenes Gesicht mit dunklen, fast schwarzen Augen. Ein kaum merkliches Lächeln umspielte die schmalen Lippen des attraktiven Mannes in feinster Kleidung. Obwohl sie keinen Wind spürte, spielte eine Brise mit dem lockeren Scheitel des Mannes. Er war ungefähr in ihrem Alter, vielleicht ein paar Winter älter, trotzdem war die Haut so glatt wie die eines Kleinkindes, mit dem Unterschied, dass sie so hell war wie die eines Adeligen.

Mit einem Mal verschlang es Marie den Atem und sie brauchte mehrere Anläufe, um ihre Stimme wiederzufinden. „Ihr, Ihr seid …“

„Graf Alexander von Hartstein.“ Er deutete eine Verbeugung an. „Und du befindet dich im Wald unserer Familie.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Wegen einer Mutprobe. Ist dir bekannt, dass du den Frieden aufs Spiel setzt?“

Woher wusste er das nur? Hatte er sie etwa beobachtet? Waren es gar keine Ammenmärchen und Lügen, um sie vom Spielen im Wald abzuhalten? „Ja“, hauchte sie mit zitternder Stimme. Sollte sie lügen, ihm einen Bären aufbinden? Marie entschied, dass dies unklug wäre. „Es tut mir leid, Eure Hoheit.“

„Hoheit?“ Das Lächeln wurde breiter. Für einen Herzschlag wurde sie das Gefühl nicht los, dass er ein Lachen unterdrücken musste. Er half ihr auf die Beine, sodass sie nur wenige Zoll trennten. „Sehe ich aus wie König Theodor?“

„Verzeihung?“ Trotz ihrer Angst, der alles umfassenden Nacht und der Anwesenheit dieses Mannes zog Marie die Stirn in Falten. Sie senkte den Kopf. „Herr Graf, mit Verlaub, aber König Theodor ist schon lange nicht mehr unter uns und wacht nun vom Mond auf uns herab.“ Marie blickte für einen Moment zum Himmel, um sich vor dem weißen Mond zu verbeugen, dort, wo die Seelen der Toten hingingen. Doch sie konnte das Himmelsgestirn nicht sehen und blickte stattdessen in das Gesicht des Grafen.

„Er ist also tot?“, wollte der Graf wissen. Unverständnis, fast ein wenig Trauer sprach aus seinem Blick. „Das heißt, sein Sohn Siegberg regiert nun?“

Sanft schüttelte Marie mit dem Kopf. „Auch König Siegberg starb im hohen Alter, als die Götter ihn zu sich riefen. Seine Tochter, Königin Klara, noch gar nicht alt, aber trotzdem weise und gerecht, regiert nun die Königslande.“

Der Mann nickte verstehend. „Es ist viel Zeit vergangen seit dem großen Krieg.“

Er sprach fast so, als wäre er dabei gewesen, doch das war unmöglich …

… oder?

Maries Lippen begannen zu zittern, alles um sie herum drehte sich schneller. Noch immer pochte ihr Kopf vom Aufprall an den Baum und warmes Blut lief ihren Hals herab. „Was … was erwartet mich nun? Zeigt Ihr mir mein Dorf? Würdet Ihr mich zurückführen?“

„Nein.“ Noch immer in den Überlegungen vergraben, strich der großgewachsene Mann über ihren Hals. Das Blut legte sich auf seinen Finger. Er drehte es im Mondlicht und kostete schließlich. „Du hast den verbotenen Wald betreten und musst dafür die Konsequenzen tragen.“

Marie wollte zurückweichen, doch der Baumstamm ließ dies nicht zu. „Ich darf nicht zurück nach Blumenbach?“

Der Mann kam näher, streichelte über ihren Hals, berührte ihre Wange und küsste ihre Schulter. „Nein“, hauchte er. „Ich werde dich dafür bestrafen.“

Seine Worte klangen nicht wie eine Drohung, eher wie ein Versprechen. Die Berührungen fraßen sich tief in sie hinein und trotz der Todesangst glühte auch die Begierde für einen Moment auf, als seine feinen Fingerspitzen ihr Kinn touchierten.

„Bitte“, wisperte Marie und sah in seine pechschwarzen Augen.

Wieder zogen seine Mundwinkel nach oben. Und da sah sie es! Die Legenden waren wahr! Die makellosen, weißen Zähne blitzten durch die Nacht und ließen die Welt um sie herum noch schneller drehen. Ihre Atmung beschleunigte und das Blut in ihren Venen begann wie ein reißender Fluss zu rauschen. „Ich tue es nie wieder. Es war eine dumme Idee … bitte, Graf Alexander.“

Im nächsten Moment spürte sie, wie ihr Körper dem Druck nicht mehr standhielt. Die Beine versagten ihren Dienst und auch ihre Arme hingen schlaff vom Körper herab. Das Letzte, was sie sah, waren seine tiefschwarzen Augen, die sie in die Dunkelheit begleiteten.

Kurz spürte sie noch, wie sie von starken Armen aufgefangen wurde, dann wurde es finster und Marie fiel in einen traumlosen Schlaf.

Blutiges Verlangen - Erotik

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