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8. Die Schwalbe und die kleinen Vögel

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War einst 'ne Schwalbe, die auf Reisen

Gar viel gelernt. Wer viel und mancherlei gesehn,

Wird auch so manches wohl verstehn.

Sie sah von ferne schon die leichtste Brise kreisen,

Und eh' zum Sturmwind die erwuchs,

Verkündet sie's den Schiffern flugs.

Da nun die Jahreszeit kam, wo der Hanf gesät wird,

Sah einen Landmann sie, der ihn in Furchen streut.

»Das mißfällt mir!« sprach sie. »Ihr Vöglein, seid gescheut!

Ihr dauert mich; denn ich, ich geh', bevor's zu spät wird,

Weit fort und berge mich da, wo ich sicher bin.

Doch ihr – seht ihr die Hand dort hin und her ihn schwingen?

Glaubt mir: 's ist nicht mehr lange hin,

Dann wird, was jetzt sie streut, euch, ach! Verderben bringen.

Da wird zu eurem Fang manch Netz gar meisterlich

Gelegt und mancher Dohnenstrich;

Man stellt euch nach, man legt euch Schlingen.

Dann kommt die Zeit der schweren Not,

Wo euch Gefängnis oder Tod,

Der Käfig oder Bratspieß droht.

Drum rat' ich euch, jetzt wegzufressen

Den Samen. Folgt mir und seid klug!«

Die Vöglein höhnten sie vermessen,

Sie hatten Futters ja genug!

Man sah das Hanffeld grün sich färben.

Da sprach die Schwalbe: »Schnell! Reißt, Halm für Halm, jetzt ab

Das Gras, das jener Same gab;

Sonst bringt es sicher euch Verderben.«

»»Unglücksprophet!«« schrien sie »»Geschwätz'ger Phrasenheld!

Ein schöner Rat, um uns zu retten!

Da tausend Mann wir nötig hätten,

Jetzt kahl zu mäh'n dies ganze Feld!««

Als nun der Hanf in Samen schoß,

Da rief die Schwalb': »O weh!« und schüttelte das Haupt.

»Das böse Kraut! Wie schnell es sproß!

Doch ihr, die ihr bisher noch nimmer mir geglaubt,

Merkt jetzt euch dies: Seht ihr die Fluren

Voll Stoppeln, hat der Mensch sein Feld

Fertig für dieses Jahr bestellt

Und folgt als Feind er euren Spuren,

Stellt Fallen er und Netze fein

Den armen kleinen Vögelein,

Dann hütet euch umherzufliegen!

Dann bleibt zu Haus, vielmehr verlaßt dann diesen Ort,

Wie Kranich, Schnepf' und Storch auf ihren Wanderzügen.

Ach! leider könnt ihr ja nicht fort.

Nicht über Land und Meer, wie wir, zum Flug euch rüsten

Nach fremden Weltteils fernen Küsten!

Drum, glaubt mir, ist für euch die einz'ge Rettung noch,

Euch still zu bergen in ein sichres Mauerloch.«

Die Vöglein, statt der weisen Kunde

Zu lauschen, fingen an zu schwatzen, O und Ach,

Wie der Trojaner Volk, als mit Prophetenmunde

Kassandra einst zu ihnen sprach.

Wie jenen dort, ging's jetzt den Kleinen:

Manch Vöglein seufzte, das in Sklaverei geriet.

Wir glauben immer nur an unser eignes Meinen,

Und sehn den Schaden erst, wenn er uns selbst geschieht.

La Fontaines Fabeln

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